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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

04JUL2019
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Eine falsche Bewegung, eine unglückliche Drehung, ein Sturz – und es war geschehen. Der Fuß war gebrochen. Das hatte gerade noch gefehlt. Und so kam es, dass ich vor einigen Wochen mit dem Gipsfuß auf dem Sofa liegen musste und mir selbst kaum helfen konnte. Das war echt ätzend. Wie gut, dass sich einige Familienmitglieder kümmern konnten. Sie haben mich soweit versorgt, dass ich notdürftig irgendwie zurechtkam. Aber eben wirklich nur notdürftig. Körperpflege und Essen zubereiten waren Kraftakte. Aber Einkaufen, aufräumen, Müll entsorgen – das ging alles gar nicht. Für fast alles musste ich jemanden um Hilfe bitten. Das war für mich gar nicht so einfach. Denn normalerweise bin ich eine sehr selbständige Frau. Ich sorge für mich selbst und regle mein Leben alleine. Nun musste ich lernen, andere um Hilfe zu bitten. Und ich musste lernen, mir helfen zu lassen.

Ich gebe zu: Ich fand es schwer, dermaßen hilflos zu sein. Meine Tochter hat mir aber ziemlich den Kopf gewaschen: Wenn ich mir nicht helfen lasse, und dann vielleicht doch nicht zurechtkomme, mache ich ihr mehr Arbeit. Und das geht gar nicht. Das kann sie nicht leisten.

Also habe ich geübt. Geübt, mir helfen zu lassen. Andere machen lassen. Die waren dabei erstaunlich fröhlich, wenn sie mir helfen konnten! Und - Überraschung: es gab eine ganze Reihe von schönen Erlebnissen, die ich dem Gipsfuß verdanke. Ab und zu kam ganz spontan jemand vorbei zu einer kleinen Unterhaltung. Einmal hat ein Taxifahrer erst mich zur Haustür begleitet und dann noch meine Mülltonnen auf die Straße gestellt. Freundinnen haben unseren Gesprächskreis kurzerhand einfach in meine Wohnung verlegt, damit ich dabei sein konnte. Und wie schön schien die Sonne beim ersten Kakao im Straßencafé vor der Arztpraxis.

Natürlich bin ich froh, dass diese ganze Episode überwiegend ausgestanden ist. Ich kann wieder gehen und für mich selbst sorgen. Die Schmerzen im Fuß aber erinnern mich an eine wichtige Erfahrung: dass ich dringend weiter üben muss, mir helfen zu lassen. Fürs Alter und all das, was es mir und anderen womöglich noch abverlangt.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

GUCKT EUCH MAL AN! , fordert die Postkarte auf, und ein großes hellblaues Auge guckt mich wirklich an. Oh, was ist das? Warum soll ich mich angucken? Es steht auf der Rückseite: „Guckt euch mal an – und findet euch gut!“

Das ist eine super Idee! Guckt euch mal an – und findet euch gut! Denn wer steht nicht mal vor dem Spiegel und findet sich gar nicht gut? Die Haare sitzen nicht, steht mir diese Farbe wirklich?, und ein paar Pfunde sind auch zu viel. Ab und zu kritisch mit sich umgehen ist normal. Aber es gibt leider viele, da ist das überhaupt nicht mehr normal, sondern ein richtiges Problem. Die sind nicht im Geringsten zufrieden mit ihrem Aussehen. Fühlen sich falsch, zu dick, zu dünn, zu blass oder zu dunkel. Vergleichen sich ständig. Und dann fangen sie an, ihren Körper zu optimieren, bis sie krank werden – und werden doch nicht zufrieden.

„Body-shaming“ nennt das die junge Generation heute. Sich für seinen Körper schämen. Das tun leider viel zu viele. Vor allem Frauen. Der Körper wird immer mehr zum Feind, für den man sich schämt und der bekämpft werden muss. Mit fürchterlichen Folgen. Body-shaming geht aber auch anders herum: wenn andere für ihr Aussehen beschämt werden. Das ist unter den Jüngeren sehr weit verbreitet, vor allem im Internet. Was gut aussieht oder wie der Körper zu sein hat, bestimmen andere, teilweise nach völlig absurden Kriterien. Sie nehmen sich das Recht heraus, andere Personen nach ihrem Aussehen zu beurteilen, vor allem abzuurteilen. Als ob es nur das Aussehen wäre, das einen Menschen ausmacht. 

Body-shaming ist ein Problem! Ein großes Problem.

