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13FEB2025
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Das Einzige was von meinem alten Kinderzimmer noch übriggeblieben ist, ist die rote Wandfarbe, ein Kleiderschrank mit blauen Knöpfen und mein Nachttisch, in dem noch ein paar alte Sachen aus meiner Jugend schlummern.

Ich wohne schon seit über 10 Jahren nicht mehr Zuhause. Passt also wunderbar, dass meine Mutter im Lauf der Zeit dafür gesorgt hat, dass mein altes Zimmer zu einem Multifunktionsraum mutiert ist. Mit Bügeltisch und Nähmaschine.

Wäre ja auch wirklich schräg, wenn meine Eltern das Zimmer immer noch freihalten würden. Nur für den Fall, dass ich einmal im Schaltjahr dort übernachte.

So wie mit meinem alten Kinderzimmer könnte man auch mit den ganzen Kirchen umgehen. Viele werden schon jetzt nicht mehr oder nur noch am Wochenende gebraucht. Die meiste Zeit stehen sie leer, weil viele Menschen eben aus den Kirchen ausgezogen sind. Sie deswegen direkt abzureißen muss nicht sein. Viel schöner wäre es, sie zu multifunktionalen Alltagsräumen umzubauen. Zum Beispiel zur Bibliothek, zum Restaurant oder einer Boulderhalle. Dann würde immerhin wieder mehr Leben in die Bude einziehen.

Vielleicht liest dann jemand in der Bibliothek ein theologisches Buch, im Restaurant verliebt sich ein Paar und in der Boulderhalle erfahren junge Menschen, dass sie Herausforderungen meistern können.

Alles Dinge, die wunderbar zu Gott passen und zu dem, was die Kirchen ja ­- im besten Fall­ – erlebbar machen wollen. Nämlich über Gott nachdenken, Liebe erfahren und dabei Mut tanken.

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12FEB2025
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Urlaub könnte so schön sein. Wäre da nur nicht diese lästige Urlaubsplanung. Seit Wochen sitze ich abends vor dem Laptop und suche nach Campingplätzen, Ferienwohnungen und Hotels. Dabei habe ich noch nicht mal klar, wie lange und wohin es eigentlich gehen soll. Atlantik, Mittelmeer oder doch lieber Lago Maggiore?

Ich sag‘s wie es ist: Ich bin überfordert.

Eigentlich könnte ich dankbar sein. Ich habe das Privileg mir frei aussuchen zu können, wo ich Urlaub machen möchte. Aber dieses Meer der Möglichkeiten und die tausend Optionen auf Booking Seiten, sind für mich ein einziger Kraftakt. Ich war schon mehrfach an dem Punkt einfach zu sagen: „Wir bleiben Zuhause.“

Ja, Freiheit ist manchmal anstrengend, überfordernd und nervig. Aber deshalb einfach aufgeben, sich das Leben leicht machen und zuhause bleiben? Das kann es auch nicht sein. Denn immerhin ist Freiheit eines der größten Geschenke. Und wenn ich mich so in der Welt umschaue, auf keinen Fall selbstverständlich. Manche Entscheidungen kosten einfach Kraft. Aber gerade deshalb ist Freiheit so kostbar und wertvoll, weil es oft um so große und wichtige Dinge geht, wie unsere Zukunft.

Wir sind vor die Wahl gestellt. Beim Sommerurlaub und auch bei der Bundestagswahl. Wir haben es in der Hand, mit zu entscheiden, wo die Reise hingehen soll. Wollen wir uns Zuhause abschotten, nur auf uns schauen und in Sicherheit wägen? Oder wollen wir mit Menschlichkeit und Nächstenliebe in der Welt unterwegs sein und auch in Zukunft - in Freiheit leben.

