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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

20MRZ2024
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Ich wundere mich oft über Menschen, die viel wissen. Oder die meinen, viel zu wissen. Ist es nicht so, dass diejenigen, die wichtige Entscheidungen treffen müssen, den Eindruck machen, als wüssten sie genau, wohin es geht? Menschen, die zu jedem und zu allem was zu sagen haben. Mich nervt so etwas! Denn wie oft werden starke Meinungen später als Irrtümer entlarvt.

Dahinter steht das Bild vom starken männlichen Anführer, der genau weiß, was Sache ist. Leider ist unsere Öffentlichkeit voll von solchen Personen. Zum Bild vom starken Anführer gehört eine bestimmte Vorstellung von Kraft und Stärke: Nur wer sich rücksichtslos durchsetzt, wer laut ist, wer andere übertrumpfen kann und wer sich ja keine Blöße gibt, der ist ein Anführer. Für mich sind Donald Trump oder Putin die perfekten Karikaturen dieses Bildes.

Sicher, natürlich ist es richtig: um wichtige Anliegen zu vertreten, braucht es Durchsetzungskraft, keine Frage. Aber was wäre, wenn wirkliche menschliche Stärke etwas völlig Anderes bedeutet. Zum Beispiel, dass ich zugebe, viele Schwächen zu haben. Oder: wenn ich mir eingestehe, dass ich nicht auf alles eine Antwort habe. Oder dass ich nicht alles selbstverständlich nehme und es mir nicht nehmen lasse, über das Wunder des Lebens zu staunen.

Ich glaube, dass Menschen mit solchen Stärken unsere Welt zu einem besseren Ort machen können. Denn nur, wenn ich meine eigenen Grenzen kenne, kann ich auch die Grenzen von anderen anerkennen. Wenn ich weiter darauf beharre, immer recht zu haben, wird das auch der andere tun. Und dann werde ich es wieder tun, und so weiter und so weiter…

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

19MRZ2024
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Meine Lieblingsstadt ist Lissabon, die Hauptstadt von Portugal. Neben verwinkelten Gässchen gibt es dort einen Stadtteil mit geraden Straßen und gleichmäßig aussehenden Häusern. Er passt nicht ganz ins Bild der Stadt.

Am 1. November 1755 zerstörte ein Erdbeben fast die komplette Innenstadt von Lissabon. Zwischen 30.000 und 100.000 Menschen starben damals. Der modern wirkende Stadtteil von Lissabon ist das wiedererrichtete Lissabon nach dem Beben.

Anfang Februar des letzten Jahres erschütterte ein schweres Erdbeben Nordsyrien und den Südosten der Türkei. Zehntausende Menschen kamen ums Leben. Die tägliche Nachrichtenflut hat dieses Ereignis schon fast wieder vergessen gemacht. Das Leid der Menschen ist aber immer noch sehr groß. Es fehlt an allem: Strom, Wasser, Nahrung und warmen Unterkünften.

Damals in Lissabon, vor fast 270 Jahren, löste das Erdbeben heftige Debatten unter den Gelehrten aus: wie konnte Gott so etwas zulassen? Die Frage bleibt aktuell – bis heute. Für mich als Christen ist diese Frage eine der wichtigsten überhaupt. Auch wenn es keine zufriedenstellende Antwort darauf gibt.  

Der Theologe Romano Guardini hat einmal gesagt: Wenn ich tot bin, dann möchte ich mich nicht nur von Gott befragen lassen. Dann möchte auch ich ihn fragen, warum es so viel Leid in seiner Schöpfung gibt. Und dann erwarte ich eine Antwort.

Ich finde diesen Gedanken entlastend. In der Bibel ist die Anklage Gottes sogar eine Form des Gebets, zum Beispiel in den Psalmen. Die Empörung über Gott macht das Leid zwar nicht kleiner.

Sie hilft mir aber, nicht mehr ganz so ohnmächtig zu sein, auch wenn es letztlich keine Antwort gibt.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

18MRZ2024
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Ob Verspätungen, Zugausfälle, Weichenstörungen oder Streiks – alle, die mit der Bahn unterwegs sind, können ein Lied auf die Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn singen. Mein Adrenalinspiegel steigt jedenfalls ungewöhnlich schnell an, wenn ich mal wieder im Zug sitze – und nichts geht vorwärts. Noch schlimmer als die regelmäßige Unzuverlässigkeit, ist für mich, dass man keine Durchsage im Zug macht. Man sitzt im Zug – keine Information, nichts passiert.

