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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

14APR2023
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Was ist für Sie wirklich wichtig?

Ich bin an der Frage hängen geblieben, als ich ein Interview mit dem Fußballspieler Nicklas Füllkrug gehört habe. Das war letztes Jahr vor der Fußball-WM. Nicklas Füllkrug hatte bis dahin eine prima Saison gespielt. Er war allerdings noch nicht in die Nationalmannschaft berufen worden. Und halb Fußballdeutschland hat sich gefragt: Sollte der Bundestrainer ihm nicht eine Chance geben und ihn zur Weltmeisterschaft mitnehmen?

In besagtem Interview wollte die Reporterin aus Nicklas Füllkrug herausbekommen, was er darüber denkt. Nach ein wenig Smalltalk wollte sie elegant zum Thema Weltmeisterschaft überleiten mit dem Satz: „Und jetzt zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens“. Und er hat spontan geantwortet: „Meinem Kind geht‘s gut. Danke.“ 1:0 für ihn, finde ich. Und für seine kleine Tochter auch.

Was gehört für mich zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens? Meine Familie, mein Beruf, die Karriere, eine Freundschaft, bestimmte Werte, mein Glaube, ein Hobby, ein Thema, das mich beschäftigt? Ich vermute, dass Nicklas Füllkrug das so geistesgegenwärtig beantworten konnte, weil er darüber schon in Ruhe nachgedacht hatte und es für sich entschieden hat.

Wofür will ich mir Zeit nehmen? Für wen will ich da sein? Wofür mich einsetzen? Und was sollte in meinem persönlichen Ranking vielleicht nicht mehr so weit nach oben gehören wie bisher?

In der Bibel wird von Jesus erzählt, dass er sich manchmal gerade in besonders stressigen Zeiten seines Lebens aus allem zurückgezogen hat, um für sich zu sein. Manchmal zusammen mit seinen Freunden, manchmal ganz allein. Und egal, wer alles in dem Moment noch etwas von ihm wollte und welche Aufgaben noch auf ihn gewartet haben. Ich glaube, da ging es für ihn nicht nur darum, Pause zu machen. Da ging es auch darum, aus dem Hamsterrad rauszukommen, Abstand zum Alltag zu gewinnen und neu für sich zu klären, was wichtig ist und was nicht.

Das nehme ich mir vor. Gerade wenn viel auf mich einstürmt, will ich mir solche Auszeiten nehmen. Und mit etwas Abstand zum Trubel für mich wieder klarbekommen: Was ist wichtig in meinem Leben?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37434
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

14APR2023
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Was ist für Sie wirklich wichtig?
Ich bin an der Frage hängen geblieben, als ich ein Interview mit dem Fußballspieler Nicklas Füllkrug gehört habe. Das war letztes Jahr vor der Fußball-WM. Nicklas Füllkrug hatte bis dahin eine prima Saison gespielt. Er war allerdings noch nicht in die Nationalmannschaft berufen worden. Und halb Fußballdeutschland hat sich gefragt: Sollte der Bundestrainer ihm nicht eine Chance geben und ihn zur Weltmeisterschaft mitnehmen?

In besagtem Interview wollte die Reporterin aus Nicklas Füllkrug herausbekommen, was er darüber denkt. Nach ein wenig Smalltalk wollte sie elegant zum Thema Weltmeisterschaft überleiten mit dem Satz: „Und jetzt zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens“. Und er hat spontan geantwortet: „Meinem Kind geht‘s gut. Danke.“ 1:0 für ihn, finde ich. Und für seine kleine Tochter auch.

Was gehört für mich zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens? Meine Familie, mein Beruf, die Karriere, eine Freundschaft, bestimmte Werte, mein Glaube, ein Hobby, ein Thema, das mich beschäftigt? Ich vermute, dass Nicklas Füllkrug das so geistesgegenwärtig beantworten konnte, weil er darüber schon in Ruhe nachgedacht hatte und es für sich entschieden hat.

Wofür will ich mir Zeit nehmen? Für wen will ich da sein? Wofür mich einsetzen? Und was sollte in meinem persönlichen Ranking vielleicht nicht mehr so weit nach oben gehören wie bisher?

