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Anstöße sonn- und feiertags

24MRZ2024
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Noch eine Woche bis Ostern. Mit dem heutigen Palmsonntag beginnt die Karwoche. Unglaublich, was in dieser Woche, den biblischen Berichten zufolge, alles passiert ist. Bis ins Detail ist alles dokumentiert, was Jesus erlebt hat. Wenn ich die Berichte darüber in den Evangelien lese, wirkt es auf mich fast so, als wollten sie herausfinden, an welcher Stelle die Dinge doch noch einen anderen Verlauf hätten nehmen können, einen, der nicht zu seinem schrecklichen Tod am Kreuz geführt hätte.

Und so erlebe ich es auch, wenn ich als Pfarrerin zu einem Todesfall gerufen werde. Die Angehörigen erzählen mir oft in allen Einzelheiten von den letzten Lebenswochen oder -tagen. Wie bei einer Spurensuche: Haben wir etwas übersehen? Worauf hätten wir mehr achten sollen? Wäre der Tod noch einmal zu vermeiden gewesen? Oder hätte er wenigstens leichter sein können? 

Jesus hat wohl sehr klar und deutlich vorausgesehen, was in Jerusalem auf ihn zukommen würde. Immer wieder hat er in Gesprächen Andeutungen gemacht, dass er damit rechnet, sterben zu müssen. Die Jünger, die ihn auf Schritt und Tritt begleitet haben, konnten oder wollten das aber nicht verstehen. Schon gar nicht an diesem fantastischen Palmsonntag. Richtig high waren sie am Abend dieses Tages. Die Ankunft ihrer kleinen Gruppe in der Stadt, Jesus mittendrin auf einem Esel, war zu einem regelrechten Triumphzug geworden. Die Menschen auf den Straßen hatten ihm zugejubelt, einzelne sogar Palmzweige abgerissen und ihm aus Kleidern einen roten Teppich vor die Füße. Er war ihr Held; wie einen König hatten sie ihn begrüßt, mit lauten Hoch-Rufen.

Ich bin froh, dass es diesen Palmsonntag, für Jesus am Ende seines Lebens gegeben hat. Ein Tag wie unter einer warmen, wohligen Segensdusche, voller begeisterter Zuwendung. Ich hoffe, dass die Jubelrufe und die Sympathie, die ihm da entgegengeschlagen sind, ihn noch eine Weile getragen haben, so wie der Esel, das sanftmütige Tier. Ich wünsche mir, dass all das ihm Kraft gegeben hat in den Situationen, in denen er schon bald ganz allein gewesen ist. Ich wünsche uns allen solche Tage, die bis ans Ende tragen. 

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SWR1 Begegnungen

17MRZ2024
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Mateo Weida Copyright: Ludmilla Parsayk

Martina Steinbrecher, evangelische Kirche, trifft: Mateo Weida (39), evangelischer Jugendpfarrer in Stuttgart. Zusammen mit seinem katholischen Kollegen Max Magiera hat er in der Nikolauskirche einen Kreuzweg speziell für Jugendliche aufgebaut. Dort wird man mit dem Leidensweg von Jesus konfrontiert. Und mit sich selbst. 

Bei unserem Treffen in der katholischen Kirche Sankt Nikolaus im Stuttgarter Osten steht Mateo Weida auf einer Leiter und schraubt einen Lautsprecher an ein großes Holzgestell. Der evangelische Jugendpfarrer ist zufrieden: Die Segensdusche funktioniert schon mal.  

Eine Segensdusche war im letzten Jahr die große Attraktion. Da konnte man durchlaufen oder sich drunterstellen und hat dann gute Worte zugesprochen bekommen. Quasi Segensworte. Und diesmal sind das Lobesworte und Worte, die irgendwie zusprechen: Hey, du schaffst das!

Wer auf einem roten Teppich unter dem Holzgestell durchgeht, löst durch einen Bewegungsmelder die Dusche aus: Aus dem Lautsprecher rieseln aufmunternde Worte. So funktioniert die erste von sieben Stationen des ökumenischen Jugendkreuzwegs, den Mateo Weida hier mit seinem katholischen Kollegen Max Magiera aufgebaut hat. Sie knüpft an den Palmsonntag an: Bei seinem Einzug in Jerusalem hat Jesus eine große Menschenmenge lautstark zugejubelt. Ein Gefühl wie unter einer Segensdusche. Für Jesus war es aber auch der Beginn eines Leidensweges, der in den Tod geführt hat.    

