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SWR4 Abendgedanken

28MRZ2024
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"Mit dem Medienkonsum sind wir in einem Dauerrausch", das meint Stefan, ein Kollege von mir in der Schule. Wir sitzen im Lehrerzimmer, tauschen uns aus, bevor der Unterricht startet. Das mit dem Dauerrausch und dem Medienkonsum kann er nicht beweisen. Trotzdem beschäftigt mich seine Aussage. In meinem Umfeld fällt es vielen schwer, Stille zu ertragen – es ein paar Augenblicke auszuhalten, dass Nichts ist. Kein Geräusch, keine Aktion, keine Musik – einfach Stille.

Deshalb habe ich eine Idee – wie wäre es, wenn ich mit meinen Schülerinnen und Schülern in der elften Klasse Stille übe? Wenn wir uns treffen und es einfach ausprobieren: Eine Minute still sein, bevor der Unterricht anfängt.

Ich denke, dass ich Stille üben muss, bevor ich mich auf sie einlassen kann. Denn in der Stille bin ich mit mir und meinen Gedanken, Gefühlen und allem alleine. Nur ich – ohne Ablenkung. Das kann Angst machen, mancher meiner Schülerinnen und Schüler kann damit vielleicht nicht umgehen. Sie sind die Dauerberieselung gewohnt – gewohnt, dass etwas passiert, auch wenn sie nur passiv auf das Handy schauen, scrollen und so ihre Glücksgefühle pushen.

Doch wenn ich schweige und sich die Stille nicht wie ein schwerer Mantel im Raum ausbreitet, sondern eher wie ein lieblicher Duft anfühlt, tut das gut. Ich kann meinen Gedanken freien Lauf lassen – komme auf andere Ideen und vielleicht kann ich so Dinge loslassen und abgeben, die ich mit mir herumtrage.

Ein paar Momente Stille, einfach nichts. Nur ich und meine Gedanken – vielleicht ein Gebet. So komme ich näher zu mir und zu Gott – indem ich in der Stille höre, was mein Herz mir sagt – meine innere Stimme. Eine Übung die sich lohnt.

Woche für Woche schweigen wir jetzt in der Klasse ein bisschen länger. Wir beginnen mit einer Minute. Jede Woche kommen dann fünf Sekunden dazu. Meine Klasse ist so motiviert, dass sie sich vornehmen, am Ende des Schuljahres fünf Minuten Stille auszuhalten. Ich bin gespannt wie das wird und welche Erfahrungen jeder und jede Einzelne mit der Stille macht.

Schon jetzt merke ich: Meiner Klasse tut das gut. Nicht nur vor Klausuren in der Schule. Sondern auch vor einem wichtigen Gespräch. Oder einfach so im Alltag. Weil ich so ein Stück mehr bei mir ankommen kann. Ohne Ablenkung.

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SWR4 Abendgedanken

27MRZ2024
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Wenn ich zwischendurch mal Zeit habe, scrolle ich gerne durch die Sozialen Medien. Da schaue ich mir oftmals kurze witzige Videos an, in denen Leute Quatsch erzählen, etwas Lustiges passiert oder jemand auch mal seinen Standpunkt erklärt. Den eigenen Standpunkt deutlich zu machen – dafür gibt es sogar eine Abkürzung in den Sozialen Medien: POV – point of view, also die eigene Sicht.

Leute zeigen ihre eigene Sicht auf die Welt. Wenn sie von ihrer Arbeit erzählen. Wenn sie Stellung zu einem Thema beziehen oder von ihrem Leben berichten. Jeder und jede hat eine eigene Sicht auf die Welt. Je nachdem, was er oder sie erlebt hat, wie die Gefühlslage ist und wie man aufgewachsen ist. All das beeinflusst meinen eigenen POV.

Es ist wichtig, dass ich mir meine Sicht auf die Dinge klarmache. Eben welche Einstellungen ich in mir trage und mit welcher Haltung ich der Welt und dem Leben begegne.

