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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

17APR2024
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Die Caritas bei uns in der Eifel macht mit beim Aktionstag Schichtwechsel. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen lädt dazu ein.

Mir gefällt das prima, ich hatte in der Zeitung darüber gelesen.

Menschen aus der Caritas-Werkstatt St. Raphael in Mayen tauschen ihren Arbeitsplatz für einen Tag mit Menschen aus dem sogenannten 1. Arbeitsmarkt.

In seinem normalen Alltag in der Werkstatt verpackt Michael zum Beispiel Heizrohrhalter für die Industrie. Die kleinen blauen Klemmen braucht man, um die Rohre von Fußbodenheizungen zu fixieren. Für manchen wäre es eintönig, diese kleinen Klemmen auf Rohre zu spannen und in 20ger Päckchen zu verpacken, aber Michael und seinen Kollegen gefällt grade die Ruhe in der Werkstatt und dass die Arbeit nicht schwierig ist – und mir gefällt, dass es bestimmte Arbeiten gibt, die die Maschinen nicht erledigen können. Einfache Arbeiten, die aber gemacht werden müssen und so sind die Kollegen in den Werkstätten genau so nützlich für unser Leben wie der Oberbürgermeister auf seinem Chefsessel.

Mit dem hat nämlich Michael einen Vormittag den Platz getauscht.

Und da hat es ihm auch gefallen: der Schreibtisch war aufgeräumt, er durfte ans Telefon gehen und mehrmals eine Unterschrift leisten. Dann führten die Leute aus der Verwaltung Michael durch das Haus und zeigten ihm die Büros und die Sitzungsräume. Er wäre gern länger dort geblieben, aber zum Mittagessen sollte er wieder an seinem eigenen Arbeitsplatz sein.

Der Oberbürgermeister hatte in der Zwischenzeit die Arbeit von Michael erledigt und hat auch einiges dazugelernt.

Die beiden trafen sich beim Mittagessen in der Kantine von der Werkstatt. Die Mitarbeiter essen da, aber auch die sogenannten Fremdesser, wie die Gäste genannt werden.

Die helfen manchmal, wenn jemand sein Schnitzel nicht durchschneiden kann.

Es ist schön zu erleben, wie aus den Fremdessern Vertraute werden.

Ein Vormittag in den Schuhen eines anderen Menschen macht aus Fremden Bekannte, und vielleicht mehr.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

16APR2024
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Warum gibt es Schutzhäuser für Frauen und ihre Kinder? Weil es Gewalt gibt in engen Beziehungen, Gewalt von Männern gegen Frauen und Kinder.

Ehe jetzt jemand denkt: Frauen schlagen auch: ja, ungefähr 10 % der Betroffenen von häuslicher Gewalt sind Männer, allerdings 90 % Frauen und Kinder.

Und es kommt in allen Familien vor, egal, ob Ärzte oder Arbeitslose, Journalisten oder Handwerker, Migranten oder Deutsche.

Wenn die Frau die Gewalt in ihrem Leben nicht mehr ertragen kann, kann sie sich an die Polizei wenden oder an eine Hilfsorganisation und kann dann mit ihren Kindern in ein Schutzhaus gehen.

Ich wurde gefragt, ob ich eine Familie aus einem kleinen Dorf mit dem Auto in ein Schutzhaus fahren würde.

Die Familie kommt aus Syrien, lebt aber schon länger hier, die beiden Töchter, 6 und 8 Jahre alt, gehen in die Grundschule. Als ich fragte, wie lange sie schon in Deutschland seien, meinte die 6-jährige Dima: eine Woche. Ja, was eine Woche ist, kann sie nicht einschätzen, aber beide Kinder sprechen gut Deutsch, nur die Mama nicht. Die Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle hatte erklärt: Die mit dem grünen Auto, die kommt zu euch. Also fanden alle schnell Vertrauen. Im Auto erklärte die 8-Jährige, manchmal werde der Papa böse und die Mama hätte Angst, dass er sie tot macht. Deshalb würden sie wegfahren.

Das darf der Papa nicht, der Mama und euch so Angst machen, sagte ich. Sie hatte morgens in der Schule gelernt, in Englisch bis zehn zu zählen. Das machte sie ein paar mal. Dann sagte sie: der Papa soll der Mama nicht weh tun.

Nein, das darf er nicht, deshalb fahren wir jetzt weg.

Sie lächelte zufrieden: sind wir bald da?

