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SWR4 Abendgedanken

12APR2024
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„Geht hin, ihr seid gesendet“. Mich begeistert dieser kurze Satz immer wieder. Das ist früher das Ende jedes Gottesdienstes gewesen: „Ite, missa est.“ Und das heißt: „Geht, seid gesendet!“ Mit diesen Worten hat auch Jesus selbst seine Schülerinnen und Schüler hinaus in die Welt gesendet. Sie sollen das, was sie von Jesus gelernt und erfahren haben, nicht für sich behalten. Sie sollen es weitergeben, andere davon begeistern.

Ich erinnere mich noch gut an meine Ausbildungs- und Studienzeit. Da habe ich viel gelernt. Und mit dem Abschluss habe ich dann die Aufgabe bekommen, es nicht für mich zu behalten, was ich gelernt habe. „Geh, du bist gesendet!“ Vielleicht denken Sie jetzt, na klar, der ist ja Pfarrer geworden, da muss er das ja auch. Ich bin davon überzeugt, dass das für die meisten Berufe gilt. Und je freudiger sich Menschen auf den Weg machen, desto besser werden sie den Draht zu den Menschen finden, denen sie gerade begegnen.

Sicher, es gibt immer wieder Situationen, wo das nicht so gut gelingt. Da hören die anderen gar nicht zu. Haben so viel anderes zu tun, dass sie sich gar nicht die Zeit nehmen. Oder lehnen sogar ganz ab. Das kann ziemlich entmutigen.

Da braucht es Mut und Zuversicht, weiterzumachen und nicht aufzugeben. Vielleicht mit anderen zusammen. Gemeinsam lassen sich Rückschläge leichter verarbeiten.

Jesus weiß das. Deshalb hat er seine Jüngerinnen und Jünger mindestens zu zweit auf den Weg geschickt. Und er hat ihnen eine Zusage mit auf den Weg gegeben: Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen. Das gibt Mut und Kraft auch in katastrophalen Zeiten, die wohl zu unserem Leben dazugehören. Ich glaube fest daran: Jesus legt auf diesem Weg jedem die Hände auf die Schultern und sagt leise: Du bist nicht allein, du bist geliebt. Halte durch.

Jesus sendet uns, jeden Tag neu. Um den Menschen Hoffnung zu bringen, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Eine Welt zu bauen, die innere Leere nicht mehr mit Geld oder Drogen ausgleicht. Eine Welt mit erfüllendem Miteinander, mit dem Einzigen, das unsere Sehnsucht wirklich stillen kann: gelebte Liebe.

Ich höre Jesus sagen: Leute, wir sind alle eins. Eins mit Gott und eins mit allen anderen hier. Macht keine Unterschiede zwischen den anderen Menschen und schon gar nicht untereinander. Bei euch soll es nicht so sein.

Und jetzt: macht euch auf die Socken. Geht hin, ihr seid gesendet.

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SWR4 Abendgedanken

11APR2024
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Hat das jetzt unbedingt sein müssen? Ich habe mich das schon oft gefragt, wenn Dinge passiert sind, die meine ganze Planung durcheinanderbringen. Es hätte doch so schön sein können.

Das haben sich die Jünger bestimmt auch gefragt, nachdem Jesus gestorben war. Er ist zwar auferstanden, das hat wieder Hoffnung gegeben. Aber trotzdem müssen die Jünger sich jetzt alleine auf den Weg machen. In der Bibel lese ich, wie sie zum Tempel gehen. Dort erzählen sie von Jesus. Und von Gott. Sie wissen, dass Jesus lebt. Das gibt ihnen Kraft, Mut und Zuversicht. Jeden Tag lassen sich tausende Menschen taufen. Begeistert sind sie. Was für eine wunderbare Ausstrahlung haben diese Jünger gehabt.

