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29MAI2023
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Viele Lachfältchen rund um die Augen. Tiefeingegrabene Falten auf der Stirn. Große, staunende Augen. Ein energisches Kinn. Lippen, an denen man gebannt beim Erzählen hängt… Gesichter sind so unterschiedlich - und so faszinierend. Finde ich. Können sie doch soviel über einen Menschen erzählen, kann man auch ohne Worte soviel mit ihnen ausdrücken.

Und das Gesicht meines Gegenübers richtig wahrnehmen, anschauen. Manchmal auch ohne Worte etwas, das unglaublich viel bedeuten kann.

Ich finde – ein Gesicht darf und sollte Bände sprechen – also davon erzählen, wie es mir geht, was ich erlebt habe, von der Situation, in der ich gerade bin, stecke. Kinder machen das noch ganz intuitiv. Und herrlich offen… Und das ist eigentlich ein echter Segen, diese Offenheit. Und dieses „Sich-Anschauen“. Denn nur so kommen wir wirklich miteinander in Kontakt, nur so können wir einander wahrhaftig kennenlernen und verstehen. – Eine ganz ähnliche Erkenntnis steckt auch in einem tatsächlichen Segen, der oft am Ende von Gottesdiensten gesprochen wird: „Gott hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“ Da steckt drin, dass Gott sich dem Menschen komplett zuwendet. Sich absolut nicht hinter einem „Pokerface“ versteckt, sondern uns offen und mit liebevollem Lächeln anschaut. Da steckt die Nähe drin, die entsteht, wenn wir unser Inneres übers Gesicht zeigen und ausdrücken. Wenn ich diesen Segenwunsch zugesprochen bekomme, dann bedeutet das für mich auch: Ich bekomme (zu-)gesagt, dass Gott mich mit seinem ganzen Gesicht anschaut. Dass ich mit ihm in Kontakt kommen kann. Dass Gott alles, was mir ins Gesicht geschrieben steht, richtig wahrnimmt. In diesem Segen steckt: Gott interessiert sich für jede und jeden und verspricht ihr und ihm Gnade und Frieden. Ganz direkt. Und von An-Gesicht zu An-Gesicht. Was für ein Segen.

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28MAI2023
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Sie hatten ihren Chef verloren. Ihren Freund. Ihren Inspirator. Den, der scheinbar immer Rat wusste. Und der eine klare Idee davon hatte, wie es weitergehen könnte. Wie die Zukunft aussehen sollte. Eine gute, gerechte, friedvolle Zukunft. Nicht immer haben sie ihn verstanden. Aber er hat sie gepackt. Mit seinen Ideen. Mit seiner Zuversicht. Hat sie begeistert. Und Hoffnung gemacht. Das doch noch alles anders werden könnte. Das es eine Lösung geben würde. Und jetzt - war er plötzlich weg. Zunächst ein Schock. Was sollte werden? Irgendwie verwirrt fühlten sie sich. Und ein bisschen wütend. Im Stich gelassen. – Jesus und seine Jüngerinnen und Jünger. Eine ganz besondere Geschichte. Eine besondere Freundschaft… Und die Himmelfahrt Jesu ein schwieriger Abschied. Hat er sie doch zurückgelassen – sie, auf der Erde, mitten in der Welt. Er im Himmel. Hoch oben, weit weg. Sohn Gottes. -  Aber – es musste weitergehen. Es braucht einen neuen Plan. Erste, zögerliche Schritte, erste Treffen in der Zeit danach… doch so richtig zündete das alles noch nicht. Und dann: Ein gewaltiges Brausen vom Himmel. Wie eine neue Idee, eine Euphorie, die durch einen hindurchfährt. Wie ein Geistesblitz, der einen erfasst und packt. Mit Begeisterung. Und Stärkung. Und Klarheit. An Pfingsten.

Und sie verstanden auf einmal, was sie tun konnten: Das was Jesus ihnen gesagt hatte, weitererzählen. Die Hoffnung, die sie dabei empfunden haben, weitertragen. Sich selbst einzusetzen für die gerechte, friedfertige Welt. Andere anstecken mit ihren Ideen. Und sie gleichzeitig mit ihrer Begeisterung und Freude nicht zu überfordern. Sondern sich ganz auf sie einzulassen. Damit sie verstehen - und verstanden würden. Im Namen Gottes. Der immer bei ihnen sein würde, im Himmel und auf Erden, jetzt, und bis an das Ende aller Tage und Zeiten. Was für ein Plan.