Die Beschäftigung mit der Passionsgeschichte zeigt einem das unglaubliche Leid einer Person vor 2000 Jahren, ordnet die so ein bisschen ein und lässt gleichzeitig auch zu, dass es ok ist, in Krisen zu sein, dass es ok ist zu leiden, dass nicht immer alles happy sein muss.

Mateo Weida ist es wichtig, Jugendlichen zu signalisieren: Auch wenn du jung bist und die Gesellschaft es vielleicht von dir erwartet, musst du nicht immer gut drauf sein. Die weiteren Stationen des Kreuzwegs geben deshalb Anregungen für die Auseinandersetzung mit Krisen, mit Grenzüberschreitungen, mit Schuld.  Da hängt zum Beispiel ein gesprungener Spiegel an der Wand über einem Waschbecken. Pilatus fällt mir ein, der nach der Befragung von Jesus seine Hände in Unschuld wäscht. Solche Bibelkenntnisse sind aber nicht erforderlich. Wichtig ist, dass man bereit ist, sich selbst zu begegnen   

An dieser Station geht es um die Selbstreflexion der Jugendlichen, die vor dem Spiegel stehen. Vor dem Waschbecken stehen, sich überlegen, in welchen Situationen bin ich drin? Wo fühle ich mich schuldig? Wo fühle ich mich nicht schuldig? Wie geht es mir damit?

Wann kommt mir ein anderer Mensch zu nahe? Wie sage ich Stopp, wenn ich etwas übergriffig finde? Was könnten einmal meine letzten Worte sein? Der Jugendkreuzweg, meint Mateo Weida, bietet viele Möglichkeiten, sich auf kreative Weise mit solchen Fragen zu beschäftigen. Er greift aber auch gesellschaftspolitische Themen auf:

Momentan ist ja in aller Munde die Frage nach dem Rechtsruck in Deutschland. Und diese Station gibt die Möglichkeit zu sagen, hey, wir stehen dafür ein, dass wir gut miteinander umgehen, dass wir nicht über andere lästern. Gegen welche Worte wollen wir protestieren? Welches Wort des Onkels, das am Essenstisch wieder gesagt wurde, möchte ich eigentlich kommentieren und sagen, hey, das sehe ich anders?

Mateo Weida möchte Jugendliche sprachfähig machen, sich auch zu schweren Themen und in herausfordernden Situationen zu äußern. Eine eigene Lieblingsstation hat er auch.  Dass die vertrauten Konzepte immer mit der Kreuzigung enden, gefällt dem 39-Jährigen nicht. Deshalb geht es beim Jugendkreuzweg in der Nikolauskirche noch eine Station weiter:  

Und dann kommt man in diesen großen Raum, wo in der Mitte dieser Buzzer steht, und kann dahinlaufen. Und wenn man da draufdrückt, dann kann man sich quasi so ein Gefühl von Ostern herbuzzern.  

Was genau passiert, wenn man auf den roten Buzzer drückt, soll nicht verraten werden. Und obwohl Mateo Weida dieses Ostererlebnis so wichtig ist, weiß er auch, dass es oft gar nicht in unserer Macht steht, dass eine Geschichte gut ausgeht.   

Es gibt schwierige Situationen, da möchte man nicht einfach nur „und jetzt ist doch alles happy am Ende“ draufklatschen. Und deswegen wollen wir es den Leuten freistellen, ob sie jetzt gerade da bereit sind, über Neuanfang und Hoffnung zu hören oder ob sie sagen, hey, sie brauchen eigentlich noch ein bisschen Zeit, erstmal diese Krise zu verarbeiten. Und das ist dann auch okay.

Manchmal sind die Erfahrungen, die ein Mensch auf einem Leidensweg macht, am Ende sogar wichtiger als das große Happy End. Mateo Weida wünscht sich, dass die Jugendlichen, die sich beim Jugendkreuzweg mit Jesus identifizieren, am Ende spüren, dass Jesus sich umgekehrt auch mit ihnen identifiziert:

Man geht mit Jesus diesen Leidensweg mit und erlebt dabei, dass Jesus den eigenen Leidensweg und den eigenen Lebensweg eben auch genauso mitgeht und genauso begleitet.

