SWR4 Abendgedanken
Jesus ist von den Toten auferstanden. 50 Tage lang feiern wir in den Kirchen Ostern. Auferstehung – ist das nicht krass und zu schön, um wahr zu sein? Das kann doch gar nicht sein. Das soll ich glauben – ist doch total abgefahren, oder?
In der Bibel ist es Thomas, der das nicht so recht glauben kann. Die anderen Jünger erzählen ihm, dass Jesus auferstanden ist und lebt. Und dass sie ihn gesehen haben. Aber er, er kann das nicht glauben….
Ich hätte das in dieser Situation bestimmt auch nicht so einfach geglaubt. Und ich verstehe Thomas. Er hat so gezweifelt, dass er erst die Wundmale der Nägel sehen will. Er will Beweise! Sonst kann er nicht glauben.
Acht Tage später erscheint Jesus seinen Jüngern erneut. Er lädt Thomas ein: „Komm, leg deine Hände in die Wunden.“ Ich frage mich, was Thomas wohl in dem Moment empfunden hat: Das muss ihn doch zutiefst verstören. Was nicht sein kann, geschieht hier. Der gekreuzigte Jesus steht lebendig vor ihm, hält ihm seine Wundmale hin. Gibt ihm die Beweise, die er haben will.
Thomas sagt, dass er nun glauben kann. Woraufhin Jesus sagt: „Weil du gesehen hast, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“. Also alle, die nicht in die Wunden Jesu fassen können, die seine Wundmale nicht sehen können. Alle, auch wir im Jahr 2024.
Der Zweifel bleibt. An manchen Menschen nagt er besonders, wenn sie an den eigenen Tod denken und an das mögliche Leben danach: Mag sein, dass Jesus dieses Wunder erfahren hat. Mag sein, dass die Jünger ihn gesehen haben.
Aber wird Gott auch mich auferwecken? Wird er alle retten und zu sich holen, die heute in den Schrecken des Krieges, bei Unfällen oder am Ende ihres Lebens sterben? Nicht immer kann ich das glauben, auch wenn ich es gern würde. Manchmal quält mich die Frage, wie diese Zukunft wohl sein wird. Ich habe kein klares Bild von ihr, ich kann sie nicht sehen. Mir fehlt die Fantasie, um mir dieses ewige Leben bei Gott irgendwie vorzustellen.
Der Zweifel bleibt. Manchmal ist er ein Ausdruck der Sehnsucht, zu glauben. Jesus lässt den skeptischen Thomas schauen, er verurteilt ihn nicht für seinen Zweifel. Damit würdigt er diese Sehnsucht. Thomas braucht sich für seinen Zweifel nicht zu schämen. Und wir auch nicht. Denn Jesus nimmt uns an wie wir sind. Und da gehören Zweifel dazu. Wenn wir sie zulassen, durchdringen, kommen wir zu neuen Einsichten. Und manchmal auch zu neuem Glauben.
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