Den religiösen Führern und Priestern ist das suspekt. Sie fürchten, dass sie bald keine Bedeutung mehr haben könnten. Schließlich sehen sie sich als einzig wahre Hüter des Glaubens. Deshalb verbieten sie den Jüngern mit Strafen, diese Botschaft von Jesus weiter zu erzählen.

Aber die lassen sich nicht einschüchtern, und die Zahl der Begeisterten wächst weiter. Es heißt ja, nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Jesus ist nicht nur eine Idee, sie kennen ihn persönlich. Seine Botschaft heißt Liebe. Und diese Liebe ermöglicht Leben auf eine ganz neue Art, helfen und füreinander da sein. Das spüren die Menschen und wollen auch so leben.

Deshalb versuchen die religiösen Führer, die Jünger und Anhänger Jesu zu verfolgen, sie ins Gefängnis zu bringen, zu foltern und umzubringen. In der Hoffnung, die Angst vor solchen Mitteln stoppt die Botschaft Jesu.

In vielen Ländern unserer Erde, beherrscht von autoritären Führern, ist solch ein Vorgehen bis heute an der Tagesordnung. Alexei Nawalny in Russland ist ein ganz aktuelles Beispiel dafür. Die Hoffnung soll gebrochen werden, denn sie setzt große Kräfte frei. Und vor diesen Kräften haben die Herrscher Angst.

Ich hoffe sehr, dass den Gefängnisaufsehern es auch heute nicht gelingt, den Widerstand gegen solche Führer zu brechen. Dass die Hoffnung überlebt.

Eine Szene im Film „Der Herr der Ringe“ scheint mir hier ganz gut zu passen. Da sagt der arg gebeutelte Held Frodo zum Zauberer Gandalf: „Ich wünschte, all das wäre nie passiert.“ Und Gandalf antwortet ihm: „Das tun alle, die solche Zeiten erleben. Aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Du musst nur entscheiden, was du mit der Zeit anfangen willst, die dir gegeben ist.“

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SWR4 Abendgedanken

10APR2024
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Angst – plötzlich ist sie da. Weil es dunkel wird. Weil ich eine wichtige Entscheidung treffen muss und nichts falsch machen will. Weil die Welt so trostlos erscheint. Angst kann lähmen. Dann fällt es immer schwerer, etwas zu tun. Und genau das will ich nicht.

Die jüdische Dichterin Mascha Kaléko drückt es wunderbar aus in ihrem Gedicht „Rezept“: „Zerreiß deine Pläne. Sei klug. Und halte dich an Wunder. Sie sind lange schon verzeichnet im großen Plan. Jage die Ängste fort. Und die Angst vor den Ängsten.“

Die Angst der Jünger vor 2000 Jahren ist groß. Weil alle ihre Hoffnungen mit Jesus von Nazareth am Karfreitag am Kreuz gestorben sind. Zu bedrohlich scheint die Macht ihrer Verfolger. Wie sollen sie jetzt weitermachen, wo Jesus nicht mehr als Mensch unter ihnen ist.

Da gibt ihnen Maria von Magdala ein wenig Halt zurück. Sie ist dem auferstandenen Christus begegnet und berichtet ihnen davon. Es ist wirklich so, wie er gesagt hat. Der Tod ist nicht das Ende. Aber diese Botschaft muss erst einmal bei ihnen ankommen. Das stellt alles auf den Kopf. Das müssen sie erst einmal begreifen. Jesus weiß das. Er hilft ihnen, indem er sich ihnen immer wieder zeigt.

Auch in meinem Leben gibt es Situationen, wo ich meine Pläne zerreißen muss. Eine Krankheit, die mich ins Bett zwingt. Ein Blechschaden am Auto, der einen Werkstattbesuch unausweichlich macht. Das fällt mir nicht leicht. Schließlich scheint doch alles so perfekt organisiert.

Uns Menschen fällt die unsichere Situation in unserer Welt schwer. Es macht vielen Angst vor der Zukunft. Das ist wie ein Weg durch eine dunkle Zeit.