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11FEB2025
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Meine Nummer eins der komischen Fragen an junge Eltern ist „Und seit wann läuft der Kleine schon?“ Ich denke da immer „ja, keine Ahnung.“ Es gibt nicht den Tag X, an dem mein Kind laufen kann. Mir ist schon klar, die Leute meinen es nur gut, aber es dauert Wochen oder Monate vom ersten Hochziehen an der Sofakante bis hin zu den ersten eigenen Schritten an Mamas Hand.

Laufen lernen ist ein langer Prozess. So wie vieles andere, das man im Leben lernen kann. Eine neue Sprache, Selbstbewusst sein oder einen Fehler zugeben. Immer, wenn man was lernt, gehört Stolpern und Hinfallen genauso dazu wie Aufstehen. Von heute auf morgen? Das klappt nur selten.

Bei Kindern ist es bewundernswert mit welcher Energie sie neues lernen und nicht aufgeben, wenn etwas nicht klappt oder sie hinfallen. Erst das große Geschrei, dann für ein paar Minuten auf Mamas oder Papas Schoß getröstet werden und weiter geht’s!

Übrigens, wenn ich meine Frau beobachte, wie sie mit unserem Kleinen laufen lernt, da begreife ich: genauso stelle ich mir Gott vor: wie eine Mutter, die ihr Kind beim Laufen lernen unterstützt. Die Mut zuspricht, wenn das Selbstvertrauen fehlt und sich nicht von mir abwendet, wenn ich was falsch gemacht habe, sondern im Gegenteil. Gerade wenn ich scheitere bleibt Gott an meiner Seite, tröstet mich und gibt mir Mut weiter zu machen. Da kann es mich noch so oft auf die Schnauze legen. Gott gibt mir Kraft zum Aufstehen und Weitergehen.

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10FEB2025
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Wahlplakate, wo immer man hinschaut. An jeder Straßenlaterne kleben Namen, Gesichter, Forderungen und Versprechen für die Zukunft. An dem einen, mit nur einem Wort drauf, bleib ich immer wieder hängen. Zuversicht. Mein erster Gedanke dazu: „Naja, so einfach ist Politik auch wieder nicht. Wie kann ein junger Mensch angesichts der Klimakrise zuversichtlich sein? Oder wenn das Geld am Ende des Monats nie reicht.“

Aber im zweiten Moment denk ich: „Eigentlich ein starkes Wort.“ Schon klar, dass sich unsere ganzen Probleme nicht mit einem Wort lösen lassen. Aber vielleicht kann ja ein Wort doch den entscheidenden Unterschied machen.

Ich kenne eine Menge Leute, die wirklich Probleme haben und trotzdem noch zuversichtlich sein können. Leonie zum Beispiel, die seit Monaten nach einer bezahlbaren Wohnung sucht und schauen muss, wie sie ihr Studium ohne Bafög finanziert. Oder Tarek. Er ist seit drei Jahren in Deutschland und sucht unermüdlich einen guten Job. Beide geben nicht auf.

Und mir fällt auch das Beispiel von Josua aus der Bibel ein. Er steht vor einer Mammutaufgabe und hatte riesige Zweifel, ob er das schafft. Da sagt Gott zu ihm: „Sei mutig und stark! Fürchte dich nicht und hab keine Angst, ich bin mit dir.“ So schafft es Josua, zuversichtlich zu bleiben. Und ich merke mir den Satz auch, denn ich bin überzeugt: Gott hat diese Message nicht nur für Josua. „Sei mutig und stark. Ich bin mit dir.“, das sagt Gott auch zu Leonie, Tarek und mir.

Natürlich, der Blick in die Zukunft macht mir auch manchmal Angst. Aber ich bin der Zukunft nicht hilflos ausgeliefert, niemand ist das. Wenn wir eines nicht verlieren: Zuversicht.

