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SWR3 Gedanken

08JUN2024
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Morgen ist Europawahl. Damit endet ein Wahlkampf, der auch von Gewalt geprägt ist. Menschen, die sich für die Demokratie in Europa und Deutschland engagieren, wurden angepöbelt und angegriffen. Zum Beispiel der Politiker Matthias Ecke, der unterwegs gewesen ist, um Wahlplakate für seine Partei aufzuhängen und dann zusammengeschlagen worden ist. Wie Menschen miteinander umgehen, in unserer Gesellschaft UND in unseren Parlamenten, das verändert sich zunehmend: Der Ton wird rauer. Die Kommentare aggressiver. Die Stimmung angespannter. Trotzdem haben die Angriffe auf Politiker und Wahlkämpfer jetzt nochmal eine neue Qualität.
Dass Menschen in einem freien, demokratischen Land unterschiedlicher Meinung sind, sich streiten oder über politische Entscheidungen ärgern, gehört dazu. Aber wenn Menschen körperlich angegriffen oder auch mit Worten herabgewürdigt werden, dann wird definitiv eine Grenze überschritten. Wo ich das in meinem Umfeld erlebe, schreite ich ein – egal, aus welcher politischen Richtung die Angriffe kommen. Ich erinnere dann daran, dass es um echte Menschen geht, die wie alle anderen auch Respekt verdienen.
Es ist mir aber mindestens genauso wichtig, dass mich in unseren Parlamenten Menschen vertreten, die konsequent auf Gewalt verzichten – und das bedeutet für mich auch: eine Sprache frei von Gewalt. Wer andere beleidigt und abwertet, darf dort keinen Platz haben. Ich will in einem Europa leben, das von Menschen regiert wird, die – auch wenn sie anderer Meinung sind – gut und auf Augenhöhe miteinander umgehen. Auch deshalb gehe ich morgen wählen.

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SWR3 Gedanken

07JUN2024
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Ich möchte Grabpatin werden. Noch nie davon gehört? Ging mir bis vor kurzem genauso. Dann habe ich erfahren, dass man auf dem Friedhof in meinem Viertel in Aachen die Patenschaft für ein Grab übernehmen kann. Man erklärt sich bereit, ein altes Grab zu pflegen, um das sich sonst niemand mehr kümmert. Unkraut jäten, schöne Blumen pflanzen oder kaputte Grabsteine reparieren – alles Aufgaben einer Grabpatin.
Tatsächlich scheint es das Konzept auf mehreren Friedhöfen zu geben. Und in einigen Städten ist es sogar so, dass man selbst mit in dem Grab bestattet werden kann, um das man sich gekümmert hat. Mir gefällt diese Idee richtig gut. Gräber sind ja Orte der Erinnerung. Und ich mag den Gedanken, dass so ein Ort auch erhalten bleibt, wenn jemand keine Angehörigen mehr hat. Dass sich dann trotzdem jemand erinnert. Als Christin glaube ich, dass jedes Leben von Gott geschenkt und wertvoll ist. Wenn ich das Grab von jemandem pflege, dann heißt das für mich, dass ich auch das Leben dieser Person wertschätze. Auch wenn ich sie nicht gekannt habe.

Leider kann man auf dem Friedhof in meinem Viertel nur Patin für besondere Gräber von wichtigen Persönlichkeiten werden. Viel schöner würde ich es finden, wenn es das für alle Gräber geben könnte – egal wie viel oder wenig Einfluss jemand in seinem Leben hatte. Und egal ob jemand eine große Familie und viele Freunde hatte oder sein Leben einsam verbracht hat. Jeder Mensch und jedes Leben hat den gleichen Wert. Und jeder Mensch verdient es, dass sich jemand an ihn erinnert.