Es ist schlimm genug, wenn Erwachsenen Gewalt angetan wird. Aber bei Kindern finde ich es unerträglich. Wie brauchen da viel mehr Aufmerksamkeit und auch Geld, damit Staat und Kirche ihre Schutzhäuser offenhalten können. Die Familien brauchen einen friedlichen Ort, um zur Ruhe zu kommen und sich neu zu orientieren.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

15APR2024
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Treppauf – treppab. Wenn ich zuhause aus dem 1. Stock nach unten gehe, nehme ich Kaffeebecher mit runter oder Milch oder meine Wanderschuhe. Und unten auf der Treppe liegen die Sachen, die nach oben müssen: Einkäufe, der Wäschekorb, damit sie beim nächsten Gang treppauf mitgenommen werden. Ich hatte also oben alte Zeitungen in der rechten Hand und mein Handy in der linken. Da ich Linkshänderin bin, ist die Linke meine Haupthand und ich warf das Handy in den Papierkorb und legte die Zeitungen auf den Tisch. Umgekehrt wäre besser gewesen.

Ich betrachtete das Handy im Papierkorb. Wie wichtig ist mir dieses Teil.

Wenn ich nachts wachliege, kann ich was lesen. Es ist mein Wecker. Ich führe da meinen Terminkalender, tausche Mails und andere Nachrichten, schau mir in den sozialen Netzwerken irgendwelche Belanglosnachrichten an.  Ich erfreue mich an Fotos der Zwillinge meiner Nichte und auf Wanderungen knipse ich schöne Aussichten, teile sie mit meinen Freunden und schreib noch dazu, wie viele Schritte es waren. Und die Bewegungsapp lobt mich, dass ich mein Ziel erreicht habe, dann freue ich mich.

Noch wichtiger ist mir die Brille, ohne die bin ich völlig aufgeschmissen. Dann kommt in der Wichtigkeit die EC-Karte, damit ich nicht ohne Geld dastehe. Aber dann schon das Handy.

Meine Schwester hat früher in der Familie gern Umfragen gemacht, so zum Beispiel:

was sind die 3 wichtigsten Dinge in deinem Leben.

Da war bei mir immer die Brille auf Platz eins und das Handy kam nicht vor.

Heute bin ich ziemlich abhängig davon, mehr, als mir eigentlich recht ist.

Als ich mein Gerätchen mal verloren glaubte und meiner Schwester mein Leid klagte, sagte sie mitleidlos: kannst du noch atmen?

Ja, konnte ich.

Lebensnotwendig ist die Luft zum Atmen.

Wasser und etwas zu essen.

Ein Dach über dem Kopf.

Familie und Freunde.

Ich glaub, das wars.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

13JAN2024
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„Du, lass dich nicht verhärten in dieser harten Zeit.“  Eine Zeile aus dem Lied „Ermutigung“ von Wolf Biermann.  Natürlich war der Text auf die Verhältnisse in der DDR bezogen, aber ich finde ihn heute auch wieder sehr aktuell. Am Ende gewinnt die Heiterkeit und die Hoffnung. Wunderbar.

Im November waren wir in Berlin in einer Ausstellung über das Leben von Wolf Biermann. Jahrgang 1936, Kind von Kommunisten und selbst Kommunist, zog mit 16 von Hamburg in die DDR.

Nach dem Abitur begann er ein Studium, arbeitete als Regieassistent am Berliner Ensemble und begann, eigene Gedichte und Lieder zu schreiben. Damit wurde er schnell populär, aber die Staatsmacht wurde misstrauisch und blieb das auch.

Er wurde mit der Zeit ein scharfer Kritiker der politischen Verhältnisse. Deshalb wurde gegen ihn schon nach 12 Jahren ein Auftrittsverbot ausgesprochen und 1976 durfte er nach einem Konzert in Köln nicht wieder nach Hause zurück; die DDR hatte ihn ausgebürgert.

Was mich in der Ausstellung tief berührt hat, war ein Brief von Biermann an die Staatsanwaltschaft. Er setzte sich für einen jungen Arzt ein, bei dem ein Biermann-Text gefunden worden war und der dafür dreieinhalb Jahre Gefängnis bekommen hatte. Heute kann man klar sagen, dass er dort gefoltert worden ist. Biermann schrieb eine Selbstanzeige: er sei der Verfasser des Textes und würde den Staatsanwalt öffentlich anzeigen, wenn dieser das Urteil gegen den Arzt nicht aufheben würde. Auch in der DDR galt offiziell die Meinungsfreiheit und Biermann wies darauf hin, dass der Verfasser des Textes, er selber also, nicht bestraft worden sei, aber der Besitzer schon. Und der Arzt wurde freigelassen.