In der Bibel wird von Jesus erzählt, dass er sich manchmal gerade in besonders stressigen Zeiten seines Lebens aus allem zurückgezogen hat, um für sich zu sein. Manchmal zusammen mit seinen Freunden, manchmal ganz allein. Und egal, wer alles in dem Moment noch etwas von ihm wollte und welche Aufgaben noch auf ihn gewartet haben. Ich glaube, da ging es für ihn nicht nur darum, Pause zu machen. Da ging es auch darum, aus dem Hamsterrad rauszukommen, Abstand zum Alltag zu gewinnen und neu für sich zu klären, was wichtig ist und was nicht.

Das nehme ich mir vor. Gerade wenn viel auf mich einstürmt, will ich mir solche Auszeiten nehmen. Und mit etwas Abstand zum Trubel für mich wieder klarbekommen: Was ist wichtig in meinem Leben?

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

13APR2023
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„Ich war’s nicht. Sie war’s!“
Ein Satz wie aus einer Streiterei auf dem Schulhof unter Kindern oder im Konfliktgespräch am Arbeitsplatz. Aber er kommt tatsächlich auch schon bei Adam und Eva vor. So erzählt es die Bibel. Schon Adam, der erste Mensch, hat wenig Lust gehabt, für das geradezustehen, was er falsch gemacht oder – auf gut Deutsch – was er verbockt hatte. Als Gott ihn direkt darauf angesprochen hat, da hat Adam einfach auf seine Frau gezeigt: „Ich war’s nicht. Sie war’s!“ Super für Eva. Aber die hat den schwarzen Peter gleich weitergereicht, an die berühmte Schlange. „Ich war’s nicht. Sie war’s.“ Das könnte eine unendliche Geschichte werden. Hauptsache, ich war’s nicht.

Das ist aber auch schwer, ganz ohne Ausreden Verantwortung zu übernehmen und zu sagen: „Ich war’s. Und es tut mir leid.“ Wer weiß, wie andere darauf reagieren? Und bekommt mein eigenes Ego einen Knacks weg? Mich vor der Verantwortung drücken ist vielleicht doch einfacher. Bequemer.

Mein persönliches Vorbild in diesem Punkt ist ein Mann, der mich – sagen wir – zufällig getroffen hat. Ich hatte mein Auto daheim an der Straße geparkt und war dabei, Getränkekisten auszuladen und ins Haus zu tragen. Wie ich aus dem Haus komme, steht ein mir unbekannter Mann neben meinem Auto und sagt vorsichtig: „Entschuldigung. Ich bin Ihnen gerade voll ins Auto gerauscht.“ Ich war völlig perplex. Nicht nur, weil er mir ins Auto reingefahren war. Sondern auch, weil er sofort dazu gestanden ist. Der hat sich nicht davongeschlichen. Er hat sich neben das verbeulte Auto gestellt, und hat gesagt: „Ich war’s.“ Er hat keine Sekunde drumherumgeredet oder Ausreden gesucht. Und er hat ja nicht gewusst, ob ich ihm jetzt wütend ins Gesicht explodiere. Der hat mich beeindruckt. Was für ein Mut, Verantwortung zu übernehmen. Er ist für den Schaden aufgekommen, wir sind im Frieden auseinander.

„Ich war’s.“ Es war super, einem Menschen zu begegnen, der das sagen kann. Ich will üben, selbst so ein Mensch zu sein.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

13APR2023
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„Ich war’s nicht. Sie war’s!“
Ein Satz wie aus einer Streiterei auf dem Schulhof unter Kindern oder im Konfliktgespräch am Arbeitsplatz. Aber er kommt tatsächlich auch schon bei Adam und Eva vor. So erzählt es die Bibel. Schon Adam, der erste Mensch, hat wenig Lust gehabt, für das geradezustehen, was er falsch gemacht oder – auf gut Deutsch – was er verbockt hatte. Als Gott ihn direkt darauf angesprochen hat, da hat Adam einfach auf seine Frau gezeigt: „Ich war’s nicht. Sie war’s!“ Super für Eva. Aber die hat den schwarzen Peter gleich weitergereicht, an die berühmte Schlange. „Ich war’s nicht. Sie war’s.“ Das könnte eine unendliche Geschichte werden. Hauptsache, ich war’s nicht.