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27MAI2023
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70 Jugendliche lungern müde auf ihren Stühlen herum. Viele von ihnen haben die ganze Nacht durchgemacht. Mein Kollege Tobias hat mit einem Team ein Wochenende für junge Leute organisiert, die sich auf die Firmung vorbereiten. Also das Fest, bei dem Menschen der Geist Gottes zugesagt wird. Jener Heilige Geist, den Christen auch jetzt an Pfingsten wieder feiern. Nun sind viele der Jugendlichen noch nicht sonderlich begeistert an diesem frühen Morgen. Aber das wird sich schnell ändern. Denn mein Kollege hat sich da was Spannendes einfallen lassen. Er hat ganz unterschiedliche Menschen eingeladen, die den Jugendlichen erzählen, warum sie an Gott glauben. Er nennt sie das das „Team Jesus“. Ich bin einer davon. Mein Kollege meint: „Jeder von uns steht mit seinen Stärken und Schwächen im Team Jesus. Ich muss kein fertiger Glaubensprofi sein, um von ihm eingesetzt zu werden. Er baut auf mich, so wie ich bin, mit meinen Fragen, Zweifeln, Talenten und Ideen. Da, wo ich in meinem Alltag bin, soll ich anderen Menschen durch mein Leben zeigen, dass Gott gut ist.“ Das trifft er bei mir einen Nerv. Denn genau dafür bin ich mal angetreten. Ganz vieles, was in den letzten Jahren an Missständen und Skandalen in der Kirche ans Tageslicht kam, macht mich wütend und fassungslos. Und gleichzeitig glaube ich, dass die frohe Botschaft von diesem Jesus weiterhin hochaktuell und wichtig ist in einer Welt, die so dringend Nächstenliebe und Hoffnung braucht. Der Vormittag hat auch mich gestärkt – denn zu sehen, dass auch andere Menschen im Team Jesus an ganz verschiedenen Orten seiner Botschaft folgen- egal ob haupt- oder ehrenamtlich- macht mir Mut: Zum Beispiel im Hospiz, in der Hilfe für geflüchtete Menschen oder in der Telefonseelsorge. Und ich glaube fest: Auch jeder der 70 Jugendlichen, ja jeder Mensch hat die Freiheit diese Welt etwas besser zu machen. In diesem Sinne: frohe Pfingsten, denn ich bin sicher: Der Geist Gottes weht wo er will

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26MAI2023
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Genau heute vor drei Jahren hatte ich mehrere Termine, aber alle an einem Ort: an meinem Schreibtisch. Zwei Telefonkonferenzen. Und drei Videokonferenzen. Allein bei dem Gedanken bekomme ich heute Kopfschmerzen – aber damals war das noch was Neues.

Genau heute vor zwei Jahren hab ich mit Pfadfindern, die ein virtuelles Pfingstlager veranstaltet haben, einen digitalen Gottesdienst gefeiert. Ein virtuelles Pfingstlager? Das ging so, dass jeder und jede im eigenen Zelt im Garten geschlafen hat und sich dann einzeln von zu Hause aus mal mit besserem, mal mit schlechterem W-Lan zuschaltete.

Und vor genau einem Jahr war ich mit meiner Clique in der Eifel wandern und jetzt waren auch endlich alle Cafés und Restaurants am Wegesrand wieder geöffnet und nach einem tollen Tag haben wir abends noch geschlemmt und miteinander angestoßen. Ohne an Aerosole oder Symptome zu denken. Prost Leute!

Manchmal frage ich mich: Wie verrückt ist diese Zeit der Pandemie gewesen!?! Und dann werde ich oft auch ganz dankbar: Dankbar, dass so vieles wieder geht. Lange Zeit war ich nicht sicher, ob es sowas wie Normalität überhaupt noch mal geben wird. Denn eines hat sich während der Pandemie in meine Seele gebrannt: nichts ist selbstverständlich. Und für viele andere Menschen auf unserem Globus ist es das auch nach wie vor nicht-sei es wegen einem Krieg, wegen Umweltkatastrophen, wegen finanziellen Problemen oder chronischen Krankheiten. Umso dankbarer will ich jeden Tag sein für das was geht-auch für die vermeintlichen Selbstverständlichkeiten: meinen geliebten Kaffee mit Freunden in der Lieblingsbar trinken, mit anderen Musik machen, mich spontan zum Fußball gucken in einer Kneipe verabreden.  Danke Gott, dass das alles wieder geht! 

