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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

17MAI2022
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Meine Nichte schickt mir über ihr Handy ein Foto. Ein Plakat ist zu sehen mit der Info: Kuchenverkauf im Café Frieden. Eine Kindergruppe hat sich überlegt, was sie tun können gegen die schrecklichen Nachrichten, die sie jeden Tag mitbekommen. Sich wegducken ist nicht ihre Sache. Sie entscheiden sich für eine Friedensaktion, halt so, wie es ihnen möglich ist. Kuchen und Törtchen – mit Liebe gebacken, wie es auf dem Plakat heißt, um ein bisschen Geld zu sammeln für ukrainische Frauen und Kinder, die in ihrem Ort Schutz suchen.

Es ist eine der vielen Aktionen, die derzeit überall im Land stattfinden. Demonstrationen, Gebete, Kleidersammlungen, Spendenaktionen oder eben Kuchenverkauf. Mich beeindruckt, wie Kräfte mobilisiert werden, um Solidarität zu zeigen, Leid zu lindern und Menschlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen.

Zwischen all den vielen schrecklichen Bildern und Nachrichten sehe ich Gott sei Dank auch viel Gutes. Menschen, die füreinander da sind. Wohnraum teilen. Geld spenden. Medikamententransporte organisieren. Und ich merke: Wenn ich mich selbst an diesen Aktionen beteilige, mit anderen demonstriere, bete oder auch spende, fühle ich mich nicht mehr ganz so ohnmächtig. Es nährt meinen Glauben an das Gute und lenkt meinen Blick auf die Werte, für die sich einzusetzen lohnt. Ich erfahre: Andere sind genauso fassungslos und mit ihnen darüber zu reden, mich mit ihnen zusammen zu schließen, tut gut und ist mir wichtig. Es hilft mir, nicht zu resignieren und abzustumpfen.

Davon hört kein Krieg auf. Aber es schenkt Kraft durch diese Zeiten zu kommen und unserer Ohnmacht einen Hoffnungsschimmer entgegen zu setzen. So wie die Kinder mit ihrem Café Frieden.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

16MAI2022
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Auf meinem Handy leuchtet die Corona Warn-App knallrot und zeigt ein erhöhtes Risiko an. Auch wenn das mittlerweile relativ häufig vorkommt, erschrecke ich doch jedes Mal und überlege, wo ich an dem genannten Tag überall war: Drinnen oder draußen, mit vielen oder wenigen Leuten. Ich überlege, wer in meiner Nähe war und grüble, wie risikoreich die Begegnungen gewesen sein könnten.

Ob diese Warn-App hilft oder eher nervt, das mag für jeden anders sein. Jedoch: Sie bringt mich immer wieder dazu, über Begegnungen nachzudenken. Zurück zu blicken und mich zu erinnern, wie nah oder fern mir jemand war. Ob intensiv oder nebenbei miteinander geredet wurde. Und manchmal ärgere ich mich richtig, dass ich vertraute, ausgiebige Gespräche und herzliche Begegnungen als risikoreich einschätze. Obwohl sie mir ja gut tun und ich sie brauche.

Manchmal stelle ich mir vor, wäre es gut, wenn so eine Warn-App auch mal Alarm schlägt, wenn eine Begegnung gekränkt hat. Das kommt ja auch vor. Nicht mit Viren. Sondern mit verletzenden Worten. Mit abweisenden Gesten oder fehlender Aufmerksamkeit. Das fällt mir auch oft erst im Nachhinein auf. Wenn ich darüber nachdenke. Dass ein Satz ganz schön fies geklungen hat oder ich gar nicht beachtet wurde. Das kann verletzen und kränken. Und da wäre es hilfreich, sofort zu reagieren und ins Wort zu bringen, was kränkend bei mir angekommen ist.

„Mancher Leute Gerede verletzt wie Schwertstiche“, heißt es in der Bibel. „Die Zunge der Weisen bringt Heilung.“ (Spr 12,18) Ein cooler Spruch. Er spornt mich an, Worte zu finden, die trösten und aufbauen. Die erleichtern und Hoffnung verbreiten. Worte, die uns aufleben lassen und Heilung bringen. Sie sind lebenswichtig!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

04DEZ2021
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Heute am 4. Dezember ist Barbaratag. Viele kennen den Brauch, am Barbaratag Kirsch- oder Forsythienzweige in eine Vase mit warmem Wasser zu stellen, verbunden mit der Hoffnung, dass sie bis Weihnachten aufblühen.

