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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

01FEB2025
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1. Februar. Sind Sie schon voll drin oder ist das Jahr 2025 immer noch neu für Sie?

Für viele sind Weihnachten und Silvester die wichtigsten Einschnitte des Jahres. Macht ja auch irgendwie Sinn. Für andere sind es eher besondere Ereignisse. Geburtstage, Ferien, Urlaube.

Wieder andere denken und planen von Tag zu Tag oder von Wochenende zu Wochenende. Wie wir unsere Zeit einteilen und wie wir Zeitabschnitte wahrnehmen, das hängt von vielem ab: von der Lebenssituation, vom Zeitempfinden usw.

Für mich ist der Februar noch der Anfang des Jahres. Ich denke tatsächlich stark in Jahreszyklen, unterbrochen von Geburtstagen meiner Lieben, Urlauben und dem Kirchenjahr.

Das Kirchenjahr beginnt immer am ersten Advent – ist also schon einen Monat älter.  Der Februar ist innerhalb des Kirchenjahres eine Übergangszeit von den Festtagen und Festzeiten rund um die Geburt Jesu hin zur Passion, der Zeit, in der wir uns an den Leidensweg Jesu und dann mit Karfreitag und Ostern an die  Kreuzigung und Auferstehung Jesu erinnern.

Andere rechnen eher in Karnevalsphasen – jetzt sind wir in der närrischen Zeit – und das schon seit dem 11. November und bald, am Aschermittwoch, ist alles vorbei.

Worauf ich hinaus will: Zeit ist relativ. Ich finde diesen Gedanken immer wieder hilfreich. Nicht nur, aber auch, wenn ich an den Tod denke. Dieser Gedanke ist für mich verbunden mit der großen Ewigkeit Gottes. Der Satz: „1000 Jahre sind vor Gott wie ein Tag“, ist dann eine weitere Perspektive auf die Zeit und ja - mir gibt es Hoffnung. Dass alles, was ist, und auch, was mit unserer Zeit vergeht – in Gottes Ewigkeit – in seiner Zeit geborgen ist.

Meine Vergänglichkeit und die kurze Zeit, die ich mit meinen Lieben hier auf Erden leben darf, schmerzt mich.  Aber das ist nicht alles.

Da gibt es eben noch die Zeit Gottes. Die Zeit, in der wir mit Gott sein werden, zusammen und in Ewigkeit. Nicht als Floskel, als vertröstende Ausrede, um unsere begrenzte Zeit nicht wahrhaben zu wollen, sondern als tief empfundener Glaube an die Ewigkeit. In Gemeinschaft. Mit Gott und den Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41485
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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

01FEB2025
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1. Februar. Sind Sie schon voll drin oder ist das Jahr 2025 immer noch neu für Sie?

Für viele sind Weihnachten und Silvester die wichtigsten Einschnitte des Jahres. Macht ja auch irgendwie Sinn. Für andere sind es eher besondere Ereignisse. Geburtstage, Ferien, Urlaube.

Wieder andere denken und planen von Tag zu Tag oder von Wochenende zu Wochenende. Wie wir unsere Zeit einteilen und wie wir Zeitabschnitte wahrnehmen, das hängt von vielem ab: von der Lebenssituation, vom Zeitempfinden usw.

Für mich ist der Februar noch der Anfang des Jahres. Ich denke tatsächlich stark in Jahreszyklen, unterbrochen von Geburtstagen meiner Lieben, Urlauben und dem Kirchenjahr.

Das Kirchenjahr beginnt immer am ersten Advent – ist also schon einen Monat älter.  Der Februar ist innerhalb des Kirchenjahres eine Übergangszeit von den Festtagen und Festzeiten rund um die Geburt Jesu hin zur Passion, der Zeit, in der wir uns an den Leidensweg Jesu und dann mit Karfreitag und Ostern an die  Kreuzigung und Auferstehung Jesu erinnern.

Andere rechnen eher in Karnevalsphasen – jetzt sind wir in der närrischen Zeit – und das schon seit dem 11. November und bald, am Aschermittwoch, ist alles vorbei.