Noch bis zum kommenden Sonntag ist der ökumenische Jugendkreuzweg in der Stuttgarter Nikolauskirche tagsüber geöffnet. Zum Abschluss gibt’s dort ein Konzert:

Wir enden den Jugendkreuzweg mit „MoveDove“. Das ist eine Band, die ganz viel Raumästhetik macht. Die nehmen ihre Synthesizer, machen da ganz viel mit Vocodern und machen aus alten Psalmtexten sphärische Musik, die unwahrscheinlich schön in solche Kirchenräume passt.

Weitere Informationen über Öffnungszeiten und über das Abschlusskonzert finden Sie auf: https://t1p.de/29y4h

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SWR1 3vor8

10MRZ2024
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Viele haben den Weckruf gehört und sind in den letzten Wochen auf die Straße gegangen: auf eine der vielen Demos gegen Rechtsradikalismus und für Demokratie. Einigen ist der Schreck wohl ordentlich in die Glieder gefahren: „Politiker, die unsere Demokratie abschaffen wollen? – So schlimm wird es schon nicht kommen.“ Oder „Mal eine Partei ganz rechts außen wählen – ist ja nicht ernst gemeint, ist nur Protest“.  Tja, von wegen!  Es ist an der Zeit, sich öffentlich zu dem zu bekennen, wofür man steht und wovon man überzeugt ist. Klare Kante zu zeigen und deutlich zu machen, wo jeder Kompromiss aufhört. Viele haben den Weckruf gehört. Er hat auch Menschen auf die Straße getrieben, die nie zuvor auf einer Demo gewesen sind.

Einen Weckruf gehört hat auch Petrus im Predigttext für den heutigen Sonntag. Da kräht frühmorgens ein Hahn, laut und eindringlich, und der Schrei fährt Petrus direkt in die Glieder. Denn noch am Abend zuvor hat er großspurig behauptet, dass er niemals von Jesu Seite weichen und sich immer und überall zu seinen Überzeugungen bekennen würde. Jesus hat darauf nur gesagt: Wart‘s ab, bis die Nacht vorbei ist und morgen früh der Hahn kräht! Du wirst noch an deine eigenen Worte denken. Und genau so ist es gekommen: Statt Farbe zu bekennen und zu dem zu stehen, an den er glaubt, hat Petrus jede Verbindung zu Jesus abgestritten. Aus Angst vor den Gegnern. Wie ein Reflex ist es aus ihm herausgeschossen, gleich dreimal: „Jesus? Nie was von gehört!“ Da hat dieser Hahn gekräht. Und Petrus im Innersten getroffen.  

Und auch wenn er zunächst geweint hat vor Wut über sich selber und aus Scham: Vernichtet hat ihn der Hahnenschrei nicht, sondern aufgerüttelt. Nie wieder hat er sich davor gedrückt, Farbe zu bekennen. Ja, er ist sogar zum Felsen einer jungen Bewegung geworden, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Jesu Namen auf die Straßen der Welt zu gehen und sich für Gerechtigkeit, für Frieden und Freiheit einzusetzen. Inzwischen sitzt der Hahn auf vielen Kirchtürmen. Wie ein Weckruf in Gold. Und drinnen in den Kirchen ist das alte Lied zu hören: „Es gilt ein frei Geständnis in dieser, unsrer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit.“ Gut, wenn der Hahnenschrei uns dazu ermutigt!  

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SWR2 Lied zum Sonntag

03MRZ2024
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Schon in der Bibel findet sich ein Bericht über eine regelrechte Castingshow. Damals wird freilich nicht das nächste Topmodel, sondern der nächste König für Israel gesucht. Auf dem Jurorensessel sitzt der im Umgang mit Führungskräften erfahrene Samuel. Und hinter ihm steht Gott. Die Männer auf dem Laufsteg sehen gut aus, sie haben eine sympathische Ausstrahlung, Samuel findet einen nach dem andern gar nicht so übel. Aber Gott lässt ihn wissen: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an.“

Schaue hindurch, was immer du siehst.

Schaue hindurch mit deinem Herzensauge.

