Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

     

SWR2

   

SWR3

  

SWR4

    

Autor*in

 

Archiv

SWR4 Sonntagsgedanken

16OKT2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ihnen allen einen guten Morgen und einen schönen Sonntag. Es ist Herbst und vielerorts danken Menschen in diesen Wochen traditionell für die Ernte. Sie bringen damit zum Ausdruck, wie reich wir von der Natur beschenkt sind und dass wir dankbar sein dürfen für das, was wir tagtäglich zum Leben haben.

Allerdings: In der gegenwärtigen Krisenstimmung fällt Vielen das Danken schwer. Ich kann das gut verstehen. Die Angst, dass alles noch teurer wird sitzt uns im Nacken, genauso die Angst vor einem Krieg oder vor unkontrollierbarer Gewalt. Oder die Sorge wie unsere Gesellschaft mit den neuen Flüchtlingsströmen umgehen kann.

Ich habe mir vorgenommen, in diesen trüben Zeiten nach Hoffnungszeichen zu suchen, nach Geschichten, nach Erfahrungen, nach Personen, die mir Mut machen und mir helfen, nicht zu resignieren. Hoffnungsgeschichten, die wieder zur Hoffnung anstiften, die aufrichten, statt noch mehr zu beunruhigen und die wirklich trösten und stärken können Eine dieser hoffnungsvollen Geschichten möchte ich Ihnen heute erzählen.

Es geht um Äpfel oder genauer gesagt um den Korbiniansapfel. Dieser hat bis zum Jahr 1985 noch einen anderen Namen getragen, nämlich: KZ-3. Grund dafür ist die bewegte Geschichte des Apfels. Denn der wurde im Konzentrationslager Dachau vom bayerischen Pfarrer Korbinian Aigner gezüchtet.

Der auch als Apfelpfarrer“ bekannte Korbinian Aigner ist nicht nur ein leidenschaftlicher Priester gewesen, er hat sich auch für die Landwirtschaft begeistert – speziell für den Apfelanbau. Und er beschäftigte sich intensiv mit politischen Themen. Nachdem er eine Rede des aufstrebenden Adolf Hitler gehört hatte begann er, sich in seinen Predigten und im Religionsunterricht aktiv gegen diese Ideen des Nationalsozialismus auszusprechen. Er wurde verraten und ins KZ Dachau gebracht. Aber genau dort, wo das Verbrechen und das Grauen an der Tagesordnung waren, ließ er sich die Hoffnung nicht nehmen. Zwischen den Baracken pflanzte er Apfelbäume und schaffte es, vier vielversprechende Apfelsorten zu züchten. Er nannte sie KZ-1, KZ-2, KZ-3 und KZ-4. Die Sorte KZ-3 hat überlebt, es gibt sie bis heute. Und 1985 wurde sie zu Ehren von Korbinian Aigner in den Korbiniansapfel“ umbenannt. Dieser Pfarrer hat sich nicht unterkriegen lassen. Mit jeder Pflanze setzte er ein Zeichen der Hoffnung. Sein Wille, das Grauen zu bestehen war stärker als seine Angst.

Möglicherweise kommt Ihnen jetzt einer der bekanntesten und häufig zitierten Sätze in den Sinn, der Martin Luther zugeschrieben wird, „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Das klingt nicht nach Weltuntergang und Bange machen. Es ist ein Trotziges “jetzt erst recht“. Es ist mir nicht wichtig, ob Martin Luther diesen Satz so gesagt hat oder nicht. Für mich ist entscheidend, dass immer wieder Menschen genau so leben: Entschlossen und furchtlos packen sie an - und fangen, wie Korbinian Aigner, dort an, wo alle Hoffnung verloren scheint. Leider wird von ihnen in den Tagesnachrichten wenig berichtet, weil die schlimmen, die verstörenden und schrecklichen Nachrichten scheinbar die interessanteren sind. Aber sie sind immer nur die halbe Wahrheit.

