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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

 „Mit Schuld ist es wie mit einem Loch im Zahn, das verschwindet nicht von alleine.“ Wir hatten das Thema „Schuld und Vergebung“  im Unterricht und ich merkte, dass die Schüler damit nicht wirklich viel anfangen konnten.

Schuld, das war für sie klar: Irgendwer ist immer schuld. Aber warum eigentlich hat Jesus immer wieder davon gesprochen, wie wichtig es ist, zu vergeben?  Dass es bei diesem Thema nicht bloß um andere geht, sondern vor allem um mich, das war den Schülern fremd.

Vielleicht, weil Vergeben  so unglaublich schwer ist? Fehler macht doch jeder – aber warum fällt es mir dann so schwer, anderen dafür zu vergeben? Jemandem, der mich enttäuscht hat, der mir etwas gesagt hat, was richtig weh tut, jemand der mich tief verletzt hat – einfach so vergeben?  Und manchmal kann ich mir nicht einmal selbst vergeben, wenn ich einen Fehler gemacht habe.

Ich habe mal gelesen, dass „Vergeben“ eigentlich „befreien“ bedeutet. Wenn ich jemanden vergebe, dann lasse ich ihn sozusagen „vom Haken “, an dem er hängt, ich befreie ihn. Das ist doch was Tolles – warum sollte mir das schwerfallen?

Weil es nicht nur um den anderen geht. Beim Vergeben geht es vor allem um mich. Wenn jemand mich verletzt hat, dann kochen in mir Bitterkeit, Wut und manchmal sogar Rachegedanken hoch. Manchmal ist diese Bitterkeit und Wut viel schlimmer als die eigentliche Verletzung. Und manchmal kommt man da alleine gar nicht mehr heraus. Das fühlt sich dann an, wie ein Loch im Zahn. Es verschwindet nicht einfach, sondern es tut mehr und mehr weh.

Jetzt sollte man doch meinen, dass ein erwachsener Mann mit Zahnschmerzen lieber heute als Morgen zum Zahnarzt geht. Aber viele nehmen stattdessen Schmerztabletten, die für den Moment den Schmerz wegdrücken – aber das Loch im Zahn bleibt.

Darum sagt Jesus: Wenn dein Bruder - oder genauso deine Schwester - an dir schuldig geworden ist, dich also verletzt hat, dann gehe hin und versöhne dich mit ihr. Lass sie vom Haken befreie sie und befreie vor allem dich selbst von deiner Wut, Verbitterung oder deinen Rachegedanken.

Wie oft habe ich schon darauf gewartet, dass der andere endlich zu mir kommt, um sich bei mir zu entschuldigen. Aber Jesus sagt, dass ich mich auf den Weg machen soll. Selbst wenn der andere eigentlich Schuld hat. Denn es geht gar nicht nur um den Anderen, es geht vor allem um mich. Es ist wie mit dem Loch im Zahn. Wie immer das entstanden ist – wenn ich nichts dagegen tue, wird es immer größer. Aber wenn ich hingehe und den anderen vom Haken lassen, dann kann das Loch heilen, dann werde auch ich wieder frei.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Wunder gibt es nicht! Als ich eines gebraucht hätte, ist rein gar nichts passiert.“ Eine 13jährige hat mir das vor versammelter Klasse an den Kopf geworfen. Dabei kann ich sie verstehen: Ich habe doch auch schon oft auf ein Wunder gehofft. Darauf, dass etwas Spektakuläres passiert, mich rettet - und wenn es nur vor der nächsten Klassenarbeit ist. Aber solche Wunder gibt es meist nicht.

„Vielleicht“, so fange ich an, „sind Wunder ganz anders, als wir sie uns vorstellen“. Ich frage die Klasse, ob sie Samuel Koch kennen und erzählen ihnen dann von seinem Unfall bei „Wetten das?“. Vor ein paar Tagen war ein großer Bericht über ihn in unserer Zeitung und mache kennen auch seine tragische Geschichte - seit 5 Jahren ist er vom Hals an querschnittgelähmt. Ich erzählen dann von meiner ersten Begegnung mit Samuel Koch und wie viele Menschen damals darum gebetet haben, dass Gott ein Wunder tut und ihn wieder heilt.

Aber diese Wunder hat Gott nicht getan. Samuel Koch sagt: "Hätte ich von Anfang an gewusst, dass ich so lange fast vollständig gelähmt verbringen muss, ich wäre durchgedreht." Aber er hat Freunde und seine Familie, die ihm beistehen.