Jeder hofft, dass bald das Ende erreicht ist. Am liebsten wäre vielen ein Wunder. Das ihnen die Angst nimmt und wieder Zuversicht gibt.

Da spüre ich. Ostern hat mir wieder Kraft und Zuversicht gegeben. So kann ich  durch die Welt gehen und sagen: Ja, es sieht schlimm aus in der Welt, aber wo immer ich bin, ist Gott. Wo Hoffnung und Mut fehlen, werde ich versuchen, Licht zu sein. Osterlicht. Und das Licht, das durch mich scheint, wärmt mich selbst gleich mit. Gott ist mein Wunder.

Daran halte ich mich - gegen alle Angst.

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SWR4 Abendgedanken

09APR2024
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Jesus ist von den Toten auferstanden. 50 Tage lang feiern wir in den Kirchen Ostern. Auferstehung – ist das nicht krass und zu schön, um wahr zu sein? Das kann doch gar nicht sein. Das soll ich glauben – ist doch total abgefahren, oder?

In der Bibel ist es Thomas, der das nicht so recht glauben kann. Die anderen Jünger erzählen ihm, dass Jesus auferstanden ist und lebt. Und dass sie ihn gesehen haben. Aber er, er kann das nicht glauben….

Ich hätte das in dieser Situation bestimmt auch nicht so einfach geglaubt. Und ich verstehe Thomas. Er hat so gezweifelt, dass er erst die Wundmale der Nägel sehen will. Er will Beweise! Sonst kann er nicht glauben.

Acht Tage später erscheint Jesus seinen Jüngern erneut. Er lädt Thomas ein: „Komm, leg deine Hände in die Wunden.“ Ich frage mich, was Thomas wohl in dem Moment empfunden hat: Das muss ihn doch zutiefst verstören. Was nicht sein kann, geschieht hier. Der gekreuzigte Jesus steht lebendig vor ihm, hält ihm seine Wundmale hin. Gibt ihm die Beweise, die er haben will.

Thomas sagt, dass er nun glauben kann. Woraufhin Jesus sagt: „Weil du gesehen hast, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“. Also alle, die nicht in die Wunden Jesu fassen können, die seine Wundmale nicht sehen können. Alle, auch wir im Jahr 2024.

Der Zweifel bleibt. An manchen Menschen nagt er besonders, wenn sie an den eigenen Tod denken und an das mögliche Leben danach: Mag sein, dass Jesus dieses Wunder erfahren hat. Mag sein, dass die Jünger ihn gesehen haben.

Aber wird Gott auch mich auferwecken? Wird er alle retten und zu sich holen, die heute in den Schrecken des Krieges, bei Unfällen oder am Ende ihres Lebens sterben? Nicht immer kann ich das glauben, auch wenn ich es gern würde. Manchmal quält mich die Frage, wie diese Zukunft wohl sein wird. Ich habe kein klares Bild von ihr, ich kann sie nicht sehen. Mir fehlt die Fantasie, um mir dieses ewige Leben bei Gott irgendwie vorzustellen.

Der Zweifel bleibt. Manchmal ist er ein Ausdruck der Sehnsucht, zu glauben. Jesus lässt den skeptischen Thomas schauen, er verurteilt ihn nicht für seinen Zweifel. Damit würdigt er diese Sehnsucht. Thomas braucht sich für seinen Zweifel nicht zu schämen. Und wir auch nicht. Denn Jesus nimmt uns an wie wir sind. Und da gehören Zweifel dazu. Wenn wir sie zulassen, durchdringen, kommen wir zu neuen Einsichten. Und manchmal auch zu neuem Glauben.

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SWR4 Abendgedanken

08APR2024
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Ist der Hirte weg, zerstreut sich die Herde. Diese alte Erfahrung der Hirten machen sich Menschen auch heute noch zunutze. Sie versuchen, die Kraft einer Gemeinschaft zu zerstören. In Kriegen wird deshalb fieberhaft versucht, die charismatischen Anführer so schnell wie möglich auszuschalten. Damit die Kampfmoral des Volkes untergeht.