Gott schaut hindurch, sein Blick geht mitten ins Herz. Er lässt sich nicht ablenken von dem, was vor aller Augen liegt. Wer einstimmt in dieses Lied, bittet für sich und für andere um diese göttliche Gabe. Wünscht sich, mehr zu sehen als das, was auf den ersten Blick gefällt, wagt einen tieferen Blick hinter die vielen Fassaden. Und was für das Herzensauge gilt, funktioniert auch mit anderen Sinnesorganen:

Lausche hindurch, was immer du hörst.

Lausche hindurch mit deinem Herzensohr.

Wer durch Äußerliches hindurchschauen und hindurchhören und mehr wahrnehmen möchte als das, was offensichtlich ist, braucht Zeit. Das geht nicht auf die Schnelle. Zeit schenkt dieses Lied. Denn es wird vielfach hintereinander gesungen und dadurch leicht zu einem Herzensohrwurm. Der Komponist Helge Burggrabe bewegt sich in der musikalischen Tradition der Kommunität von Taizé. Durch das wiederholte Singen werden Sehen und Hören neu eingeübt. Was anfangs vielleicht nur als guter Vorsatz im Kopf existiert hat, geht einem so allmählich in Fleisch und Blut über.

Schaue hindurch, was immer du siehst.

Schaue hindurch mit deinem Herzensauge.

Lausche hindurch, was immer du hörst.

Lausche hindurch mit deinem Herzensohr.

Beim biblischen Königscasting hat damals übrigens der unscheinbare David gewonnen. Während Samuel von dessen großen Brüdern angetan war, hat Gottes Herzensauge im Jüngsten das verborgene Potential einer starken Persönlichkeit erkannt. Und dieser andere, dieser göttliche Blick hat Wirkung gezeigt. Bei David und bei vielen anderen. Denn wer mit Herzensaugen angeschaut wird, kann voll entfalten, was in ihm steckt.    

Schaue hindurch, was immer du siehst.

Schaue hindurch mit deinem Herzensauge.

Lausche hindurch, was immer du hörst.

Lausche hindurch mit deinem Herzensohr.

Schließen möchte ich mit einem Wunsch aus dem Epheserbrief. Da steht: Gott gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid und wieviel Kraft in euch steckt.  

 

Quellenangaben:

Musikangaben:

Text: Franz-Xaver Scheidegger

Melodie: Helge Burggrabe

 

Aufnahme:

BR Archiv Nr. C5096050101

Herzensauge, Herzensohr für Chor und Klavier, aus: Hagios. Ein gesungenes Gebet

Ausführende: Christof Frankhauser, Vokalensemble elbcanto

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SWR2 Lied zum Sonntag

18FEB2024
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Manchmal genügt ein einziges Wort. Manchmal sogar ein einziges kleines Wörtchen, um einem Satz die entscheidende Wendung zu geben. Josua Stegmann, der Dichter unseres heutigen Liedes zum Sonntag hat so ein Wörtchen gefunden. Die Tiefen des Lebens haben es ihm wohl zugespielt. Und er stellt es direkt an den Anfang. Es verleiht seinem Lied eine ganz eigene Intensität. Und schon wird aus einer schlichten Bitte ein flehentlicher Seufzer:

Ach bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ,
dass uns hinfort nicht schade des Bösen Feindes List.

Ach bleib mit deinem Segen bei uns, du reicher Herr;
Dein Gnad und dein Vermögen in uns reichlich vermehr.

Das kleine Ach macht dieses Lied für mich so besonders. Sechs Mal eröffnet es jede Strophe und öffnet zugleich Gott das Herz. Ach, wer wollte sich von solchem Bitten nicht erweichen lassen? Nach diesem eindringlichen Auftaktseufzer werden die unverzichtbaren Gaben aufgezählt, die Gott bitte weiterhin reichlich gewähren möge: Seine Gnade, sein Wort, seinen Glanz, seinen Segen, seinen Schutz und seine Treue. Fast wie eine Einladung, noch weitere Strophen dazuzudichten. Es gibt ja so viele begehrenswerte Dinge, die in zwei Silben passen: Ach, bleib mit deiner Liebe, mit deiner Hilfe, mit deiner Sorge bei uns …

Ach bleib mit deinem Segen bei uns, du reicher Herr;
Dein Gnad und dein Vermögen in uns reichlich vermehr.