Und deshalb gefällt mir die Kampagne auf der Postkarte so gut. Da werden wir aufgefordert: Guckt euch mal an – und findet euch gut! Jawohl. Ich will es versuchen. Das ist doch ein super Motto für den ganzen Tag.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Sie ist eine Gute“, sagt der dick eingepackte Mann und drückt einer Frau mit roter Jacke einen Kuss ins Haar. Er ist deutlich gezeichnet von Jahrzehnten in Kälte und Armut, vom Alkohol. Die „Gute“ ist Ärztin und freut sich über diese Begrüßung. Gerade ist sie aus dem Arztmobil gestiegen. Viele der Obdachlosen auf dem Hamburger Kiez umringen sie.  Der Ton dort ist rau. Alles ist schmutzig und schäbig. Eine eigene Welt mit ganz eigenen Regeln. Das ganze Elend aber scheint die Ärztin nicht zu stören. Ruhig und bestimmt geht sie auf die einzelnen zu, spricht sie mit Namen an. Fragt nach Beschwerden und Schmerzen. Teilt Medikamente aus. Versucht es mit Empfehlungen: es wäre doch besser, ins Winternotquartier zu gehen. Die meisten schütteln den Kopf. Auf keinen Fall! Sie wollen hierbleiben. Aber für die Obdachlosen ist das Kiez, die Straße, sind die Lumpenlager ihre Heimat.

Das ist oft schwer zu verstehen, sagt die Ärztin, aber jeder Mensch hat das Recht auf seine eigene Entscheidung. Auch wenn die Entscheidung vielleicht unlogisch oder unsinnig zu sein scheint. Aber jeder Mensch hat auch ein Recht auf Hilfe. Und deshalb kommt sie jede Woche mit dem Arztmobil, bietet Hilfe an. Zusammen mit ihrem Team untersucht sie Kranke, verbindet Wunden und tröstet, gibt neue Strümpfe aus oder Tabletten. Sie weiß, dass das oft nur für kurze Zeit hilft. Weil mancher der Kranken eigentlich im Krankenhaus behandelt werden müsste. Wenn der das aber nicht will, dann lässt sie ihn ziehen. Sie respektiert alle. Und das ist wirklich erstaunlich: sie macht keine Vorwürfe, urteilt nicht, spricht nicht von oben herab, sondern bleibt ruhig, freundlich und zugewandt. „Es ist eine gute Arbeit“ sagt sie. „Ich sehe ja, dass das sinnvoll ist, was wir tun. Hier können wir den Ärmsten helfen mit ganz einfachen Mitteln. Und weil das jemand tun muss, tun wir es.“

In vielen Städten gibt es solche Ärztinnen und Ärzte mit ihren Teams, die sich für Obdachlose einsetzen. Ich habe größten Respekt vor allen, die das aus tiefster Überzeugung tun.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Heute in genau neun Monaten ist Weihnachten. Aber wer denkt denn heute an Weihnachten, mitten im Frühling, mitten in der Fastenzeit? Wie absurd. Es geht doch auf Ostern zu! Aber – eine Schwangerschaft dauert eben neun Monate, und darum geht es. Heute wird in der katholischen Kirche die „Verkündigung des Herrn“ gefeiert. Das bedeutet: Wie eine junge Frau namens Maria erfährt, dass sie auf wundersame Weise schwanger werden und ein Kind zur Welt bringen soll. Ein Engel verkündigt ihr diese Botschaft. Denn es handelt sich um ein besonderes Kind. Dieses Kind wird als Erwachsener eine große Rolle spielen. Es ist der Heiland der Welt, Gottes Sohn Jesus. Wie soll denn das alles zustande kommen, fragt die junge Frau bange? Der Engel beruhigt sie. „Fürchte dich nicht. Gott hat dich ausgewählt. Er ist mit dir. Du wirst die Kraft des Heiligen Geistes erfahren“. Und tatsächlich, neun Monate später kommt das Kind zur Welt. Und mit seiner Geburt, die an Weihnachten gefeiert wird, beginnt eine große Geschichte, die die Christen bis heute bewegt: Die Geschichte des Jesus von Nazaret. Große Geschichten aber werden gerne von Anfang an erzählt. Und deshalb gibt es neun Monate zuvor dieses Fest der Verkündigung. Die große Geschichte des Jesus von Nazaret beginnt mit seiner Empfängnis und der darauffolgenden Schwangerschaft.