So nervig und dringend verbesserungswürdig der Zustand der Bahn auch ist. Ungewollt trägt sie zur Verbesserung der sozialen Stimmung in unserem Land bei. Das ergab neulich eine Studie. Wie das? Ganz einfach: noch beliebter als über das Wetter, ist es, über die Deutsche Bahn zu sprechen – bzw. zu lästern. Besonders dann, wenn sich Menschen zum ersten Mal treffen, ist das Thema Bahn ein sehr gutes Small-Talk-Thema.

Das Entscheidende dabei: Das Thema verbindet uns Menschen in Deutschland über die politischen Grenzen hinweg. Die Deutsche Bahn als Schmiermittel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das heißt natürlich nicht, dass es so bleiben sollte mit der Unzuverlässigkeit der Bahn.

Es zeigt mir aber, wie wenig es manchmal braucht, um Menschen zusammenzubringen. Ein gemeinsames Thema genügt und schon findet eine Begegnung statt, bei der man sich nicht sofort in Freund-Feind-Schemen verheddert. Den Kitt solch kleiner Themen haben wir heute dringend nötig, wo es immer schwieriger wird, Menschen unterschiedlicher Ansichten zusammenzubringen. Ich denke, wir sollten viel mehr Ausschau halten nach solchen kleinen Kitt-Mitteln, denn ohne sie, haben wir uns vielleicht irgendwann nichts mehr zu sagen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

27DEZ2023
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Mein Nachbar erzählte mir kürzlich, dass seine Tochter an einem 24.12. geboren wurde. In den ersten Jahren ihres Lebens hat sie sich immer sehr über diesen besonderen Geburtstag gefreut. Denn für sie war klar: die ganze Welt feierte an ihrem Geburtstag ein Fest. Ganz besonders freute sie sich darüber, dass die letzten 24 Tage vor ihrem Geburtstag immer mit einem Geschenkekalender heruntergezählt wurden. Irgendwann merkte sie jedoch, dass die Welt nicht ihren, sondern Jesu Geburtstag feierte. „Alles nur wegen diesem doofen Jesus!“, sagte sie einmal.

Ich finde diese Geschichte rührend, weil mir die kindliche Ehrlichkeit gut gefällt. Ich wünschte mir manchmal, dass wir Erwachsenen auch so offen sein könnten. Ich zum Beispiel finde die Advents- und Weihnachtszeit wunderschön. Manchmal geht sie mir aber auch auf die Nerven.

Wunderschön finde ich die Gerüche, die Lichter, die besinnliche Stimmung und die Auszeit von der Arbeit zwischen den Jahren. Aber so richtig kann ich meine Freude nicht zum Ausdruck bringen. Nicht, dass noch jemand merkt, dass ich mich über so einfache Dinge freuen kann. Vieles nervt mich aber auch tierisch: der Druck, die passenden Geschenke zu finden, oder die immer gleichen Lieder in der Kirche und mancher Stress rund ums Familienfest.

Wie gerne würde ich da mal laut und deutlich sagen: „Alles nur wegen diesem doofen Weihnachtsfest!“ So viel Ehrlichkeit könnte manchmal echt entlasten. Aber die Offenheit und den Mut dazu habe ich nicht. Warum eigentlich nicht? Jesus hat selbst mal gesagt: werdet wie die Kinder. Das heißt für mich: seid vor allem ehrlich zu euch selbst, freut euch über die kleinen Dinge, macht euch nichts vor und lasst euch nicht stressen. Denn Gott kommt zu jedem von uns, ganz unabhängig von allem Schönen und Nervigen, das es gibt in der Weihnachtszeit.

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Anstöße sonn- und feiertags

26DEZ2023
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Der Stall in Bethlehem gehört für mich zur Grundausstattung von Weihnachten. Vor meinem inneren Auge sehe ich das Christkind in der Mitte zwischen Maria und Josef. Im Hintergrund stehen Ochs und Esel. Vielleicht in der näheren Umgebung noch ein paar Hirten.