Und deshalb finde ich es richtig toll, dass das Thema POV dieses Jahr auch in den Kirchen aufgegriffen wird. Jedes Jahr gibt es in vielen katholischen und evangelischen Kirchen Jugendliche, die sich vor Ostern treffen, um sich mit Jesus und den letzten Stunden vor seinem Tod zu befassen: der ökumenische Jugendkreuzweg. Dies ist ein Angebot der beiden großen christlichen Kirchen hier in Deutschland.

Die Jugendlichen erfahren, dass sich ihre Haltung bezüglich Jesus und dem Glauben immer weiter entwickelt. Dass alle mit ihrem eigenen Glauben unterwegs sind. Jeder hat eben eine eigene Perspektive. Einen eigenen POV, den alle mit einbringen. Das bereichert die Gemeinschaft, weil sich jeder und jede mit einbringen kann. All diese verschiedenen Facetten des Glaubens gehören zum Gesamtbild dazu. Und trotzdem gehören wir zusammen und sind gemeinsam unterwegs. Mit vielen verschiedenen POV's, getragen von der Hoffnung auf Gott.

Einen Gott, der alle Menschen im Blick hat. Der mich und mein Leben versteht. Und das ist mein POV auf den Glauben: Ein Gott, der immer da ist für mich.

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SWR4 Abendgedanken

26MRZ2024
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Ich mag es, auf meinem Sofa zu chillen. Grad jetzt im Frühling kann ich den Vögeln vor meinem Fenster beim Nestbau zusehen. Deshalb habe ich extra keine Gardinen aufgehängt. So behalte ich den Durchblick.

Wenn die Sonne so richtig in mein Wohnzimmer scheint, sehe ich, dass es wieder so weit ist: Ich muss wieder die Fenster putzen. Man sieht Abdrücke von Regentropfen der vergangenen Wochen und Monate. Sie trüben die Sicht nach draußen. Das stört mich und deshalb putze ich sie.

Ich freue mich, wenn ich mit dem Abzieher das schmutzige Wasser entferne. Dann sehe ich, wie schön hell es wieder ist und ich glasklar durchblicken kann.

Sowas wünsche ich mir auch für mein Leben. Da ist meine Sicht manchmal auch getrübt. Beispielsweise durch Stress im Alltag. Wegen Dingen, die unerledigt liegen bleiben. Oder Streit, weil verschiedene Lebensentwürfe und Haltungen aufeinander treffen.

Es lohnt sich auch hier immer mal wieder für klare Sicht zu sorgen. Was bei meinen Fenstern Lappen und Abzieher sind: Sind in meinem Leben: Zeit und Beziehungen.

Zeit für mich selbst, dafür, Dinge regeln zu können. Zeit, in der ich über mein Leben nachdenke. In der mir auffällt, welche Situationen in letzter Zeit meinen Blick nach außen getrübt haben. Wo sich diese Regentropfen in mir abgesetzt haben. Stress, Liegengebliebenes, Streit. Ich kann diese Sachen nicht einfach wegbeten oder wegmeditieren. Aber ich kann schauen, wie ich mit ihnen gut umgehen kann. Mir zum Beispiel neben Arbeitszeiten auch Freizeit im Kalender einzutragen und das dann auch einzuhalten. Oder mir einen Tag nehmen, an dem ich nichts vorhabe, außer liegengebliebene Nachrichten zu beantworten und den Schreibtisch mal aufzuräumen.

Besonders guttun mir meine Beziehungen. Zu meiner Familie, meinen Freunden und zu Gott. Die Zeiten sind mir wertvoll. Nach dem Austausch mit ihnen merke ich, dass ich wieder klarer sehen kann.

So kann ich im Alltag sehen, wie die Schlieren Stück für Stück verblassen. Ich wieder klar sehen kann. Dann habe ich auch in meinem Leben das Gefühl, den Durchblick zu haben. So wie beim Fensterputz vor Ostern.