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25MAI2023
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Sonnenuntergang in der Toskana. Nach vielen Stunden im Zug warte ich darauf, von Freunden abgeholt zu werden, damit der Urlaub beginnen kann. Als ich ins Auto einsteige, ist es fast dunkel und wir fahren 20 Minuten über Stock und Stein. Ich sehe nur noch Umrisse, Silhouetten und erahne, dass wir da mitten auf dem Land unterwegs sein müssen. Hundemüde falle ich ins Bett.

Am andern Morgen öffne ich den grünen, typisch italienischen Holzfensterladen. Und traue meinen Augen nicht: Ich blicke in ein atemberaubend schönes Tal. Zypressen, Olivenbäume und Pinien umranken das Panorama. Ich bin hellwach und schicke ein Dankgebet gen Himmel.

Und dann fällt mir eine Bibelstelle ein: „Jetzt […] sehen wir nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen.“ (1 Kor 13,12) Paulus hat das in einem Brief geschrieben. Nicht über die Toskana, sondern über seinen Glauben an Gott. Und diesen Kontrast- von rätselhaften Umrissen zum klaren Blick – den hab ich zwischen meiner Ankunft am späten Abend bis zur Morgendämmerung selbst durchlebt. Diese Erfahrung hilft mir jetzt Paulus besser zu verstehen: Dass wir hier auf Erden nämlich immer nur vorläufig von Gott sprechen können, dass wir von ihm immer nur einen Teil erkennen, vieles vielleicht auch rätselhaft und im Dunkeln bleibt. So wie bei der Autofahrt zur Unterkunft am Abend. 

Der wunderbare Blick am Morgen in die Schönheit der Toskana erinnert mich dann aber auch daran, wie das wohl wird, wenn ich irgendwann Gott von Angesicht zu Angesicht sehe. Wenn ich bei meinem Schöpfer ankomme und sich vielleicht auch manche Frage und manches Ungeklärte erhellt. Bis dahin freue ich mich an der Schönheit seiner Schöpfung, in der ich schon heute seine Spuren erkennen kann.

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24MAI2023
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Auf dem Heimweg aus dem Urlaub bin ich den Brenner, den Grenzpass zwischen Italien und Österreich, zum ersten Mal mit dem Zug gefahren- und musste etwas mehr als Grenzwertiges erleben:

Kurz vor dem Tunnel betreten drei italienische Grenzbeamte unser Zugabteil. Von den rund 40 anderen Passagieren im Abteil wird niemand kontrolliert. Aber bei unserem Vierersitz bleiben sie stehen: „Die Ausweise bitte.“ Ich denke mir nichts dabei und zeige meinen Perso. Genauso wie die Frau mit weißer Haut gegenüber und der Mann mit schwarzer Haut daneben. Während die Frau und ich den Ausweis nach wenigen Sekunden wieder in Händen halten, wird bei dem Schwarzen Mann weiterrecherchiert. Strenge Blicke. Und dann: Pass zurück. Alles in Ordnung. Eine Frau, die ein niederländisches Buch liest, sagt: „I feel ashamed.“ Und so fühle ich mich auch: beschämt. Ich überlege, ob ich den Mann ansprechen soll. Und gebe mir einen Ruck, als der Zug weiterfährt nach Österreich. „Passiert sowas öfter?“, frage ich ihn. Er erwidert traurig: „Jeden Tag. Das ist Diskriminierung. Das ist Europa“.

Die Frau gegenüber atmet tief aus. Ihr kommen die Tränen. Sie erzählt, dass ihr Vater, ebenfalls Migrant, auch Alltagsrassismus erfahren musste. Und dass das nun in ihr hochkommt. Betretenes Schweigen. Wir fahren über die Grenze. Und dann geht es von vorne los: Zwei Grenzbeamte aus Österreich kommen ins Abteil. Wieder bleiben sie bei uns stehen- nur bei uns. Wieder zeigen die Frau und ich schnell unsere Papiere – wieder wird nur der Ausweis des Schwarzen Mannes ins Visier genommen. Wieder bleibt er freundlich. Als die Grenzbeamten weg sind, schaut er traurig auf den Boden. Für mich waren das am Brenner Grenzüberschreitungen, die mich noch lange nachdenklich machen.