Gott sei Dank gibt es auch die andere Hälfte der Wahrheit. Menschen, die sich nicht zu schade sind, sich um einen kranken Nachbarn zu kümmern, andere, die ohne zu zögern, ihre Wohnung an eine ausländische Familie vermieten, Jugendliche, die sich für ihren farbigen Mannschaftskameraden stark machen, viele, die sich um den Zustand unseres Klimas sorgen und verantwortliches Handeln einfordern, und und und. Sie kennen sicher selbst solche hoffnungsvollen Zeitgenossen, lebendige Hoffnungszeichen, die sich nicht mit den Zuständen in der Welt oder in der Kirche einfach abfinden. Sie setzen sich redlich dafür ein, dass es in unserer Welt gerechter und menschlicher zugeht.

Mich stärkt es beispielsweise wenn ich höre, wie ein junger Mensch in dieser krisenhaften Zeit denkt. Gefragt was ihm Hoffnung mache, antwortet ein 11-jähriger Junge: „Wenn ich traurig oder frustriert bin, macht mir der Gedanke, eine tolle Familie, viele und gute Freunde zu haben, Hoffnung. Auch weil ich mit meinen Eltern über alle Probleme reden kann und wenn ich mit meinen Brüdern spiele und nicht alleine bin, habe ich Hoffnung.

Es tut gut, wenn man nicht allein ist. Wenn wir andere haben, die an einen denken, wenn wir für sie Zeit und ein offenes Ohr haben, wenn wir immer wieder kleine Zeichen der Zuwendung schenken. Wenn wir ermutigen oder trösten pflanzen wir immer ein wenig Hoffnung auf eine bessere und menschlichere Zeit.

Korbinian Aigner hat die schreckliche Zeit in Dachau überlebt. Ebenso wie sein Apfelbaum.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36344
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken

Direkt vor die Füße ist er mir gefallen, ins weiche Gras - ein schöner, großer, rotbäckiger Apfel! Gerade im richtigen Moment, denn ich war ziemlich unterzuckert am Ende unserer Wanderung auf der Schwäbischen Alb. Ich hab' ihn auch gleich aufgehoben und herzhaft hineingebissen. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir ein Apfel je so geschmeckt hat.
So köstlich müssen die Früchte im Paradies gewesen sein!
Auf unzähligen Bildern vom Garten Eden ist es gerade so ein schöner Apfel, den Eva ihrem Adam verführerisch hinhält. Und Adam kann nicht widerstehen, dabei hatte Gott gerade diese Frucht verboten.
Der Erzählung nach erfolgte daraufhin die Vertreibung aus dem Paradies. Und seit diesem sogenannten Sündenfall sind die Menschen nicht mehr unsterblich und müssen mühevoll leben.
Im Buch Genesis im Alten Testament kann man die Geschichte nachlesen.

Aber es ist darin keineswegs die Rede von einem Apfel, lediglich von einer „verbotenen Frucht". Der Apfel ist wohl durch einen Übersetzungsfehler später für den Begriff „verbotene Frucht" eingesetzt worden. Das Lateinische Wort „malum" hat nämlich zwei Bedeutungen: „Apfel" und  „böse".
Und so ist der Apfel irrtümlich zum Symbol für Schuld geworden.

Schade, denn eigentlich sind gerade Äpfel in alten Mythen heilige Früchte, die Unsterblichkeit verheißen, etwa im Alten Griechenland.

Starke Heilkräfte werden ihnen nachgesagt und dass sie Liebeskräfte wecken können. Sie sind also Symbol für das pralle Leben, für Schönheit und Fruchtbarkeit. Ursprünglich ist nur Gutes vom Apfel zu hören.

Und Gutes verheißt aber auch ein Apfel in der Hand von Maria, der Mutter Jesu.
Verschiedene Künstler haben dieses Motiv viel später dargestellt. Wie Martin Schongauer, in seiner schönen Federzeichnung aus dem 15. Jahrhundert: „Maria mit dem Apfel". Maria übergibt einen Apfel an ihr Kind Jesus. Diese Szene soll ausdrücken, dass die Schuld der Menschen, symbolisiert durch einen Apfel, durch Jesus überwunden werden kann.
Und das ist doch ein schönes, hoffnungsvolles Symbol!