Vor 2.000 Jahren wird in Judäa ein Hirte aus dem Weg geräumt. Die religiösen Führer wollen keinen neuen Glauben. Deshalb fordern sie von Pilatus, dass er Jesus kreuzigen und damit töten soll. Sie haben Angst davor, dass der Wanderprediger Jesus zu viel Einfluss bekommt. Deshalb wird er zügig beseitigt. Ohne ihn erscheint der neue Glaube kopflos.

Tatsächlich verlassen zwei seiner engsten Jünger mutlos geworden Jerusalem. Doch der Totgeglaubte stößt als unbekannter Reisender zu ihnen. Er lässt sich zuerst ihre Geschichte erzählen. Dann erklärt er ihnen, dass eben diese Geschichte ganz und gar nicht zu Ende ist.

Und als die Jünger ihn schließlich erkennen, ist er nicht mehr zu sehen. Aber er hat wieder Platz genommen in ihren Herzen. Diesmal für immer.

Sie sind ermutigt durch das, was sie an diesem Tag auf dem Weg mit Jesus erfahren haben. So kehren sie nach Jerusalem zurück. Dort erzählen sie, was sie mit Jesus erlebt haben. Das macht alle froh und zuversichtlich. Entschlossen beginnen sie, ihre wunderbare Botschaft der Liebe in die Welt zu tragen.

Dabei stehen ihre Chancen vermutlich nicht besonders gut. Sie

bewegen sich weiterhin in einem besetzten Land. Die Sicherheitskräfte ersticken jede Unruhe im Keim. Dazu ihre Verfolgung durch fanatische Religionswächter.

Aber irdische Maßstäbe sind zweitrangig, wenn Gott anderes vorsieht. Die Jünger erfüllen mit ihrer Mission uralte Prophezeiungen. Sie verkünden die Botschaft von Jesus, der auferstanden ist von den Toten. Das hat Menschen Kraft und Hoffnung gegeben. Sie verstehen, dass der Tod vermutlich gar nicht das letzte ist. Und 2000 Jahre später lebt diese Botschaft genauso und wir sind die, die jetzt verkünden und sie weitererzählen.

Ist der Hirte weg, zerstreut sich die Herde. Doch der Hirte ist nicht weg.

Jetzt nach Ostern ist Jesus überall. Und ganz besonders in seiner Herde.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

24FEB2024
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Ein entspannter, freier Tag – vielleicht haben Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, den heute vor sich. Zumindest mein Kalender gibt mir heute kein großes Pensum vor. So ist viel Zeit, etwas zu unternehmen, das sonst zu kurz kommt. Ich gehe gerne mit meiner Familie auf eine Wanderung. Oder ich mache Musik. Manchmal baue ich auch an meiner Modelleisenbahn.

Am liebsten gehe ich jedoch auf Reisen. Nicht mit dem Auto, nicht mit dem Zug. Und doch weit weg. In Gedanken.

So begleite ich Winnetou und Old Shatterhand auf ihren Abenteuern im Wilden Westen. In Island breche ich mit Professor Lidenbrock zum Mittelpunkt der Erde auf. Oder lerne gemeinsam mit Robinson Crusoe auf einer Insel Freitag kennen.

Sie haben es längst bemerkt, ich nehme mir ein Buch und bin mit den Figuren unterwegs auf Reisen. Von mir zu Hause aus, in der warmen Stube. Oft geht es mir sogar so, dass ich alles um mich herum vergesse. Manchmal muss ich mich wieder orientieren, und erst feststellen, dass ich zu Hause bin.

Das Schöne bei diesen Reisen in Büchern ist, dass jeder etwas anderes erlebt.