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SWR3 Gedanken

06JUN2024
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Dreimal am Tag zu festen Zeiten beten. Das mache ich eine Woche lang bei Schwestern im Kloster. Jeden Morgen vor dem Frühstück, vor dem Mittagessen und dann noch einmal vor dem Schlafen – eine total intensive Zeit. Eine Zeit, in der ich mich Gott richtig nah fühle. Denn jeder Tag beginnt mit Gott und jeden Tag schließe ich mit ihm ab. Ich erzähle Gott alles, was mich beschäftigt. Das fühlt sich gut an; irgendwie warm und geborgen. Ich nehme mir vor, dieses Gefühl mit nach Hause zu nehmen. Aber zurück in meinem Alltag merke ich: Das funktioniert so nicht. Ich lebe nicht im Kloster und dreimal am Tag zu beten, das schaffe ich nicht allein daheim. Es ist auch nicht dasselbe ohne den wunderschönen Gesang der Schwestern. Oft passiert es mir, dass ich tagelang nicht dazu komme, zu beten. Weil ich so tief in meinem Alltagstrott drinstecke. Was aber immer da ist, ist die Sehnsucht: Ich merke, dass mir etwas fehlt. Ich vermisse es, mit Gott in Verbindung zu sein und ihm alles von mir zu erzählen.

Ich weiß nicht, ob es mir irgendwann gelingen wird, dass dieses Gefühl, Gott nah zu sein, immer da ist. Vielleicht geht das auch gar nicht. Und möglicherweise fühlt es sich auch für die Schwestern im Kloster gar nicht immer so an. Ich glaube aber, dass das ok ist. Und dass das Vermissen auch eine Art ist, wie ich in Beziehung bin. Wenn ich dann wieder mit Gott ins Gespräch gehe, fühle ich mich sofort wieder geborgen; nichts hat sich verändert. Wie mit einer Freundin, die ich lange nicht gesehen habe. Ich fühle mich Gott ganz nah – warm und geborgen.

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SWR3 Gedanken

05JUN2024
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In der Küchenwand unserer Wohnung ist ein Loch. Nicht groß, aber man kann durchschauen. Ein Elektriker hat es reingebohrt, als wir vor zwei Jahren mal einen Stromausfall hatten. Schön sieht es nicht aus, deshalb haben wir notdürftig eine Postkarte drüber geklebt. Jedes Mal, wenn mein Blick darauf fällt, denke ich: Ach ja, das müssten wir auch mal irgendwann angehen.
So wie in meiner Küchenwand gibt es auch in meinem Leben kleinere und größere Baustellen. Unfertiges, das ich vor mir herschiebe und eigentlich mal angehen müsste. Zum Beispiel die Freundin anrufen, zu der ich den Kontakt verloren habe, weil die letzten Monate so stressig waren. Aber auch Dinge, die immer unfertig bleiben werden. Weil zum Beispiel die Person, um die es geht, nicht mehr da ist. Oder weil die Zeit, in der etwas möglich gewesen wäre, verstrichen ist. Meine Freundin kann ich heute noch anrufen. Bei meinem Bekannten, der ganz plötzlich verstorben ist, geht das nicht. Wir wollten uns schon länger mal wieder treffen und ich hatte versprochen, dass wir dann über etwas sprechen würden, das ihm wichtig gewesen ist. Dieses Versprechen kann ich jetzt nicht mehr halten. Wenn das passiert - also wenn etwas unfertig bleibt und so bleiben muss – dann kann es ganz schön schwer sein, damit umzugehen. Neben der Trauer um meinen Bekannten ist da jetzt auch noch dieses Gefühl, dass etwas offen ist. Dass da ein ganz großes Loch übrig bleibt. Was mir in so einer Situation hilft, ist mein Glaube. Das Vertrauen, dass alles, was mir nicht gelingt oder was offen bleibt, bei Gott gut aufgehoben ist. Dass ich es mir nicht auf ewig vorhalten muss, sondern es abgeben darf. Ich kann das Loch, im Gegensatz zu dem Loch in meiner Wand, nicht mehr schließen. Aber ich kann es Gott zeigen – und hoffen, dass er sich darum kümmert.

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SWR3 Gedanken

04JUN2024
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Mein Mann hat seine Ausbildung abgebrochen. Und ich – bin deshalb richtig stolz auf ihn.