Eine äußerst bedeutungsvolle Frucht ist mir also neulich einfach so vor die Füße gefallen! Und sie hat mich gestärkt für das letzte Stück unserer Wanderung.

Äpfel sind einfach ein wunderbares Geschenk der Natur! Und sie sind nur eines unter unzähligen Geschenken, die uns die Natur täglich macht und die wir einfach so annehmen können: um zu leben oder weil sie einfach gut tun und das Leben schöner machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16034
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

In den Vereinigten Staaten feiert man heute den Tag des Apfelkuchens. Seit Jahrhunderten steht der „Apple Pie“ in der nordamerikanischen Esskultur für Heimat und Geborgenheit. Im Bundesstaat New Mexico gibt es zu Ehren des Apfelkuchens sogar eine kleine Gemeinde namens „Pie Town“. Jenseits des großen Teichs ist der Apfelkuchen also eine richtig große Sache.

Aber bei uns doch eigentlich auch. Apfelkuchen. Allein bei dem Wort läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Köstlicher Geruch, der beim Backen durchs Haus zieht. Menschen, die gemeinsam fröhlich den Kuchen vertilgen bis auf den letzten Krümel. Auch bei uns hat der Apfelkuchen den Geruch von Heimat und Geborgenheit, den Geschmack von Leichtigkeit und Lebensfreude. Auch bei uns ist der Apfelkuchen eine richtig große Sache.

Zugegeben: Heimat und Geborgenheit braucht mehr als Apfelkuchen. Ein Kuchen allein reißt es nicht heraus. Aber er ist ein guter Anfang. Für all das, was Menschen brauchen, um nun eben Heimat und Geborgenheit zu erleben. Eine Mahlzeit, die man gemeinsam verzehrt. Eine Arbeit, die man gemeinsam tut. Eine Freizeit, die man gemeinsam verbringt.

Sie ahnen es: Der beste Apfelkuchen ist tatsächlich der, den ich nicht alleine esse, sondern mit anderen zusammen. Und die Pointe eines „Apfelkuchen-Tages“ ist nicht der Apfelkuchen, sondern das sind die Menschen, die sich an ihm freuen und ihn miteinander genießen.

Deswegen wünsche ich Ihnen heute mit Kuchen oder ohne Kuchen Momente von Heimat und Geborgenheit, von Leichtigkeit und Lebensfreude. Ich wünsche Ihnen Menschen, denen Sie gerne begegnen und mit denen Sie das teilen können, was Ihnen wichtig ist. Denn solche Momente sind die eigentlich große Sache. In Nordamerika, in Europa und überall auf der Welt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21960
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Wenn morgen die Welt unterginge, so wollen wir heute unser Apfelbäumchen pflanzen.“
Martin Luther soll das gesagt haben, als es drunter und drüber ging wegen seiner neuen Ideen zu Glaube und Kirche.

Wenn ich heute ein Apfelbäumchen pflanze, werde ich morgen noch nicht ernten können. Das dauert ein paar Jahre, bis der erste Apfel gepflückt wird. Ein Bäumchen pflanzen – das hat etwas mit Hoffnung zu tun. Ich hoffe, ich glaube, dass da noch etwas geht. Darum pflanze ich etwas ein. Für mich und für die, die nach mir kommen.

Wahrscheinlich hat Luther den Satz mit dem Apfelbäumchen nicht gesagt. Zumindest kann man ihn in den vielen Bänden mit seinen Schriften nicht finden. Das erste Mal taucht der Satz in einem Brief im Herbst 1944 auf. Da zitiert ein hessischer Pfarrer im Elend von Nazi-Herrschaft und Zweitem Weltkrieg diesen Satz. Er führt ihn auf Luther zurück: „Wenn morgen die Welt unterginge, so wollen wir heute unser Apfelbäumchen pflanzen.“ Indem wir hoffen und beten und uns für Menschen einsetzen.

