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SWR3 Worte
Die Schauspielerin Anna Brüggemann hat einen kurzen Draht zu Gott: Ihre Zwillingsschwester! Sie erzählt:
„Viele Menschen glauben an Gott, wenn sie Bach hören, so geht es auch mir.
Und wenn ich mit meiner Zwillingsschwester zusammen bin,
sie besitzt diese liebende Kraft.
Meine Schwester ist seit ihrer Geburt spastisch behindert.
Sie hat eine tiefe und humorvolle Verbindung zur Ewigkeit,
der Lärm der Welt spielt für sie keine Rolle.
Erzähle ich ihr etwas, das mich gestresst hat, lacht sie und ruft ironisch:
„Ach, du Arme“ – und dann ist es weg.
Sie hat eine wahnsinnige Fähigkeit, das Schöne zu sehen, das hat sie mehr als alle anderen.“
Quelle: Chrismon 2/2023, S 42: „Arbeit ist die wärmste Jacke“, Dirk v. Nayhauß
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Warum bin ich Christin? Die Dichterin und Theologin Dorothee Sölle hat die Frage so beantwortet:
„Christ bin ich, wenn ich glaube, dass alles möglich ist.
Blinde lernen sehen,
alte Nazis hören auf zu verdrängen,
Technokraten hören den Machtlosen zu.
Die Lahmen gehen, die Tauben hören, die Armen hören die Nachricht von der Befreiung.
Christ bin ich, weil ich glaube, dass das, was allen versprochen war, möglich ist.“
Aus: Dorothee Sölle, Gesammelte Werke, Bd. 5, S. 297, Kreuz Verlag
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In dem Buch ‚Die Farbe Lila‘ von Alice Walker findet sich eine zeitlos schöne Beschreibung davon, wo Gott zu finden ist. Shug, die Hauptfigur, erzählt:
„an einem Tag, wie ich ganz still dagesessen bin und mich gefühlt hab wie ein Kind ohne Mutter, (…) da kam es mir: so ein Gefühl, dass ich ein Teil von allem bin, nicht abgetrennt.
Ich hab gewusst, wenn ich einen Baum fäll, blutet mein Arm. Ich hab gelacht und geweint und bin im ganzen haus rumgerannt. Ich hab genau gewusst, was Es war. Ja, wirklich, wenn’s passiert, da kannst Du’s nicht verpassen. Es ist so ne Art wie du weißt schon was, sagt sie und reibt ganz oben an meinem Schenkel.
Shug, sag ich.
Ach, Gott mag die ganzen Gefühle. Das is was vom Besten, was Gott gemacht hat. Und wenn du weißt, dass Gott sie mag, dann hast du einen Haufen mehr Spaß dran. Dann kannst du einfach loslassen (…) und Gott damit preisen, dass du magst, was du magst.“
Quelle: Alice Walker, Die Farbe Lila, Rohwolt TB Verlag, 2000
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Über eine Welt, wie sie Gott gefällt, hat die Bloggerin Andrea Kuhla ziemlich bunte Vorstellungen:
„Ich stelle mir vor, wie es wohl wäre, wenn es in dieser Welt ein wenig mehr so zuginge wie in Pippis Villa Kunterbunt:
Wir liefen in viel zu großen Schuhen. Weil wir wüssten: wir wachsen jetzt schon über uns hinaus und irgendwann ganz sicher auch in dieses Leben hinein.
Unsere Arme könnten ein Pferd tragen.
Und unser Herz schweres Los.
Es wäre egal, ob die Socken unserer Kinder zueinander passten und ob sie rosa oder hellblau wären.
Weil Kinder einfach Kinder sind und Menschen einfach Menschen.
Eine Welt, wiedewiedewie sie G*tt gefällt.“
Quelle: www.segenssachen.de
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Was ich mir vornehmen will für’s neue Jahr? Ich nehme mir vor, das alte Jahr hinter mir zu lassen. Und damit auch meinen Ärger über diesen einen Mitarbeiter auf dem Amt, der mich wirklich immer erst einmal eine halbe Stunde warten lässt, bevor ich drankomme. Vielleicht schleppt er selber eine Kränkung mit sich herum.
Ich nehme mir vor, das alte Jahr hinter mir zu lassen. Und damit auch meine Enttäuschung über die Kollegin, die mich dann doch nie auf einen Kaffee eingeladen hat. Womöglich hat sie einen Alltag, der sie ganz schön beansprucht.
Ich nehme mir vor, das alte Jahr hinter mir zu lassen. Und damit auch meine unrealistischen Erwartungen an mich selbst. Ziemlich sicher machen trainierte Bauchmuskeln keinen besseren Menschen aus mir.