Klingt seltsam? Etwas abzubrechen fühlt sich nämlich ganz schön nach „Versagen“ an. Das weiß ich selbst ganz genau, denn auch ich habe mal ein Studium abgebrochen. Damit habe ich nicht nur meine eigenen Erwartungen, sondern auch die anderer enttäuscht. Meine Freunde zum Beispiel; die konnten damals nicht verstehen, warum ich es nicht einfach durchgezogen habe.

Und trotzdem – oder genau deshalb finde ich es richtig stark, dass er das gemacht hat. Die Ausbildung hat er neben seinem normalen Job gemacht. Und das ist richtig anstrengend gewesen. Er ist oft schlecht gelaunt und müde gewesen, weil er auch nach Feierabend ständig am Schreibtisch sitzen musste. Und so richtig begeistert von den Inhalten war er auch nicht. Weil aber gar nicht mehr viel gefehlt hat für das Zertifikat, haben auch ihm viele in seinem Umfeld geraten, es einfach durchzuziehen. Das hat ihm zu schaffen gemacht. Irgendwie dachte er, sich selbst und anderen damit etwas beweisen zu müssen. Als er schließlich abgebrochen hat, ist das ein Befreiungsschlag gewesen. Er hat sich entschieden, ganz ehrlich und auch gnädig mit sich selbst zu sein. Hat darauf geschaut, was ihm wichtig ist und nicht darauf, was andere von ihm denken. Dafür braucht es Mut, denn natürlich ist es ihm nicht egal, wie andere ihn sehen. Trotzdem hat er auf sich gehört und so gut auf sich Acht gegeben.

Mein Mann hat also seine Ausbildung abgebrochen – und damit etwas ganz Großes für sich geschafft. Und deshalb bin ich richtig stolz auf ihn.

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SWR3 Gedanken

03JUN2024
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Bald ist Sommer und ich fühle mich so richtig wohl in meinem Körper. Ich freu mich auf meine Sommerkleider und darauf, im See schwimmen zu gehen. Dieses Gefühl ist neu für mich. Denn die längste Zeit meines Lebens bin ich froh gewesen, wenn es wieder kälter wurde und ich lange Hosen und einen dicken Pullover anziehen konnte. Jedes Jahr habe ich mir vorgenommen, endlich mehr Sport zu machen und weniger zu essen, um mich im Sommer im Badeanzug wohlzufühlen. Und jedes Jahr habe ich irgendwann wieder aufgegeben. Habe in langen Hosen geschwitzt und mich nach dem Baden schnell in mein Handtuch eingewickelt.
Bis jetzt. Dabei ziehe ich auch dieses Jahr keinen Fitnessplan und keine Diät durch. Der Bauch ist alles andere als straff und es ist sogar eine ziemlich große Narbe dazugekommen, die ich letztes Jahr noch nicht hatte. Etwas anderes hat sich geändert: Wie ich meinen Körper ansehe. Diesen Körper, mit dem ich mein Leben lang hadere; denn er hat in den letzten Monaten einen kleinen Menschen zusammengebastelt und zur Welt gebracht. Für mich ist das ein Wunder, für das ich wahnsinnig dankbar bin. Gleichzeitig ist mir klar geworden: Nicht nur in der Schwangerschaft leistet mein Körper beeindruckend viel. Die Beine, von denen ich immer nur wollte, dass sie dünner sind, tragen mich jeden Tag durchs Leben. Die Arme, die ich nie mochte, können sich um Menschen schließen, die ich liebe. Und der Bauch, der mir immer zu groß und zu weich schien, ist zum liebsten Schlafplatz meines Sohnes geworden. Mein Körper ist nicht perfekt; aber er ist der einzige, den ich habe. Deshalb will ich gut zu ihm sein. Ihn mit Bewegung und gutem Essen stärken. Aber eben auch mit positiven Gedanken.