Ich glaube, es ist ziemlich egal, wer diesen Satz das erste Mal gesagt hat. Aber ich finde stark, dass er Menschen Mut gemacht hat, ihr eigenes Apfelbäumchen einzupflanzen.

Das muss kein gigantischer Baum sein, der noch 500 Jahre später Leute beeindruckt, wie Luthers Bibelübersetzung. Einfach nur ein Bäumchen. Der Schüler, der sich als „Streitschlichter“ für Mitschüler schulen lässt,der alte Herr, der den Freund im Pflegeheim besucht, das Pärchen, das auf die Demo gegen Waffenexporte in Krisengebiete geht,die Erzieherin, die versucht, Kindern Werte zu vermitteln, der junge Mann, der Pate für ein kleines Kind wird:
sie alle pflanzen Apfelbäumchen. Sie alle setzen Zeichen der Hoffnung. Jeder Mensch auf seine eigene Art.

Man muss kein Christ sein, um ein Apfelbäumchen zu pflanzen. Aber ich denke, Christen sollen zeigen: Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Weil ich an Gott glaube, der Spezialist für Neuanfänge ist. Gott hütet den kleinen Anfang, lese ich in der Bibel. Er gibt keinen Menschen auf. Niemals. Und er gibt diese Welt nicht auf. Ich meine, wir Christen sind es der Welt schuldig, dass wir das zeigen. Darum sollen wir Herzblut und Liebesmüh in diese Welt investieren und sich für Menschen einsetzen. Ich vertraue auf Gott. Darum will ich glauben, hoffen und lieben. Darum will ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen. Und morgen auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23844
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Eine Begegnung vor Weihnachten.
Sie geht mir noch immer nach. Mehr zufällig war ich über Mittag zuhause.
Es klingelte und da stand er vor der Tür.
Grüne Schürze, dicker Pullover in der linken Hand drei Äpfel in der rechten ein kleines Küchenmesser.
Und im Gesicht ein Strahlen.
Das war vielleicht ein Bild.
Ehe ich was sagen konnte, stellte er sich vor:
„Ich bin der Apfelmann!
Wenn Sie mal probieren wollen…“ und schon schnitt er fein säuberlich eine kleine Scheibe vom ersten Apfel ab und reichte es mir.
„Wunderbar!“ sagte ich und genoss den guten Apfelgeschmack.
„Kein Wunder!“ sagte er.
„Das ist ja auch Natur pur.“
Und schon schnitt er eine zweite Scheibe vom zweiten Apfel ab.
Die war noch besser. Wirklich.
Die Dritte war mir zu süß.
Und meine Frau inzwischen auf der Suche nach mir dazugekommen, probierte auch brav alles durch und bestätigte.
„Der Zweite ist der Beste!“
Der Apfelmann strahlte uns an.
Dann erzählte er von zuhause, der Ernte dieses Jahres, und dem einmalig guten Ertrag.
Selten habe ich einen Menschen so stolz, so selbstbewusst, so überzeugt gesehen.
Da fährt einer stundenlang quer durchs Land, geht von Tür zu Tür und schneidet Apfelscheiben zum Probieren ab.
Ganz schön mutig!
Denn er wird nicht immer Erfolg haben.
Jetzt denk ich jeden Tag an ihn, wenn ich mir in der Garage einen Apfel aus der Kiste hole.
Und irgendwie beneide ich ihn, den Apfelmann, um seinen Produktstolz.
Ich hätte auch gerne mal was in der Hand, was ich so überzeugt, so mutig anbieten und weitergeben könnte.
Damit Andere auf den Geschmack kommen Lust und Appetit kriegen.
Begeisterung ist eine tolle Sache.
Sie macht Leute zu Missionaren.
Unaufdringlich, diskret und doch deutlich und ehrlich.
Sie zeigen Anderen, wovon sie begeistert sind, was sie lieben, wovon sie überzeugt sind.
Ob unser christliche Glaube uns selber so stolz so selbstgewiss machen könnte, dass wir ihn anderen unbedingt gerne anbieten möchten?
Oder ob wir eher den Eindruck vermitteln, als Christ hätte man nur in saure Äpfel zu beißen?
Ich würde gerne etwas ausstrahlen von dem Glück, das ich empfinde darüber, ein Christ zu sein.
Vielleicht treffe ich ja heute jemandem, dem ich ein kleines Stück Glauben zum Probieren anbieten kann.
Und falls Sie ihn treffen grüßen Sie mir den Apfelmann.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5197
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Die Sache mit dem Apfel gibt heute noch vielen zu denken. Der Apfel, den Eva dem Adam gegeben hat (1. Mose 3). Die Bibel erzählt, dass das ein Fehler war. Damit fing sie an, die Geschichte der Menschheit. Mit einem Apfel.
Obwohl: Wer sagt eigentlich, dass es ein Apfel war?