Und dann geschieht doch ein Wunder: Er verkriecht sich nicht zuhause, obwohl es im so schlecht geht. Mit seiner offenen Art kann er vielen Menschen helfen, die auch in schwierigen Situationen sind und nicht wissen, wie man damit leben kann. Er tritt öffentlich auf und spricht davon, dass er „auch jetzt viele Stunden erlebt, die schön und glücklich sind und die ihm zeigen, dass es sich lohnt zu leben“. Das kann man leicht sagen, aber wenn ein Samuel Koch das sagt, hat das auf einmal ein ganz anders Gewicht und dann erscheinen mir meine Probleme auf einmal sehr klein.

„Ist das nicht auch ein Wunder“, frage ich, „dass dieser junge Mann wieder Kraft zum Leben bekommen hat? Gott hat nicht einfach mit dem Finger geschnipst und ihn aus dem Rollstuhl geholt. Trotzdem hat Gott hier ein Wunder getan: Dieser junge Mann ist schon jetzt für so vielen anderen Menschen zur echten Hilfe geworden - das ist doch ein echtes Wunder.

Zum Schluss lese ich noch einen Abschnitt aus dem letzten Interview mit ihm vor: „Ich habe jeden Tag Gründe zum Lachen, tiefgehende Gespräche, lohnende Herausforderungen. Ich bekomme und gebe hoffentlich viel Liebe. Den negativen Dingen, die ebenfalls täglich da sind, gestehe ich einfach nicht viel Raum zu. Ich habe gelernt, mich darauf zu konzentrieren: Was kann ich? statt ständig zu fragen: Was kann ich nicht?"
Dieser junge Mann ist für mich der Beweis, dass es heute noch Wunder gibt. 
 

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Manchmal fehlen mir einfach die Worte. In manchen Situationen sind Worte aber auch so leer und hilflos.

Vor ein paar Tagen habe ich einen Trauerbesuch bei einem älteren Mann gemacht. Seine Frau war überraschend und viel zu schnell verstorben. Als ich das Wohnzimmer betreten habe, sah ich den weinenden Mann wie ein Häufchen Elend dasitzen. Ich wollte gerade meine Hand ausstrecken um ihm mein Beileid auszudrücken, da habe ich gespürt: Das ist viel zu wenig für diesen riesen großen Schmerz. Welche Worte können hier trösten? Klar, wenn ich ihm mein Beileid aussprechen und er wird sich höflich bedanken. Aber eine Hilfe ist das kaum. Darum habe ich in diesem Moment getan, was ich gefühlt habe: Statt ihm die Hand zu geben, habe ich diesen unendlich traurigen Mann einfach in meine Armen genommen.

Klar, war das auch etwas komisch, so viel Nähe zu einem fremden Menschen. Aber durch sein Leid waren wir uns gar nicht mehr so fremd. Gesagt haben wir in diesem Moment übrigens gar nichts. Was hätte ich auch sagen können? Alle Worte waren nicht so stark wie diese eine Umarmung.

Anschließend haben wir uns zusammengesetzt und über die Beerdigung gesprochen. Ich hatte den Eindruck, dass es ein ganz besonderes Gespräch war. Wir spürten, dass uns der Schmerz über den Verlust seiner geliebten Frau verband. Manchmal knüpfen solch kleinen Berührungen ein enges Band zwischen zwei Menschen.

Von Jesus wird erzählt, wie ein eines Tages bei einem wohlhabenden Mann zum Essen eingeladen war. Sicherlich gab es da viele höfliche Worte, aber die Begegnung zwischen diesem Mann und Jesus bleibt unterkühlt. Dann kam auf einmal eine Frau herein, ganz offensichtlich eine Prostituierte. Und Jesus ließ es zu, dass sie mit alle ihrem Schmerz zu ihm kam, ja sie weint zu seinen Füßen und trocknet diese dann sogar mit ihren Haaren. Dann holt sie noch eine kostbare Salbe aus der Tasche und cremt seine Füße ein. Alle sind irgendwie peinlich berührt, verstehen nicht, warum Jesus das zulässt, er muss doch wissen, was das für eine Frau ist. Aber für ihn ist die Berührung nicht peinlich, vielmehr durch und durch ehrlich. Viel ehrlicher als alle höfflichen, frommen Worte zuvor.