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23MAI2023
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Auf jedem zweiten Buch in meinem Regal prangt der Aufkleber „Bestseller“. Auf Straßenlaternen sehe ich unterwegs oft Abzeichen vom 1. FCK, Mainz 05 oder BVB 09. Und auf Autos: „Baby an Bord.“ Überall kleben sie: Sticker. Menschen demonstrieren damit mal weltanschauliche, mal witzige Einstellungen. Umso verblüffter war ich, als auf einer Geburtstagsfeier ein Kollege* ganz eigenartige Sticker auf dem Tisch verteilte. Denn darauf stand das Wort: DEMUT. Eine etwas aus der Mode gekommene Tugend, dachte ich. Warum verteilt er sie hier? Und wie kommt er drauf? Er findet, dass man den Sticker mal an so einige Kirchentüren kleben sollte. Als Erinnerung für das Bodenpersonal, das niemals sich selbst feiern sollte, sondern immer den, von dem alles Leben kommt. Und als Erinnerung daran, dass niemand gedemütigt werden darf – viel zu lange hat das die Kirche mit Menschen gemacht. Ihr Gründer Jesus Christus hingegen wollte immer das Gegenteil: Menschen stark machen, aufrichten, ihnen Hoffnung schenken. Der Demut-Sticker ist auch, aber nicht nur in der Kirche als Erinnerung notwendig: Mir fallen viele Orte ein, wo ich ihn gerne mal drankleben würde: Banken etwa, oder Kleiderständer mit Markenklamotten. Firmen, die mit Produkten Geld machen, für die andere oft unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften. Oder glitzernde Konzernzentralen privater Altenheimbetreiber, errichtet auf dem Rücken von Pflegekräften, die sich den Buckel krumm machen. Da überall fehlt Demut.

Aber auch mir selbst würde ich einen Sticker auf den Spiegel kleben: Immer dann, wenn ich denke, dass ich der Nabel der Welt bin. Denn davor ist niemand gefeit. Im Lateinischen heisst Demut „humilitas“. Da steckt auch das Wort „Humor“ drin. Sich selbst nicht so ernst nehmen, mal über sich lachen können, auch das ist eine Facette der Demut. Außerdem steckt in „humilitas“ das Wort Humanität – Menschlichkeit. Die Einsicht, dass wir alle als Menschen aufeinander angewiesen sind. Ich hab mir bei meinem Kollegen also gleich mal eine Packung Sticker für mich und andere bestellt.

*Fabian Schweer und Tobias Otte, Bistum Osnabrück

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22MAI2023
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Ein Montag nach einem schönen langen Wochenende - Christi Himmelfahrt sei Dank. Aber was soll das eigentlich sein? Christi Himmelfahrt?! Eine Raumfahrt mit Jesus als Astronaut? Sicher nicht. Im Englischen gibt es zwei Begriffe, die weiterhelfen können. „Sky“, also der astronomische Himmel. Und „heaven“, der religiöse Himmel. Ich habe Physik nach der zehnten Klasse abgewählt, kann als Theologe also nur was zum „heaven“ sagen.  Einen, der sich mit beiden Himmeln auskennt, durfte ich aber für ein Interview treffen: Den Astrophysiker Heino Falcke. Er hat mit einem Team als erster Mensch ein so genanntes Schwarzes Loch fotografiert. 2019 ging das Bild millardenfach um den Globus. Heino Falcke ist aber auch engagierter Christ. Für den Professor sind Naturwissenschaft und Glaube kein Gegensatz, sondern ergänzen einander. Er sagt: „Wer behauptet, Gott sei überflüssig, weil die moderne Physik bereits alle Fragen beantwortet habe, macht es sich zu einfach. Im Gegenteil sage ich: Gott ist heute nötiger denn je. Der großen philosophischen Frage, woher wir kommen, ist die Naturwissenschaft letztlich keinen einzigen Schritt nähergekommen. Wir wissen heute viel mehr als jemals zuvor, aber wir wissen heute auch vielmehr von dem, was wir nicht wissen können.“*

Was aber bedeutet das Fest Christi Himmelfahrt einem Wissenschaftler, der sich sein ganzes Leben lang mit Sternen, Galaxien, Universen und Schwarzen Löchern beschäftigt hat?  Professor Heino Falcke sagt: „Wir werden nichts mitnehmen von dem, was wir hier auf der Erde schaffen. Und auch das ganze Universum ist entstanden und wird wieder vergehen […]. Und doch sind wir glaube ich eingebettet in eine größere Wirklichkeit, in eine größere Hoffnung, wir kommen von einem Schöpfer und wir gehen wieder zu einem Schöpfer. Und da bin ich zu Hause. Und da empfinde ich auch den Sinn meines Lebens.“**

 

** Heino Falcke mit Jörg Römer: Licht im Dunkeln. Schwarze Löcher, das Universum und wir. Die illustrierte Ausgabe, Klett-Cotta, Stuttgart 2021, S.413-414.