Als Pfarrer gehe ich oft auch auf biblische Reisen. Ja, auch das klappt. So erlebe ich die biblischen Erzählungen lebendig und habe das Gefühl, mittendrin und dabei zu sein. Und beim nächsten Mal kann ich die gleiche Erzählung wieder ganz anders erleben. Die Fantasie ist eben nicht festgelegt, es können immer wieder neue Bilder entstehen. Meine eigenen Bilder. Das fasziniert mich besonders an diesen Reisen.

Heute nehme ich mir wieder die Zeit und gehe auf eine Reise. Wohin sie mich führt, weiß ich jetzt noch nicht, aber ich bin schon sehr gespannt.

Und wenn Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, heute arbeiten müssen, dann wünsche ich Ihnen, dass Sie nach der Arbeit Zeit finden für sich. Und vielleicht gehen Sie ja auch noch auf eine Reise. Denn die schönsten Reisen sind manchmal aus Papier.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

22FEB2024
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Zahlen sind wichtig. Große Zahlen klingen nach Erfolg, wenn der Wert der Aktien steigt oder die Einschaltquoten einer Sendung steigen. Auf Zahlen kann ich zählen, zum Beispiel wenn ich ein Quiz spiele und 100% der Fragen richtig beantworte und weiß, ich hab es geschafft. Zahlen sind zuverlässig und aussagekräftig, an ihnen kann ich mich scheinbar gut festhalten.

Auch in der Bibel kommen Zahlen vor. Sie öffnen mir manchmal einen anderen Blickwinkel.

So erzählt die Bibel, dass sich einmal fünftausend Leute von Jesus und seinen Worten begeistern lassen. Sie hören ihm einen ganzen Tag lang zu. Am Abend will Jesus die Menschen nicht ohne Essen nach Hause schicken. Aber nur fünf Brote und zwei Fische sind in der Nähe. Jesus lässt das Wenige, was da ist, unter den Leuten verteilen. Die sitzen in Gruppen zu fünfzig zusammen und --- werden alle satt. Und am Ende bleiben sogar zwölf Körbe voller Essen übrig.

Ist das eine wunderbare Brotvermehrung? Oder haben die Menschen das bisschen, was sie hatten, miteinander geteilt? Doch wie kommt es dann, dass so viel übrigbleibt, ganze zwölf Körbe? Ich könnte nun wild rechnen, die 5000 Menschen durch die Zahl der Körbe, Fische und Brote teilen. Aber das Ergebnis würde nicht überzeugen. Vielmehr überzeugt mich an dieser Geschichte:

Ich kann mit Gott rechnen, denn Gott rechnet anders. Ich kann auf Gott vertrauen. Und ich bin froh, dass ich es kann. Auch wenn ich in meinem Leben mal enttäuscht wurde. Trotzdem lohnt es sich für mich, auf Gott zu vertrauen. Denn immer wieder erfahre ich, dass Gott sich durch viele kleine Dinge in meinem Leben zeigt: Es fällt mir eine Lösung für ein Problem ein, die nicht nur gut, sondern perfekt zu sein scheint. Ein überraschender Anruf eines Freundes gibt mir so viel Freude, dass mein Tag heller wird. Ich gebe einer Frau eine kleine Hilfe und ihr Dank macht auch mich froh. Da erfahre ich immer wieder, Gott schenkt mir noch etwas darüber hinaus. Mehr, als ich im Gepäck habe und so viel, dass ich mir nicht erklären kann, woher all dieser Segen gekommen ist. Und ich spüre: Ich muss mich nicht von Zahlen abhängig machen, denn ich kann auf Gott zählen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

21FEB2024
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Tosend und mächtig braust der Schlussakkord des großen Orchesters; überzeugt hält der Chor seinen letzten Ton. Jetzt winkt der Dirigent ab --- nur noch der Nachhall füllt den Konzertsaal. Und dann bricht er los. Fast genauso tosend und fast ohne Ende erfüllt der Beifall der Zuhörer die Halle; einige Male kommt der Dirigent auf die Bühne zurück, lässt das Orchester und den Chor aufstehen und immer brandet eine neue Welle des Beifalls auf, manchmal sogar stehend.