Die Maler haben es so dargestellt. Berühmt ist die nackte Eva von Albrecht Dürer, mit einem Apfel in der Hand. Äpfel kannte der Maler – was sollte es also sonst gewesen sein damals im Paradies? In der Bibel ist nur von „Früchten“ die Rede. Der Apfel – das ist eine Auslegung der Maler.

Adam und Eva essen von einer verbotenen Frucht. Und damit soll nun das Unheil für die ganze Welt angefangen haben. Eine nicht endende Geschichte von Fehlern und Verfehlungen, von Schuld und Sünde. Das ist doch bloß ein Märchen, sagen viele, das kann doch nicht sein. Und es werden ja noch andere unglaubliche Dinge in dieser Geschichte erzählt: Gott spaziert im Paradies umher wie in einem Garten. Und er spricht mit den Menschen – als sei es gar kein Problem, direkt mit Gott zu reden.

Alles ganz unglaublich, sagen viele. Was soll man mit so einer Geschichte anfangen.

Ich glaube, wenn man so denkt, übersieht man die wirklich wichtigen Dinge in dieser Geschichte. Von Anfang an wollten die Menschen sein wie Gott. Selber erkennen, was gut und böse ist. Und die verbotene Frucht sollte ihnen helfen zu werden wie Gott. Und was kam dabei heraus? Sie haben gemerkt, dass sie nackt sind. Sie waren eben nicht wie Gott. Sondern schutzlos und allem ausgesetzt, verführbar. Und sie hatten nichts, woran sie sich wärmen konnten. Von da an mussten sie sich beschaffen, was sie zum Leben brauchten. Koste es, was es wolle.

Ich glaube, das ist es, was die Menschen uns weitergeben wollten, die diese Geschichte vom Anfang der Welt aufgeschrieben haben. Nicht,  dass es damals genau so war. Sondern dass es bis heute so ist mit uns Menschen.  Menschen sind verführbar. Sie wissen zwar, was gut ist und was böse. Aber oft tun sie eigentlich bloß das, was verlockend scheint –verlockend wie ein reifer, saftiger Apfel. Sie fragen nicht nach den Konsequenzen. Sie wollen unbeschränkt frei sein wie Gott – und tun eigentlich bloß das, was ihnen nützt. Oder was im Moment gut aussieht.

Ich finde diese Geschichte vom Anfang der Welt kann einem die Augen öffnen. Sie erzählt, was falsch läuft, bis heute. Sie erzählt, wie  Menschen sind. Wie wir Menschen sind. Und sie mahnt mich: Verlass dich nicht bloß auf dein eigenes Wünschen und Wollen. Gott hat den größeren Überblick. Der denkt an alle Menschen. Miss an ihm, was du tust.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23788
weiterlesen...

