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SWR3 Gedanken
Mein Mann ist Seelsorger im Europapark. Er hält Taufen und Hochzeiten und ist für die Leute da, die dort arbeiten. Jetzt ist in seinem Job auf einmal eine heikle Frage aufgetaucht: Ein Mann hat ihn gefragt: „Was sagt ihr als Christen eigentlich zur neuen Geisterbahn? Findet ihr die Angstmache und den ganzen Grusel-Kick okay?“
Als mir mein Mann das erzählt hat, war ich auf seine Antwort gespannt. Und ich fand sie ganz gut. Er hat geantwortet: „Wir von der Kirche sind Gäste im Park, wir bestimmen nicht das Programm. Und wir respektieren was Leute mögen und was nicht.“ Und weiter hat er gemeint: „Ich persönlich habe mich noch nie für Gruselsachen interessiert. Aber Nervenkitzel, Spannung und Geheimnisse gehören schon zum Menschsein dazu.“
Mir ist es eigentlich ziemlich egal, ob jemand in die Geisterbahn reingeht oder nicht. Die Frage, die dahinter steckt, entscheidet sich im echten Leben: Gebe ich dem wirklich Bösen eine Chance oder nicht? Ich meine das ganz konkret. Es gibt ja diese eisigen Blicke, die einen fast umhauen können. Oder wenn einem jemand fies in den Rücken fällt, das ist auch grauenhaft. Ganz zu schweigen davon, wenn Menschen ganz bewusst mit der Angst spielen oder Druck aufbauen, und ich steh nur daneben, wie so eine reglose Puppe in der Geisterbahn.
Mein Mann und ich sind uns einig: wenn wir uns entscheiden könnten zwischen dem Bösen in der Geisterbahn oder im echten Leben. Dann auf jeden Fall lieber in der Geisterbahn!
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Kann trauern gut tun? Anja sagt: „Ja, auf jeden Fall.“
Anja arbeitet ehrenamtlich beim Karlsruher Verein „Arbeitskreis Leben“. An diesen Verein können sich alle wenden, die gerade in einer Krise stecken, die Suizidgedanken mit sich rumtragen oder die einen Menschen durch Suizid verloren haben.
Vor einiger Zeit hat Anja als ehrenamtliche Krisen- und Trauerbegleiterin eine Gruppe besucht. Alle Acht haben ihren Bruder verloren, und alle durch Suizid. Das ist so eine besondere Situation, aber Anja konnte diesen Frauen helfen.
Die Acht haben Anja zu einer Videokonferenz eingeladen, und da hat sie ihnen vieles einfach noch einmal erklärt. Sie hat gesagt: „Die Fragen und Schuldgefühle, die ihr habt, die darf euch niemand weg reden. Das sind eure echten Gefühle, sie sind wirklich da.“ Und dann hat Anja den Frauen auch erklärt, welche typischen Phasen es gibt, wenn jemand einen Suizid plant. So konnten die acht Frauen begreifen: „Ich bin nicht schuld, dass es so gekommen ist. Das war typisch für diese eine traurige Phase. Ich konnte einfach nicht erkennen, wie schlecht es meinem Bruder wirklich gegangen ist. Auch wenn es mir jetzt so sehr weh tut.“
Die Gruppe trifft sich auch ohne Anja wieder. Sie reden miteinander und halten sich einfach aus. Das ist so wichtig, denn wenn jemand aus der Familie sich das Leben nimmt, dann wird der Freundeskreis mit der Zeit meistens sehr klein.
Anja hat jeder der Frauen am Schluss noch dieses hier versichert: „Ich nehme dir deine Trauer nicht weg. Es dauert vielleicht ganz, ganz lange. Aber die Trauer gehört dir, und sie ist gut.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40528SWR3 Gedanken
Schon seltsam: es ist so ein Mammutprojekt, und ich wusste bisher nichts davon. Ich kann es kaum fassen, denn die „Great Green Wall“ ist so gigantisch, die muss einfach jeder kennen.