Worauf ich hinaus will: Zeit ist relativ. Ich finde diesen Gedanken immer wieder hilfreich. Nicht nur, aber auch, wenn ich an den Tod denke. Dieser Gedanke ist für mich verbunden mit der großen Ewigkeit Gottes. Der Satz: „1000 Jahre sind vor Gott wie ein Tag“, ist dann eine weitere Perspektive auf die Zeit und ja - mir gibt es Hoffnung. Dass alles, was ist, und auch, was mit unserer Zeit vergeht – in Gottes Ewigkeit – in seiner Zeit geborgen ist.

Meine Vergänglichkeit und die kurze Zeit, die ich mit meinen Lieben hier auf Erden leben darf, schmerzt mich.  Aber das ist nicht alles.

Da gibt es eben noch die Zeit Gottes. Die Zeit, in der wir mit Gott sein werden, zusammen und in Ewigkeit. Nicht als Floskel, als vertröstende Ausrede, um unsere begrenzte Zeit nicht wahrhaben zu wollen, sondern als tief empfundener Glaube an die Ewigkeit. In Gemeinschaft. Mit Gott und den Menschen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

30JAN2025
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Ideen lassen sich nicht töten. So wie die Gedanken frei sind, so lassen sich Ideen nicht einfach töten, einsperren oder vergessen machen! Zum Glück.

Heute vor 76 Jahre wurde Mahatma Gandhi getötet. Der Mensch, der sein Leben lang für Gewaltfreiheit eingetreten war.

Sieht es zunächst wie ein Sieg der gnadenlosen, sinnlosen Gewalt aus - der Verfechter der Gewaltfreiheit wird durch brachiale Gewalt getötet – wird doch schließlich klar: Es war kein endgültiger Sieg. An jedem Tag, in jeder Stunde nehmen sich Menschen auf der ganzen Welt Gandhi als Vorbild. Sie orientieren sich an ihm, folgen seinem Weg der Gewaltlosigkeit, anstatt in der Gewaltspirale zu versinken.

Gandhi wurde erschossen, aber seine Einstellung, sein Leben inspirierte viele Menschen – bis heute.

Schon viel früher als Ghandi predigte und lebte Jesus die Feindesliebe und den Ausstieg aus der Gewaltspirale. Seine Aufforderung seinem Gegenüber auch die linke Backe hinzuhalten, wenn man auf die rechte Backe geschlagen wurde, hat viele Menschen inspiriert und – durchaus verständlich -auch irritiert. Aber diese Tradition der Gewaltlosigkeit, des Durchbrechens der klassischen Eskalationsspiralen, lebt an vielen Orten dieser Welt weiter. In Klöstern und Kommunitäten, auf anderen Kontinenten und in anderen Kulturen und ist bis heute eine Idee, die nicht stirbt. Es ist eine Idee, die man nicht einsperren kann, die nicht tot zu kriegen ist.

Solange es Menschen gibt, die Gewaltlosigkeit zu ihrer Grundhaltung machen, die sie leben und dafür auch massive Konsequenzen in Kauf nehmen – solange lebt die Idee, bietet sie eine Alternative im Denken und Handeln an. Die Idee eröffnet neue Verhaltensspielräume und Möglichkeiten. Nicht alle von uns können dies so konsequent leben wie Jesus oder Ghandi, aber immer mal wieder anders zu handeln als erwartet, auszusteigen aus der Eskalation und der Eskalationsspirale – nicht Aug um Auge, Zahn um Zahn, sondern gnädig sein und Neuanfänge ermöglichen. Das können wir alle. Ich kann meinem Gegenüber nochmal eine Chance geben, ihr also die andere Backe hinhalten und dadurch den Konflikt überraschend unterbrechen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41484
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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

30JAN2025
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Ideen lassen sich nicht töten. So wie die Gedanken frei sind, so lassen sich Ideen nicht einfach töten, einsperren oder vergessen machen! Zum Glück.

Heute vor 76 Jahre wurde Mahatma Gandhi getötet. Der Mensch, der sein Leben lang für Gewaltfreiheit eingetreten war.

Sieht es zunächst wie ein Sieg der gnadenlosen, sinnlosen Gewalt aus - der Verfechter der Gewaltfreiheit wird durch brachiale Gewalt getötet – wird doch schließlich klar: Es war kein endgültiger Sieg. An jedem Tag, in jeder Stunde nehmen sich Menschen auf der ganzen Welt Gandhi als Vorbild. Sie orientieren sich an ihm, folgen seinem Weg der Gewaltlosigkeit, anstatt in der Gewaltspirale zu versinken.