Solche Begegnungen kann man nicht planen – auch die Umarmung mit dem trauernden Mann hatte ich nicht geplant. Aber ich wünsche mir mehr solcher Begegnungen, denn sie tun auch mir gut. Wie oft mache ich mir Sorgen, die richtigen Worte in schwierigen Situationen zu finden. Dabei kann es doch so einfach und wohltuend sein. Ralf Schweinsberg, Evangelisch-methodistische Kirche, Baiersbronn

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SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

Kann ich dafür beten, dass ein Kranker gesund wird?  Wenn die Krankheit schwer ist und es kaum Aussicht auf Heilung gibt? Ich kenne viele, die haben es mit dem Beten probiert und sie sind sehr enttäuscht worden, haben das Gefühl: Gott kümmert sich nicht um uns.

Aber dann hat mich am Ende eines Gottesdienstes eine Frau angesprochen: Ihr Mann habe Krebs aber es stünde doch in der Bibel, dass man für die Kranken beten soll. Wenn jemand krank ist, dann sollte man die Leiter der Gemeinde zu sich rufen, damit sie für den Kranken beten. Und das Gebet würde dem Kranken helfen (Jak 5, 14-16). Ob ich so etwas machen würde, ob ich mit ihrem Mann beten würde, hat die Frau mich gefragt.

Was konnte mein Gebet da bewirken? Ich wusste, dass ihr Mann vor Jahren Darmkrebs hatte und jetzt war ein neuer Tumor in der Lunge entdeckt worden. Und ich sollte jetzt hingehen und dafür beten, dass dieser Mann wieder gesundwird?

Je näher dieser Nachmittag kam, desto mehr Sorgen habe ich mir gemacht . Was sollte ich ihm sagen, durfte ich ihm Hoffnung auf Heilung machen? Sollte ich so tun, als wenn das alles ganz einfach sei? Oder sollte ich ihm sagen, dass ich das nicht kann?

Auf der Fahrt zu diesem Ehepaar bekam ich die Idee, den Mann zu fragen, was er sich denn von Gott erhofft. Als wir dann in seinem Wohnzimmer zusammen waren, habe ich ihn genau das gefragt: wofür sollen wir denn jetzt beten? „Ich wünsche mir noch etwas Zeit von Gott ", hat er geantwortet. „Ich muss unbedingt noch die Sache mit meinem behinderten Sohn regeln und dafür wünsche ich mir noch Zeit von Gott.

Mir ist in dem Moment ein Stein vom Herzen gefallen.  Dass Gott diesem Vater noch etwas Lebenszeit schenkt, dafür konnte ich mit ganzem Herzen beten.

Fünf Jahre später haben wir beide auf seiner Terrasse gestanden. Diese Jahre waren nicht einfach gewesen. Es gab Chemotherapien und viele andere Behandlungen. Aber dieser Mann hat diese fünf Jahre genossen, wie er mir immer wieder sagte.

Nur wenige Wochen später ist er an einem Gehirntumor gestorben.
Heute weiß ich, dass ich ein Wunder miterleben durfte. Dieser Mann war nicht einfach gesundgeworden. Aber Gott hatte ihm diese fünf Jahre geschenkt. Das war für ihn und mich ein echtes Wunder.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Mami, kommst du jetzt?“, die kleine Vierjährige stand erwartungsvoll vor Ihrer Mutter. Es war auch schon spät geworden bei meinem Besuch in der jungen Familie. Die Mutter gab der Kleinen einen Gute-Nacht-Kuss, machte ein Kreuzzeichen auf ihre Stirn und sagte dabei ganz zärtlich: „Gott segne dich“.

Später haben wir über dieses Einschlafritual, diesen Segen gesprochen. Wir waren uns einig: Wir können unsere Kinder ja nicht überall hinbegleiten, aber wir können sie auf diese Weise Gott anvertrauen. Der Segen bringt zum Ausdruck: was ich zum Leben brauche, ist nicht käuflich. Segen ist ein Geschenk Gottes, die Erfahrung, dass er dabei ist, mitten in unserem Leben.

 Früher haben sich die Menschen sehr oft im Alltag gegenseitig den Segen Gottes gewünscht, zum Beispiel, wenn sie: „Grüß Gott“, oder „Ade“ gesagt haben. „Grüß Gott“ heißt eigentlich „Segne dich Gott“ – denn „grüßen“ bedeutete früher auch segnen. Und „Ade“ kommt von „à dieu“, gleich: „Gott befohlen“.