Biermann war sehr angesehen und bekannt, daher traute sich auch die Stasi nicht an ihn heran, insofern erforderte es keinen riesigen Mut, diesen Brief zu schreiben.  Aber es erforderte etwas Mut. Heute brauche ich auch nicht viel Mut, um meine Meinung zu äußern. Wir haben das Recht dazu in der Demokratie. Trotzdem kann ich mich unbeliebt machen. Dazu brauche ich ein bisschen Mut. In den Worten von Biermann: „wir wolln es nicht verschweigen in dieser Schweigenszeit: das Grün bricht aus den Zweigen, wir wolln das allen zeigen, dann wissen sie Bescheid.“

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

12JAN2024
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Auf allen Fensterbänken in meiner Wohnung stehen Blumen in Töpfen. Ich habe zwar keinen grünen Daumen, aber ich spreche mit ihnen und kümmere mich. Ich gieße regelmäßig und oft stehe ich am Fenster, schaue auf die Welt und telefoniere, aber nebenbei zupfe ich ein bisschen an einer Begonie rum oder schneide verwelkte Triebe ab und drehe die Pflanze um 90 Grad, damit sie sich wieder der Sonne zuwendet.

Das ist ja sagenhaft, ich habe mal ein Sonnenblumenfeld gesehen, da hatten alle die Gesichter nach Süden ausgerichtet. Soll nochmal jemand sagen, die haben kein Gefühl für das, was ihnen gut tut.

Wenn es den Blumen nicht so gut geht, kommen sie auf die Invalidenbank. Das habe ich von meiner Mutter. Die kannte natürlich richtige Invaliden aus der Zeit nach dem 1. und 2. Weltkrieg, aber sie hat das Wort für ihre Blumen übernommen. Auf einer Fensterbank, die sie immer genau im Blick hatte, wurden die Invaliden-Blumen hochgepäppelt. Niemals hätte meine Mutter ein welkes Blümchen einfach in die Tonne geworfen.

Auf meiner Invalidenbank hat lange ein Alpenveilchen vor sich hingedümpelt. Ich hätte es auch auf den Kompost werfen können, aber die Invalidenbank gibt den Blümchen eine Gnadenfrist. Und nach ein paar Wochen erblühte dieses Veilchen allerliebst mit dunkelvioletten Blüten und ich war richtig stolz darauf. Es wurde natürlich dann von der Invalidenbank weg befördert. Hätten wir Menschen doch auch so eine Invalidenbank.

Einen Platz, wo wir in Ruhe und ziemlich unbeachtet vor uns hindümpeln können, um uns zu erholen.

Oder im Gegenteil einen Ort, wo wir besondere Aufmerksamkeit bekommen, wo sich jemand speziell um mein Wohlergehen kümmert, Ansprache, Dünger, mein Gesicht zur Sonne drehen, Verwelktes abzupfen…

Den Invaliden in meinem Umfeld will ich gern eine Invalidenbank anbieten.

Und wenn ich selber eine brauche, hat hoffentlich jemand auch für mich eine solche Invalidenbank.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39129
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

11JAN2024
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Mitten auf einer belebten Kreuzung bleibt das Auto stehen. Nichts geht mehr.

Sofort bildet sich eine längere Schlange und viele Autofahrer fangen an zu hupen. Meine Bekannte versucht es immer wieder, aber nichts passiert; das Auto will nicht anspringen.

Der Fahrer hinter ihr hupt besonders ungehalten; dabei kann er ja am besten mitverfolgen, was sie alles versucht. Schließlich steigt sie aus, gibt ihm ihren Autoschlüssel und sagt: Besser, wir tauschen. Versuchen Sie mal, das Auto ans Laufen zu bringen.  Ich hupe in der Zeit für Sie weiter.

So witzig, das war bestimmt total entwaffnend. Falls ich mal in eine solche Situation komme, denke ich hoffentlich daran und mache es genauso.

Tja, hupen. Was bedeutet das eigentlich?

Manchmal heißt es: mach den Weg frei.

Manchmal: Achtung, du fährst verkehrt, gegen die Einbahnstraße zum Beispiel.

Ich habe mal wie wild gehupt, als mir auf der linken Spur einer dreispurigen Autobahn der Gaszug gerissen ist und ich mich unter blinken und hupen auf den Seitenstreifen bringen musste, ehe das Auto völlig zum Stehen kam.

Hupen kann also auch Leben retten.

Da frage ich mich: Hupt GOTT auch? Ja, ich höre IHN manchmal.