SWR Kultur Wort zum Tag

Obstbäume faszinieren mich. Manche werden zur Zeit beschnitten, andere treiben schon Knospen. Und dann blühen sie. Meine Vorfreude auf das Frühjahr wächst mit. In der Bibel stehen Obstbäume unter besonderem Schutz. Es gilt als ein Kriegsverbrechen, sie zu fällen. Es heißt: „Wenn du eine Stadt belagerst, „um sie zu erobern, so sollst du ihre Bäume nicht verderben oder mit Äxten umhauen.“ (5. Mose 20,19). Sie zu erhalten heißt, Lebensgrundlagen bewahren. Wenn es noch eines Schutzpatrons für Obstbaumwiesen bedarf – ich wüsste einen:

Korbinian Aigner - ein katholischer Priester aus Oberbayern. Der war sein Leben lang dem Obstanbau verbunden. Schon während seines Theologiestudiums. Da hat er sich, wo er nur konnte, ein enormes Wissen über Obstbau angeeignet. Und: Er konnte mehr als nur Äpfel und Birnen unterscheiden.

Bereits 1933 – auf seiner ersten Pfarrstelle -  kam er in Konflikt mit dem Nationalsozialismus: Er weigerte sich aus Anlass der Reichstagswahlen die Glocken zu läuten. Und 1939 - nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler - soll er im Religionsunterricht Verständnis für den Attentäter geäußert haben. Er wurde von der Mutter eines Kindes denunziert, kam ins Gefängnis und schließlich 1941 ins Konzentrationslager Dachau.

Da wurde Korbinian Aigner als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt. Und das war der richtige Ort für ihn. Heimlich hat er dort Sämlinge aus Apfelkernen gezüchtet, die aus dem Lager geschmuggelt wurden. Ich staune: Wie kommt ein Mensch dazu in größter Not und Qual eine Apfelsorte zu züchten?

Martin Luther wird das Wort nachgesagt: Wenn Morgen die Welt unterginge, dann würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen. Aber Korbinian Aigner – so kommt es mir vor - übertrifft diese unfassbare Zuversicht noch: im Konzentrationslager züchtet er Apfelsorten.

Großartig finde ich das! Da ist einer, der lässt sich in Leid und Not nicht beirren. Der züchtet  in aussichtsloser Lage Obstbäume. Und weckt so Hoffnung auf eine fruchtbare Zukunft. Über 50 Jahre lang hat Korbinian Aigner kleine Portraits von Äpfeln und Birnen gemalt - mit einfachen Wasserfarben. Über 900 - in Originalgröße.

Für mich ist auch das ein Schatz für die Zukunft, dass wieder einmal eine größere Artenvielfalt gedeihen kann.´Eine seiner Züchtungen in Dachau nannte Aigner KZ 3. Es ist der bis heute angebaute und sehr schmackhafte Korbiniansapfel. Ich will so einen Korbian-Hoffnungssapfelbaum vor unsere Kirche pflanzen. Und hoffe sehr, das trägt Früchte. Äpfel und andere.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28200
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken

Geschichten, die das Leben schreibt 

„Papa, wie erkenne ich eigentlich den lieben Gott, wenn ich ihm mal begegne?“ –  fragt Daniel seinen Vater. Der ist verlegen und schweigt. Nach einiger Zeit: „Du kannst aber auch Fragen stellen – ich muss darüber nachdenken.“ Am nächsten Tag weiß der Vater eine Antwort: „Wenn dir jemand etwas schenkt und dafür nichts zurück haben will, dann muss der liebe Gott in der Nähe sein.“ 

Tolle Antwort! Darüber lohnt es sich nachzudenken. Daniel tut das sehr konkret auf seine Weise und geht auf die Suche nach dem lieben Gott. Ist er vielleicht bei seinem Opa? Der schenkt dem Jungen nämlich eine bunte Mütze, doch unter der Bedingung: „ ... wenn du gut darauf aufpasst.“ Pech gehabt. Dann vielleicht bei  seiner Tante. Die schenkt Daniel ein schönes Lebkuchenherz, erwartet aber einen Kuss dafür. Wieder nichts. 