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SWR4 Abendgedanken

25MRZ2024
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Ich bin Fußballfan vom Hamburger Sportverein – kurz: HSV. Klar, ich komme gebürtig aus Hamburg, da wird einem das schon in die Wiege gelegt. In der Vergangenheit sehe ich es nicht nur bei meinem Verein: Wenn es in der Mannschaft läuft, feiern es die Fans. Hat die Mannschaft eine Weile keinen Torerfolg, dann ist oft der Trainer schuld und muss gehen. Jubel und Enttäuschung sind beim Fußball oft nur einen Spieltag voneinander entfernt. Jetzt wird alles anders. Diese Hoffnung projizieren Fans und Verein oft in einen neuen Trainer. Aber nicht immer ist ein neuer Trainer ein Garant für Erfolg.

Ähnlich ist es auch bei Jesus und seiner Truppe. Kurz vor Ostern, an Palmsonntag, feiern die Leute Jesus als ihren Star. Sie hoffen, dass er etwas verändert, sie erlöst und befreit. Sie sind sich sicher: Jetzt wird alles anders und er befreit die Menschen von der römischen Besatzung. Doch sie werden enttäuscht. Jesus ist anders, als sie es sich vorstellen. Schon bald wird er verraten von einem seiner besten Freunde. Eine Spannung entsteht. Zwischen Hoffen und Enttäuscht-sein, zwischen all dem, was die Leute von Jesus erhoffen und dem, was passiert.

Die Stimmung kippt. Und Jesus ist Enttäuschung und wachsendem Hass ausgeliefert.

Doch Jesus begegnet all dem souverän und ruhig. Das ist für mich das Wichtigste, was ich von Jesus in der Karwoche lernen kann. Ruhig sein, trotz all der Spannungen. Souverän bleiben und hoffen, dass es gut wird. Das wünsche ich mir auch für mein Leben.

Manchmal jubelnd unterwegs sein und dann doch immer wieder auf dem Boden der Tatsachen ankommen. Wenn beispielsweise der HSV verloren hat. Oder einer aus meinem Freundeskreis wegzieht. Dann kippt auch bei mir die Stimmung. Ich werde plötzlich voll unsicher. Weil es anders ist, als ich es mir vorgestellt habe.

Trotzdem muss ich mit diesen Situationen umgehen, die Unsicherheiten in mir auslösen.

Das klappt nicht immer. Doch ich hoffe, dass ich damit nicht alleine bin, wenn die Stimmung kippt. Jesus war sich sicher, dass Gott immer da ist, egal wie es ausgeht – bei ihm hat es geklappt, deshalb feiern wir Ostern. In dieser Hoffnung lebe ich auch: Gott ist da, an meiner Seite und trägt meine Unsicherheit mit. Das Leben ist spannend, manchmal kippt die Stimmung – wie im Fußballstadion, doch ich bin getragen von Gott.

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SWR4 Abendgedanken

02FEB2024
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Manchmal bricht ein Sturm der Gedanken über mich herein. Ich mache mir dann über alles Gedanken und gehe fast unter im Durcheinander, das in meinem Kopf herrscht. So ein Sturm lähmt mich. Ich kann dann nichts anderes machen. Ich bin überfordert mit meinen Gefühlen. Das war so, als ich erfahren habe, dass ein Bekannter eine schlimme Diagnose bekommen hat. Oder als ich gemerkt habe, wie eine Freundschaft, die mir wichtig war, erst brüchig geworden und dann ganz kaputt gegangen ist. Solche Situationen fühlen sich für mich an, als wäre ich auf einem Boot und ein Sturm zieht auf. Ich habe dann Angst wie mein Leben weitergehen kann, und mir fehlt eine Perspektive dafür, weil es mir schwerfällt zu vertrauen. Darauf, dass es wieder gut werden kann und weiter geht.