Niemand weiß, wann und wie es sich wirklich zugetragen hat. Es bleibt ein Geheimnis. Doch der Evangelist Lukas, der diese Geschichte erzählt, findet für diesen besonderen Anfang wunderbare Bilder: Einen mächtigen Engel, eine überraschte junge Frau, eine geheimnisvolle Situation. Und das wunderbare Bild von der jungen Frau und dem Engel hilft, dieses Geheimnis besser zu verstehen: Gott will den Menschen einen Retter schicken, der vom Himmel kommt und doch Mensch ist wie sie, von Anfang an. Dieser Retter ist so menschlich, dass er wie alle anderen Menschen auch Eltern braucht, vor allem eine Mutter, die ihn zur Welt bringt.

Deshalb beginnt die Geschichte des Jesus von Nazaret mit einer überraschten jungen Frau. Und mit ihrem Ja zu Gottes Plan - ohne zu zögern.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Guten Morgen zum ersten Werktag im neuen Jahr!

Alles ist noch frisch und unverbraucht. Das neue Jahr steht vor uns wie eine große Wundertüte. Was ist da wohl drin? Diese Frage beantworten nicht wir.  Eine andere Frage kann ich sehr wohl beantworten:  Was möchte ich selbst für dieses Jahr und für das Leben tun? Da gibt’s natürlich viel Privates, für die Gesundheit, für die Familie. Keine Frage, das sind wichtige Aufgaben. Aber das wäre zu wenig. Ich lebe ja nicht nur das private Leben, sondern ich lebe in einem Ort, einem Staat, einem Land, und auf dieser Erde. Was immer ich tue, hat Auswirkungen auf andere. Für mich als Christin gibt es ein Thema von großer Bedeutung: mich interessieren und einsetzen, und zwar menschlich, ökologisch, politisch!

Das alles hat Jesus vorgemacht. Er hat seinen Anhängern deutliche Aufträge gegeben. Er war dabei nicht zimperlich, sondern deutlich: Ihr sollt Gott, den Nächsten und euch selbst  lieben, das zuerst. Und deshalb sollt ihr Frieden schaffen – Euch um Arme kümmern – für Gerechtigkeit sorgen.  Wer Christ ist, soll und muss mitarbeiten an einer besseren Welt. Weil Gott alle liebt. Egal woher sie kommen und wie sie leben. Deshalb setzen sich viele aus ihrer christlichen Haltung heraus direkt für Flüchtlinge ein. Oder für Obdachlose. Oder für andere, die Hilfe brauchen. Oder sie werden politisch aktiv und versuchen, Einfluss zu nehmen. Für die Demokratie, für Menschenrechte.

Die Welt, die Natur und die Menschen – alles und alle brauchen Leute, die Partei für sie ergreifen. Es sind natürlich nicht nur Christen, die dies tun. Aber Christen haben dazu einen deutlichen Auftrag von Jesus selbst: Es ist Gottes Welt. Helft mit, dass sie eine menschliche Welt wird und bleibt.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Guten Morgen zum heutigen Silvestertag!

Wir haben es fast geschafft, das Jahr 2018. Heute Nacht dann gibt’s Salut und Sekt.  Aber  - noch nicht jetzt! Noch liegt der ganze Tag davor, mit all seinen inneren und äußeren Vorbereitungen. Und da gehen bei vielen die Gedanken so hin und her zwischen Sorge und Freude. Vermutlich lässt dieser Tag niemand ganz gleichgültig. Da sind so gemischte Gefühle, die Wehmut beim Abschied aus dem alten Jahr – und die Neugier, aber auch Sorge im Blick auf das unbekannte Neue. Wie wird es sein? Was wird es bringen? Mit dem Trubel und dem lauten Getöse in der Nacht lassen sich diese verschiedenen Empfindungen leichter ertragen.

Ich finde, dass sich diese gemischten Gefühle auch mit dem Glauben an Gott leichter ertragen lassen. Für mich ist das so. Im Blick zurück danke ich Gott, der an meiner Seite war. Er ist mit mir durch dick und dünn gegangen. Da war in diesem Jahr die ganze Palette, von Geburt bis Tod. Und in der weiten Welt war es nicht anders.

Genau da mitten drin ist Gott. Mitten in dem Gemischtwarenladen dieses Jahres. Gott schafft nicht die heile Welt für uns. Das ist schon unsere eigene Aufgabe. Aber er bleibt an der Seite der Menschen. Ganz egal, was geschieht. Und deshalb kann ich dem alten Jahr gut Adieu sagen. A dieu heißt: hin zu Gott – ich gebe mein persönlich erlebtes Jahr Gott in die Hand zurück. Ich bedanke mich für alles, was es mir gegeben hat. Reifer geworden bin ich und älter, gleichzeitig heiler und versehrter.