Gandhi wurde erschossen, aber seine Einstellung, sein Leben inspirierte viele Menschen – bis heute.

Schon viel früher als Ghandi predigte und lebte Jesus die Feindesliebe und den Ausstieg aus der Gewaltspirale. Seine Aufforderung seinem Gegenüber auch die linke Backe hinzuhalten, wenn man auf die rechte Backe geschlagen wurde, hat viele Menschen inspiriert und – durchaus verständlich -auch irritiert. Aber diese Tradition der Gewaltlosigkeit, des Durchbrechens der klassischen Eskalationsspiralen, lebt an vielen Orten dieser Welt weiter. In Klöstern und Kommunitäten, auf anderen Kontinenten und in anderen Kulturen und ist bis heute eine Idee, die nicht stirbt. Es ist eine Idee, die man nicht einsperren kann, die nicht tot zu kriegen ist.

Solange es Menschen gibt, die Gewaltlosigkeit zu ihrer Grundhaltung machen, die sie leben und dafür auch massive Konsequenzen in Kauf nehmen – solange lebt die Idee, bietet sie eine Alternative im Denken und Handeln an. Die Idee eröffnet neue Verhaltensspielräume und Möglichkeiten. Nicht alle von uns können dies so konsequent leben wie Jesus oder Ghandi, aber immer mal wieder anders zu handeln als erwartet, auszusteigen aus der Eskalation und der Eskalationsspirale – nicht Aug um Auge, Zahn um Zahn, sondern gnädig sein und Neuanfänge ermöglichen. Das können wir alle. Ich kann meinem Gegenüber nochmal eine Chance geben, ihr also die andere Backe hinhalten und dadurch den Konflikt überraschend unterbrechen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

29JAN2025
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„Im Westen nichts Neues“ – heute vor 96 Jahren kam das Buch über die Schrecken des Ersten Weltkriegs auf den Markt und die erste Auflage war schon durch Vorbestellungen verkauft.

Ein Erfolg – der sich mir nicht wirklich erschließt. Verstehen Sie mich nicht falsch, mich hat das Buch beeindruckt, es war bei uns Schullektüre. Es hat mich beeindruckt und erschüttert. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein Buch wie dieses kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs veröffentlicht und innerhalb von 11 Wochen 450.000-mal verkauft wird. Dann irritiert mich das zunächst.

Heute wird der Buchtitel manchmal als Ausdruck für Ereignislosigkeit genutzt. „Na, wie läuft’s?“ „Im Westen nichts Neues“ 

Wenn ich das höre, versetzt mir das jedes Mal einen Stich. Denn mit dieser Floskel verdampft das Schicksal so vieler Menschen, das in diesem Buch thematisiert wird, zu einer Banalität:  „Im Westen nichts Neues“.

Betrachtet man nicht den Einzelfall, und geht man in der Perspektive eine Etage höher, dann kennt man die Geburtszahlen und Sterbezahlen der Städte, Bundesländer und Länder. Als Teil einer Statistik ist es ereignislos, wenn die Zahlen keine statistisch auffälligen Ausrutscher haben. Ist man aber persönlich direkt betroffen, erlebt man vielleicht gerade ein Wunder. Oder einen tragischen Abschied.

Ich glaube genau dieses Gefühl, den Blick auf das einzelne Schicksal und gleichzeitig die Auswirkung auf die ganze Welt hat das Buch „Im Westen nichts Neues“ unfassbar gut eingefangen.

In diesem Spiel mit den Perspektiven spiegelt sich vieles, was Menschen über Gott denken und auch an ihm zweifeln lassen.

Das biblische Versprechen, dass Gott die Menschen liebt, gibt er auf beiden Ebenen: Er gibt es am Anfang der Bibel als Generalversprechen für die Menschen und seine ganze Schöpfung und er gibt es jedem einzelnen Menschen, im Versprechen bei ihm zu sein und jeden anzusehen und zu begleiten.

Diese Liebe verbindet das Große und das Kleine. Das gibt mir Hoffnung, denn Gott freut sich mit mir an den Wundern des Lebens, und trauert mit beim Abschied. Begleitet in den Tod und darüber hinaus. Und so kann ich auch die Hauptperson in dem Buch – Paul Bäumer – bei Gott geborgen wissen – auch wenn der Heeresbericht am Tag seines Todes im Krieg sich auf den Satz beschränkte, „im Westen nichts Neues zu melden“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41483
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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

29JAN2025
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„Im Westen nichts Neues“ – heute vor 96 Jahren kam das Buch über die Schrecken des Ersten Weltkriegs auf den Markt und die erste Auflage war schon durch Vorbestellungen verkauft.