Ach bleib mit deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott;
Beständigkeit verleihe, hilf uns aus aller Not.

Schön ist auch der Reichtum der Namen, mit denen Gott in diesem Lied angerufen wird: „Herr und Gott, du starker Held, Herr Jesu Christ, du wertes Licht.“ So schöpft jede Strophe auf neue Art und Weise aus der Vielfalt der biblischen Gottesbilder und appelliert dadurch an die unerschöpfliche Fülle, aus der Gott gibt. Johann Scheffler, ein Zeitgenosse unseres Liederdichters, sagt es so: „Gott, weil er groß ist, gibt am liebsten große Gaben.“ Und fügt, ebenfalls mit einem Seufzer, hinzu: „Ach, dass wir Armen nur so kleine Herzen haben.“ Beten und bitten aber können wir, und wenn uns große Worte fehlen, so hilft uns der Heilige Geist selbst „mit unaussprechlichem Seufzen“

Ach bleib mit deinem Schutze bei uns, du starker Held,
dass uns der Feind nicht trutze noch fäll die böse Welt.

Ach bleib mit deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott;
Beständigkeit verleihe, hilf uns aus aller Not.

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Musikangaben:

Text: Josua Stegmann (1627)
Melodie: Melchior Vulpius (1609)
Strophen 1,4+6: M0481203(AMS) Komm, Herr, segne uns. Alte und neue Chorsätze zum Evangelischen Gesangbuch, Christiane Heinke, Maria Philipps, Kantorei der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche Berlin; Helmut Hoeft
Strophe 5: M0042225(AMS) Lobsingt, ihr Völker alle
Torsten Laux, Windsbacher Knabenchor, Karl-Friedrich Beringer

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SWR4 Sonntagsgedanken

04FEB2024
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Beim Kreisel am Ortseingang von Bad Boll steht seit ein paar Wochen ein großes Schild. Bauern aus der Region haben es dort aus Protest aufgestellt. Darauf steht zu lesen: „Sie säen nicht. Sie ernten nicht. Aber sie wissen alles besser.“ Politikerinnen und Politiker dürfen sich angesprochen fühlen. Als Besserwisser. Nach Meinung der Bauern haben die nämlich viele Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen, ohne dabei wirklich einen Einblick ins Tagesgeschäft eines Landwirtes zu haben. „Sie säen nicht. Sie ernten nicht. Aber sie wissen alles besser.“

Dieser Protest-Spruch ist die pfiffige Abwandlung eines Bibelverses aus dem Matthäusevangelium. Da lenkt Jesus den Blick auf die Vögel unter dem Himmel und sagt: „Sie säen nicht, sie ernten nicht. Trotzdem ernährt sie euer Vater im Himmel.“ Kein Vorwurf, sondern eine Bitte um Gelassenheit: Auch wenn du kein Vöglein bist, sondern ein Mensch: Hab Vertrauen! Lass dich nicht von deinen Sorgen auffressen. Glaub mir: Für dich ist gesorgt!

Leicht gesagt. Aber wohl schwer zu hören für Menschen, die Angst haben um ihre berufliche Zukunft. Die sich fragen, woher sie das Geld nehmen sollen für alles, was immer nur teurer wird. Die nicht wissen, wo sie noch eine warme Mahlzeit herkriegen, wenn am Ende des Monats die Vesperkirchen im Land wieder schließen. Wenn der Winter geht, aber die Sorgen bleiben. Wenn der Bauer im Märzen seine Felder instand setzt und aussät und sich fragt, ob das, was er im Spätjahr erntet, seinen Hof noch am Leben halten kann. Im Bibeltext, über den heute in vielen evangelischen Gottesdiensten gepredigt wird, stellt Jesus so einen Bauern in den Mittelpunkt. Und erzählt Folgendes:   

Mit dem Reich Gottes ist es wie bei einem Bauern. Er streut die Körner auf das Land, dann legt er sich schlafen und steht wieder auf –tagaus, tagein. Die Saat geht auf und wächst –aber der Bauer weiß nicht, wie das geschieht. Ganz von selbst bringt die Erde die Frucht hervor. Zuerst den Halm, dann die Ähre und zuletzt den reifen Weizen in der Ähre. Wenn das Getreide reif ist, schickt er sofort die Erntearbeiter los, denn die Erntezeit ist da. (Markus 4, 26-29, Basisbibel)