Ganze elf Staaten beteiligen sich an der gigantischen „grünen Mauer“, die sich durch die afrikanische Sahelzone zieht. Schon seit 2007 haben die Menschen im Senegal, in Burkina Faso, im Sudan und in acht anderen Staaten begonnen, Bäume zu pflanzen. Das große Ziel ist, dass ein 8000 kilometerlanger Baumgürtel entsteht, der sich quer über den afrikanischen Kontinent zieht. Auf der offiziellen Website der „Great Green Wall“ heißt es: „So ein Weltwunder anzubauen, ist keine Selbstverständlichkeit.“ Aber dass es ein Wunder wird, wenn es klappt, das ist klar. Denn die „Green Wall“ kann ganz viel CO² binden, sie kann verhindern, dass sich die Wüste immer mehr ausbreitet und sie bringt Länder zusammen, die in Konflikten stehen.
Was dabei auch noch genial ist: dass die Leute vor Ort eingebunden sind. Sie pflanzen Bäume und sorgen sich um sie. Sie werden Ranger und kümmern sich um das Projekt.
Die grüne Mauer in Afrika ist weit weg, aber die ganze Welt hätte was davon, wenn die „Great Green Wall“ bis 2030 wirklich komplett steht. Ein bisschen was, kann auch ich dafür tun. Ich kann mich informieren, anderen davon erzählen, was spenden und mir klar machen: es ist möglich die Welt zu verändern. Im kleinen Stil auf jeden Fall, aber auch im Großen, mit der Great Green Wall!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40529SWR Kultur Lied zum Sonntag
1) Orgelmusik
Dieses Lied geht ans Maximum. Denn das „Großer Gott, wir loben dich“ strotzt nur so von der Überzeugung, dass Gott der Allergrößte ist. Dass er es immer schon war und für ewige Zeiten bleiben wird. Gott als Maximum, in jeder Kategorie.
2)
Großer Gott, wir loben dich;
Herr, wir preisen deine Stärke.
Vor dir neigt die Erde sich
und bewundert deine Werke.
wie du warst vor aller Zeit,
so bleibst du in Ewigkeit.
Ganze elf Strophen zählt dieses Lied. So als ob es sich selbst nicht an diesem einen Gedanken sattsingen könnte, dass alles, aber auch wirklich alles, Gott nur loben kann. Die Engel zum Beispiel, der Himmel und die Luft, alle möglichen Heiligen und die, die jetzt gerade leben. Weil Gott so groß ist, ist Loben einfach das Allerbeste.
3) Spieldosenmusik
Ehrlich gesagt bröckelt die Sicherheit dieses Liedes für mich. Ich zweifle daran, ob Gott wirklich für immer und ewig der Allergrößte ist. Ich zweifle nicht an ihm, aber an diesem Bild, das ich mir von ihm gemacht habe.
(während nächsten Abschnitt beginnt Musik 4)
Eine Kollegin hat mich darauf gebracht. Sie hat mich gefragt: „Wie wäre es, wenn Gott nicht der Größte und der Mächtigste ist? Was, wenn er eher so klein ist wie ein winziger Gedanke? Wenn Gott so klein ist, dass er überall dazwischen passt?“
Die Idee meiner Kollegin spricht mich inzwischen sehr an. Mich fasziniert dieser Gedanke, dass Gott vielleicht so winzig ist, dass er zum Beispiel zwischen zwei zündende Ideen passt, die ich gerade habe. Oder so klein, dass er sich verstecken kann in der Sehnsucht, die mich plötzlich packt.
Jahrelang habe ich so nicht gedacht. Aber eigentlich ist es doch naheliegend. Immerhin hat sich Gott ja auch sehr klein gemacht, als er in Jesus einmal in der Geschichte Mensch geworden ist.
Gott ist ganz sicher mit keinem Größenverhältnis zu fassen. Gott als der maximal Größte oder Gott als kleiner Gott. Vielleicht ist beides gleich falsch, oder gleich richtig.