** https://www.kirche-im-swr.de/beitraege/?autor=227

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21MAI2023
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Was ist der Unterschied zwischen Jesus und Bundesbauministerin Klara Geywitz? Richtig: Jesus hat einen Joker gegen Wohnungsnot in der Hand! So steht es jedenfalls in der Bibel: Da sagt Jesus: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen“ (Joh 14,2). Freie Wohnungen gibt es bei Gott, der Vater und die Mutter aller Menschen ist. Dieser Satz von Jesus bezieht sich natürlich nicht auf frisch beziehbare Einfamilienhäuser, Sozialwohnungen aus Beton oder Holz, noch nicht mal auf die so dringend benötigten aber für mich und viele aus meinem Freundeskreis kaum erschwinglichen Bauplätze. Der Satz wurde immer auf die Hoffnung hin interpretiert, dass wir nach unserem Tod bei Gott eine Wohnung, einen Platz finden. Und darauf hoffe ich auch, wenn ich mich irgendwann mal auf die ewige Wohnungssuche aufmache.

Ich glaube, dass dieser Satz aber trotzdem auch was mit dem Diesseits zu tun hat. Wie gesagt, nicht mit steigenden Mietpreisen und explodierenden Materialkosten. Die Bibel ist keine Bauanleitung. Aber ich glaube, dass dieser Satz „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen“ etwas über diesen Gott, meinen Schöpfer aussagt: Bei Gott gibt es Platz! Viel Platz! Gott will, dass Menschen ein zu Hause finden. Dass es Platz gibt, ganz besonders für die, die viel zu oft an den Rand gedrängt werden. Die vielen Menschen mit kleinen Einkommen, die teilweise mehrere Jobs annehmen, um über die Runden zu kommen. Und die sich trotzdem die steigenden Mieten nicht mehr leisten können. Für die ein Eigenheim ein „Traum-Haus“ bleibt, weil es bei diesen Zinsen und Unsummen nichts mit der Realität zu tun hat. Für die wohnen zum Luxus wird. Oder noch krasser: Obdachlose Menschen, die auf der Straße leben – aus den unterschiedlichsten Gründen. Oder Menschen, deren Haus im Krieg zerstört wurde und die Hab und Gut auf der Flucht hinter sich lassen mussten. Jesu Worte lösen keine konkrete Wohnungssuche – aber sie erinnern die Gesellschaft an ihre Pflicht, Platz zu schaffen für alle, die dringend Platz zum Leben brauchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37689
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20MAI2023
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Ich habe einen kleinen Hund. Und nicht irgendeinen. Mein Hund ist ein kleiner Terrier. Für alle, die nicht wissen, wie Terrier so sind: mein Hund ist ein kleiner Knubbel Freiheit. Er ist voller Energie und Tatendrang, voller Lebensfreude und Neugierde, ungeduldig, dickköpfig und auf seine Art furchtlos. Er hat einen eigenen Willen und den versucht er, auch durchzusetzen. Ihm ist egal, was andere von ihm denken, er macht das, was er für richtig hält.

In der Bibel steht: „Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit.“ (2. Korinther 3,17)
Und wenn mein kleiner Hundeterrier mit dieser unbändigen Lebenslust neben meinem Fahrrad geradezu fliegt, wenn er, wie heute Morgen, um mich herum hüpft und bellt, weil ich nicht schnell genug den Tannenzapfen werfe, weil ich zu sehr lachen muss – dann spüre ich etwas von diesem Freiheitsgefühl.

Kirchen und Religionen neigen leider etwas zur Fraktion Hundeleinenzwang. Aber wenn ich so meinen Hund angucke, dann habe ich den Eindruck, dass Gott uns immer wieder daran erinnert: „Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit!“

Wir sind so frei, wir dürfen sein, wie wir sind. Wir sind so frei, wir können uns voller Energie, Tatendrang und Neugierde ins Leben stürzen und das Leben leben!

Und wenn wir das mal vergessen, dann hilft Gott auch manchmal ein kleiner freiheitsliebender Hund, uns daran zu erinnern: Wir sind frei, weil wir Gott auf unserer Seite haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37674
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