SWR Kultur Wort zum Tag

15MAI2024
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Woraus besteht die Welt? Gibt es den einen Stoff, der allem zugrunde liegt? Jahrhundertelang haben Menschen angenommen, dass es vier Grundelemente gibt, die nicht weiter teilbar sind: Feuer, Wasser, Erde und Luft. Die schönste Beschreibung dazu liefert Ovid in seinen Metamorphosen: „Vier erzeugende Stoffe enthält das ewige Weltall. Zwei von ihnen sind schwer, und es drängt sie beständig nach unten, weil ihr Gewicht sie belastet: Die beiden sind Erde und Wasser. Ebenso viele entbehren der Schwere; sie streben, weil nichts sie presst, in die Höhe: die Luft und das Feuer, das reiner als Luft ist. Aber obwohl sie räumlich getrennt sind, wird dennoch aus ihnen alles und alles zerfällt in sie.“

Feuer, Wasser, Erde, Luft. Das waren die elementaren Stoffe, die der Mensch zum Leben gebraucht hat. Bis die Wissenschaft im 19. Jahrhundert das Atom entdeckt und die Elemente sich vervielfacht haben.

Mich fasziniert das Denken in diesen alten Kategorien von Feuer, Wasser, Erde und Luft. Ich glaube, dass es uns helfen kann, den Blick wieder mehr auf die großen Kreisläufe in der Natur zu richten: auf die Zusammenhänge, die wir an so vielen Stellen missachtet und zerstört haben. Und im Gespräch mit anderen gehe ich gerne der Frage nach, welchem dieser vier Elemente sich jemand zuordnen würde: Bist du ein bodenständiger Typ, ein Schollenmensch oder eher ein Luftikus? Wofür brennst du und was lässt dich dahinschmelzen? Fängst du leicht Feuer? Oder hast du nah am Wasser gebaut? Was gibt dir Auftrieb, was beflügelt dich?

Als Christin glaube ich, dass Gott es ist, der die Welt im Innersten zusammenhält. Und in der Bibel wird erzählt, dass er sich in allen vier Grundelementen zeigt: Im Feuerschein und in einer Wolkensäule, im Beben der Erde und als lebensspendende Quelle. Ich glaube, dass er mich teilhaben lässt an diesen großen Kräften, mich buchstäblich in meinem Element sein lässt. So wie Jochen Klepper es einmal gesagt hat: „Ohne Gott bin ich ein Fisch am Strand, ohne Gott ein Tropfen in der Glut, ohne Gott bin ich ein Gras im Sand und ein Vogel, dessen Schwinge ruht. Wenn mich Gott bei meinem Namen ruft, bin ich Wasser, Feuer, Erde, Luft.“

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