Ein guter Freund hat mal so eine Gefühls-Chaos-Situation bei mir bemerkt. Mein Telefon hat geklingelt und obwohl ich nicht ran gehen wollte, hab ich den Hörer abgenommen. Mein Freund hat erzählt, wie es ihm geht, was er gerade so macht. Eigentlich nur Kleinigkeiten. Doch durch das Gespräch habe ich gemerkt, wie sich mein Gedankensturm löst, ich auf andere, positivere Gedanken komme und dadurch eine neue Perspektive habe. Es ist, als hätte der Freund meinen inneren Sturm gestillt. Das hat mir gut getan. Weil ich spüre, dass es jemanden gibt, dem ich wichtig bin. Ich kann mich sortieren und wieder meinen Alltag angehen, sogar die Zukunft wieder planen. Und finde so letztlich wieder zu mir, kann neu vertrauen. Das brauche ich manchmal, jemanden, der mich aus dem Sturm befreit.

So ähnlich geht es den Freunden von Jesus auf dem See Genezareth. Sie fahren los und auf einmal kommt ein Sturm, lässt Wellen ans Boot schlagen, sodass es zu kentern droht. In der Aufregung und dem Chaos der Gefühle kommt Jesus und ist da. Er spricht mit ihnen und sagt, dass sie sich nicht fürchten müssen, sondern auf ihn vertrauen. Dann wird der See ruhig und sie sind gerettet.

So einfach wie in der Bibel ist es meistens nicht. Es gibt nicht immer jemanden, der genau dann anruft, wenn ich in so einem Sturm der Gedanken bin und keinen Ausweg weiß. Es gibt nicht immer eine neue Perspektive, die mir gleich klar wird. Doch ich bin überzeugt, dass Gott trotzdem immer mit dabei ist. Auch wenn ich das nicht gleich spüre und sich von jetzt auf gleich alles zum Guten ändert. Gott ist da. Im Sturm und wenn es ruhig und still ist, ich nach vorne blicke. Allein oder mit einem Freund am Telefon, der meinen inneren Sturm stillt.

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SWR4 Abendgedanken

01FEB2024
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Bevor ich schlafen gehe, bete ich. Und das geht für mich nicht nur mit auswendig gelernten Texten oder mit Versen, die sich reimen. Beten heißt für mich: Reden mit Gott.

Mit ihm ins Gespräch kommen. Dabei rede ich nicht so vor mich hin, sondern ich gehe dabei meinen vergangenen Tag durch. Auch wenn ich noch nie eine klassische Antwort bekommen habe: Dass von irgendwo her eine Stimme direkt zu mir spricht und mein Gebet kommentiert oder so. Vielleicht meinen manche, dass mein Gebet dann ja sinnlos wäre, wenn ich keine direkte Antwort bekomme.

Für mich ist das anders. Ich erwarte beim Beten keine direkte Antwort Gottes. Und die Vorstellung, dass da eine Stimme direkt zu mir spricht, fände ich auch ziemlich befremdlich und irgendwie komisch.

Und trotzdem bringt beten mir etwas. Ich kann im Gebet meine Gedanken sortieren, Kraft schöpfen und manchmal danach klarer sehen. Beten ist für mich wichtig, weil ich dabei Dinge, die mich beschäftigen, abgeben kann. Und dann befreiter sein kann für die Nacht und den kommenden Tag. Klar, ich kann meine Sorgen nicht einfach wegbeten. Sie sind trotzdem da. Aber ich habe das Gefühl, dass ich mit diesen Sorgen nicht alleine bin, sondern dass Gott mir zuhört und da ist. Darauf vertraue ich in meinem Innern.

Das Beten verändert was in mir. Und oft fällt es mir erst im Nachhinein auf. Wenn ich am nächsten Tag eine Idee habe, wie ich an die nächste Aufgabe gehe. Wenn ich am nächsten Tag ein gutes Gespräch habe, vor dem ich vorher Angst hatte. Wenn ich am nächsten Tag mit neuer Kraft in den Alltag starten kann. Dann sind das für mich die Antworten Gottes auf mein Gebet. Tagsüber bin ich viel unterwegs und hangel mich oft von Termin zu Termin, da bleibt mir keine Zeit, um zu beten. Daher mache ich das abends bevor ich einschlafe. Gerade dann ist das für mich ein guter Moment, um mir dafür Zeit zu nehmen.