Dabei geht es beim Segen nicht darum, dass wir vor allem Bösen beschützt werden – schön wär’s. Vielmehr ist Segen das Geschenk Gottes, dass er mit mir durch mein Leben gehen wird.

Denn leider erleben auch gesegnete Menschen schlimmes Leid in ihrem Leben. Ich muss dann immer an Psalm 23 denken: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn dein Stecken und Stab trösten mich“.

Das finstere Tal verschwindet nicht einfach aus meinem Leben, weil mich jemand gesegnet hat. Aber es wird leichter, wenn Gott mir auf meinem Weg seinen Segen schenkt, seine Gegenwart. Ich muss nicht alles alleine schaffen. Gott ist an meiner Seite, er tröstet und hält mich – gerade im finsteren Tal.

 Manchmal vergesse ich das. Aber sagt jemand: „Grüß Gott“ zu mir und ich werde daran erinnert. Auch wenn die Person das vielleicht nur so dahingesagt hat, nehme ich es bewusst als Segen Gottes an. Dann werde ich gelassener, spüre: Er ist tatsächlich bei mir ist und bei meinen Kindern.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Kannst du einen Apfel aufschneiden?“ Ich hielt dem 16jährigen Jungen in der ersten Reihe einen Apfel und mein Jagdmesser hin. Er schaute mich ungläubig an, suchte nach der Falle in meiner Frage. Es war Schulgottesdienst und vermutlich wollte er nur ganz cool auf seinem Stuhl diese Stunde absitzen.
„Hier hast du einen Apfel. Komm und schneide ihn mal auf“, sagte ich. Er zögerte noch etwas und schnitt dann den Apfel beherzt durch. „Falsch“, sagt ich sofort, als er die zwei Hälften in der Hand hielt. „So schneidet ja jeder einen Apfel auf, kann man das nicht auch anders machen?“ Jetzt sah ich in viele fragende Gesichter. Jeder weiß doch, wie man einen Apfel aufschneidet, was sollte man daran „anders“ machen können? „Schneide den Apfel nicht von oben nach unten, sondern horizontal, quer durch die Mitte, auf.“ Ich drückte ihm einen zweiten Apfel in die Hand. Er setze das Messer an und schnitt jetzt genau quer durch die Mitte. „Und jetzt schau dir mal das Kerngehäuse an“, sagte ich ihm, „wie sieht es für dich aus?“ „Wie ein Stern, cool!“

Wenn man einen Apfel anders, eben quer durchschneidet, entdeckt man, wie wunderschön das Kerngehäuse aussehen kann: wie ein Stern, mitten im Apfel.

Wir Menschen sehen meist nur das Äußere eines anderen, aber Gott sieht das Herz an. So steht jedenfalls in der Bibel. Wir Menschen sehen schnell, was uns stört, das nennen wir dann verächtlich: „Apfelkrotzen“. Dabei übersehen wir, dass im Kerngehäuse die geballte Lebensenergie der Frucht steckt. Das Wesentliche des Apfels ist sein Kerngehäuse. Gott sieht also nicht nur den wunderschönen Stern in unserer Mitte, er sieht das Wesentliche: Er sieht, was uns wertvoll macht, unsere Bestimmung – die wir leider oft übersehen.

Den Schülern und Schülerinnen habe ich zum Schluss noch eine Erfahrung von mir mitgegeben: Wenn ich einen anderen gar nicht ausstehen kann, dann frage ich mich: was ist sein besonderer Kern? Was sieht Gott wohl in diesem Menschen? Was ist sein Wesentliches? Was macht diesen Menschen besonders und wertvoll?

Das ist nicht immer leicht, aber schon oft habe ich dann etwas an diesem Menschen entdeckt, was sogar ich besonders fand.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ich liebe Stress! Vor kurzem haben wir den 80zigsten Geburtstag meines Schwiegervaters gefeiert - im eigenen Garten mit über 80 Gästen. Das war vielleicht viel ein Stress – aber irgendwie war es auch schön.
 Ist das überhaupt Stress? Ist viel Arbeit immer auch Stress? Ich war nach dieser Familienfeier fix und fertig – aber auch glücklich. Richtiger Stress dagegen macht einen auf Dauer unglücklich.