Das ist aber auch schwer, ganz ohne Ausreden Verantwortung zu übernehmen und zu sagen: „Ich war’s. Und es tut mir leid.“ Wer weiß, wie andere darauf reagieren? Und bekommt mein eigenes Ego einen Knacks weg? Mich vor der Verantwortung drücken ist vielleicht doch einfacher. Bequemer.

Mein persönliches Vorbild in diesem Punkt ist ein Mann, der mich – sagen wir – zufällig getroffen hat. Ich hatte mein Auto daheim an der Straße geparkt und war dabei, Getränkekisten auszuladen und ins Haus zu tragen. Wie ich aus dem Haus komme, steht ein mir unbekannter Mann neben meinem Auto und sagt vorsichtig: „Entschuldigung. Ich bin Ihnen gerade voll ins Auto gerauscht.“ Ich war völlig perplex. Nicht nur, weil er mir ins Auto reingefahren war. Sondern auch, weil er sofort dazu gestanden ist. Der hat sich nicht davongeschlichen. Er hat sich neben das verbeulte Auto gestellt, und hat gesagt: „Ich war’s.“ Er hat keine Sekunde drumherumgeredet oder Ausreden gesucht. Und er hat ja nicht gewusst, ob ich ihm jetzt wütend ins Gesicht explodiere. Der hat mich beeindruckt. Was für ein Mut, Verantwortung zu übernehmen. Er ist für den Schaden aufgekommen, wir sind im Frieden auseinander.

„Ich war’s.“ Es war super, einem Menschen zu begegnen, der das sagen kann. Ich will üben, selbst so ein Mensch zu sein.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

12APR2023
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Was ist Ihr Kraftort? Der SWR hat letztes Jahr dazu aufgerufen, ein Foto einzuschicken. Thema: „Mein Kraftort“. Man konnte auch etwas dazu schreiben, wenn man wollte. Ich habe mich im Internet durch die Bilder durchgeklickt und war ganz fasziniert: Was für eine Vielfalt.

Ein Foto von einem Wald war dabei, mit dem Kommentar: „Da kriege ich den Kopf frei.“ Ein Bild vom Frühstück mit der Familie. Der Innenraum einer Kirche, stellvertretend für die Gottesdienste und die Gemeinschaft, die einem Kraft geben. Das Motorrad. Ein Musikinstrument. Die Parkbank auf dem alten Friedhof.

Ich bin natürlich bei dem Bild von dem Kirchenraum hängen geblieben: mit anderen zusammen singen und beten– das bedeutet mir viel. Und die Worte aus der Bibel geben mir auf sehr unterschiedliche Weise Kraft: mal nehme ich da etwas Tröstliches mit, mal etwas, was mich inspiriert, oder auch etwas, was mich hinterfragt. In alten Kirchenräumen denke ich auch daran, zu welch unterschiedlichen Zeiten Menschen hier gesessen haben, mit welchen Fragen und welchen Themen sie früher hier waren. Dieser Raum verbindet mich mit ihnen. Das gibt mir Kraft.

Und wenn ich selbst ein Foto eingereicht hätte, dann wären da wahrscheinlich auch die Bistrotische mit drauf, die bei uns im Eingangsbereich der Kirche stehen. Die gehören für mich zum Kraftort tatsächlich auch dazu. Da können Leute nach dem Gottesdienst einfach noch stehen bleiben, einen Kaffee trinken und mit anderen reden. Also auch nach dem Gottesdienst noch Gemeinschaft erleben, einander erzählen und zuhören und andere kennenlernen.  

Die Frage nach den Kraftorten beschäftigt mich. Wir erleben so viel, was uns anstrengt, wofür wir Kraft brauchen. Wie gut, wenn ich dann weiß, wo meine Kraftorte für Leib und Seele sind. Woraus ich schöpfen kann, was mir Energie gibt. Diese Orte will ich aufsuchen.

Was ist Ihr Kraftort?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37432
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

12APR2023
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Was ist Ihr Kraftort? Der SWR hat letztes Jahr dazu aufgerufen, ein Foto einzuschicken. Thema: „Mein Kraftort“. Man konnte auch etwas dazu schreiben, wenn man wollte.