So komme ich mit Gott ins Gespräch, auch ohne direkte Antwort oder Kommentar, aber mit der Gewissheit: Er ist da.

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SWR4 Abendgedanken

31JAN2024
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Freunde von mir haben ihr erstes Kind bekommen. Sie heißt Phoebe. Voller Freude haben sie davon erzählt und auch schon ein paar Bilder von ihr geschickt. Nun sind die beiden Eltern und stehen vor einer großen Herausforderung.

Sie müssen stehts entscheiden, was das Beste für Phoebe ist. Denn das wünschen sie sich für ihre Tochter – einfach das Beste.

Dazu gibt es zig Elternratgeber. Ich würde da ja untergehen bei all den Ratgebern und Anforderungen. Einfach weil ich Angst hätte etwas falsch zu machen oder meinem Kind zu schaden.

Der Heilige Don Bosco hat sich ebenfalls mit der Erziehung von Kindern auseinandergesetzt. Ihn feiert die Kirche am heutigen Tag. Der Heilige Don Johannes Bosco – kurz Don Bosco - hat gesagt: "Erziehung ist eine Sache des Herzens." Ein Satz, der zumindest für die damalige Zeit ein Novum darstellt.

Der Heilige Don Bosco lebte in der Zeit der Industriealisierung in Turin. Damals geht es hauptsächlich darum, dass Kinder und Jugendliche diszipliniert werden und als fleißige Arbeiter für die Fabriken heranwachsen. Sie sollen gehorchen und befolgen, was Erwachsene ihnen sagen. Erziehung ist eher eine Sache des Gehorsams, als des Herzens gewesen.

Don Bosco sagt aber: "Erziehung ist eine Sache des Herzens" Und dieser Satz ist für viele eine echte Befreiung gewesen: Eben, dass Kinder und Jugendliche nicht aufs Funktionieren und Arbeiten reduziert werden. Nach Don Bosco braucht ein Kind drei Orte: Einen Ort zum Lernen, einen zum Spielen und eine Gemeinde zum Glauben. Drei Orte, an denen sie leben, ihre Fähigkeiten entfalten können und man ihnen vertraut.

"Erziehung ist eine Sache des Herzens." Auch heute ist dieser Ansatz für viele eine Befreiung. Weil es nicht darum geht alle möglichen Erziehungsratgeber zu studieren. Das Kind nicht nur vom Kopf her zu verstehen und nach Rezept zu erziehen. Sondern: Liebevolle Entscheidungen für das Kind zu treffen. Denn: "Erziehung ist eine Sache des Herzens".

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SWR4 Abendgedanken

30JAN2024
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Gewaltfrei die Welt verändern. Klingt wie eine unerreichbare Floskel – ist jedoch einem Mann gelungen, der vor rund zwei Generationen gelebt hat: Mahatma Gandhi.

Er ist unzufrieden, dass Indien und Pakistan zu seiner Zeit britische Kolonien sind. Und er setzt sich dafür ein, dass sie unabhängig werden. Damit die Menschen vor Ort befreit leben und eigenständig die Zukunft gestalten können. Es ist ihm gelungen, das alles ohne Gewalt zu erreichen.

Deshalb ist er auch für mich heute – im Jahr 2024 - ein gutes Vorbild. Viele sind unzufrieden mit der Kirche, mit der Politik und haben alte Antworten satt. Gewalt ist dabei keine Lösung, denn: Es besteht die Gefahr aus Angst zu handeln, aggressiv und destruktiv zu werden. Das ist kein guter Weg, um etwas zu verändern, finde ich.

Ich möchte etwas verändern. Und das in meiner Kirche. Dass Frauen, genau so wie Männer, Priesterinnen werden dürfen. Ich wünsche mir gleiche Rechte für alle. Eine Kirche, die nicht diskriminiert.