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SWR3 Gedanken

02JUN2024
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Noch immer flattern Glückwunschkarten und Geschenke in unseren Briefkasten. Und das obwohl es schon drei Monate her ist, dass unser Sohn geboren wurde. Karten und Geschenke von Freunden und Verwandten, aber auch von Menschen, mit denen wir nur entfernt zu tun haben. Sie alle scheint die Nachricht von der Geburt eines neuen Menschen zu berühren. Viele schreiben das in ihren Karten: dass die Geburt eines Kindes für sie ein Zeichen der Hoffnung ist – in einer Welt, die sonst gerade wenig Grund zum Hoffen bietet. Die von Kriegen und den Folgen der Klimakatastrophe erschüttert wird. Ein kleiner Mensch steht für die Zukunft. Er macht ihnen Hoffnung, dass es trotz allem irgendwie weitergehen wird. Dass wir Wege finden, um weiter und besser in dieser Welt leben zu können. Weil es nicht allein um uns geht, sondern wir auch für seine Zukunft Verantwortung tragen. Auch für meinen Mann und mich hat diese Hoffnung eine Rolle gespielt, als wir uns dazu entschieden haben, eine Familie zu gründen. Und sie hat auch mit unserem Glauben zu tun. Ich glaube an einen Gott, der will, dass es uns Menschen gut geht – allen Menschen. Die Bibel erzählt viele Geschichten, in denen Menschen gemeinsam mit Gott zu einem besseren Leben finden. Ihr Glaube gibt ihnen die Kraft, die sie brauchen, um sich gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung einzusetzen. Auch bei uns ist das so. Dass Gott an unserer Seite ist, auch dann, wenn es schwierig wird, macht uns Mut. Es gibt uns die Kraft, nicht aufzugeben, sondern uns weiter einzusetzen für eine Welt, in der auch unser Sohn gut leben kann. Und auch die Menschen, die sich über die Geburt eines Kindes freuen, machen mir Hoffnung. Dass wir viele sind, die sich nach einer besseren Welt sehnen. Dass wir viele sind, die nach Wegen dorthin suchen.

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SWR3 Gedanken

25NOV2023
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Fuck Up Stories – so heißt ein Veranstaltungsformat, das es in meiner Stadt gibt. Da treffen sich Menschen und erzählen sich von ihren Fuck Ups, also ihren Fehlern. Meistens im unternehmerischen Kontext, wenn zum Beispiel jemand ein vielversprechendes Start Up so richtig gegen die Wand gefahren hat. Die meisten Menschen würden wohl lieber von ihren Erfolgen erzählen als von dem, was sie vermasselt haben – ich selbst eingeschlossen. Trotzdem oder gerade deshalb finde ich die Idee richtig gut. Denn wenn ich über meine Fehler und Misserfolge spreche, schäme ich mich weniger dafür. Nicht nur ich, sondern auch andere können so aus meinen Fehlern lernen. Und es wird klar: Fehler machen und scheitern sind nicht das Ende des Lebens; sie gehören zum Leben dazu.

Wie bei Petrus; der ist einer der engsten Freunde Jesu und immer mit ihm unterwegs. Aber als es drauf ankommt, leugnet er, ihn überhaupt zu kennen. Obwohl er sich fest vorgenommen hatte, immer zu ihm zu stehen. Alles klar, könnte man meinen, das war´s dann wohl mit der Freundschaft. Aber tatsächlich ist das noch lange nicht das Ende. Denn Petrus wird später zu einer der wichtigsten Figuren der Kirche, weil er dann doch noch ganz mutig für seinen Glauben an Jesus eintritt.

Diese biblische Fuck Up Story zeigt mir noch etwas anderes: Nicht nur für mich bedeuten Fehler nicht das Ende des Lebens. Auch Gott kann mit meinen Fehlern leben. Er liebt mich deswegen kein Stückchen weniger; er macht mir sogar Mut: Auch wenn ich es so richtig vermasselt habe, muss ich mich nicht verstecken. Sondern kann mich – wie Petrus – mutig einer neuen Aufgabe stellen. Und am Ende vielleicht sogar noch ganz groß rauskommen.