Zum Geburtstag bekommt er von Mama und Papa ein Fahrrad geschenkt. Daniel freut sich riesig und denkt, ob der liebe Gott vielleicht diesmal seine Hand im Spiel hat. Aber nach zwei Tagen kommt auch hier die Ernüchterung. Daniel fährt mit seinem neuen Fahrrad durch den frischen Rasen des Nachbarn. Sein Papa sichtlich erregt: „Du behältst das Fahrrad nur, wenn du keinen Unfug mehr damit machst.“ 

Traurig und enttäuscht setzt sich Daniel auf die kleine Holzbank unter dem Apfelbaum im Garten. Es ist Herbst. Plötzlich fällt ein wunderschöner Apfel direkt neben den Jungen. Er hebt ihn auf und isst ihn.

Da geht Daniel ein Licht auf. Eben hat er etwas geschenkt bekommen, ohne dass er etwas Besonderes dafür machen muss. Einfach so. Aufgeregt rennt er nach Hause und berichtet, dass der Apfelbaum etwas mit dem lieben Gott zu tun haben müsse. 

„Du hast recht, Daniel“, sagt der Vater: „Der Apfelbaum schenkt uns so viel, ohne irgend etwas zurück zu wollen. Im Frühjahr lacht er uns mit seinen bunten Blüten an. In der Sommerhitze spendet er Schatten. Im Herbst schenkt er uns frische  saftige Äpfel. Und die Schaukel am dicken Ast trägt den Jungen auch im Winter.“ 

„Endlich“ – so freut sich Daniel – „endlich habe ich den lieben Gott gefunden: Der liebe Gott wohnt bei uns im Apfelbaum.“ 

(Franz Hübner, Brigitte Smith, Der liebe Gott wohnt bei uns im Apfelbaum, Wunderland-Verlag Aschaffenburg, 2009)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21844
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Papa, wie erkenne ich eigentlich den lieben Gott, wenn ich ihm mal begegne?" -  fragt Daniel seinen Vater. Der ist verlegen und schweigt. Nach einiger Zeit: „Du kannst aber auch Fragen stellen - ich muss darüber nachdenken." Am nächsten Tag weiß der Vater eine Antwort: „Wenn dir jemand etwas schenkt und dafür nichts zurück haben will, dann muss der liebe Gott in der Nähe sein." Tolle Antwort! Darüber lohnt es sich nachzudenken. Daniel tut das sehr konkret auf seine Weise und geht auf die Suche nach dem lieben Gott. Ist er vielleicht bei seinem Opa? Der schenkt dem Jungen nämlich eine bunte Mütze, doch unter der Bedingung: „ ... wenn du gut darauf aufpasst." Pech gehabt. Dann vielleicht bei  seiner Tante. Die schenkt Daniel ein schönes Lebkuchenherz, erwartet aber einen Kuss dafür. Wieder nichts. Zum Geburtstag bekommt er von Mama und Papa ein Fahrrad geschenkt. Daniel freut sich riesig und denkt, ob der liebe Gott vielleicht diesmal seine Hand im Spiel hat. Aber nach zwei Tagen kommt auch hier die Ernüchterung. Daniel fährt mit seinem neuen Fahrrad durch den frischen Rasen des Nachbarn. Sein Papa sichtlich erregt: „Du behältst das Fahrrad nur, wenn du keinen Unfug mehr damit machst." Traurig und enttäuscht setzt sich Daniel auf die kleine Holzbank unter dem Apfelbaum im Garten. Es ist Herbst. Plötzlich fällt ein wunderschöner Apfel direkt neben den Jungen. Er hebt ihn auf und isst ihn. Da geht Daniel ein Licht auf. Eben hat er etwas geschenkt bekommen, ohne dass er etwas Besonderes dafür machen muss. Einfach so. Aufgeregt rennt er nach Hause und berichtet, dass der Apfelbaum etwas mit dem lieben Gott zu tun haben müsse. „Du hast recht, Daniel", sagt der Vater und denkt laut darüber nach: „Der Apfelbaum schenkt uns so viel, ohne irgend etwas zurück zu wollen. Im Frühjahr lacht er uns mit seinen bunten Blüten an. In der Sommerhitze spendet er Schatten. Im Herbst schenkt er uns frische  saftige Äpfel. Und die Schaukel am dicken Ast trägt den Jungen auch im Winter." „Endlich" - so freut sich Daniel - „endlich habe ich den lieben Gott gefunden: Der liebe Gott wohnt bei uns im Apfelbaum."  -  Soweit die Geschichte und der Titel des gleichnamigen Kinderbuches. Ein solches  „Alltagswunder" - wie es jedem Kind begegnen kann - lässt auch mich wieder etwas näher hinschauen: Wie ich die Bibel verstehe, will Gott von uns nichts für sich. Gott schenkt und liebt bedingungslos. Und ich frage mich: „Wo kann ich heute Gutes tun, ohne etwas dafür zu wollen? - Einfach so!"