Ich nehme mir vor, das alte Jahr hinter mir zu lassen. Und damit auch meinen Pessimismus, wenn ich daran denke, was Schlimmes auf dieser Welt geschieht. Denn ich glaube daran, dass Gott mich braucht. Und Dich.
Wenn etwas anders werden soll, braucht es mich und Dich. Und ich habe eine Idee:
Für den Mitarbeiter – ich nehme mir nächstens was zu lesen mit. Für die Kollegin – ich lade sie einfach selber ein. Für mich selbst - ich lächle meinem Spiegelbild zu. Für die Welt – ich trage meinen Teil bei und übernehme Verantwortung. Das nehme ich mir vor für’s neue Jahr.
SWR3 Gedanken
„Mama, da schau: das ist so – tupf-tupf-tupf“! Das Kind zieht seine Mutter näher zu dem gewaltigen Fenster. Ich nutze eine Umstiegspause, um mir den Kölner Dom anzuschauen. Das bunte Kirchenfenster an der Südseite zieht mich genauso an wie das Kind.
Ich folge den beiden und stelle mich frontal ins Licht dieses gläsernen Kunstwerks. Farben übergießen mich. Blau, rosa, grün, orange, rot, gelb, türkis, lavendel, petrol. Das Fenster leuchtet, die Luft leuchtet – ich leuchte.
Das Kind dreht sich begeistert inmitten der dunklen Dom-Mauern. Auch das Kind leuchtet – beschienen von Tausenden bunter Glasquadraten. Die Welt ist bunt, vielfältig, leuchtend und voller Leben, denke ich.
Mit 11 500 Glasquadraten in 72 Farben hat der Künstler Gerhard Richter ein lebendiges Kunstwerk geschaffen. Je nach Lichteinfall und Tageszeit verändert sich die Atmosphäre in dieser riesigen Kirche.
Bei meinem Besuch scheint draußen die Sonne. Das Fenster wirft ein kräftiges buntes Licht in den Raum. Ich tauche ein in dieses Geheimnis aus Farbe und Licht. Bin heller Tag, in voller Blüte, bin schäumende Welle … mir fehlen die Worte.
„Tupf, tupf, tupf“, wiederholt das Kind, das sich immer noch dreht, „Mama, schau doch!“ Womöglich trifft es das am besten. Wie hingetupft sind wir in die Welt. Auf dass wir mit der Schöpfung um die Wette leuchten. Tupf, tupf, tupf …
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Mein Zug, mit dem ich von Köln nach Freiburg wollte, ist in Offenburg gestrandet. Und da habe ich eine Neuauflage der Geschichte vom Barmherzigen Samariter erlebt! Das ist diese Erzählung von Jesus, in der einer überfallen und halbtot geschlagen wird. Angehörige seiner eigenen Peergroup gehen einfach an ihm vorbei. Gerettet wird er dann von einem, von dem er das nicht erwartet hätte.
Aber jetzt wieder zu mir in Offenburg. Nicht überfallen und auch nicht verwundet, dafür aber echt im Stress, weil ich einen wichtigen Termin in Freiburg hatte. Deshalb habe ich beschlossen zu trampen. Eine ganze Weile stand ich also mit ausgestrecktem Daumen an der wenig aussichtsreichen Innenstadtstraße.
Endlich hat ein Kroate angehalten und mich extra zur Autobahnauffahrt gebracht, obwohl er woanders hinwollte. An der Auffahrt stand ich nur kurz - ein nahöstlich aussehender Taxifahrer hat mich unentgeltlich mitgenommen. Den letzten Teil der Strecke bin ich dann mit einem Russen auf Montage gefahren.
Der Kroate, der Taxifahrer, der Russe – sie haben meinen Tag gerettet. Im Gegensatz zu all den Offenburgern, Freiburgern und anderen deutschen Autofahrer:innen. Die den Augenkontakt mit mir vermieden haben, um gar nicht erst überlegen zu müssen, ob sie mich mitnehmen.
Ach ja, und bevor ich’s vergesse: mit dem Russen habe ich mich auf der Fahrt ziemlich kontrovers unterhalten. Und dann ist er extra für mich einen Umweg gefahren. Damit ich gut nach Hause komme und nicht doch noch überfallen werde.
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Neapel sehen und sterben! Die italienische Stadt am Meer hat schon immer die Menschen begeistert – Mafia hin oder her. Neapel regt die Fantasie an, verleitet zum Bummeln und weckt die Lebenslust. Sterben ist für später.
Besonders erlebenswert ist die Kultur des Caffè sospeso! Das bedeutet: ich bezahle zwei Kaffees, aber ich trinke nur einen. Und mit dem bezahlten Bon verhelfe ich einem anderen Gast ganz anonym zu einer Tasse Kaffee!