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SWR3 Gedanken

24NOV2023
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Nur noch ein Monat bis Weihnachten. In den kommenden Wochen werden wieder tausende LKWs durch Europa fahren, damit alle Geschenke auch rechtzeitig unter dem Weihnachtsbaum liegen. Vor zwei Monaten sind einige solcher LKWs plötzlich stehen geblieben – in Gräfenhausen. Ihre Fahrer haben gestreikt. Weil die Firma, bei der sie arbeiten, ihren Lohn nicht gezahlt hat. Es ist längst nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. Manchmal werden die Fahrer dann – mitten auf der Straße – zu Gefangenen. Sie bekommen gerade genug Geld, um ihr nächstes Ziel anzusteuern. Aber nicht genug, um nach Hause zu fahren oder die Familie zu ernähren. Die Fahrer aus Gräfenhausen sind irgendwann sogar in einen Hungerstreik getreten. Zum Glück konnte der inzwischen beendet werden. Aber dass sie sogar ihr Leben aufs Spiel setzen, zeigt, wie verzweifelt die Fahrer sein müssen. Und wie machtlos angesichts dieser Ungerechtigkeit. Diese Ausbeutung finde ich unerträglich. Und sie wird fast noch unerträglicher, wenn ich mir vorstelle, dass die Geschenke, mit denen ich an Weihnachten Freude verbreiten will, vielleicht dazu beigetragen haben. Aber was kann ich tun? Entscheidend ist, dass sich politisch etwas ändert. Dass die, die verantwortlich sind – Logistikunternehmen und die Firmen, die sie beauftragen – auch zur Verantwortung gezogen werden. Dafür kann ich mich einsetzen; zum Beispiel indem ich mich informiere und bei der Europawahl im nächsten Jahr entsprechend wählen gehe.
Und im Blick auf Weihnachten? Vielleicht lässt sich ja zumindest die Anzahl der Geschenke etwas reduzieren. Und ich kann darauf achten, dass sie nachhaltig und fair produziert wurden. Damit es auch den Menschen gut geht, die durch ihre Arbeit mein Weihnachtsfest erst möglich machen.

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SWR3 Gedanken

23NOV2023
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Manche Momente sind gleichzeitig tragisch und auf eine Weise trotzdem schön. Solche Momente erlebe ich mit meinem Opa – er leidet an Demenz. Und das ist vor allem erstmal tragisch. Weil ein Mensch, den ich liebe, der noch lebt, vor mir sitzt und mit mir spricht, langsam verschwindet oder sich zumindest stark verändert. Menschen mit Demenz vergessen oft, was vor ein paar Tagen oder auch vor zehn Minuten passiert ist. Manchmal erkennt mein Opa selbst Personen nicht mehr, die ihm ein Leben lang nahe gestanden haben. Trotzdem kann ich mit meinem Opa noch immer sehr schöne Momente erleben. Sogar den gleichen Moment mehrfach: Weil er immer wieder vergisst, dass er bald Uropa wird, ist er jedes Mal aufs Neues überrascht, wenn ich oder meine Oma ihn daran erinnern, dass ich schwanger bin. Das ist einerseits tragisch. Denn es macht mich traurig und manchmal auch wütend, dass er sich an etwas, das mir so wichtig ist, nicht mehr erinnern kann. Und dass er wahrscheinlich nie eine bewusste Beziehung zu seinem Urenkel haben wird. Aber auf eine Weise ist dieser Moment auch schön. Auch wenn er es kurze Zeit später wieder vergessen hat – in dem Moment teilen wir ehrlich die Freude über die Nachricht und sind uns darin ganz nah.
Unsere Beziehung ist jetzt anders als vorher. Von vielem, was meinen Opa ausmacht, muss ich mich langsam verabschieden. Aber diese schönen Momente, in denen wir uns nah sind, geben mir die Kraft, auch die schweren gemeinsam mit ihm zu tragen.

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