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09FEB2025
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Mehr Slow Motion im Leben. Hört sich gut an und hat bei mir jetzt wirklich einige Male geklappt. Dank meinem Schwager Jannik. Der hat sich vorgenommen, den Leuten um sich herum jeden Tag ein paar Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Ich war überrascht, als er mir davon erzählt hat, aber er meinte: „Ich hab kein Bock mehr auf Multitasking. Ständig sind tausend Dinge gleichzeitig. Ich will mal wieder einfach nur eine Sache machen und den Moment genießen ohne mich ablenken zu lassen.“

Bei mir hat Jannik damit einen wunden Punkt getroffen. Wie oft ertappe ich mich dabei, wie mir diese ungeteilte Aufmerksamkeit fehlt. Ich treffe mich zum Feierabend mit einem Freund, der gefühlt gegen eine Wand redet, weil ich mit dem Kopf noch bei der Arbeit bin. Oder ich spiele Lego mit meinen Kindern und währenddessen lege ich die Wäsche zusammen und höre einen Podcast.

Es ist echt herausfordernd mich nur auf eine Sache zu konzentrieren. Ich muss mich richtig dazu zwingen. Aber Dank Jannik hab ich gemerkt, dass ungeteilte Aufmerksamkeit ein echter Quantensprung in meiner Lebensqualität sein kann. Denn wenn es mir gelingt, fühlt es sich an wie ein Slow-Motion-Effekt. Die Zeit läuft langsamer und ich erlebe jede Sekunde viel stärker. Und auch mein Gegenüber hat was davon: Meine Kinder haben einen aufmerksamen Spielkamerad und mein Freund muss keine Selbstgespräche in der Kneipe führen. Ganz easy ist es nicht, aber ich kenn jetzt ein paar Knöpfe in meinem Kopf. Die kann ich drücken - für mehr Slow-Motion.

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08FEB2025
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Die Straßenbahnen streiken. Ich frage die Gäste bei uns in der Kirche, wer denn trotzdem kommen kann. Eine Frau strahlt über das ganze Gesicht: „Ich komme mit dem Zug; die Deutsche Bahn streikt zum Glück nicht. Vom Bahnhof kann ich herlaufen.“ Ich frage, wo sie herkommt. „Aus Frankfurt“, sagt sie lapidar. Ich wundere mich. Die Frau ist ausgesprochen gepflegt. Als es etwas ruhiger wird in der Kirche, setze ich mich zu ihr. Sie erzählt: „Ich habe früher in Mannheim gewohnt, aber ich habe die Wohnung verloren. Ich bekomme Rente und habe ein Deutschlandticket. Da setze ich mich in die Bahnen und fahre immer hin und her. Da bin ich schon warm.“

Wie das geht mit Hygiene und Körperpflege, will ich wissen. „Behindertentoilette im Bahnhof“, sagt sie, „da kenne ich eine Frau, die lässt mich da in Ruhe drin sein.“ Und wie macht sie es mit den Nächten? Die Züge fahren ja nicht durch. Das kann sie mir nicht verraten, aber meint, es geht gut, meistens. Ich staune noch immer; weniger darüber, wie sie es schafft, so gepflegt zu wirken, so ausgeschlafen, obwohl sie tatsächlich obdachlos ist, sondern über das Leuchten in ihrem Gesicht. Kein Zorn, keine Furcht aufgrund des ungeborgenen Lebens, weder Enttäuschung noch Verletztheit. Sie ist voll Vertrauen und Zuversicht. „Ich werde schon wieder etwas finden.“ Mehr als alles andere strahlt sie Dankbarkeit aus. Und sagt: „Wissen sie, es gibt so viele, die mir helfen. Gott hilft mir immer.“

Und ich bin froh, dass morgen nicht auch die Deutsche Bahn streikt, und sie wieder kommen kann.

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07FEB2025
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In Mannheim in der Kunsthalle läuft in diesen Monaten eine Ausstellung: Neue Sachlichkeit. Hier werden Bilder gezeigt, die vor genau hundert Jahren das erste Mal gezeigt wurden. Diese Kunstrichtung war damals eine Revolution. Nach den bunten Farben des Expressionismus geht es hier um einen ganz neuen Blick. Die Wahrheit wollten die Künstler zeigen, die Wahrheit über den 1. Weltkrieg, die Wahrheit über Armut und Krankheit, auch Wahnsinn und Bosheit, die aus dem Irrsinn des Krieges entstanden sind. Wahrheit bedeutet nicht, dass die Bilder wie Fotos aussehen, sondern, dass sie mit schonungslosem Blick das zeigen, was oft verborgen bleibt: die Abgründe des Menschseins und eine Welt, die aus den Fugen geraten ist.