Dabei ist Stress kein modernes Phänomen: Von Jesus Christus wird erzählt, dass er einmal im Hause zweier Schwestern zu Besuch war. Marta, die ältere, kümmerte sich um das Festessen – denn das sollte es schon werden. Jesus saß derweilen mit seinen Freunden im Garten, trank was Kühles und erzählte: vom Himmelreich, von Menschen die ihr Leben veränderten und von einer neuen Hoffnung. Ich sehe Marta vor mir, wie sie durch das Küchenfenster immer wieder Fetzen dieser Gespräche mitbekommt und so gerne auch zuhören würde. Aber es war noch so viel zu tun. Mit anderen Worten: sie hatte Stress. Denn genau das ist Stress, wenn ich hier am Schaffen bin, nicht fertig werde und eigentlich bereits wo ganz anders sein sollte.

Und dann entdeckt sie Ihre Schwester Maria, die draußen im Garten sitzt – und ihr platzt der Kragen. Sie geht hinaus und beschwert sich bei Jesus: „Kannst du Maria nicht sagen, dass sie mir helfen soll in der Küche?“ Jesus antwortet: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und verlierst dich an vielerlei… Ist das nicht ein sehr treffendes Bild für Stress? Menschen verlieren sich, Stück für Stück. All das, was so wichtig ist, was ich nicht lassen kann – schließlich soll alles perfekt werden - führt dazu, dass ich mich Stück für Stück verliere. Stress macht uns nicht nur fertig, wir verlieren uns auch mehr und mehr. „Maria, macht es richtig“, sagt Jesus, denn sie hat gespürt, dass jetzt etwas anderes dran ist.

Wenn es bei mir hektisch zugeht, dann nehme ich mir oft zwei Minuten Auszeit. Ich setze mich irgendwo hin, schließe die Augen und bete. Aber nicht mit vielen Worten, ganz im Gegenteil. Ich bitte Gott in solchen Momenten, dass ich mich nicht verliere und den Blick für das Wesentlich bekomme. Zwei Minuten, die ich nicht missen möchte.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ich weiß nicht, ob man sich irgendwann an diese Nachrichten gewöhnt. Jeden Morgen, wenn ich ins Bad gehe und dort Radio höre, habe ich inzwischen Sorge, ob es wieder einen Anschlag gegeben hat - früher nur irgendwo weit weg, inzwischen aber auch immer häufiger bei uns hier in Deutschland.
Dann wird schnell gerätselt, ob das nun wieder ein islamistischer Terrorakt war. Und dann heißt es, die Religionen bringen diese Gewalt hervor. Was für ein Blödsinn! Welcher Gott sollte sich daran erfreuen, wenn wir andere Menschen auf bestialische Weise umbringen? Sowohl die Muslime als auch Christen sind davon überzeugt, dass Gott alle Menschen geschaffen hat. Warum sollte Gott dann eine Freude daran haben, wenn seine Geschöpfe sich gegenseitig umbringen?

Ich meine: Es gab keine „christlichen“ Kreuzzüge, und es gibt auch heute keinen „islamischen“ Terror. Kein Kreuzzug war christlich und kein Terrorakt ist islamisch. Aber es stimmt: zu allen Zeiten gab es Menschen, die in Gottes Namen oder dem irgendeiner Religion ihre Sucht nach Macht und Gewalt ausleben wollten. Wir sollten nicht den Fehler begehen, diese Täter zu Märtyrern im Namen irgendeines Glaubens zu machen. Wir sollten ihre Taten als das benennen, was sie eigentlich sind: furchtbar grausam und menschenverachtend. Mord eben. Die Täter sind Mörder. Weiter nichts.

 Solche schrecklichen Mordtaten werden nie dazu führen, dass Menschen Allah oder Gott preisen. Sollen nicht Muslime Almosen geben, damit die Menschen Gott dankbar dafür sind? Und als Christ höre ich die Worte von Jesus, der gesagt hat: „Lasst euer Licht leuchten vor den Menschen, dass sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.“