Ich frage mich, was die Bauern wohl gedacht haben, die zu Jesu Zeiten ihre Felder am Ufer des Sees Genezareth beackert haben. Wahrscheinlich hätten sie doch am Ortsausgang von Nazareth auch ein Schild aufgestellt mit der Aufschrift: „Er sät nicht, er erntet nicht, aber er weiß alles besser!“

Was trotzdem dran sein könnte an Jesu Gedanken und wie sie uns vielleicht zu mehr Gelassenheit in einer aufgeheizten Debatte verhelfen, davon gleich mehr.

In einem Gleichnis hat Jesus einmal behauptet, dass in der Landwirtschaft alles von alleine wächst. Das hört sich schräg an in diesen Wochen, in denen so viele Bäuerinnen und Bauern im Land mehr Wertschätzung für ihre lebenswichtige Arbeit fordern. Jesus verweigert ihnen diese Anerkennung nicht. Aber er stellt sie in einen größeren Zusammenhang, wenn er sagt: „Ganz von selbst bringt die Erde Frucht hervor.“ Das heißt doch: Ganz am Anfang der Nahrungskette steht nicht die landwirtschaftliche Arbeit, sondern die wunderbare Fähigkeit der Erde, Nahrungsmittel hervorzubringen. Nehmt diese Schöpferkraft wieder wahr und staunt darüber, dass die Erde Lebensmittel wachsen lässt. Davon leben wir. Das könnte uns dankbar und gelassen machen. Denn für diese Grünkraft der Erde ist von Gottes Seite her gesorgt. Sie wird auch nicht versiegen. Sie ist der Schöpfung eingeschrieben. Verlasst euch drauf. Bäuerinnen und Bauern dürfen sie in besonderer Weise hegen und pflegen und nutzen. „Sie pflügen und sie streuen den Samen auf das Land. Doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand.“ Das spricht nicht gegen die Arbeit, die auf Feldern und in Ställen tagaus tagein geleistet wird. Es spricht aber alles dafür, den Blick gelegentlich doch auf die Vögel unter dem Himmel zu lenken. Und so einen Raum zu öffnen, der mancher Sorge Flügel verleiht.  

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SWR2 Lied zum Sonntag

21JAN2024
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Wir hören gleich das Lied einer verliebten Seele. Tausend süße Worte findet sie für ihren Angebeteten. Sie hat nur Augen für ihn und seine Schönheit und hört nicht auf zu schwärmen. Als Außenstehende kommt mir das zunächst übertrieben vor. Peinlich berührt bin ich von den blank liegenden Gefühlen. Aber je länger ich dieser Stimme zuhöre, regt sich auch ein bisschen Neid. Diese Innigkeit lässt sich nicht beirren, und sie berührt mich. Die Worte gehen ihr nicht aus, sie fließen beständig aus ihr heraus, kaum kommt sie nach, den Geliebten zu preisen: „Schön und herrlich, groß und ehrlich, reich an Gaben, hoch und sehr prächtig erhaben!“ Und dann die Überraschung: Der geliebte Bräutigam ist kein Geringerer als Jesus. 

Wie schön leuchtet der Morgenstern
voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn,
die süße Wurzel Jesse.
Du Sohn Davids, aus Jakobs Stamm,
mein König und mein Bräutigam,
hast mir mein Herz besessen.
Lieblich,
freundlich,
schön und herrlich,
groß und ehrlich,
reich an Gaben,
hoch und sehr prächtig erhaben.

Der Dichter Philipp Nicolai nennt es „Ein geistlich Brautlied der gläubigen Seele von Jesu Christo, ihrem himmlischen Bräutigam“. Dabei formuliert er kühne Wünsche, projiziert auch erotische Bilder. Das hat dann leider dazu geführt, dass in der Geschichte des Liedes viele Textzeilen geglättet, man könnte auch sagen, verstümmelt wurden. Und selbst in der aktuellen Ausgabe des Evangelischen Gesangbuchs sind nicht alle Strophen in ihrer ursprünglichen Fassung abgedruckt. 