Ich habe mich im Internet durch die Bilder durchgeklickt und war ganz fasziniert: Was für eine Vielfalt.
Ein Foto von einem Wald war dabei, mit dem Kommentar: „Da kriege ich den Kopf frei.“ Ein Bild vom Frühstück mit der Familie. Der Innenraum einer Kirche, stellvertretend für die Gottesdienste und die Gemeinschaft, die einem Kraft geben. Das Motorrad. Ein Musikinstrument. Die Parkbank auf dem alten Friedhof.

Ich bin natürlich bei dem Bild von dem Kirchenraum hängen geblieben: mit anderen zusammen singen und beten– das bedeutet mir viel. Und die Worte aus der Bibel geben mir auf sehr unterschiedliche Weise Kraft: mal nehme ich da etwas Tröstliches mit, mal etwas, was mich inspiriert, oder auch etwas, was mich hinterfragt. In alten Kirchenräumen denke ich auch daran, zu welch unterschiedlichen Zeiten Menschen hier gesessen haben, mit welchen Fragen und welchen Themen sie früher hier waren. Dieser Raum verbindet mich mit ihnen. Das gibt mir Kraft.

Und wenn ich selbst ein Foto eingereicht hätte, dann wären da wahrscheinlich auch die Bistrotische mit drauf, die bei uns im Eingangsbereich der Kirche stehen. Die gehören für mich zum Kraftort tatsächlich auch dazu. Da können Leute nach dem Gottesdienst einfach noch stehen bleiben, einen Kaffee trinken und mit anderen reden. Also auch nach dem Gottesdienst noch Gemeinschaft erleben, einander erzählen und zuhören und andere kennenlernen.  

Die Frage nach den Kraftorten beschäftigt mich. Wir erleben so viel, was uns anstrengt, wofür wir Kraft brauchen. Wie gut, wenn ich dann weiß, wo meine Kraftorte für Leib und Seele sind. Woraus ich schöpfen kann, was mir Energie gibt. Diese Orte will ich aufsuchen.

Was ist Ihr Kraftort?

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

11APR2023
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Ostern entwaffnet. Das ist ein kleines, feines Detail der Ostergeschichten in der Bibel. Da steht nicht nur etwas von Engel, leerem Grab, Licht und überraschten Jüngerinnen und Jüngern Jesu. Da wird auch erzählt, dass die bewaffneten Wächter des Grabes Angst bekommen und ohnmächtig umfallen. Ostern, der Aufstand des Lebens: das haut sie schlicht um. Gerade die Leute mit den Waffen stehen an Ostern auf verlorenem Posten.
Ostern entwaffnet.
Das ist naiv, könnte man sagen. An vielen Orten der Welt sind Waffen im Einsatz. Auch an Ostern. Und im kleinen - in unsren Familien oder in der Nachbarschaft – da gehen Menschen womöglich mit Worten aufeinander los.

Seit ich vor ein paar Jahren auf einer Reise durch Nordirland war, beschäftigt mich, wie Versöhnung gehen kann. Nordirland ist im 20. Jahrhundert über viele Jahrzehnte ein Ort der Gewalt gewesen. Zwei Gruppierungen sind einander unversöhnlich gegenübergestanden. Unzählige Menschen sind bei Terror-Anschlägen oder durch Gewalt der britischen Armee gestorben. Aber auch die ganz normalen Leute auf der Straße haben sich angefeindet. Und sogar auf Kinder auf dem Weg zur Schule sind Steine geworfen worden, einfach weil sie zur „anderen Seite“ gehört haben. Erst 1998 ist das Karfreitags-Abkommen unterschrieben worden, mit klaren Absprachen, wie Frieden geschlossen und künftig eingehalten werden sollte.

Wenige Jahre vor dem Abkommen hat ein Künstler in der nordirischen Stadt Derry eine Skulptur geschaffen: 2 Menschen, ganz normale Leute, die aufeinander zugehen. Sie schauen einander an und strecken dem andern aus etwas Entfernung einen Arm entgegen. Vorsichtig und entschieden zugleich. Wir gehen aufeinander zu. Wir suchen Frieden. Wir schauen, ob es nicht anders weitergehen kann als bisher.

Von Umarmung ist keine Rede. Und beim genauen Hinsehen habe ich gemerkt: die Hände der beiden berühren sich nicht. Der Künstler hat dazu gesagt, dass er zuerst einen Handschlag im Sinn hatte, aber dann hat er sich überlegt: So weit sind wir noch nicht. Nicht nach allem, was geschehen ist. Aber aufeinander zugehen, das geht. Und das muss auch sein. Dafür ist es höchste Zeit.
Sucht Frieden. Schritt für Schritt, jeden Tag. Im Großen wie im Kleinen. Auch das ist eine Botschaft von Ostern.