Spätestens jetzt wissen jeder Chorsänger und jede Orchestermusikerin, weshalb man die Proben und Mühen der letzten Tage und Wochen auf sich genommen hat.

Beifall macht süchtig. Denn Beifall macht glücklich. Er zeigt den Künstlerinnen und Künstlern, dass ihnen wieder einmal etwas Tolles gelungen ist, für das sie lange geübt haben. Vom Beifall können sie zwar keine Miete bezahlen und nichts zu essen kaufen, aber er wird doch gerne das Brot der Künstler genannt. Denn davon ernährt sich ihre Künstlerseele bei jedem Auftritt: von dem Gefühl, dass sie mit ihrer Kunst das Publikum erreicht haben. Das spüren sie, wenn der Beifall besonders groß ist. Auch ich freue mich, dass ich als Chorsänger immer wieder Beifall erleben kann.

Der englische Essayist und Aphoristiker Charles Caleb Colton, der von 1780 bis 1832 gelebt hat, hat zu dieser Erfahrung den Satz geprägt: „Der Beifall ist der Ansporn vornehmer Geister, das Ende und Ziel der kleinen.“

Damit meint er: Wer nur wegen des Beifalls etwas tut, der hat zwar sein Ziel erreicht am Ende einer Vorstellung. Er bekommt Beifall. Aber es bringt ihn nicht wirklich weiter.

Ich will mich ja immer weiter entwickeln. Besser werden. Dazu spornt mich die Anerkennung des Publikums an. Sie tut gut und ist wichtig.

Genauso wichtig ist aber auch, mich selbst zu fragen, ob ich mit dem Erreichten schon zufrieden bin.

Wenn wir mit unserem Chor und Orchester den Beifall bekommen, dann ist für uns klar: Das nächste Mal wollen wir noch besser sein. Dafür proben wir heute wieder, weil wir uns auf den Auftritt und dann auch den Beifall freuen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

20FEB2024
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Plötzlich scheint alles anders zu sein. Ich sehe Dinge anders als noch Minuten zuvor. So eine Verwandlung habe ich an mir selbst erlebt.

Vor einigen Jahren ist in Furtwangen über Nacht wahnsinnig viel Schnee gefallen. Eine fast ein Meter hohe Schneedecke hat sich auf den Wegen breit gemacht. Es ist Sonntag. Mein Sohn und ich machen uns also an die Arbeit und schippen massenweise Schnee weg. Der Weg zur Kirche muss frei gemacht werden für den Gottesdienst. Über eine Stunde sind wir damit beschäftigt und hinterher ordentlich k.o.

Wenn viel Schnee fällt, macht sich das meistens auch in der Zahl der Gottesdienstbesucher bemerkbar: Viele Gemeindemitglieder müssen erstmal selbst ihre Wege räumen oder kommen nicht weg, bevor der Schneepflug durchgefahren ist. So kommt an diesem Sonntag nur eine einzige Frau zum Gottesdienst. Ich ertappe mich da bei dem Gedanken, ob sie nicht auch hätte zu Hause bleiben können. Der Gottesdienst würde einfach ausfallen, schließlich bin ich ja müde und erschöpft von der Schipperei.

Da erinnere ich mich an eine Geschichte. Sie geht so: Ein Pfarrer will den Gottesdienst beginnen. Als er in die Kirche kommt, sieht er nur einen einzigen Mann, einen Landwirt, in der Bank sitzen. Darauf fragt der Pfarrer, ob sie den Gottesdienst nicht ausfallen lassen sollen. Der Bauer antwortet: Ich habe zu Hause eine Kuh im Stall stehen und ich müsste doch verrückt sein, wenn ich ihr kein Futter gebe, bloß weil sie die einzige ist.