Was steckt dahinter? Welche Barbara verbirgt sich hinter diesem Brauch? Wandern wir zurück ins 4. Jahrhundert, nach Kleinasien, in die heutige Türkei. Dort lebt Barbara. Sie kommt aus gutem Haus und die Eltern haben genaue Vorstellungen, wie das Leben ihrer Tochter auszusehen hat. Doch Barbara geht eigene Wege und kommt mit dem christlichen Glauben in Berührung. Fasziniert von der Botschaft Jesu lässt sie sich schließlich taufen. Den Vater macht das wütend. Er bringt sie vor ein Gericht und lässt sie sogar zum Tode verurteilen. So erzählt es die Legende. Grausam. Und sicher kein Grund, Zweige in eine Vase zu stecken. Doch die Legende erzählt weiter: Barbara bleibt auf dem Weg in ihre Zelle an einem Kirschzweig hängen. Sie nimmt ihn mit, benetzt ihn und kurz vor ihrem Tod blüht der dürre Zweig auf. Der blühende Zweig wird zu einem hoffnungsvollen Zeichen inmitten der trost- und ausweglosen Situation, in der sich Barbara befindet. Ein Zeichen voller Hoffnung und Kraft: Am Tag ihres Todes blüht neues Leben auf!

Dieses Zeichen hole ich mir gerne ins Haus und hoffe, dass es klappt mit den Blüten. So können mich die Zweige in meinem Wohnzimmer an das erwachende Leben erinnern, wenn draußen alles kahl und dunkel ist. Sie lassen mich hoffen, dass ausweglose, verzweifelte Situationen sich verwandeln können. Und: Dass uns allen etwas blüht! Nicht nur an Weihnachten.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

03DEZ2021
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Stress an der Supermarktkasse. Hinter mir eine lange Schlange. Vor mir eine Kassiererin, die so rasch die Einkäufe scannt, dass ich kaum hinter her komme. Für ein Schwätzchen bleibt da keine Zeit. Im Gegenteil: Da kann man schon mal ins Schwitzen kommen.

In den Niederlanden gibt es da eine tolle Idee: Eine Supermarktkette hat Plauderkassen eingeführt. An Plauderkassen geht es vor allem ums Quatschen und Plaudern, nicht um das rasche Verstauen der Einkäufe. Was sich nach einer netten Idee in unserer hektischen Welt anhört, hat einen ernsten Hintergrund: Es geht darum, dem Thema Einsamkeit entgegenzutreten. Menschen, die kaum noch Kontakte haben, können hier gewiss sein: Da gibt es jemanden, der mir einfach zuhört. Oder eine, die mir etwas Schönes erzählt. Oder auch nur mal lächelt. So wird der Einkauf eine sichere Anlaufstelle für soziale Kontakte und eine gesellige Zeit. Für viele ist das ein wahrer Segen.

Denn wir leben von Begegnungen. Von Anfang an sind wir auf andere Menschen angewiesen. Von Beziehungen abhängig. Wir reifen und entfalten uns im Kontakt mit anderen. Begegnungen prägen unser Menschsein und Menschwerden. Da finde ich jede Aktion gut, die ermöglicht, dass Menschen sich treffen können. Erzählen oder zuhören. Zusammen lachen oder einander ermutigen.

Vielleicht findet sich in den kommenden Wochen des Advents ein wenig Zeit, Beziehungen zu pflegen, Kontakte aufzufrischen oder neu zu knüpfen. Zeit, die uns aufleben lässt und aufrichtet. Vielleicht ganz zufällig zwischen Tür und Angel. Vielleicht bei einer Verabredung, die schon lange im Kalender steht. Vielleicht auch einfach beim Plaudern nach dem Einkauf. Denn in jeder Begegnung dürfen wir ahnen: Im anderen Menschen kommt Gott uns nahe.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

02DEZ2021
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Kaum eine Zeit ist so von Ritualen und Gewohnheiten geprägt wie die Adventszeit. Für viele ist einfach klar, was zum Advent alles dazugehört. Und wehe, es fehlt: Der Adventskalender, das Plätzchenbacken, der Adventskranz, die geschmückten Fenster, basteln und Lieder singen. „Alle Jahre wieder“ eben. Es gibt Dinge, die kann auch ein Virus kaum behindern.