Ein Erfolg – der sich mir nicht wirklich erschließt. Verstehen Sie mich nicht falsch, mich hat das Buch beeindruckt, es war bei uns Schullektüre. Es hat mich beeindruckt und erschüttert. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein Buch wie dieses kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs veröffentlicht und innerhalb von 11 Wochen 450.000-mal verkauft wird. Dann irritiert mich das zunächst.

Heute wird der Buchtitel manchmal als Ausdruck für Ereignislosigkeit genutzt. „Na, wie läuft’s?“ „Im Westen nichts Neues“ 

Wenn ich das höre, versetzt mir das jedes Mal einen Stich. Denn mit dieser Floskel verdampft das Schicksal so vieler Menschen, das in diesem Buch thematisiert wird, zu einer Banalität:  „Im Westen nichts Neues“.

Betrachtet man nicht den Einzelfall, und geht man in der Perspektive eine Etage höher, dann kennt man die Geburtszahlen und Sterbezahlen der Städte, Bundesländer und Länder. Als Teil einer Statistik ist es ereignislos, wenn die Zahlen keine statistisch auffälligen Ausrutscher haben. Ist man aber persönlich direkt betroffen, erlebt man vielleicht gerade ein Wunder. Oder einen tragischen Abschied.

Ich glaube genau dieses Gefühl, den Blick auf das einzelne Schicksal und gleichzeitig die Auswirkung auf die ganze Welt hat das Buch „Im Westen nichts Neues“ unfassbar gut eingefangen.

In diesem Spiel mit den Perspektiven spiegelt sich vieles, was Menschen über Gott denken und auch an ihm zweifeln lassen.

Das biblische Versprechen, dass Gott die Menschen liebt, gibt er auf beiden Ebenen: Er gibt es am Anfang der Bibel als Generalversprechen für die Menschen und seine ganze Schöpfung und er gibt es jedem einzelnen Menschen, im Versprechen bei ihm zu sein und jeden anzusehen und zu begleiten.

Diese Liebe verbindet das Große und das Kleine. Das gibt mir Hoffnung, denn Gott freut sich mit mir an den Wundern des Lebens, und trauert mit beim Abschied. Begleitet in den Tod und darüber hinaus. Und so kann ich auch die Hauptperson in dem Buch – Paul Bäumer – bei Gott geborgen wissen – auch wenn der Heeresbericht am Tag seines Todes im Krieg sich auf den Satz beschränkte, „im Westen nichts Neues zu melden“.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

28JAN2025
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Der Gang nach Canossa ist sprichwörtlich geworden. König Heinrich der Vierte machte sich im Dezember 1076 auf den Weg zu Papst Gregor dem Siebten, auf den Weg zur Burg Canossa.

Als er Wochen später, am 28. Januar, endlich zum Papst vorgelassen wurde, bat er um Verzeihung und um Aufhebung des Banns, mit dem Papst Gregor ihn belegt hatte.

Tiefer will ich in die Geschichte gar nicht einsteigen, aber ich finde, es ist wichtig zu verstehen, was das Sprichwort eigentlich bedeutet:

Ein Gang nach Canossa ist nämlich ein Bitt- und Bußgang. Wenn jemand sich heute sprichwörtlich nach Canossa aufmacht, dann hat er wirklich Mist gebaut und weiß, es wird nicht leicht sein, dass man ihm verzeiht.

Einen Gang nach Canossa tritt man nicht leichtfertig an und man kann sich nicht sicher sein, ob er erfolgreich sein wird.  Ob man erstens überhaupt die Chance bekommt und „vorgelassen“ wird, um seine Schuld zu bekennen, um deutlich zu sagen: „Ich habe verstanden, ich habe Mist gebaut, es tut mir leid! Bitte entschuldige!“ Und zweitens kann man dann nur noch hoffen, dass man Gnade erfährt.

Warum ich das so ausführlich beschreibe? Weil ich finde, dass man dieses Sprichwort vom Gang nach Canossa heute sehr leichtfertig benutzt.

