SWR4 Abendgedanken
Manchmal bricht ein Sturm der Gedanken über mich herein. Ich mache mir dann über alles Gedanken und gehe fast unter im Durcheinander, das in meinem Kopf herrscht. So ein Sturm lähmt mich. Ich kann dann nichts anderes machen. Ich bin überfordert mit meinen Gefühlen. Das war so, als ich erfahren habe, dass ein Bekannter eine schlimme Diagnose bekommen hat. Oder als ich gemerkt habe, wie eine Freundschaft, die mir wichtig war, erst brüchig geworden und dann ganz kaputt gegangen ist. Solche Situationen fühlen sich für mich an, als wäre ich auf einem Boot und ein Sturm zieht auf. Ich habe dann Angst wie mein Leben weitergehen kann, und mir fehlt eine Perspektive dafür, weil es mir schwerfällt zu vertrauen. Darauf, dass es wieder gut werden kann und weiter geht.
Ein guter Freund hat mal so eine Gefühls-Chaos-Situation bei mir bemerkt. Mein Telefon hat geklingelt und obwohl ich nicht ran gehen wollte, hab ich den Hörer abgenommen. Mein Freund hat erzählt, wie es ihm geht, was er gerade so macht. Eigentlich nur Kleinigkeiten. Doch durch das Gespräch habe ich gemerkt, wie sich mein Gedankensturm löst, ich auf andere, positivere Gedanken komme und dadurch eine neue Perspektive habe. Es ist, als hätte der Freund meinen inneren Sturm gestillt. Das hat mir gut getan. Weil ich spüre, dass es jemanden gibt, dem ich wichtig bin. Ich kann mich sortieren und wieder meinen Alltag angehen, sogar die Zukunft wieder planen. Und finde so letztlich wieder zu mir, kann neu vertrauen. Das brauche ich manchmal, jemanden, der mich aus dem Sturm befreit.
So ähnlich geht es den Freunden von Jesus auf dem See Genezareth. Sie fahren los und auf einmal kommt ein Sturm, lässt Wellen ans Boot schlagen, sodass es zu kentern droht. In der Aufregung und dem Chaos der Gefühle kommt Jesus und ist da. Er spricht mit ihnen und sagt, dass sie sich nicht fürchten müssen, sondern auf ihn vertrauen. Dann wird der See ruhig und sie sind gerettet.
So einfach wie in der Bibel ist es meistens nicht. Es gibt nicht immer jemanden, der genau dann anruft, wenn ich in so einem Sturm der Gedanken bin und keinen Ausweg weiß. Es gibt nicht immer eine neue Perspektive, die mir gleich klar wird. Doch ich bin überzeugt, dass Gott trotzdem immer mit dabei ist. Auch wenn ich das nicht gleich spüre und sich von jetzt auf gleich alles zum Guten ändert. Gott ist da. Im Sturm und wenn es ruhig und still ist, ich nach vorne blicke. Allein oder mit einem Freund am Telefon, der meinen inneren Sturm stillt.
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