Und bei meinen Forderungen weiß ich, dass fordern allein nichts bringt. Auch nicht, alles auf andere zu schieben und nur zu zeigen, was meiner Meinung nach in der Kirche schiefläuft.

Wenn mir das klar wird, dass ich selber aktiv werden kann in meiner Gemeinde vor Ort: Dann beginnt die Veränderung nicht bei der großen Politik, bei kirchlichen Konferenzen und irgendwo weit weg von mir selbst – sondern bei mir in meinem Herzen.

Gewaltfrei die Welt verändern heißt, bei mir anzufangen. Eben das vorzuleben, wovon ich überzeugt bin und wie ich Kirche verstehe. Als einen Ort für alle. Als Mitarbeiter in der Kirche kann ich beispielsweise Räume schaffen, in denen Männer und Frauen zu Wort kommen. In denen sich alle frei entfalten und ausprobieren können.

Wenn ich in meinem Umfeld Verantwortung übernehme. Wenn ich darauf bedacht bin, dass meine Wünsche und Vorstellungen nicht nur mir und meiner Gruppe was bringen, sondern der ganzen Gesellschaft. Wenn ich mich bestimmt einsetze und vorlebe, was ich von anderen erwarte und fordere, dann kann sich die Welt verändern.

Ich will den Konflikten nicht aus dem Weg gehen. Ich will meine eigenen Überzeugungen nicht aufgeben, sondern mich selbst auf den Weg machen. Und so: Gewaltfrei die Welt verändern.

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SWR4 Abendgedanken

29JAN2024
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Ich bin mit meinem Auto viel unterwegs. Wenn es abends dunkel wird, schalte ich das Abblendlicht ein. Einerseits werde ich von entgegenkommenden Fahrzeugen besser gesehen, andererseits sehe auch ich mehr. Die Straße selbst, vor allem aber auch die Leitbaken rechts und links davon. Dank der Leitbaken weiß ich, wohin die Straße führt. Ich ahne, dass da vorn eine Kurve kommt, entdecke, dass das nächste Stück schnurgeradeaus geht, oder bemerke, dass da vorn eine Einmündung liegt. Diese Leitbaken an den Straßen bieten mir eine gute Orientierung, wenn ich nachts unterwegs bin. 

Manchmal wünsche ich mir solche Leitbaken auch in meinem Alltag.

In meinem Leben liegt das meiste in der Zukunft im Ungewissen, im Dunkel der Nacht. Ich weiß noch nicht, wie ich mein Leben in fünf oder zehn Jahren gestalte. Diese Zukunft ist daher dunkel und noch vor mir.

Meine persönlichen Lebens-Leitbaken sind Werte, Überzeugungen und Beziehungen, die mich geleitet haben. Aus denen ich gewachsen bin und an denen ich gelernt habe, mich zu orientieren. Das sind beispielsweise meine Freunde, mit denen ich meinen Alltag teile, die mich unterstützen und da sind. Wenn es läuft, aber gerade auch dann, wenn mein Licht ausfällt und ich nur noch das Dunkel sehe. Beispielsweise an Tagen, an denen es mir schwerfällt Positives zu sehen. Oder wenn eine schlechte Nachricht mich runter zieht. Sie merken das und bauen mich auf – rufen an oder kommen vorbei. An ihnen orientiere ich mich, um nicht abzukommen von meiner Lebensroute.

Mein Glaube an Gott ist ebenfalls eine wichtige Leitbake in meinem Leben, an der ich mich immer wieder orientieren kann. Zum Beispiel, wenn ich daran denke, was mir Sinn in meinem Leben gibt und wie ich mein Leben hier auf der Welt gestalten will. Durch ihn kann ich weiter blicken und sicher durch die Nacht meiner Zukunft fahren. Familie, Freunde und Glaube – diese drei tragen mich durch Alltag und der Reise in die Zukunft, die im Verborgenen der Nacht liegt. Das sind meine Leitbaken des Lebens.

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