Warum das so ist? Vielleicht weil mit diesen Ritualen gute und schöne Erfahrungen verbunden sind. Erfahrungen mit lieben Menschen. Momente, die Ruhe und Kraft schenken. Situationen, die Lebendigkeit versprühen und ahnen lassen: Es gibt mehr als Pflicht und Routine, Hektik und Sorgen.

Und gerade in einer Welt, die uns laufend mit neuen Herausforderungen konfrontiert, tut es gut, wenn sich wiederholt, was ich kenne und mir Freude macht. Wenn ich mich auf Vertrautes verlassen kann und dabei Leib und Seele ein wenig auftanken können.

Das ist das eine. Für mich kommt aber noch ein weiterer Gedanke dazu: Advent kommt vom lateinischen Wort „adventus“. Das heißt Ankunft. Advent ist also eine Zeit voller Hoffnung. Eine Zeit, die mich darauf aufmerksam macht, dass noch mehr kommt. Ja, dass Gott kommt! Dass mit Jesus Gottes Botschaft des Friedens auf die Welt kommt. Dass Gottes Liebe ans Licht kommt. Ja, bei mir will Gott ankommen. In meinem Leben.

Für mich wird davon etwas spürbar in ein paar stillen Minuten am Adventskranz. Oder wenn Plätzchenteig geknetet und geformt wird. Oder früh morgens, wenn sich das nächste Türchen am Adventskalender öffnet.

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22SEP2021
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„Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages“!* Ein toller Satz aus der Bibel! Darin steckt: Dieser Tag heute hält eine Portion Glück für mich bereit. Das ist einfach so. Davon kann ich ausgehen. „Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages“! Ich höre darin aber auch: Gönn dir dieses Glück! Ja, such es! Sei aufmerksam, damit du es nicht verpasst. Genieße das Glück, das dir heute geschenkt wird.

Das klingt schön und gut. Aber manchmal entdecke ich das Glück des Tages nicht ganz so einfach und offensichtlich. Gerade, wenn viele Sorgen den Alltag trüben, so viele schlechte Nachrichten sich breitmachen. Oder zu viel Arbeit im Nacken sitzt.

Manchmal, so kommt es mir vor, spielt das Glück auch Verstecken mit mir. Weit und breit nicht zu sehen. Da muss ich suchen, genau schauen oder gut hinhören. Vielleicht draußen auf der Straße oder im Garten. In einem anderen Gesicht. Im Bus. Oder in der Warteschlange an der Kasse. An solchen Tagen muss ich mir die Zeit nehmen und regelrecht auf Glückssuche gehen. Und oft fällt mir erst im Nachhinein auf, wie viel Glück ich hatte. Denn Glück heißt: Ein freundliches Gespräch mit der Nachbarin. Eine tolle Idee, die weiterhilft. Ein paar wärmende Sonnenstrahlen. Oder der Schutzengel bei der Heimfahrt.

„Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages“! So hoffe ich auch heute, meine kleine Portion Glück zu entdecken und zu genießen. Und vielleicht bleibt auch Zeit, danke zu sagen. Denn Glück geschieht einfach, ohne dass ich irgendetwas dazu tue. Ich erlebe das als Geschenk. Da sage ich gerne Gott danke für das, was mich -trotz allem- immer wieder froh und glücklich macht.

 

 

* (Sir 14,14), Die Bibel - Einheitsübersetzung, 1980

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21SEP2021
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Brot und Wasser. Diese zwei Lebensmittel bekommt Elija, als er nicht mehr weiter kann.  Elija, der Prophet aus der Bibel. Einer, der im Auftrag Gottes unterwegs ist. Der sich ganz und gar für seinen Gott einsetzt. Mit Leidenschaft und großem Eifer. Doch dann geht nichts mehr. Er legt sich unter einen Ginsterstrauch. Müde, erschöpft, am Ende. Er schläft ein. Und dann rührt ihn jemand an. Weckt ihn und bringt Brot und Wasser. „Steh auf und iss!“ (1Kön19,5.7), bittet er. Gleich zweimal hintereinander. So kommt Elija wieder zu Kräften und es reicht für die nächsten Schritte. Vielleicht zaghaft, aber es geht weiter.