Die Geschichte verwandelt mich, und für mich ist klar, dass der Gottesdienst stattfindet, mit dem Organisten, der Frau und mir. Freudig ziehe ich in die Kirche und wir feiern, singen und beten gemeinsam. Kurz und intensiv. Nach einer halben Stunde ist der Gottesdienst vorbei und die Frau geht beschwingt nach Hause. Ich bin auch glücklich, es hat Freude gemacht.

Nun will ich Ihnen aber auch das Ende der Geschichte nicht vorenthalten.

Der Pfarrer hat scheinbar verstanden und beginnt mit dem großen feierlichen Hochamt. Am Ende fragt er den Bauern, ob es denn so recht war. Und der Bauer antwortet: Ich habe zu Hause eine Kuh im Stall und ich müsste ja verrückt sein, wenn ich ihr Futter für zehn vorlege.

Wenn Sie jetzt schmunzeln, dann haben Sie der Freude und dem Lachen in sich Raum gegeben. Und mit diesem Lachen kann dieser neue Tag auch für Sie beschwingt werden.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

19FEB2024
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„Ich geh fischen!“ … einer meiner Lieblingssätze aus der Bibel.

Petrus versteht die Welt nicht mehr: Erst ist Jesus gestorben, dann soll genau dieser Jesus doch wieder leben, heißt es. Wer soll denn das verstehen? Und da wird es dem Petrus zu viel. Er guckt seine Freunde an und sagt: „Ich geh erstmal fischen!“ Ich schmunzele jedes Mal, wenn ich das lese. Ich meine: Gerade wurde ihm gesagt: Sein Freund Jesus lebt doch! Der Tod hat also nicht das letzte Wort. Es gibt ein Leben danach! Und er? Geht erstmal fischen!

Andererseits: Das ist ja naheliegend, für einen Fischer. Petrus ist von dieser Info überfordert …. und deshalb macht er das, was er am besten kann. Er geht Fischen. Was dem Petrus das Fischen ist, ist Mutter Beimer in der Lindenstraße das Spiegeleierbraten gewesen und bei mir ist es die Musik. Wenn ich die Welt nicht mehr verstehe, wenn mir alles zu viel wird im Kopf und überhaupt – dann setze ich mich in der Kirche an die Orgel und mache Musik. Das tut mir gut. Ich spüre, wie der Druck nachlässt und mein Gedankenkarussell anhält oder zumindest langsamer wird: Als würde meine Seele erkennen: Okay, wir können den Panikmodus beenden. Mit ein bisschen Abstand auf die Dinge gucken, die mich so umtreiben.

Ich glaube, dass es gut ist, sowas zu haben: Etwas, das mir hilft, wieder zu mir zu kommen. Das mir Zeit zum Nachdenken gibt. Allerdings sollte dieses "Erstmal“ unbedingt etwas sein, das weder mir noch anderen schadet.

Das ist manchen Menschen aber offensichtlich egal. Besonders das Internet scheinen sie für Ihren Angelteich oder ihre Spiegeleierpfanne zu halten, wenn sie sich über etwas ärgern – sie reagieren sich ab, laden dort ihren Frust ab.

Sie gehen auf Politiker, Presse, Kirche, Ausländer und was noch alles los – anonym, aber massiv.

Es müsste im Netz auch so eine „Erstmal-Funktion“ geben.

Also, wenn man etwas schreibt und auf „posten“ klickt, dann müsste die Plattform sagen: „Willst du nicht erstmal fischen gehen, bevor du das in die Welt sendest? Wenn du dann immer noch genauso denkst, dann sende es.“

Instagram, Facebook und Co werden diese Funktion wohl nicht einführen. Wer also raus will aus dem Gefühls- und Gedankenchaos, der muss sie eben selbst für sich finden, seine eigene „Erstmal-Funktion“ mit Zeit zum Nachdenken.

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