Franz Hübner, Brigitte Smith, Der liebe Gott wohnt bei uns im Apfelbaum, Wunderland-Verlag Aschaffenburg, 2009

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9533
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Und wenn morgen die Welt untergeht, will ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Der Satz ist nicht von Martin Luther, obwohl das immer wieder behauptet wird. Aber ich finde, die haben trotzdem recht, die Luther diesen Satz zuschreiben. Er würde gut zu ihm passen.
Luther hatte große Angst, dass in den Turbulenzen und grausamen Kriegen seiner Zeit die Welt untergehen würde. Zum Beispiel während des Bauernkrieges (1524-1526) als in entsetzlichen Schlachten zehntausende Bauern brutal niedergemetzelt wurden. Luther hielt die chaotischen Ereignisse für den Anfang des Weltuntergangs. Noch dazu gab er sich selbst – wohl zu Recht – einen Teil der Schuld daran. Er hatte die Fürsten darin bestärkt, den Umsturz der gewohnten Ordnung mit allen Mitteln zu bekämpfen.
Aber genau in dieser Situation heiratet Luther. Er will die alleinstehende ehemalige Nonne Katharina von Bora versorgen. Und er will zeigen, dass man nicht aufgeben muss, auch wenn es so aussieht, als bräche die ganze Welt zusammen. Ein Apfelbäumchen pflanzen also, auch wenn demnächst womöglich die Welt untergeht. Im Juni 1525 fand die Hochzeit statt, mitten im Krieg.
„Und wenn morgen die Welt unterginge, will ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Lange habe ich gemeint, das wäre ein Satz für junge Leute. Die sind im richtigen Alter, die können Kinder in die Welt setzen, Neues entwickeln und innovativ und mit Schwung für die Zukunft sorgen. Inzwischen finde ich: die Sache mit dem Apfelbäumchen gilt mindestens genauso für uns Ältere. Ist nicht der Herbst die Zeit, in der man Bäume pflanzt? Gerade von uns älteren fürchten viele, dass es nicht mehr lange so bleiben wird, wie es ist. Die Kriege und Krisen weltweit und die vielen Fremden in unserem Land – wohin soll das führen, sagen viele.
Ich finde: Gerade da müssten besonders wir Älteren anfangen, Apfelbäumchen zu pflanzen. Gott sei Dank tun das auch viele. Ich habe von Stuttgart-Degerloch gelesen. Da wurden Menschen gesucht, die sich um die Flüchtlinge im Ort kümmern. Der Rathaussaal hat nicht ausgereicht, weil so viele gekommen sind. Man musste in die Kirche umziehen und die war voll wie an Heiligabend.
Gott sei Dank gibt es viele, die nicht sagen: „Das schaffen wir nicht!“, sondern in solchen Bürgerinitiativen ehrenamtlich ihre Bäumchen pflanzen. Damit auch die Generationen nach uns friedlich zusammen leben können. Damit das Miteinander nicht verdorrt, sondern sie gut leben können und ernten, was wir gepflanzt haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20900
weiterlesen...