Aber entschulden, verzeihen kann nur mein Gegenüber. Wenn ich einen Freund beleidigt und beschimpft habe und es tut mir leid, dann sage ich, dass ich falsch gehandelt habe, dass es mir leidtut. Und ich kann nur hoffen, dass er mir dann verzeiht.

So ein Gang nach Canossa, der kann auch schiefgehen, wenn mir nicht verziehen wird. Deshalb ist es mir so wichtig, nicht leichtfertig „Entschuldigung“ zu sagen oder den berühmten Gang nach Canossa anzutreten. Wenn es mir wirklich leidtut und ich weiß, dass nur mein Gegenüber mich entschulden kann, mir verzeihen kann – oder eben auch nicht – nur dann habe ich wirklich verstanden, wie Unrecht mein Handeln war. Nur dann ist es wirklich ein Gang nach Canossa, den ich antrete. Nur wenn ich wirklich verstanden habe, was ich falsch gemacht habe und ich dafür die Verantwortung übernehme – nur dann kann ich die Hoffnung auf Gnade, auf echtes Verzeihen und damit auf einen Neuanfang haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41482
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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

28JAN2025
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Der Gang nach Canossa ist sprichwörtlich geworden. König Heinrich der Vierte machte sich im Dezember 1076 auf den Weg zu Papst Gregor dem Siebten, auf den Weg zur Burg Canossa.

Als er Wochen später, am 28. Januar, endlich zum Papst vorgelassen wurde, bat er um Verzeihung und um Aufhebung des Banns, mit dem Papst Gregor ihn belegt hatte.

Tiefer will ich in die Geschichte gar nicht einsteigen, aber ich finde, es ist wichtig zu verstehen, was das Sprichwort eigentlich bedeutet:

Ein Gang nach Canossa ist nämlich ein Bitt- und Bußgang. Wenn jemand sich heute sprichwörtlich nach Canossa aufmacht, dann hat er wirklich Mist gebaut und weiß, es wird nicht leicht sein, dass man ihm verzeiht.

Einen Gang nach Canossa tritt man nicht leichtfertig an und man kann sich nicht sicher sein, ob er erfolgreich sein wird.  Ob man erstens überhaupt die Chance bekommt und „vorgelassen“ wird, um seine Schuld zu bekennen, um deutlich zu sagen: „Ich habe verstanden, ich habe Mist gebaut, es tut mir leid! Bitte entschuldige!“ Und zweitens kann man dann nur noch hoffen, dass man Gnade erfährt.

Warum ich das so ausführlich beschreibe? Weil ich finde, dass man dieses Sprichwort vom Gang nach Canossa heute sehr leichtfertig benutzt.

Aber entschulden, verzeihen kann nur mein Gegenüber. Wenn ich einen Freund beleidigt und beschimpft habe und es tut mir leid, dann sage ich, dass ich falsch gehandelt habe, dass es mir leidtut. Und ich kann nur hoffen, dass er mir dann verzeiht.

So ein Gang nach Canossa, der kann auch schiefgehen, wenn mir nicht verziehen wird. Deshalb ist es mir so wichtig, nicht leichtfertig „Entschuldigung“ zu sagen oder den berühmten Gang nach Canossa anzutreten. Wenn es mir wirklich leidtut und ich weiß, dass nur mein Gegenüber mich entschulden kann, mir verzeihen kann – oder eben auch nicht – nur dann habe ich wirklich verstanden, wie Unrecht mein Handeln war. Nur dann ist es wirklich ein Gang nach Canossa, den ich antrete. Nur wenn ich wirklich verstanden habe, was ich falsch gemacht habe und ich dafür die Verantwortung übernehme – nur dann kann ich die Hoffnung auf Gnade, auf echtes Verzeihen und damit auf einen Neuanfang haben.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

27JAN2025
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So jetzt ist er fast vorbei: der erste Monat des nicht mehr ganz so neuen Jahres. Und statistisch gesehen haben die Meisten ihre guten Vorsätze bereits aufgegeben.

Das Publikum in den Fitnessstudios wird wieder weniger, die Essgewohnheiten tendieren wieder Richtung Kohlenhydrate und Fett.  Kein Hafermüsli mit frischen Früchten mehr, sondern Nutella Brot mit Butter.

Jetzt könnte man sich über sich selbst ärgern und sich dem Frust hingeben.  Damit würde man dann wohl auch mal wieder ein bisschen den Glauben an sich selbst verlieren. Und die Hoffnung, dass es das nächste Mal besser klappt, wenn man wieder etwas ändern will. Oder: Man steht zu sich und … Achtung! jetzt genau zuhören - man versucht es von neuem.