 Ich bin überzeugt: nur wenn Menschen Gutes erleben, werden sie anfangen Gott zu preisen. Hass bringt wieder nur neuen Hass hervor. Aber wo ich einem anderen Menschen etwas Gutes tue, da entsteht Dank, auch gegen Gott.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Gegen Pechsträhnen ist auch der beste Friseur machtlos! Neulich kam ich beim Haareschneide mit einer Bekannten ins Gespräch über modische Haarfarben. Eigentlich ist heute alles möglich – sogar lila oder blau. „Vielleicht ist doch nicht alles möglich“, meinte sie dann, „gegen Pechsträhnen ist auch der beste Friseur machtlos!“ Wir mussten beide lachen, denn gegen Pechsträhnen hilft in dere Tat keine Farbe.
 Manchmal ist das Leben ja auch wirklich schwer. Da kommt eines zum anderen. In der Beziehung kriselt es, der Job wackelt und mit den Kindern gibt es nur Ärger – es gibt so viele Dinge, die einem das Leben schwermachen können. Und die meisten wissen: die können wir nicht mit ein bisschen Farbe aus der Welt schaffen. Die machen einem wirklich zu schaffen…                     Jesus Christus hat einmal gesagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“. Ich verstehe das so: Es bringt nichts, meine Pechsträhnen zu verstecken oder mit Farbe abzudecken – denn das hilft nicht auf Dauer. Vielleicht könnte diese Pechsträhne ja sogar für etwas gut sein um etwas in meinem Leben zu ändern, aber allein schaffe ich das kaum.   Jesus sagt, dass ich nicht alles alleine schaffen muss. „Kommt her zu mir“, heißt auch, da gibt es vielleicht einen Menschen in meinem Leben, mit dem ich jetzt reden sollte. Oder er führt mich zu einem ganz fremden – manchmal ist es ja gut, mal eine ganz neue Sichtweise zu hören. Jedenfalls muss nicht alles alleine tragen. Denn Gott kann mir solche Menschen über den Weg schickt, genau im richtigen Moment – ich muss es nur wollen und dann auch zulassen.
Vielleicht bin aber auch ich heute dieser Mensch, der von einem anderen gebraucht wird? Dazu muss ich nicht Arzt, Psychologe oder Pfarrer sein. Oft reicht schon etwas Zeit zum Zuhören und dem anderen zeigen: Du musst deine Pechsträhnen nicht vor mir verstecken. Lass uns lieber gemeinsam überlegen, was jetzt für dich dran ist.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Pass nur auf, der liebe Gott sieht alles“, ein guter Freund hat mir vor kurzem erzählt, wie er als Kind darunter gelitten hat, wenn ihm seine Eltern mit diesem strengen Gott drohten. Dieser Gott – oder besser: das, was seine Eltern daraus gemacht hatten - sah alles, war streng und gefährlich. Schrecklich.
Ich bin sehr froh, dass meine Mutter mir nie mit einem solchen Gott gedroht hat. Dabei könnte man manches aus der Bibel so – drohend - verstehen. Da heißt es zum Beispiel: „Eines jeden Weg liegt offen vor Gott“. Heißt das nicht, vor Gott kann ich nichts, keinen Fehler verbergen?                      Ich bin sicher, meine Mutter, die in der Nachkriegszeit viel Schweres erleben musste, hätte mir das anders erklärt: „Mach dir keine Sorgen um Morgen“, hätte sie gesagt, „Gott kennt deinen Weg bereits. Er weiß, was alles auf dich zukommt und er ist bei dir“. „Eines jeden Weg liegt offen vor Gott“ – so kann man das auch verstehen. Meine Mutter hat mir von der Magd Hagar erzählt, ganz aus den Anfängen der biblischen Geschichten. Hagar war in große Not geraten, weil sie unschuldig verstoßen wurde - von einem frommen Mann. Klar, dass sie sich verraten und vergessen fühlte, auch von Gott. Aber dann spricht Gott mir ihr und tröstet sie. Am Ende sagt Hagar: "Du bist ein Gott, der mich sieht". Was für eine Aussage: „Du bist ein Gott, der mich sieht“! Hagar hatte sich alleine und verlassen gefühlt. Jetzt war sie überrascht worden von Gott, der sie nicht verachtete, sondern ansah. Für Gott war sie nicht unsichtbar, er sah sie an. Von da an wusste sie, dass Gott auf ihrer Seite war, ganz egal, wie sehr Menschen sie auch enttäuscht hatten.
In dieser Geschichte von Hagar ist es richtig spannend zu lesen: Gott ist nicht automatisch auf der Seite der Frommen. Gott ist auf der Seite der Menschen, die ihn brauchen. Warum sollte ich vor einem solchen Gott Angst haben? Im Gegenteil: Ich kann, wie Hagar, getröstet sagen: „Du bist ein Gott, der mich sieht“.

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