Weihnachten und der Stall – diese Kombination finde ich schon immer seltsam. Hier das rauschende Fest des Friedens, dort ein armseliger Stall. Mit einem Fest des Friedens – damit kann ich etwas anfragen. Aber mit einem Stall? Was hat ein Viehstall mit meinem Leben und mit dem Frieden zu tun?

Als ich darüber nachdenke, stoße ich auf einen faszinierenden Gedanken:

Gott hat jeden Menschen als liebevollen und friedfertigen Menschen geschaffen, also auch mich. Im Lauf meines Lebens sammle ich aber ziemlich viele Dinge an, die alles andere als friedfertig und liebevoll sind. Ich kann mich zu einem Menschen entwickeln, der manchmal neidisch, arrogant, gierig, oder sogar gewaltbereit ist. Das alles sind Dinge, die mich von Gott wegführen und unglücklich machen. Und genau diese unschönen Dinge in mir – dass ist mein armseliger innerer Stall.

Der Stall in mir kann sogar ein ganz schöner Saustall sein. Als Bild für das, was mich ungenießbar macht und was die Menschen um mich herum nicht an mir mögen. Weihnachten sagt mir nun: Gott will auch in meinem ganz persönlichen Stall zur Welt kommen. Für mich ist das ein wunderbarer Gedanke.

Wenn ich ihn hineinlasse kann ich lernen, mit meinem ungeliebten Stall Frieden zu schließen.   Dadurch, dass ich weniger gierig bin. Dass ich nicht auf andere Menschen herabschaue. Dass ich teile, statt alles für mich haben zu wollen. Dass ich mich entschuldige, wenn ich etwas Verletzendes gesagt habe. Und: Dass ich mir selbst vergebe für den armseligen Stall in mir.

Meinen Mitmenschen wird das guttun, und mir auch. Und so ergibt die Kombination aus Stall und dem Fest des Friedens für mich plötzlich einen Sinn. Der Friede beginnt in mir selbst, wenn ich Gott in meinen inneren Stall hineinlasse.

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Anstöße sonn- und feiertags

25DEZ2023
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An Weihnachten feiern Christen, dass Gott in Jesus von Nazareth Mensch geworden ist. Aber was heißt das eigentlich? Oder anders gefragt: was bedeutet das jetzt für mich? Auch ich stelle mir mindestens einmal im Jahr diese Frage.

Mir hilft die Vorstellung, dass Jesus ja am Anfang ziemlich klein war, also ein Baby. Gott ist also zuerst ein Baby gewesen. Und Babys sind hilfsbedürftig und können ohne viel Zuwendung und Liebe kein eigenes Leben führen.

Das Bild vom hilfsbedürftigen Baby macht mir deutlich, wie sich Gott mir anbietet. Er kommt nicht in einer Donnerwolke und spricht mich mit ohrenbetäubender Stimme an. Es kommt auch nicht zu einem gigantischen Wunder, was mich vor lauter Staunen an Gott glauben lässt. Nein, der liebe Gott kommt als Baby in die Welt. Er will, dass ich ihn so zärtlich und liebevoll entdecke, wie ich ein Baby annehme, damit es erwachsen werden kann.  - Du brauchst keine Angst zu haben vor mir, du kannst mich einfach annehmen und lieben, wie Menschen ihre Kinder annehmen und lieben. - Das heißt aber auch, dass Gott mich nie gewaltsam überzeugen will.

Ich finde, dass Gott zum Baby geworden ist, ist ein ziemlich kluger Schachzug von ihm. Er bietet sich mir als Baby, als süßer kleiner Knopf an, dem ich kaum widerstehen kann. Das Gottesbaby braucht meine Wärme, Zuwendung und Zärtlichkeit. Ich muss es annehmen, pflegen und behüten. Ohne mich würde das Baby verkümmern. Wenn ich den lieben Gott so annehme wie ein Baby, dann kann er wachsen – in mir und in anderen. Das heißt für mich Weihnachten.

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Anstöße sonn- und feiertags

24DEZ2023
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Als Kind durfte ich mir vor Weihnachten immer einen Wunschzettel schreiben. Ich habe ihn danach zusammengefaltet auf das Balkonbrett unter einen Blumentopf gelegt. Die Aufregung, die ich dabei spürte, kann ich sogar jetzt noch fühlen. Vor allem, wenn ich morgens dann zum Balkon geeilt bin, um nachzusehen, ob das Christkind den Wunschzettel abgeholt hat. Wenn ja, war mein ganzer Tag wie verzaubert. Etwas Wunderhaftes hatte sich für mich ereignet, das Christkind war gekommen. Zu mir! Dass es am Ende nie alle Wünsche erfüllt hat, war für mich kein Problem. Denn wie sollte das möglich sein - bei so vielen Kindern, dachte ich mir.