Falls Sie jetzt erwartet haben, dass ich Ihnen etwas erzähle von „Seien Sie nicht zu hart zu sich selbst, seien Sie auch mal gnädig mit sich“ – da muss ich Sie heute enttäuschen. Es geht mir um die Kunst zu wissen, wenn man mal Fünfe grade sein lassen kann, und wann vielleicht auch nicht.

Ich bin der Meinung, wenn ich etwas ändern will und es nicht schaffe, dann darf ich gnädig sein mit mir im Scheitern. Das ja. Aber dann bitte nicht hoffnungsfrei dem Schicksal hingeben, sondern sich hoffnungsfroh wieder am Riemen reißen und wieder von neuem starten.

In vier Tagen ist der 31. Januar. Starten Sie doch mit guten Vorsätzen in den Februar.
Sie ahnen es: Es geht mir nicht nur um das Fitnessstudio oder die Zuckerbomben. Nein, es geht darum hoffnungsfroh zu leben und jeden Tag, jede Woche, jeden Monat die Chance für einen Start, einen Neuanfang zu sehen.

Echte Hoffnung ist immer da, auch in der 35. Kalenderwoche oder im November. Auch dann kann ich starten und ins Fitnessstudio gehen. Oder – und wahrscheinlich wichtiger als der Gang ist Fitnessstudio: Ich kann auch dann damit beginnen, die Welt zu verändern.

Auch nach Jahren der Nachbarschaft kann ich neu auf die Nachbarn zugehen, zerrissenen Freundschaften flicken und Fehler in Beziehungen und Familie eingestehen.
Also los – gute Vorsätze für den 1. Februar sind gefragt!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41481
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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

27JAN2025
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So jetzt ist er fast vorbei: der erste Monat des nicht mehr ganz so neuen Jahres. Und statistisch gesehen haben die Meisten ihre guten Vorsätze bereits aufgegeben.

Das Publikum in den Fitnessstudios wird wieder weniger, die Essgewohnheiten tendieren wieder Richtung Kohlenhydrate und Fett.  Kein Hafermüsli mit frischen Früchten mehr, sondern Nutella Brot mit Butter.

Jetzt könnte man sich über sich selbst ärgern und sich dem Frust hingeben.  Damit würde man dann wohl auch mal wieder ein bisschen den Glauben an sich selbst verlieren. Und die Hoffnung, dass es das nächste Mal besser klappt, wenn man wieder etwas ändern will. Oder: Man steht zu sich und … Achtung! jetzt genau zuhören - man versucht es von neuem.

Falls Sie jetzt erwartet haben, dass ich Ihnen etwas erzähle von „Seien Sie nicht zu hart zu sich selbst, seien Sie auch mal gnädig mit sich“ – da muss ich Sie heute enttäuschen. Es geht mir um die Kunst zu wissen, wenn man mal Fünfe grade sein lassen kann, und wann vielleicht auch nicht.

Ich bin der Meinung, wenn ich etwas ändern will und es nicht schaffe, dann darf ich gnädig sein mit mir im Scheitern. Das ja. Aber dann bitte nicht hoffnungsfrei dem Schicksal hingeben, sondern sich hoffnungsfroh wieder am Riemen reißen und wieder von neuem starten.

In vier Tagen ist der 31. Januar. Starten Sie doch mit guten Vorsätzen in den Februar.
Sie ahnen es: Es geht mir nicht nur um das Fitnessstudio oder die Zuckerbomben. Nein, es geht darum hoffnungsfroh zu leben und jeden Tag, jede Woche, jeden Monat die Chance für einen Start, einen Neuanfang zu sehen.

Echte Hoffnung ist immer da, auch in der 35. Kalenderwoche oder im November. Auch dann kann ich starten und ins Fitnessstudio gehen. Oder – und wahrscheinlich wichtiger als der Gang ist Fitnessstudio: Ich kann auch dann damit beginnen, die Welt zu verändern.

Auch nach Jahren der Nachbarschaft kann ich neu auf die Nachbarn zugehen, zerrissenen Freundschaften flicken und Fehler in Beziehungen und Familie eingestehen.
Also los – gute Vorsätze für den 1. Februar sind gefragt!

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