In der vierten Strophe zum Beispiel wird die Bitte laut: „Nimm mich freundlich in dein Arme und erbarme dich in Gnaden.“ Das wirkt ziemlich spröde, wenn man sich den Originaltext herholt. Da fleht die liebende Seele nämlich: „Nimm mich freundlich in dein Arme, dass ich warme werd‘ von Gnaden.“  Wie schade, dass man diese Glaubenswärme ersetzt hat!  

Zum Glück blieb die folgende Strophe aber unverändert. Sie bittet zum Tanz und öffnet endlich auch den Raum für alle, die sich mitnehmen und ja, erhitzen lassen. 

Zwingt die Saiten in Cithara,
und lasst die süße Musica
ganz freudenreich erschallen:
Dass ich möge mit Jesulein,
dem wunderschönen Bräut’gam mein
in steter Liebe wallen.
Singet
Springet
Jubilieret
Triumphieret
dankt dem Herren,
groß ist der König der Ehren. 

Musikangaben: 
Text und Melodie: Philipp Nicolai (1599)

Aufnahme: Singer Pur, aus: Der Singer Pur Adventskalender. 24 Lieder zum Advent

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SWR2 Wort zum Tag

13JAN2024
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Warum gibt es die doppelte Staatsbürgerschaft, aber keine doppelte Religionszugehörigkeit? Diese Frage hat mir einmal ein Vater bei der Anmeldung seines Sohnes zum Konfirmandenunterricht gestellt. Die Mutter, Türkin und im islamischen Glauben beheimatet, war nicht dabei. Zu groß der Schmerz, dass der Sohn sich entschieden hatte. Zur Taufe. Und für das Christentum. Von Geburt an hatten beide Eltern alles dafür getan, ihrem Sohn das Beste aus zwei Kulturen mit auf den Weg zu geben. Das hatte auch gut funktioniert, bis der ins Konfirmandenalter kam und viele seiner Freunde sich zum Konfirmandenunterricht angemeldet haben. Da war für ihn klar: Das wollte er auch. Dazugehören. Und wenn es zum Dazugehören dazugehört, wollte er auch am wöchentlichen Unterricht teilnehmen, sonntags Gottesdienste besuchen, Gemeindepraktika und Freizeiten absolvieren und am Ende mit all seinen Freunden in einem festlichen Gottesdienst konfirmiert werden. Sein Vater, evangelisch getauft und Kirchenmitglied, saß vor mir und befand sich in einer emotionalen Zwickmühle.

Die Möglichkeit einer doppelten Religionszugehörigkeit wäre für die Familie eine Lösung gewesen, mit der alle gut hätten leben können. Sie hätte niemanden ausgeschlossen und eine große Freiheit eröffnet. Aber diese Option gab es nicht. Gibt es bis heute nicht. Inzwischen frage ich mich allerdings, ob sie nicht dazu beitragen könnte, Konflikte zu lösen, die ihren Ursprung in religiöser Abgrenzung haben. Was könnte geschehen, wenn Religionszugehörigkeit nichts Exklusives wäre, das andere ausschließt? Sondern Verständnis und Zugehörigkeit, Toleranz und Akzeptanz fördern würde.  

Ich bin überzeugte Christin. Ich bin es mit Lust und Leidenschaft. Aber ich habe mich nicht nach einem längeren Auswahlprozess dafür entschieden. Ich bin in diese Religion hinein geboren und in einem christlichen Umfeld aufgewachsen, das mich begeistert hat. Wäre ich anderswo zur Welt gekommen, sähe das vielleicht ganz anders aus. Eine doppelte Religionszugehörigkeit könnte Räume öffnen für gegenseitige Toleranz.