Im katholischen Gotteslob steht unter den langen elf Strophen des Liedes ein einziger Satz. Da steht: „Glauben heißt: ich halte ein Leben lang aus, dass ich Gott niemals begreifen werde.“
In all den Gedankenspielen rund um Gott kann ich mich verlieren, denn ich werde wohl immer an Grenzen meiner Vorstellungskraft stoßen. Dann möchte ich weiter vertrauen, oder eben trotzdem an Gott festhalten. In der elften Strophe unseres Liedes ist dieses Vertrauen ganz eng mit einer Sehnsucht verknüpft: Dass Gott uns – trotz seiner Größe oder Winzigkeit – nicht allein lässt: „Auf dich hoffen wir allein: lass uns nicht verloren sein.“
5) Herr, erbarm, erbarme dich.
Lass uns deine Güte schauen;
deine Treue zeige sich, wie wir fest auf dich vertrauen.
Auf dich hoffen wir allein:
Lass uns nicht verloren sein.
1) Max Reger, Großer Gott wir loben dich op. 135a, Nr. 10 Rosalinde Haas, M0012586(AMS)
2) Das Solisten-Ensemble, Gerhard Schnitter, M0598485(AMS)
3) Polyphon-Spieldose, Großer Gott wir loben dich M0547004(AMS)
4) Großer Gott wir loben dich, German Songbook, Dieter Falk 0730780(AMS)
5) Großer Gott wir loben dich, Choral: gut!, Arno Schneider, Uwe Steinmetz, Lilienfelder Canotorei; Athesinus Consort Berlin; Klaus-Martin Bressgott, M0345565(AMS)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40534SWR3 Gedanken
Elli ist leidenschaftliche Eselmama und Martin Eselpapa. Jedes Jahr gehen die beiden zusammen mit ihren beiden Eseln auf Tour.
Diesen Sommer waren Elli und Martin eine Woche in Bayern unterwegs. Martin mit seinem großen Lederhut und Elli mit einer Muschelkette um den Hals, und beide einen Esel an der Seite. Ich kenne die beiden schon ein paar Jahre, und als ich Elli frage wie´s war, sagt sie: „Es war abenteuerlich.“
Und dann erzählt sie mir von zwei kleinen Abenteuern, aus denen ich sofort was für mich mitnehme. Erst mussten Martin und Elli auf einer Etappe einen riesen Umweg gehen. Da waren plötzlich Treppenstufen und die beiden Esel wollten die partout nicht hoch. Also mussten die vier umdrehen, es ging nicht anders. Und ein paar Tage später wären sie in einer Schlucht fast abgestürzt. Elli meint: „Das war heftig, aber wir wissen jetzt: wir müssen viel früher Stopp sagen und dann einen Schritt zurück.“
Ja, man muss nicht immer alles durchziehen, nur weil man es angefangen hat. Ehrgeiz ist ok, aber nicht, wenn man noch Verantwortung für andere trägt oder sich selbst in Gefahr bringt. Das merke ich mir von Elli und Martin: auch wenn ein Umweg anstrengend ist, man muss nicht immer alle Stufen hoch und wenn rechts und links zu viele Abgründe sind, dann ist der Weg eben nicht der Richtige.
Dann lieber die deutliche Ansage an alle: „Stopp“ und dann der besagte Schritt zurück. Kann sein, ich weiß noch nicht wie es weiter geht, aber dass ich anhalte, ist schon der Anfang für einen neuen Weg.
Verrückt, was man alles lernen kann, wenn man mit zwei Eseln unterwegs ist.
9.9.24 SWR3 Gedanken: R. Schneeberger, kath. „Great Green Wall“
Soundbett: 1
Titel: Great Green Wall
Teaser: Ein Weltwunder ist gerade in Arbeit.
Keywords: Klimaschutz, Umweltschutz, Afrika, GreatGreenWall
Manuskript:
Schon seltsam: es ist so ein Mammutprojekt, und ich wusste bisher nichts davon. Ich kann es kaum fassen, denn die „Great Green Wall“ ist so gigantisch, die muss einfach jeder kennen.