Und so umarme ich dieses Jahr. Du warst ein kostbares Jahr meines Lebens! Danke, dass ich es erleben durfte. Adieu.

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SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

Sind Sie schon einmal im Abendkleid in einen öffentlichen Brunnen gestiegen? Oder haben Sie sich absichtlich in einen falschen Zug gesetzt, um zu gucken, was dann passiert? Ich grinse, als ich diese Fragen in einem Jahresrückblick lese. Und ich muss passen. Leider. Ich fürchte, ich habe in dem jetzt fast vergangenen Jahr nichts so richtig Verrücktes getan. Leider bin ich meistens viel zu vernünftig. Jeder andere vernünftige Mensch würde wahrscheinlich auch sagen: Mit dem Abendkleid in den Brunnen? In den falschen Zug einsteigen? Das ist doch verrückt!

Schade! Eigentlich hatte Astrid Lindgren recht, als sie feststellte: „Es gibt kein Verbot für alte Weiber, auf Bäume zu klettern.“ Das bedeutet: Macht doch mal absichtlich was Verrücktes. Das macht jung! Und schenkt neue Einsichten. Oder macht einfach nur Spaß.

Meine Oma fällt mir ein. Sie war eine feine Dame. In allem. Außer an ihrem 80. Geburtstag. Da gab's natürlich ein Fest. Ganz überraschend wollte ein Teil der Familie  früher als geplant wieder abreisen. Nur: die kalten Platten fürs Abendessen waren noch nicht gerichtet. Aber so ein Wurstbrot mit Gurke – wenns schnell geht, wäre das schon recht. Also haben wir eilig umgeplant, zum Wohnzimmerpicknick. Alle standen wir vergnügt und ausgelassen um den großen Wohnzimmertisch. In unseren feinen Kleidern. Auf dem Tisch eine feine Tischdecke. Darauf aber ein wildes Durcheinander von Wurst und Käse im Papier, Brot und Butter, Tellern, Gläsern - und alle langten zu. Meine Oma war hin und weg! Sie hat dieses Picknick im eigenen Wohnzimmer köstlich gefunden und total genossen. Alles war für eine kurze Zeit so einfach, unkompliziert, leicht. Auf einen Baum ist meine Oma nie geklettert! Aber an diesem  Abend  ihres 80. Geburtstages ist sie für eine halbe Stunde über die Grenzen ihrer strengen Erziehung gestiegen. Vom Wohnzimmerpicknick sprach sie noch jahrelang.

Vielleicht kann man so etwas Ungewohnt-Vergnügliches nicht immer planen – aber ich kann die Augen aufhalten, ob es sich ergibt – und dann zupacken. Jetzt oder nie….Das wäre kein schlechter Vorsatz fürs neue Jahr.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Das Vaterunser ist das Gebet, das am weitesten verbreitet ist. Die ganze christliche Welt kennt es, in allen Sprachen. Ich habe schon öfter miterlebt, wie Menschen  es gleichzeitig in verschiedenen Sprachen sprechen. Jeder und jede in der eigenen Muttersprache. Wenn die verschiedenen Sprachen dann im gleichen Rhythmus klingen, ist das für mich immer sehr aufregend und bewegend. Ein schönes Zeichen für die weltweite Gemeinschaft. Die Worte des Vaterunsers verbinden mich mit Christen in der ganzen Welt. Es gehört sozusagen zur Muttersprache des Glaubens.

Wer es seit Kindesbeinen geübt hat, kann das Vaterunser oft auch dann noch mitsprechen, wenn der Kopf nicht mehr so richtig will. Davon erzählen Menschen immer wieder. Und ich habe es selbst erlebt bei einem Onkel. Er war schon lange krank. Gesprochen hat er nicht mehr, dazu war er zu schwach. Früher hatte er Zeitungen und Bücher gelesen, die ganze Welt war für ihn interessant. Das war jetzt vorbei. Von all dem wollte er nichts mehr wissen. Die meiste Zeit lag er schlafend im Bett. Aber wenn wir ein Vaterunser mit ihm gebetet haben, dann geschah etwas Erstaunliches: Da kam auf einmal ein wenig Leben in ihn zurück. Er versuchte, mitzusprechen. Wir sahen, dass er sich erinnert. Seine Lippen haben sich mitbewegt. Diese uralten Worte haben offensichtlich auf ihn gewirkt. Und sein Gesicht entspannte sich. Für einen Moment war alles gut.