Skulptur „Hands across the Divide” von Maurice Harron

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37431
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

11APR2023
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Ostern entwaffnet. Das ist ein kleines, feines Detail der Ostergeschichten in der Bibel. Da steht nicht nur etwas von Engel, leerem Grab, Licht und überraschten Jüngerinnen und Jüngern Jesu. Da wird auch erzählt, dass die bewaffneten Wächter des Grabes Angst bekommen und ohnmächtig umfallen. Ostern, der Aufstand des Lebens: das haut sie schlicht um. Gerade die Leute mit den Waffen stehen an Ostern auf verlorenem Posten.
Ostern entwaffnet.
Das ist naiv, könnte man sagen. An vielen Orten der Welt sind Waffen im Einsatz. Auch an Ostern. Und im kleinen - in unsren Familien oder in der Nachbarschaft – da gehen Menschen womöglich mit Worten aufeinander los.

Seit ich vor ein paar Jahren auf einer Reise durch Nordirland war, beschäftigt mich, wie Versöhnung gehen kann. Nordirland ist im 20. Jahrhundert über viele Jahrzehnte ein Ort der Gewalt gewesen. Zwei Gruppierungen sind einander unversöhnlich gegenübergestanden. Unzählige Menschen sind bei Terror-Anschlägen oder durch Gewalt der britischen Armee gestorben. Aber auch die ganz normalen Leute auf der Straße haben sich angefeindet. Und sogar auf Kinder auf dem Weg zur Schule sind Steine geworfen worden, einfach weil sie zur „anderen Seite“ gehört haben. Erst 1998 ist das Karfreitags-Abkommen unterschrieben worden, mit klaren Absprachen, wie Frieden geschlossen und künftig eingehalten werden sollte.

Wenige Jahre vor dem Abkommen hat ein Künstler in der nordirischen Stadt Derry eine Skulptur geschaffen: 2 Menschen, ganz normale Leute, die aufeinander zugehen. Sie schauen einander an und strecken dem andern aus etwas Entfernung einen Arm entgegen. Vorsichtig und entschieden zugleich. Wir gehen aufeinander zu. Wir suchen Frieden. Wir schauen, ob es nicht anders weitergehen kann als bisher.

Von Umarmung ist keine Rede. Und beim genauen Hinsehen habe ich gemerkt: die Hände der beiden berühren sich nicht. Der Künstler hat dazu gesagt, dass er zuerst einen Handschlag im Sinn hatte, aber dann hat er sich überlegt: So weit sind wir noch nicht. Nicht nach allem, was geschehen ist. Aber aufeinander zugehen, das geht. Und das muss auch sein. Dafür ist es höchste Zeit.
Sucht Frieden. Schritt für Schritt, jeden Tag. Im Großen wie im Kleinen. Auch das ist eine Botschaft von Ostern. 

Skulptur „Hands across the Divide” von Maurice Harron

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37426
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Anstöße sonn- und feiertags

10APR2023
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Auf geht’s! Ab ins Leben! Ostern macht Beine. So war es zumindest am ersten Ostermorgen, erzählt die Bibel. Da sind Frauen und Männer zum Grab von Jesus gegangen: traurig und fassungslos, dass ihr Freund und Lehrer tot ist. Jesus hat ihnen viel bedeutet, aber das ist jetzt Vergangenheit. Der Tod ist endgültig. Glauben sie. Jetzt kann man noch an Jesu Grab verweilen und alten Erinnerungen nachhängen. Mehr nicht.

Die Ostergeschichte der Bibel erzählt eindrücklich, dass es einen Engel gebraucht hat, um sie aus dieser Stimmung herauszureißen: „Fürchtet euch nicht,“ sagt er zu ihnen. Aber vor allem auch: „Auf geht’s! Ab ins Leben! Jesus wird vor euch hergehen.“

Die Jüngerinnen und Jünger sind damals trotzdem nicht losgeflitzt und haben das Leben gefeiert. Sie sind erstmal da geblieben, am Grab. Sie haben sich einfach nicht vorstellen können, dass das Leben weitergeht. Das von Jesus nicht – ihr eigenes aber auch nicht. Jetzt, wo sie ohne ihn auskommen müssen. Gerade erst hatten sie erlebt, wie ohnmächtig sie waren gegen die mächtigen Leute, die Jesus zum Tod verurteilt und seine Menschenwürde mit Füßen getreten hatten. Und wie ohnmächtig sie waren gegen die Macht des Todes. Das hat ihnen schon in den Knochen gesteckt.