Ganze elf Staaten beteiligen sich an der gigantischen „grünen Mauer“, die sich durch die afrikanische Sahelzone zieht. Schon seit 2007 haben die Menschen im Senegal, in Burkina Faso, im Sudan und in acht anderen Staaten begonnen, Bäume zu pflanzen. Das große Ziel ist, dass ein 8000 kilometerlanger Baumgürtel entsteht, der sich quer über den afrikanischen Kontinent zieht. Auf der offiziellen Website der „Great Green Wall“ heißt es: „So ein Weltwunder anzubauen, ist keine Selbstverständlichkeit.“ Aber dass es ein Wunder wird, wenn es klappt, das ist klar. Denn die „Green Wall“ kann ganz viel CO² binden, sie kann verhindern, dass sich die Wüste immer mehr ausbreitet und sie bringt Länder zusammen, die in Konflikten stehen.
Was dabei auch noch genial ist: dass die Leute vor Ort eingebunden sind. Sie pflanzen Bäume und sorgen sich um sie. Sie werden Ranger und kümmern sich um das Projekt.
Die grüne Mauer in Afrika ist weit weg, aber die ganze Welt hätte was davon, wenn die „Great Green Wall“ bis 2030 wirklich komplett steht. Ein bisschen was, kann auch ich dafür tun. Ich kann mich informieren, anderen davon erzählen, was spenden und mir klar machen: es ist möglich die Welt zu verändern. Im kleinen Stil auf jeden Fall, aber auch im Großen, mit der Great Green Wall!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40527SWR3 Gedanken
Eigentlich geht es bei uns zuhause heute Abend klassisch zu. Erst schieben wir Pommes in den Ofen und dann schauen wir mit Radler und Limo das EM-Finale zusammen. In solchen Momenten erwische mich ab und zu bei einem verrückten Gedanken: Ich stelle mir vor, wie das wäre, wenn Jesus heute Abend mit auf der Couch sitzen würde. Neben meinem Mann und den Kindern.
Schon sehe ich ihn vor mir, und mir scheint, wir kennen uns schon ewig. Eine unserer Töchter sitzt bei ihm auf dem Schoß, und ab und zu steht er auf und füllt Chips wieder auf oder holt was zu trinken aus der Küche.
Jetzt zoome ich mich noch näher ran und will wissen: Hat Jesus eigentlich ein Fußball-Trikot an und eine Länderflagge auf die Backe geschminkt? Ja, aber Jesus ist Fan von den anderen. Das ist typisch für Jesus. Er ist schon immer gegen den Strom geschwommen und war für die, die weniger Unterstützung hatten.
Außerdem überlege ich mir: Würde Jesus das Spiel cool verfolgen oder würde er bei jedem Tor aufspringen und laut rummeckern, wenn der Schiedsrichter scheinbar falsch entschieden hat? Ich schätze mal, Jesus wäre leidenschaftlich dabei. Er wäre auf jeden Fall auf Gerechtigkeit aus, und bei irgendwelchen Gewaltattacken würde er eine Riesen-Wut kriegen.
Gleichzeitig weiß ich: Jesus würde sich über jeden Spieler freuen, der leidenschaftlich kämpft und ein weitsichtiger und fairer Teamplayer ist.
Und wenn die Verlierer es heute Abend schaffen am Ende stolz und voller Achtung vor den Siegern den Platz zu verlassen, dann kann ich mir so richtig vorstellen wie Jesus nickend anerkennt: „Nicht schlecht, genau nach meinem Geschmack!“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40270SWR Kultur Lied zum Sonntag
Ja, unser Lied zum Sonntag heute Morgen ist tatsächlich ein Geburtstagslied. „Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst. Wie schön, dass wir beisammen sind, wir gratulieren dir, Geburtstagskind.“
Der Liedermacher Rolf Zuckowski selbst gibt zu, dass sein Lied paradox klingen kann. Denn wie kann man jemanden vermissen, wenn er nicht geboren wurde? Und gleichzeitig ist es ein wunderbares Kompliment, wenn mir jemand sagt: „Zum Glück bist du geboren, ich hätte dich sonst vermisst.“
Ich habe auch schon gehört wie Eltern nach der Geburt eines Kindes festgestellt haben: „Genau auf dich haben wir noch gewartet.“ Umso mehr kann es schmerzen, wenn man ein ganzes Leben lang einen Menschen vermisst, den es eben nicht gibt - einen Partner, ein Kind oder eine beste Freundin.