Es sind vor allem die Portraits, die mich anrühren. Augen, die einen direkt ansehen, aus oftmals ausgemergelten Gesichtern. Ein Bild kann ich nicht vergessen. Es ist ein kleiner Junge, vielleicht zehn Jahre alt, der Streichholzverkäufer von Otto Dix. Er steht an einer Säule, der Mantel zu weit, die Ohren zu groß, die Augen riesig im blassen, mageren Gesicht, eine Streichholzschachtel in der müden Hand. Es ist da nichts Romantisches in seiner Armut. Ein kalter, leerer Blick begegnet mir. Kein Kontakt, keine Wärme. Dieser Blick lässt mich nicht los. Ich kenne Menschen, die so hoffnungslos sind, die sich nicht trauen, noch etwas zu hoffen oder sich zu sehnen. Mit solch radikaler Wahrhaftigkeit auf die Menschen zu sehen in ihrer Not, war damals revolutionär, aber heute noch wenden wir den Blick lieber ab.

Ich wünsche mir einen anderen Blick. Einen, der nicht beschönigt und nichts verschweigt. Der aber dennoch verborgene Schönheit wahrnimmt. Ich wünsche mir eine neue Kunst, die Menschen mit einem freundlichen Blick begegnet, einen warmen, zugewandten, offenherzigen Blick. Kunst ist es, Menschen so zu begegnen.

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06FEB2025
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„Voll cool, das hat echt Spaß gemacht!“, sagt ein Konfirmand. Er hat die letzten drei Stunden Obdachlose, Suchtkranke, Menschen mit Behinderung, Rentnerinnen und Geflüchtete bedient. Hier in der Vesperkirche in Mannheim. Seine Augen leuchten immer noch: „Das macht richtig Sinn! Darf ich morgen nochmal helfen kommen?“ Und das, obwohl man meinen könnte, das überfordert einen jungen Menschen vielleicht: Geschichten von Menschen, deren Leben nicht gerade gelaufen ist. Jüngere Leute, die die Schule abgebrochen haben. Einer hat ihm vom prügelnden Vater erzählt. Ein Mann hatte einen guten Job, aber einen Schlaganfall. Jetzt sitzt er im Rollstuhl, arbeiten kann er nicht mehr, sein Gehirn funktioniert nicht wie vorher.

So viele Leben, so viel Not. Die Konfis dürfen die Gäste in der Vesperkirche verwöhnen. Fünf Stück Zucker in den Kaffee und ein Berliner. „Ja, das macht auch Sinn!“, sagt der Konfirmand. Dass es Sinn macht, was einer tut, erleben Jugendliche und Kinder in unserer Gesellschaft selten. Kinderwelten und Erwachsenenwelten sind so voneinander getrennt, dass viele Kinder und Jugendliche immer nur für sich selbst, bestenfalls für ihre Mannschaft beim Sport oder für die Klassengemeinschaft Verantwortung übernehmen.

Eine Lehrerin, die mit ihren Klassen immer zum Helfen kommt, meint: „Hier sind meine Schüler:innen ganz anders als in der Schule. Höflich, freundlich, überhaupt nicht aggressiv." Es ist für die Seele gut und den Verstand, etwas zu tun, was Sinn macht. Ich meine, es braucht viel mehr Gelegenheiten, bei denen nicht nur Kinder und Jugendliche etwas tun, was richtig Sinn macht.