Ich kenne viele Menschen, für die mit einem Vaterunser „alles gesagt ist“. Im Vaterunser finden sie sich, ihren Glauben und ihre Sehnsucht nach Leben wieder. Deshalb beten sie es gerne. Und es ist ja auch ein einfaches Gebet, das man immer bei sich haben kann, immer und überall. Für mich ist es aber am schönsten, wenn ich das Vaterunser zusammen mit anderen beten kann.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Ein Schüssel voller Mehl, Wasser, Gewürze, eine Tüte Sauerteig– in der Generation meiner Kinder wird wieder selbst Brot gebacken. Die Hobbybäcker geben Rezepte und Erfahrungen hin und her. Am Abend ist die Mehlmischung noch unauffällig, am anderen Morgen blubbert der gesamte Teig. Welche Sauerteigmischung hilft da am besten und wieviel?

In der Bibel ist mehrfach vom Sauerteig die Rede. So sagt Jesus einmal: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Sea Mehl verbarg, bis das Ganze durchsäuert war.“ (Mt 13,33) Sauerteig wirkt kräftig! Und wie Sauerteig soll die gute Nachricht vom Himmelreich sich ausbreiten und ansteckend wirken. Und in der Tat – ein Sauerteig im Sinne von Jesus tut wirklich not. Dieser Sauerteig heißt Liebe. In Gottes neuer Welt, die auf der Erde anfängt, gilt die Nächstenliebe. Die Menschen sollen sich gegenseitig helfen, Schwache beschützen und Fremde achten. Vor allem aber sollen sie ihre Feinde lieben, dh. als Menschen betrachten. In einem solchen neuen Leben, von dem Jesus spricht, leben die Menschen aus dem Glauben an Gott – und hoffen auf Gott. Es geht um Gottes Macht, nicht um die Macht von Menschen. Und immer wieder geht es in Gottes neuer Welt um Liebe, Liebe, Liebe.

Stattdessen jedoch wird die Stimmung in unserer Gesellschaft immer gereizter und teilweise sehr gehässig. In manchen Bereichen gehen die einfachsten Regeln des Anstands verloren. Christliche Werte – die werden durchaus leider auch von Christen missachtet. Auf einmal werden Menschen wieder eingeteilt in erwünschte und nicht erwünschte. Das ist nicht nur politisch ein Skandal. Für Christen geht eine solche Unterscheidung absolut nicht! Vor Gott sind alle Menschen gleich. Ob mir das passt oder nicht. Jesus Christus war da ganz klar in seinen Worten. Wer diese ablehnt, kann sich nicht mehr Christ nennen. Christen müssten hier vielmehr Sauerteig sein. Für die Liebe, gegen nationalen Egoismus.

Für Christen muss deshalb die Liebe das Bindeglied unter den Menschen sein. Das ist ein Sauerteig. Der wird wirken!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Christsein hat mit Liebe zu tun. Jesus hat viel über die Liebe gesprochen. Eigentlich sprach er über nichts anderes, in vielen Variationen. Von ihm ist das wichtigste Gebot überliefert: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst. (z.B. Lk 10, 25-37) Das ist das ganze Paket! Es geht um die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst. Und zwar gleichwertig. Keine der genannten Liebes-Aufgaben steht über der anderen, keine hinter der anderen. Jesus ist dabei wenig bescheiden: dieses Liebesgebot ist so groß und umfassend; weitere Gebote sind dadurch im Grunde überflüssig. 

Eigentlich ist das ja auch logisch. Wer Gott liebt, kann unmöglich andere Menschen hassen oder verachten oder noch Schlimmeres antun. Denn auch sie sind Kinder Gottes. Wer Gott liebt, sollte aber auch sich selbst liebhaben. Denn: Wenn ich mich selbst nicht leiden kann - wie könnte ich zu anderen gut sein, wenn ich nicht mal mir selbst gut bin? Und wieder weiter: Es wäre ebenso unmöglich, nur sich selbst zu lieben, den Nächsten aber zu vergessen. Da müsste ich mich vor Gott schämen. So hängt für Christen die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu mir selbst eng zusammen, unlösbar ineinandergelegt. Dieses Liebesgebot ist eine ziemlich große Liebes-und Lebensaufgabe. Und es ist ganz wichtig. Das Wichtigste überhaupt. Aber wer kann das schon, immer lieben? Wer kann schon immer alle drei Seiten im Blick haben? Sich selbst, den Mitmenschen und auch Gott?

Weil das so schwer ist, hat dieses dreifache Liebesgebot eine Art Vorwort. Und das geht so: Alles geht immer zuerst von Gott aus! Was ich tue oder versuche, kann ich deswegen tun, weil Gott mich immer schon liebhat. Für mich ist das überhaupt das Schönste!

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