An Elija musste ich denken, als im Fernsehen eine Reportage über die schreckliche Flutkatastrophe lief. Eine Hoteleigentümerin erzählt, wie sie ein Essen, das eigentlich für ein großes Fest vorgesehen war, den Helferinnen und Helfern im Ahrtal bringt. „Die müssen bei Kräften bleiben“, sagt sie. „Die müssen sich stärken inmitten des Chaos und der Müllberge.“

Es sind oft die kleinen, mitfühlenden Momente, die weiterhelfen. Das Essen, das gereicht wird. Der Kaffee, der gekocht wird. Die kalte Cola, die verteilt wird. Das Ohr, das zuhört. Der Arm, der um die Schulter gelegt wird. Gesten, die ermutigen, aufzustehen und zu essen, um Kraft zu bekommen für den nächsten Schritt. In der Fernsehsendung fällt das Wort Engel. „Wildfremde Leute, die hier geholfen haben. Sogar von weit her sind sie angereist. Wahre Engel“, sagt ein Mann.

Ein Engel ist es, der auch Elija am Leben hält, so heißt es in der Bibel. Und so erfährt Elija am Ginsterstrauch: Gott berührt. Gott richtet auf, stärkt und tröstet. Ob die Menschen im Ahrtal, die Momente der Solidarität und der Hilfe mit Gott in Verbindung bringen, weiß ich nicht. Oder ob vielmehr die Fragen, die Zweifel, die Ohnmacht vor Gott gebracht werden. Gut möglich. Beides hat bei Gott seinen Platz.

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20SEP2021
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Hupkonzerte. Meist am Freitag oder Samstag draußen auf den Straßen. Alle sollen mitbekommen: Es hat jemand geheiratet. Und die Freude darüber ist so groß, dass mal richtig Krach gemacht wird. Lange Zeit war das nicht zu hören. Denn viele Paare hatten ihre Hochzeit verschoben, gewartet und umgeplant. Jede Menge Ideen wurden da entwickelt, um trotz einiger Einschränkungen ein schönes Fest auf die Beine zu stellen.

Helena ist frisch verheiratet und sie erzählt mir von ihrer Hochzeit in der Pandemie. Und dann sagt sie: „Das gemeinsame Leben wird immer wieder neue Herausforderungen und Schwierigkeiten mit sich bringen. Aber vielleicht ist das auch so ein Punkt, wie unsere Beziehung stärker und größer werden kann.“ Helena hätte allen Grund zum Jammern. So oft musste sie Pläne verwerfen und neu planen. Aber dann sieht sie das Ganze als gemeinsame Herausforderung. Und ihr ist klar: Das werden nicht die einzigen Schwierigkeiten bleiben, die sie durchstehen müssen. Da kommt sicher noch mehr auf sie zu.

Für die Trauung in der Kirche hat sich das Hochzeitspaar die Erzählung vom Senfkorn (Mk 4,30-32) ausgesucht. Das passt. Jesus erzählt da von einem Senfkorn. Winzig klein. Aber wenn es ausgesät ist, wird es zu einem großen Baum, in dem die Vögel sich niederlassen und nisten können. Jesus sagt: „So ist das mit dem Reich Gottes.“

Wie ein Samenkorn fangen auch viele Beziehungen klein an, wachsen langsam. Müssen stürmische und laue Zeiten aushalten. Aber dann kann aus einem kleinen, vielleicht holprigen Anfang die Liebe füreinander wachsen und der Mut, das ganze Leben miteinander zu teilen. 

So zeigen auch die Paare etwas vom Reich Gottes, das Jesus mit dem Senfkorn vergleicht. Sie trauen ihrer Liebe und versprechen, füreinander da zu sein, einander zu achten, zu verzeihen.  Sie vertrauen darauf, dass ihre Beziehung weiterwächst und stark werden kann. Und: Sie können darauf vertrauen: Gott geht mit – egal was kommt.