Später wurde mir klar, dass meine Eltern hinter der Sache steckten. Irgendwie hat das den Zauber aber nicht zerstören können. Er funktioniert sogar jetzt noch, obwohl ich längst erwachsen bin.

Heute als Familienvater frage ich mich trotzdem, ob ich die Geschichte vom Christkind, das den Wunschzettel abholt, noch erzählen kann. Immerhin ist es eine kleine Flunkergeschichte. Natürlich meine ich nicht, dass das Christkind eine Lüge ist, ganz im Gegenteil. Aber die Sache, dass es den Wunschzettel persönlich abholt, das schon! Und ich möchte eigentlich keine Flunkergeschichten erzählen.

Aber dann denke ich mir: was wäre unsere Welt eigentlich ohne solche wunderbaren Flunkergeschichten? Denn solche Geschichten machen es mir warm ums Herz.

Und meine Gefühle haben großen Einfluss darauf, wie ich die Welt sehe und wahrnehme. Wenn ich fröhlich bin, ist die ganze Welt irgendwie auch ein bisschen fröhlicher. Wenn ich traurig bin, ist auch die Welt trauriger. Die kleine wunderbare Flunkergeschichte vom Christkind sagt mir: die Welt ist nicht nur nüchtern und kalt, sie ist auch warm, wunderbar und zauberhaft. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Zauber dieser Geschichte meine Welt hat wärmer werden lassen. Deshalb werde ich auch als Familienvater diese wunderbare Flunkergeschichte erzählen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

23SEP2023
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Die Stimmung könnte besser sein. Glaubt man den Umfragen, dann war der Optimismus lange nicht mehr so gedämpft wie heute. Viele Menschen sind der Überzeugung, dass es in Zukunft eher bergab als bergauf geht. Sie fürchten sich nicht nur vor den Folgen des Klimawandels. Sie sehen insbesondere, dass das politische Klima sich auflädt und dass Wohlstand und Sicherheit nicht selbstverständlich sind. Ich kann gut nachvollziehen, welche Unsicherheiten und Ängste viele Menschen umtreiben. Mich und meine Familie betreffen sie genauso. Was mir am meisten Sorgen macht, ist die Meinung, dass wir keine gute Zukunft haben werden. Das ist fatal. Denn wir brauchen ein Bild von einer lebenswerten Zukunft. Wenn uns die Hoffnung fehlt, dann lohnt es auch nicht mehr, sich heute für eine bessere Zukunft einzubringen. Das Ergebnis: Rückzug ins Private, in den kleinen Kreis, in dem ich geschützt und sicher bin. Auch ich kenne das.

Auch mein christlicher Glaube hilft mir da zunächst nicht. Er sagt mir nicht, wie ich mich in welcher Situation am besten zu entscheiden habe. Es sagt mir auch nicht, dass es in Zukunft besser werden wird. Eines aber sagt er mir: Als Christ bin ich dazu berufen, in der Welt, so wie sie eben ist, Gott zu bezeugen. In der Bibel steht der unglaubliche Satz, dass Gott die Menschen als seine Ebenbilder geschaffen hat. Dieser Gott ist der Freund der Menschen; er will, dass das Leben jedes einzelnen Menschen gelingt und daran hat jeder von uns einen Anteil. Trotz der negativen Stimmung traut Gott mir zu, etwas bewirken zu können und sei es auch noch so wenig. Das ist für mich nicht nur belastend, es ist befreiend. Weil Gott mir etwas zutraut, liegt die Zukunft auch ein winziges Stück in meiner Hand. Die negative Stimmung hat nicht das letzte Wort, dafür können wir sorgen, auch ich. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

22SEP2023
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Vor einer Woche war es endlich so weit. Mein Lieblingschor trat in der Nähe von Frankfurt auf. Englische Chormusik vom Feinsten! Alle Bänke waren bis auf den letzten Platz belegt. Um es vorwegzunehmen: es war fantastisch, es war außergewöhnlich – Gesang wie von einem anderen Stern.