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05FEB2025
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Es ist nun schon der vierte Obdachlose in diesen Wochen, der mir erzählt, dass er nur mit Glück einen gewalttätigen Angriff überlebt hat. Ich bin gerade jeden Tag als Pfarrerin in der Vesperkirche. Dort begegne ich vielen Obdachlosen. So viele wurden noch nie angegriffen.

Zwei Männer wurden verprügelt, weil sie auf der Straße waren: Bein gebrochen, Knochenbrüche im Gesicht, Prellungen am ganzen Körper. Einem wurde das Zelt über dem Kopf angezündet. Er konnte gerade noch so rauskommen, Verbrennungen am Kopf und im Gesicht, Wunden und große Angst, die ihn nun noch schlechter schlafen lässt, das Ergebnis. Einer hat eine Messerattacke nur knapp überlebt. Keiner von ihnen hat Anzeige erstattet. Wenn ich deswegen nachfrage, wehren sie ab. „Da, wo ich gezeltet habe, hätte ich nicht sein dürfen; ich habe die Angreifer auch gar nicht gesehen“, oder: „Ich war schon auch betrunken“ sind die Erklärungen dafür. Eigentlich sagen diese Leute: Ich bin nicht so viel wert, mir glaubt eh keiner. Wenn ich jemand anderen anzeige, könnte man vielleicht mich wegen irgendetwas anderem anzeigen. Besser kein Kontakt mit der Polizei.“

Immer mehr Gewalt geschieht gegen die Schutz- und Wehrlosen. In keiner Statistik tauchen diese Angriffe auf. Kaum jemand merkt, dass sich gerade etwas verändert. Schon seit Jahren gibt es Angriffe gegen Wohnsitzlose, gegen die Ungeborgenen, die in Tiefgaragen, unter Brücken oder in Baustellen leben. Gewalt, die sich widerspiegelt in den öffentlichen Diskursen. Wenn über sie gesprochen wird, dann mit Verachtung und Hass oder Gleichgültigkeit. Als wären sie schuld, nicht nur an ihren eigenen Problemen. Als hätten Menschen, die arm sind, keine Rechte.

Bald sind Wahlen. Für mich ist die Frage, wie Politiker über Menschen in Armut reden, ein Entscheidungskriterium. Ich hoffe, für viele andere Menschen, die wählen gehen, auch!

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04FEB2025
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In meiner zweiten Klasse erzähle ich den Kindern von der Vesperkirche, also von den armen Menschen, die in die Kirche kommen. Die Kinder erklären mir, dass man den Leuten auf der Straße helfen kann und dass sie das auch tun und wie das in ihren Familien gesehen wird. Bei den einen sagen die Eltern: „Denen geben wir nichts; die geben das sowieso nur für Alkohol aus.“ Bei den anderen: „Ab und zu kann man schon etwas geben. Die haben ja sonst nichts.“

Ich erzähle ihnen auch von einem Mann, der verprügelt wurde, nur weil er auf der Straße lebt, und von einem großen starken Mann gerettet wurde, weil der sich mutig vor ihn gestellt hat. Wie der Mann, der gerettet wurde, am nächsten Tag mit gebrochener Nase in die Kirche kam. Ich bin beeindruckt, wie schnell die Kinder verstehen, worum es da geht.

Sonja meldet sich und erklärt: „Der ist doch genauso viel wert, auch wenn er auf der Straße lebt. Der ist auch ein Mensch!“ Leo will am liebsten die Angreifer verprügeln und meint dann: „Die sind richtig feige. Die wollen den umbringen, der sich nicht wehren kann. Aber vor dem großen Starken sind sie abgehauen!“ Julian sagt: „Weißt du, ich hatte den Arm gebrochen. Jetzt verstehe ich, wie sich das anfühlt, und dann weiß ich auch, wie man anderen helfen kann. Wenn es so weh tut, hat man ständig Angst; dann muss man aufpassen, dass keiner einen anrempelt.“ Ich sage den Kindern, dass sie viel schlauer sind als manche Erwachsene. Die könnten etwas von ihnen lernen!

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