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Anstöße sonn- und feiertags

19SEP2021
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Nächsten Sonntag ist die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag. In den Medien wird seit Wochen eifrig diskutiert. Politische Positionen klargestellt. Um die besten Strategien gestritten. Keine Frage: Politikerinnen und Politiker sind gefordert. So viele weitreichende Entscheidungen, die es zu treffen gilt. So viele Aufgaben, die zu bewältigen sind: Das Klima, die Pandemie, die soziale Spaltung, die Friedenssicherung. Und jede Menge mehr.

Wer hat da die richtigen Konzepte? Gibt es die überhaupt? Und sicher müssen nach der Wahl Kompromisse ausgehandelt werden, um überhaupt eine Regierung zu bilden. Oft macht sich da Enttäuschung und Skepsis breit.

Und doch: Für mich bleibt es selbstverständlich, zu wählen. Denn die Freiheit und die Würde in unserem Land realisieren sich in den demokratischen Wahlen.

Der Moraltheologe Stephan Goertz sagt: „Jede und jeder ist durch das Wählen Mitglied eines Wir, das sich selbst regiert“. Und weiter: „Eine demokratische Verfassung ist eine Staatsform, die der Würde des Menschen gerecht wird.“*

Ich bin dankbar in einem demokratischen Staat zu leben, der die Würde des Menschen achtet und schützt. Auch wenn nicht alles problemlos läuft. Auch wenn um diese Würde immer wieder neu gerungen werden muss. Auch wenn nach der Wahl wieder neu verhandelt, gestritten, entschieden werden muss, um diesem Wert gerecht zu werden.

Aber das müssen nicht nur jene, die sich zur Wahl stellen. Dazu müssen wir alle beitragen, auch mit unserer Stimmabgabe. Als ein Statement der Freiheit und der Würde, die uns als Menschen zukommt.

 

* Stephan Goertz, in: „Glaube und Leben“ vom 29. August 2021, S. 11

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

19JUN2021
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„Ihre Ärztin ist leider nicht mehr bei uns. Sie hat die Praxis verlassen.“ Die Nachricht der Arzthelferin trifft mich. Das hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. Jahrelang hat sie mich ärztlich betreut. Ich fühlte mich in guten Händen und konnte ihr voll und ganz vertrauen.

Eine Woche später erfahre ich, dass meine Augenoptikerin in Ruhestand geht. Mein Termin mit ihr ist an ihrem letzten Arbeitstag. Wieder trifft mich das. So eine gute Beraterin. Ich konnte ihr fast blind vertrauen.

Und dann meine Bekannte: Zur Zeit ist sie knapp bei Kasse, aber die Rechnung muss bezahlt werden. Ja, ich kann ihr aushelfen, weil ich ihr vertraue, dass ich das Geld zurückbekomme, sobald wieder etwas auf dem Konto ist.

Drei kurze Begebenheiten aus meinem Alltag, die mir bewusstmachen, wie stark Vertrauen mein Leben tagtäglich prägt. Ich kann mir das Leben ohne Vertrauen gar nicht vorstellen. Jedes Neugeborene kann nur überleben im Hineinwachsen in eine Welt, die Vertrauen schenkt. Und bis ins hohe Alter zehrt jeder Mensch vom Vertrauen. Gerade, wenn das Leben schwierig wird und einiges abverlangt. 

Das beidseitige Vertrauen hält unser ganzes Miteinander zusammen. Ich will nicht hinter jeder Aussage oder hinter jeder Ecke einplanen, dass mich jemand hintergehen oder ausnutzen will, mir misstraut oder ein Fettnäpfchen aufstellt. Nein, ich schenke gerne Vertrauen und genieße umgekehrt ebenso gern, wenn andere mir vertrauen.

„Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet!“ (Mt 7,7–11) Diese Worte der Bibel helfen mir, mit viel Gottvertrauen in den Tag zu gehen. Verschwenderisch vertrauen und dankbar Vertrauen empfangen. Das möchte ich jeden Tag.

Das heißt nicht, dass sich alles erfüllt und kein Vertrauen enttäuscht wird. Aber es ist eine Haltung, die mich gelassener durch’s Leben führt. In dem festen Vertrauen: Gemeinsam findet sich ein Weg!

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