Vor allem ein Lied hat es mir angetan. Es heißt: Let my love be heard – frei übersetzt mit: macht meine Liebe hörbar! Die entscheidende Liedzeile heißt: „Und wenn der Kummer noch einmal in den Himmel steigt, macht meine Liebe hörbar.“ Als die letzten Klänge dieses ruhigen und starken Liedes im Raum des Kirchengebäudes verhallt sind, dauerte es eine ganze Weile bis jemand anfängt zu applaudieren. Alle hielten inne. Diese Stille nach dem Ende war magisch.

Mich lässt dieses Lied seitdem nicht mehr los. Es bringt für mich in einfachen Worten zum Ausdruck, wofür die Kirche eigentlich da ist: „Macht meine Liebe hörbar“. Das schreibt der liebe Gott der Kirche ins Gewissen! Und dazu bin auch ich als Christ berufen, das ist mein Auftrag. Wo die Liebe hörbar wird, da sollten Menschen freier, glücklicher werden – da sollte es gerecht zugehen. Die Bibel nennt es das Leben in Fülle. Es geht um Begegnung auf Augenhöhe, Wertschätzung jeden Lebens, Zuspruch in schwierigen Zeiten und faire Strukturen. Dass vor allem die Kirche ständig daran scheitert, ändert nichts an dem Auftrag, den sie hat. Und allen negativen Schlagzeilen zum Trotz: es gibt im Raum der Kirche auch immer noch großartiges Engagement, Selbstlosigkeit und wirklichen Einsatz für eine bessere Welt.

Ich glaube, dass die Menschheit und vor allem die Kirche immer daran scheitern muss, das Leben in Fülle für alle zu verwirklichen. Ich glaube aber auch, dass es im Leben nichts Besseres geben kann, als dieser Liebe Gottes Gehör zu verschaffen. Es immer wieder zu versuchen - im Großen wie im Kleinen. „Macht meine Liebe hörbar.“

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21SEP2023
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Nach der heftigen Trockenperiode in diesem Jahr hat es fast drei Wochen lang geregnet. Es war toll zu sehen, wie sich die Natur vom Stress der wasserlosen Monate erholen konnte. Alles grünte und sprießte wieder. Solche Wetterbedingungen sind wie geschaffen für das Wachstum von Pilzen. Für Pilzesucher wie ich einer bin, heißt das: ab in den Wald! Ich liebe es, stundenlang durch die Wälder zu streifen und mich überraschen zu lassen.

In diesem Jahr bin ich zum ersten Mal mit meinem fünfjährigen Sohn unterwegs gewesen, um Steinpilze zu suchen. Er mag Pilze zwar überhaupt nicht, wenn sie auf dem Teller landen. Aber das Pilzesuchen – das macht ihm riesigen Spaß.

Mehrere Stunden streifen wir durch die Wälder und finden: nichts. Die Zuversicht schwindet von Waldstück zu Waldstück. Das wird heute nichts mehr, wir müssen uns damit abfinden, das gehört auch zum Pilzesuchen. Ich bin deprimiert und will wieder zurück zum Auto. Doch mein Sohn hält mich hartnäckig zurück. Immer noch hochmotiviert will er noch ein letztes Mal ein kleines Stück rechts vom Wegesrand nachsehen. Ihm zuliebe stapfe ich ihm nach. Wie aus dem Nichts taucht plötzlich ein von Pfifferlingen übersäter Waldboden vor unseren Füßen auf. Ich bin sprachlos! Fast Betäubt vor Freude, beginnen wir vorsichtig, einige der kleinen Delikatessen zu pflücken.

Auf der Rückfahrt können wir nicht aufhören, uns über diesen schönen Ausgang unserer Pilz-Tour zu freuen. Am meisten freut sich mein Sohn aber darüber, dass er nicht aufgegeben hat, obwohl sein Papa mit der Hoffnung schon am Ende war. Und dass er es geschafft hat, mich zum Weitersuchen zu bewegen. Für mich war das am Ende die größte Freude: dass mein Sohn sich darüber freuen konnte, dass er die Hoffnung nicht aufgegeben hat. Unsere kleine Pilztour ist mir so zu einer unerwarteten Lektion fürs Leben geworden: Nicht die Hoffnung verlieren und Durchhalten, auch wenn die Zeichen schlecht stehen!

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