Etliche Cafés und Bars in Neapel ermöglichen diese Art der Solidarität. Denn eine Tasse Kaffee in einer Bar zu trinken ist in Italien eine Art dazu zu gehören. Und der Cafe sospeso sagt: Alle sollen diese Möglichkeit bekommen. Und zwar ohne sich deswegen zu erniedrigen. Deshalb sind die Bons der bezahlten, aber nicht getrunkenen Kaffees auch ganz einfach zu erhalten. Sogar ich als Touristin mit Reisekasse erhalte so einen Gratis-Bon! Einfach so. Als menschenfreundliche Geste.
Da stehe ich also mit der kleinen Tasse in der Hand. Zwischen all den anderen, die an diesem Morgen in dieser Bar kurz innehalten. Verschnaufen, schwätzen, Zeitung lesen, Mensch sind. Der Kaffee ist schwarz, heiß und süß. Perfekt!
Vor Gott und in Neapels Bars sind alle Menschen gleich, denke ich. Und bestelle gleich noch eine Tasse – als caffè sospeso. Neapel sehen und leben! Für alle!
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Ich würde wahnsinnig gerne mit Bäumen sprechen können. Mich faszinieren die hohen Tannen in unserem Stadtwald. Manche sind so hoch gewachsen, dass ich ihre Spitze kaum sehen kann. Und ich liebe die verkrümmten, schief gewachsenen Eichen, die gegen Wind und Wetter gekämpft haben. Die meisten standen schon hier, als Freiburg noch zu Vorderösterreich gehörte.
Ich würde so gerne hören, was diese Bäume zu erzählen haben! Von den vielen kalten Wintern, die sie erlebt haben und überlebt. Von den vielen Menschen, die an ihnen vorbei gelaufen sind – lachend, streitend, verzweifelt, voller Hoffnung. Von den vielen heißen Sommern, in denen sie nur wenig Rinde zulegen konnten. Von den vielen Tieren, die sich bei ihnen versteckt und an ihnen geknabbert haben. Von den Zeitläuften mit ihren menschlichen Revolutionen, Kriegen und Friedenszeiten. Von dem, was es heißt, durchzuhalten, zu überleben. Nach einem kalten Winter wieder auszutreiben. Einer Vogelfamilie Raum geben. Menschen einen Schattenplatz zu bieten. Immer wieder neu.
Manchmal bleibe ich eine Weile an so einem uralten Baum stehen. Ich höre zu, wie der Wind die Zweige bewegt. Vielleicht spricht der Baum ja doch? Wenn ich mich sehr anstrenge, kann ich’s hören:
„Wer Gott vertraut, ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und seine Blätter verwelken nicht!“
OK, das ist eigentlich ein Satz aus einem Psalm, aber vielleicht konnte der Psalmschreiber ja auch mit Bäumen sprechen …
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Weihnachtskarten! Wie schön, dass es immer noch Leute gibt, die Karten zu Weihnachten mit der Post verschicken! Ich stelle sie bei mir Zuhause auf einer Fensterbank auf – nach Farben geordnet. Auf den Bildern: geschmückte Tannenbäume, Sterne, verschneite Landschaften, Krippenszenen.
Und dann mittendrin dieses Jahr der Weihnachtsgruß von Georg: eine gelbe Seite mit zwei Fotos. Echte Bilder, auf denen ich sehe, wie in unseren Tagen ein Kind zur Welt kommt. Auf dem einen Foto ist der Unterleib einer Frau zu sehen. Und Schweiß und Blut und ein wenig Flaumhaar von dem Kopf des Kindes zwischen ihren Beinen – die Kamera hat in dem Bruchteil ihrer Belichtungszeit diesen intensiven Moment festgehalten.
Sofort erinnere ich mich an die Geburten meiner Kinder. An die Schmerzen, an den Kontrollverlust über den eigenen Körper. Und dass ich damals gespürt habe, wie nah Tod und Leben beieinander liegen.
Auf dem zweiten Foto ist das Kind dann geboren. Die Hebamme hält es lachend an den Füßen. Es ist glitschig wie ein Fisch und doch bis in die kleinen Fingerspitzen ein echter Mensch. Ich finde es gut, dass Georg keine harmlosen Winterlandschaften verschickt hat, sondern diese Fotos. Er erinnert damit daran, dass Weihnachten ein Geburts-Fest ist.
Ein Fest, bei dem auch anklingt wie nah der Tod und wie unendlich kostbar das Leben ist. Jedes Leben! In der Ukraine, in Russland, in Iran, in Syrien, in China, in Eritrea, bei uns … Jedes Leben ist kostbar. Auch das bedeutet Weihnachten.
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