Das alles schwingt in diesem Lied zum Sonntag heute Morgen mit, auch wenn es wie ein einfaches Kinder-Geburtstagslied daherkommt und so harmlos klingt. Die, die das Lied singen zelebrieren ihre Dankbarkeit. Sie sind dankbar, dass dieser eine Mensch in ihrem Leben ist.
2) Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst.
Wie schön, dass wir beisammen sind, wir gratulieren dir Geburtstagskind.
Klingt alles so fröhlich, aber leider gibt es auch viele Geburtstagskinder, bei denen ich nicht so einfach sagen kann, dass es schön ist, dass sie geboren wurden. Ich denke an einen Mann aus meinem Dorf, der seine Frau und seine Kinder ein Leben lang miserabel behandelt hat. Da kommt schnell so ein Gedanke wie: Wenn dieser Mensch erst gar nicht geboren worden wäre… Und natürlich denke ich auch an die üblen Machtmenschen, die so unendlich viel Leid verursacht haben und es immer noch tun. Diejenigen, die Kriege lostreten, die die Wahrheit verdrehen, die die Menschenwürde ignorieren.
Eigentlich ist jede Geburt ein Geschenk, eine Chance. Diese Chancen können sehr unterschiedlich sein, aber jeder Mensch hat die Aufgabe aus der Fülle an Möglichkeiten, die er oder sie zu Beginn seines Lebens erhalten hat, das Allerbeste zu machen.
3) Unsre guten Wünsche haben ihren Grund, bitte bleib noch lange glücklich und gesund.
Dich so froh zu sehen ist was uns gefällt, Tränen gibt es schon genug auf dieser Welt.
Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst…
Jeder Geburtstag erinnert mich daran, mit wie vielen Möglichkeiten ich geboren wurde, und wie frei! Was da alles in meiner Wiege lag und wie viele Türen seitdem immer wieder offen stehen. Mit jedem Lebensjahr kommen wieder neue Chancen, wie ich meine Freiheit nutzen kann.
Und wenn ich mit meiner Familie schon bald wieder dieses Lied singe, weil eine unserer Töchter ihren Geburtstag feiert, dann denke ich auch noch an etwas anderes. Nämlich wie gut es ist, wenn es mir mit jedem Geburtstag mehr gelingt meine Töchter ein Stück mehr in ihre Freiheit zu entlassen. In ihre Freiheit, die sie mit ihrer Geburt geschenkt bekommen haben.
4) ...wir gratulieren dir Geburtstagskind, wir gratulieren dir Geburtstagskind.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40269SWR3 Gedanken
Melanie hat entschieden, dass sie die Sache mit den Geburtstagsgeschenken mal ein Jahr lang grundsätzlich anders macht.
Also steht Melanie vor meinem Mann und gratuliert ihm. Sie übergibt ihm eine selbstgebastelte Karte. Vorne ist eine Foto-Collage drauf und hinten hat sie buntes Tonpapier aufgeklebt. Dazu sagt Melanie: „Lies mal. Ich hoffe du freust dich!“
Mein Mann liest vor: „In einer Zeit, in der wir alles haben und kaufen können, viel Zeug und wenig Zeit haben, ist das Schenken schwierig geworden. Womit kann ich noch Freude bereiten? Nichts zu schenken ist keine Alternative für mich, denn geteilte Freude ist doppelte Freude. In deinem Namen spende ich für ein soziales Projekt in Tansania. Betrag: 15 Euro.“
Mein Mann findet das gut, er freut sich. Und dann kommen wir natürlich ins Gespräch. Melanie erzählt, dass sie bei einem 50. Geburtstag eingeladen war und so ein typisches Sammelgeschenk mitfinanziert hat. Am Ende hat sie das große Geschenk fürs Geburtstagskind einfach nur Panne gefunden. So was will sie jetzt nicht mehr unterstützen. Zumindest mal ein Jahr lang nicht. So lang will sie nicht mehr rumüberlegen müssen, was sie wem schenkt, sie verschenkt einfach immer ihre persönliche Spende.