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SWR2 Wort zum Tag

12JAN2024
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Eine Szene am Flughafen. Dazu die Stimme des Schauspielers Hugh Grant: „Wenn mich die weltpolitische Lage deprimiert, denke ich immer an die Ankunftshalle im Flughafen Heathrow.“ Warum? In Zeitlupe und Großaufnahme sieht man, wie sich Menschen bei ihrer Ankunft am Airport in die Arme fallen. Wie sie strahlen, aufeinander zulaufen, sich freuen und sich herzen. Und Hugh Grant resümiert: „Es wird allgemein behauptet, wir lebten in einer Welt voller Hass und Habgier. Aber das stimmt nicht.“

So geht der Film „Tatsächlich Liebe“ los. Der ist schon 20 Jahre alt und inzwischen ein richtiger Weihnachtsklassiker. Witzig und anrührend erzählt er von den Irrungen und Wirrungen unterschiedlichster Liebespaare. Auch beim x-ten Mal kann ich noch über viele Szenen lachen und verdrücke auch hie und da ein paar Tränchen. Aber diesmal bin ich bei dieser Anfangsszene hängen geblieben. Und frage mich: Hilft es tatsächlich, der deprimierenden weltpolitischen Großwetterlage eine Handvoll Liebesgeschichten entgegenzusetzen? Und die Welt kommt wieder ins Lot? Das ist doch eine starke Behauptung!

Aber auch die biblische Jahreslosung für das Jahr 2024 lenkt meinen Blick in diese Richtung.  „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!“ Paulus, der diesen Satz geschrieben hat, weiß: Liebe ist ein starkes Mittel. Sie wirkt unmittelbar gegen Hass und Habgier. Sie lindert Schmerzen. Sie heilt Verletzungen. Und Hugh Grant hat recht: wenn mich die weltpolitische Lage wieder einmal deprimiert und mir einreden will, dass ich klein und ohnmächtig bin und gar nichts ausrichten kann, dann schaue ich mal ganz bewusst dahin, wo sich die Liebe zeigt. In der Ankunftshalle im Flughafen. Auf der Entbindungsstation eines Krankenhauses. Beim Nachbarn, der seine kranke Frau zuhause pflegt.   

Glaube, Liebe und Hoffnung hat Paulus als die größten Kräfte ausgemacht, die die Welt zum Guten verändern. Und die Liebe ist die größte unter ihnen. Also nehme ich mir vor: Ganz viel Liebe geschehen zu lassen.   

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SWR2 Wort zum Tag

11JAN2024
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Seit ein paar Tagen steckt Jesus in meiner Handtasche. Genauer gesagt eine kleine Krippenfigur mit dem in Windeln gewickelten Kind. Ich habe sie übersehen, als ich den anderen Weihnachtsschmuck wieder in Kisten verpackt und auf dem Dachboden verstaut habe. Zuerst habe ich mich geärgert. Über mich, weil ich doch jeden Raum gründlich abgesucht hatte. Und dann auch über diesen kleinen Kerl, dem es gelungen ist, meiner Gründlichkeit ein Schnippchen zu schlagen. Grinst er nicht sogar aus seiner Krippe? Als wollte er sagen: Ich lass mich doch nicht einfach abschieben!  

Das würde ja zu ihm passen, denn in der Bibel heißt es, dass Gott sich mit diesem Kind auf das größte Abenteuer seines Lebens eingelassen hat. Am eigenen Leib wollte Gott endlich erfahren, wie sich das anfühlt, eines dieser Geschöpfe zu sein, die er mit großer Liebe am Anfang der Welt geschaffen hat. Das konnte nur klappen, wenn er seine Gottheit an einen himmlischen Nagel hängte und zur Welt kam, geboren wurde von einer Frau, ein Mensch aus Fleisch und Blut. Um all das zu teilen, um alles zu erfahren, was ein Mensch im Lauf eines Lebens mitmacht. Und dann war es so weit: Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh, und lässt sich nicht mehr hinausdrängen aus der Welt.

Du hast es geschafft, sage ich zu dem Krippenkind auf meiner Kommode zuhause. Du kannst bleiben. Ich werde dich mitnehmen und durch mein Leben tragen. Packe dich in meine Handtasche. Und ab und zu werde ich dich herausholen und vor mich hinstellen.

Auf die aufgeschlagene Zeitung am Morgen. Neben das Mikrofon im Studio. Unter die Windschutzscheibe im Auto. Auf den Tisch beim Essen. Und ins Laub beim Spaziergang im Wald. Und ich bin jetzt schon gespannt, was da so alles passiert. Wie du meinen Blick veränderst auf die Welt. Und ob sich die Welt verändert, wenn ich dich überall hin mitnehme. Ein Jahr mit Jesus. Ich freu mich drauf!

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