Wenn auf einer Todesanzeige der Geburtsjahrgang 1956 steht, dann höre ich IHN hupen: Peters, dein Jahrgang, nutze die Zeit.

Wenn eine Kontonummer in den Nachrichten erscheint, die ich mir leicht merken kann, höre ich IHN hupen: Peters, dir gehts gut, hilf denen, denen es schlechter geht.

Wenn ich einen Regenbogen sehe, der ist ja in der Bibel das Zeichen GOTTES, dass ER den Menschen die Treue halten will, dann empfinde ich das mehr so als eine Art  Grußhupen  - ohne Ton natürlich. GOTT hupt glaube ich immer ohne Ton.

Mit dem Regenbogen sagt ER mir: Hallo, egal, was passiert: ICH bin da.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

18OKT2023
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Manchmal kann einem schon morgens übel werden, wenn die Nachrichten im Radio die ganzen Probleme aus aller Welt zusammenfassen. Erdbeben, Überflutungen, Hunger, Rassismus, Krieg. Plus die Klimasorgen plus eigene Sorgen plus ein Ohnmachtsgefühl. Was tun?

Eine Krankenkasse hat ihren Mitgliedern geschrieben: Sechs Tipps für junge Menschen und deren Eltern.*

Finde ich gut. Ich habe die Tipps gelesen und möchte drei davon aufgreifen.

Die Angst annehmen. Das ist der erste Tipp. Es ist völlig normal, wenn man sich ängstigt, wenn man ratlos und mutlos wird und die Probleme einem über den Kopf wachsen. Das ist normal. Ans Fenster stellen, tief atmen, die Angst kommt wie eine Welle. Aber die Welle zieht sich auch wieder zurück. Wie am Meer. Die Probleme ändern sich nicht. Aber wenn man die Angst mit dem Atmen annimmt, kann man sie auch mit dem Ausatmen wieder loslassen. Und mit mehr Luft und Mut dem Leben in die Augen schauen.

Der dritte Tipp: aktiv werden. Wir können nicht die ganze Welt retten. Aber, wie ein altes jüdisches Wort sagt: „Wer einen Menschen rettet, der rettet die ganze Welt.“ Einen Menschen heute unterstützen, einem Menschen helfen, das schaffe ich.

Und meine Mutter hat immer ein Kirchenlied gesungen: „Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu.“ Daran kann ich mich auch gut orientieren. Das Meine. Nicht mehr, nicht weniger.

Der sechste Tipp: sich auch um sich selbst kümmern.

Genug schlafen, sich vernünftig ernähren, sich bewegen, Handy weglegen, mit Freunden Quatsch machen. Dann bleiben wir auch fit für den Einsatz für eine bessere Welt.

Jeder Mensch für sich und zusammen mit allen anderen.

 

*https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/mensch/gesundheit-2030/nachhaltigkeit/klima-angst-tipps-1072174

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38622
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

17OKT2023
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Manche Menschen haben keine Lust mehr, Nachrichten zu hören oder zu lesen.

Zu viele Katastrophen passieren, es entmutigt viele, mich manchmal auch.

Trotzdem kann ich nicht die Augen verschließen vor allem, was passiert.

Zum Beispiel bei dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Frühjahr.

Über 40.000 Tote. Überall waren die Gebäude wie Kartenhäuser zusammengestürzt und hatten die Bewohner unter sich begraben.

Nur in einer Stadt nicht. Die Stadt Erzin liegt mitten in der betroffenen Region, aber es gab kein einziges  Todesopfer. Woran liegt das? Offenbar am Bürgermeister.

Sein Name: Ökkeş Elmasoğlu.

Für die Tatsache, dass Erzin deutlich weniger schwer getroffen wurde, als andere Städte, hat er eine ebenso einfache wie plausible Erklärung. Er sagt: „Ich habe keine illegalen Bauten und Bautätigkeiten zugelassen. Manchmal hat man sich über mich geärgert und mich spöttisch gefragt, ob ich der einzige Anständige im Land sein wolle. Ich habe also ein reines Gewissen. Ich habe keine illegalen Bauten zugelassen.“*

Elmasoğlu hat seine Arbeit in Fragen der Bausicherheit nach bestem Wissen und Gewissen erledigt und damit wohl zahllose Leben gerettet. Ein wirklicher Lichtblick in allem Elend.                                                                                                

Ein Mann, der sich nicht bestechen lässt.Ein Mann, der sich an die Gesetze hält.                                                                                 

Ein Mann, der sich von niemandem überreden lässt, Bauten zu genehmigen, die nicht sicher sind.

Ein Mann mit Rückgrat.