Es hat Zeit gebraucht, sich neu zu orientieren und das für sich klar zu bekommen: Ostern ist nicht das Ende. Ostern ist ein Doppelpunkt: Jesus lebt und wird vor euch hergehen. Ihr könnt in seinem Schlepptau unterwegs sein.

Ostern ist ein Doppelpunkt. Vom Grab zurück ins Leben. Die eigene Hoffnungslosigkeit abschütteln und Jesus wieder nachfolgen. Den friedlichen Aufstand für das Leben wagen. Zum Beispiel sich einsetzen für Frieden und Gerechtigkeit. Dafür, dass alle Menschen frei leben können, damals wie heute.

Ostern ein Doppelpunkt. Das heißt für mich auch: nicht mal der Tod ist das Ende. Dann sitz ich noch oft genug traurig an einem Grab, aber vertraue doch darauf: Auch wenn jemand stirbt, wird Jesus vor ihm hergehen.

Und womöglich höre ich dann eine Stimme, die mir beharrlich sagt: „Fürchte dich nicht. Auf geht’s! Ab ins Leben!“

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Anstöße sonn- und feiertags

09APR2023
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Das Licht gewinnt. Das feiern wir Christen an Ostern: Das Licht gewinnt, auch gegen die dunkelste Nacht. In meiner Stadt habe sich heute deshalb viele Leute frühmorgens auf den Weg zur Kirche gemacht. Drin war es stockdunkel. Man hat kaum die Hand vor Augen gesehen. Geschweige denn die Menschen rechts und links. Die konnte man nur erahnen. Irgendwo in der dunklen Kirche saß vermutlich der junge Mann, dessen Oma ich letzte Woche beerdigt habe. Hier in der Osternacht konnte er nochmal seinen wehmütigen Gedanken nachhängen.

Gemeinsam haben wir den Gesang gehört, der im Dunkeln angestimmt worden ist: „Christus, das Licht.“ Und ein Mann hat die große leuchtende Osterkerze in die Kirche hineingetragen. Eine einzige Kerze in einer großen dunklen Kirche: das macht nicht viel her, möchte man meinen. Die hat keine Chance.

Dann hat jemand die Ostergeschichte aus der Bibel vorgelesen, die Geschichte von der Auferweckung Jesu: „Fürchtet euch nicht! Er ist auferstanden!“ In dem Moment haben einige Jugendliche angefangen, viele kleine Kerzen an der Osterkerze anzuzünden und weiterzugeben. Die Lichter sind weitergewandert, von Mensch zu Mensch. Es ist immer heller geworden, bis die ganze Kirche von Licht erfüllt war. Das Licht gewinnt.

Klar, das Dunkel ist noch da. Das erleben wir nicht nur in der Nacht. Wir erleben es auch im eigenen Herzen. Wenn eine Sorge das Leben überschattet, neue Kriegsnachrichten uns erschrecken und der Tod übermächtig scheint.

Aber im Dunkel leuchtet das Oster-Licht auf. „Fürchtet euch nicht! Er ist auferstanden!“ Er lebt und ihr sollt auch leben. Nicht das Dunkel hat das letzte Wort über eurem Leben, sondern das Licht. Es ist hartnäckig, dieses Licht. Einfach nicht kleinzukriegen. Von keinem Dunkel dieser Welt. Und wir können es weitergeben, von Mensch zu Mensch.

Die Osterkerze wird nun das ganze Jahr über während der Gottesdienste brennen. Wir werden die Taufkerzen für die Kinder an ihr entzünden und Kindern sagen: „Das Licht der Liebe, das wird auch dir leuchten.“

Und die Gedächtniskerzen für unsre Verstorbenen zünden wir auch an der Osterkerze an. Nicht einmal das Dunkel des Todes ist stärker als jenes Licht vom Ostermorgen. Darum: frohe Ostern!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37424
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