Von Melanie erfahre ich: man kann sich ganz bewusst entscheiden, und sich selbst dabei sogar noch schonen. Man kann einen guten Zweck unterstützen und gleichzeitig Freude schenken.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=39850SWR3 Gedanken
Ich stehe in unserer Dorfmetzgerei in der Schlange und bin gleich dran. Nur noch der eine Mann in Handwerkerkluft vor mir.
Christine ist die Chefin im Laden. Sie begrüßt ihn gleich herzlich und ruft: „Ah, da ist wieder der Helfer fürs Ahrtal!“ Ich denke sofort: „Hä, das ist doch schon so lange her. Brauchen sie da immer noch Hilfe?“ Währenddessen reden Christine und der Mann weiter. Es ist ein großes Hallo. Der Mann lacht und Christine packt ihm schnell einen Stapel Dosenwurst gratis ein. Dazu meint sie: „Die kannst du brauchen, oder? Verteil sie einfach und sag Grüße von uns.“
Als der Mann aus dem Laden draußen ist, frage ich Christine: „Fährt der echt immer noch ins Ahrtal und hilft?“ Christine erklärt mir, dass der Mann Michael heißt und dass er Zimmerer ist. Am Wochenende fährt er regelmäßig als freiwilliger Helfer ins Ahrtal, und ab und zu schaut er vorher noch bei ihnen ihm Metzgerladen vorbei.
Christine erklärt: „Michael hat mir schon Geschichten erzählt. Unglaublich. Dass so viele Hilfen dort jetzt gekürzt sind, dass es schon lange keine organisierten Übernachtungsmöglichkeiten für die Helfer mehr gibt, und dass er das alles jetzt auf eigene Faust macht. Er hat sich jetzt einen Camper gekauft und fährt einfach weiter hin. Die Häuser sind ja trotzdem noch nicht alle wieder aufgebaut.“
Ich gehe aus dem Laden raus und denke: Mein Gott, was brauchen wir Leute, die an einer guten Sache dran bleiben und nicht aufgeben. Auch dann nicht, wenn andere schön längst vergessen haben, was noch alles zu tun ist.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=39849SWR3 Gedanken
Müssen Freundschaften für immer halten? Ich finde nicht. Das gibt es zwar ab und zu mal, aber oft hat man Freundinnen oder Freunde nur für ein paar Jahre oder Monate.
Jedenfalls kann ich mich gut an Marius erinnern, mit dem ich während meines Auslandsemesters jeden freien Abend verbracht habe. Und kaum war ich wieder zuhause, ist der Kontakt abgebrochen.
Oder meine Freundin Elena aus der Schulzeit. Wir waren jahrelang jeden Tag zusammen und nach der Schulzeit ist jede ihren eigenen Weg gegangen.
Ich bin überzeugt: Freunde muss man loslassen können! Man darf sie niemals festhalten. Denn auch Freundschaften, die ein Ende haben, sind ja wertvoll.
Der heutige Feiertag Christi Himmelfahrt hat auch damit zu tun, Freunde loszulassen. Genau das hat Jesus nämlich an diesem Tag gemacht. Nach Ostern ist er seinen Jüngern und Jüngerinnen ja immer wieder erschienen, um ihnen zu zeigen, dass er auferstanden ist, und um ihnen Mut zu machen. Und dann nach 40 Tagen ist er ihnen ein letztes Mal erschienen, um sich endgültig zu verabschieden. Da hat er gesagt: „Ihr Lieben, wir hatten unsere Zeit zusammen. Ihr und ich, wir haben eine Menge mitgenommen. Jetzt schafft ihr es ohne mich, und trotzdem bleiben wir für immer verbunden.“
So ist es auch mit Marius. Er hat mir ein halbes Jahr lang einen ganz besonders sensiblen Blick auf die Welt mitgegeben. Daran denke ich noch oft. Und mit meiner Freundin Elena bleibe ich auch verbunden. Denn dank ihr weiß ich wie viel Halt das geben kann, wenn eine alles mit dir durchsteht.
Freunde müssen nicht für alle Zeiten im Leben bleiben. Freunde geben dir was mit, und das ist einfach wunderbar.
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