 

*https://www.fr.de/politik/gegen-schwarzbauten-erdbeben-in-der-tuerkei-erzins-buergermeister-im-kampf-92088951.html

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38621
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

16OKT2023
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Da. Ist es schon wieder passiert.  Ich höre mich laut sagen: Peters, konzentrier dich.

Und mir fällt wieder ein, dass ich aus dem 1. Stock nicht nur den Blumentopf, der auf der obersten Stufe steht, mit nach unten nehmen wollte. Ich wollte auch noch ein Buch für meine Nachbarin und ein altes Liederheft mitnehmen, damit ich nicht dreimal die Treppe rauf und runter gehen muss.

Wenn ich mit mir selber rede, sag ich Peters – ohne Vornamen und ohne Frau, einfach Peters.

Und ein Selbstgespräch – so denken manche – ist die einzig vernünftige Unterhaltung, die man führen kann: es gibt keinen klügeren Gesprächspartner und niemanden, der so oft einer Meinung ist mit mir wie ich selber.

Also Peters, hör mal auf zu jammern und werde aktiv.

Mensch Peters, du blöde Kuh.

Super Peters, gut gemacht.

So rede ich immer wieder mal mit mir selbst.

Von anderen würde ich die ersten beiden Sätze nicht gern hören: hör auf zu jammern. Du blöde Kuh.

Aber „super Peters, gut gemacht“, das klingt aus dem Mund von anderen noch besser als aus meinem eigenen Mund.

Überhaupt gibt es manches, was ich mir nicht gut selbst sagen kann.

Ich hab dich lieb.

Ich vertraue dir.

Wenn du mir hilfst, geht es leichter.

Solche Sachen. Die höre ich lieber von anderen.

Von Freunden zum Beispiel. Oder von Kindern aus der Nachbarschaft.

Und manchmal: von Gott.

Manchmal sagt Gott zu mir: ich bin doch auch noch da.

Ich höre das, wenn morgens, mittags und abends in Kirchwald die Glocken läuten.

Je nachdem, wie es mir grade geht, tröstet mich das. Oder es freut mich.

Und dann sag ich zu mir: siehste, Peters: du bist nicht allein.

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Anstöße sonn- und feiertags

15OKT2023
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In meinem Badezimmer stehen auf der Fensterbank 30 kleine Plastikenten. Etwas lästig beim Staubwischen oder Fensterputzen, aber ansonsten erfreuen sie mich täglich. Und wenn Kinder zu Besuch kommen, dürfen die Entchen in der Badewanne schwimmen; durch das Plantschen steht zwar das Bad unter Wasser, macht aber Spass. Eine rote Wut-Ente ist dabei, mit Hörnchen, eine Kuh-Ente, ein Neuwieder Pfau, der Trierer Karl Marx mit dem "Kapital" unterm Arm und ein Rabbiner mit der Thora unddem siebenarmigen jüdischen Leuchter Und ganz viele gelbe Entchen. Eine mit rotweißen Ringen um den Bauch, die hat glaube ich ziemlich Übergewicht.

Ich hatte mal eine Ente auf dem Flohmarkt gefunden. Seitdem bekomme ich immer neue geschenkt. Das Schöne ist: sie sehen so unterschiedlich aus, aber letztlich sind es alles Entchen. Egal, welche Farbe, egal, welcher „Beruf“ – Ente bleibt Ente. Soweit, so lustig.

Aber im richtigen Leben gibt es das auch. Der Eine kauft sich für viel Geld ein Ticket für eine Reise und schippert mit einem gigantischen Kreuzfahrtschiff über die Weltmeere. Der Andere kauft sich für viel Geld ein Ticket und fährt auf einem schäbigen Boot von Nordafrika übers Mittelmeer nach Europa.

Die einen suchen das Abenteuer: in einem Tauchboot wollen sie die Überreste der Titanic im Atlantik sehen und die Welt fiebert besorgt und anteilnehmend mit, weil das Boot verloren geht und die Menschen nur für 96 Stunden Luft haben.

Die anderen fliehen vor Krieg und Leid und suchen ein besseres Leben: sie setzen sich in einfache Schlauchboote und leider versinken viele von ihnen – von der Weltöffentlichkeit ziemlich unbemerkt – in den Tiefen des Mittelmeers.

Komisch. Bei den Enten ist es so leicht zu erkennen: Ente ist Ente. Soll es bei den Menschen anders sein? Nein. Menschen sind  – bei aller Verschiedenheit – einfach Menschen, alle geschaffen nach Gottes Ebenbild.

 

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