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15MAI2025
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Ich möchte mithelfen, dass sich etwas ändert. Es geht um psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Und damit sich etwas ändert, muss das Problem bekannter werden.

Ein befreundeter Lehrer hat es einmal so gesagt: „Bei uns an der Schule nimmt es zu. Und oft kann man gar nicht genau sagen, was die Ursache ist.“ Und ein Schulleiter meint dazu: „Dass psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zunehmen, das merken wir in der Schule schon seit Jahren. Wir merken aber nichts davon, dass die Hilfe für die Erkrankten und ihre Familien ausgebaut wird.“

Damit bringt er das Problem auf den Punkt: Es gibt viel zu wenig Hilfe bei psychischen Erkrankungen. Wartezeiten von einem halben Jahr sind normal, oft noch länger. Für die jungen Menschen im Wachstum und der Entwicklungsphase ist das eine Ewigkeit. Und gleichzeitig leidet die ganze Familie mit. Und nur wenige trauen sich, offen mit der Erkrankung umzugehen. Weil Menschen mit psychischen Erkrankungen oft noch immer stigmatisiert oder ausgegrenzt werden.

Deswegen möchte ich mithelfen, dass sich etwas ändert. Allen Familien mit psychisch erkrankten Kindern will ich Mut machen: Sprecht mit anderen über eure Situation. Zieht euch nicht zurück. Es kann sein, dass manche nicht damit umgehen können und verletzende Sprüche oder Verhalten folgen. Ich bin mir aber sicher: Es gibt viele, die euch unterstützen.

Den Verantwortlichen im Gesundheitswesen möchte ich eine Frage stellen: Warum ist es nicht möglich, dass es mehr Therapieangebote gibt? Wir kämen doch nie auf die Idee, jemandem mit gebrochenem Bein zu sagen, dass der Gips erst in sechs Monaten angelegt werden kann! Warum lassen wir das bei einer psychischen Erkrankung zu?

Und an alle anderen habe ich eine Bitte: Wer mitbekommt, dass es jemandem nicht gut geht, egal ob jung oder alt, geht gut mit ihnen um. Und unterstützt bitte so, wie es die eigenen Kräfte zulassen.

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14MAI2025
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Ich war erst mal komplett perplex, als Andreas angerufen hatte. Wir haben uns noch nie gesehen, kennen uns eigentlich nicht. Meine Telefonnummer hat er online gefunden. Begegnet sind wir uns bisher nur online im Kommentarbereich. Nicht zu einem großen politischen Thema. Sondern zu einer Spielzeugrennbahn. Eigentlich komplett belanglos. Aber wo eine Leidenschaft ist, kann es auch mal intensiv werden. Als unsere Diskussion immer mehr Fahrt aufgenommen hatte, festgerannt war, hat er die Bremse reingehauen und das direkte Gespräch am Telefon gesucht.

45 Minuten hab ich mit Andreas telefoniert. Im direkten Gespräch noch mehr Argumente ausgetauscht, als es online schriftlich möglich war. Und so überrascht ich über seinen Anruf war – und ja, ich fand das zuerst richtig creepy –, so gut war das hinterher. Wir sind uns einig, dass wir in einigen Punkten weiterhin unterschiedlicher Meinung sind. Aber wir verstehen den anderen jetzt besser.

Wenn ich mir andere Onlinediskussionen anschaue, dann bräuchten wir eigentlich mehr Menschen, die wie Andreas sind. Menschen, die direkt miteinander reden – und sich auch verstehen wollen. Immer wieder erlebe ich es eher so, dass sich einige einfach nur empören wollen. Nicht mehr, nicht weniger.

In den 10 Geboten gibt es den Ruhetag von der Arbeit. Vielleicht täte uns als Gesellschaft ein Social Media-Ruhetag gut. Kein fester Tag, sondern jede und jeder für sich. Einfach mal die Bremse reinhauen. Ein Tag, ohne hier und da zu kommentieren, ohne Aufregung. Bremsen. Durchatmen. Und dann ohne Aufregung wieder das Gespräch suchen.

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13MAI2025
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Die Kinder prosten sich zu, stoßen mit den Bechern an – und ich stehe erst mal irritiert daneben. In der Kirche, in meinem Talar. Die meisten der Kinder, acht, neun Jahre alt, haben zum ersten Mal das Abendmahl mitgefeiert. Mit einem Stück Brot und einem Schluck Traubensaft in einem kleinen Becher.

Davor haben wir uns an einigen Nachmittagen damit beschäftigt, was denn das Abendmahl eigentlich ist und warum wir es feiern. Und was soll ich sagen: Die Kinder haben es so gut verstanden. Das Abendmahl ist wie ein festliches Abendessen mit Jesus, zu dem alle eingeladen sind. Wir Christinnen und Christen feiern das in Erinnerung an sein letztes Abendessen mit seinen Freundinnen und Freunden.

Bei diesem Essen waren alle dabei. Auch Petrus, der später sagen wird, er würde Jesus nicht kennen. Oder Judas, das ist der, der Jesus verraten wird. Alle sind dabei. Prosten sich zu, feiern zusammen.

Und genau das haben die Kinder verstanden: Beim Abendmahl sind alle eingeladen. Wir feiern da etwas. Die Gemeinschaft miteinander und mit Jesus. Und wie es bei einer Feier ist: Da prostet man sich auch zu und stößt auch mal miteinander an. Als ich das nach dem ersten Abendmahl mit den Kindern kapiert hatte, war meine Irritation auch gleich verflogen.

Seitdem erlebe ich das Jahr für Jahr: Dass die Kinder, denen ich vom Abendmahl erzähle, das ganz selbstverständlich verstehen. Und so feiern sie Abendmahl miteinander. Sie prosten sich zu, und manchmal stoßen sie auch an: „Lechajim“ heißt ein hebräischer Trinkspruch. Den gab es zu Jesu Zeiten vielleicht noch nicht. Aber er passt zum Abendmahl. „Lechajim“, das heißt: „Auf das Leben!“.

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12MAI2025
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Die Kinder würden am Mittwochabend ohne Trainerin dastehen, im Keller stünde ohne freiwillige Feuerwehr nach dem Unwetter tagelang das Wasser und nach dem Gottesdienst am Sonntag gäbe es keinen Kaffee. Nur drei Beispiele, was uns alles fehlen würde, wenn Menschen sich nicht ehrenamtlich engagieren würden. Im Sport, im kulturellen Bereich, in der Politik, der Gesellschaft und natürlich auch in der Kirche. Überall sorgen sie für ein reiches, breit gestreutes Angebot von Gruppen für jedes Alter und mit verschiedenen Interessen.

Es gibt auch eine ehrenamtliche Aufgabe in der evangelischen Kirche, von der vielleicht nicht viele wissen: Gottesdienste gestalten. Die Menschen, die das ehrenamtlich machen, heißen Prädikantinnen und Prädikanten. Sie haben eine intensive Ausbildung hinter sich. Denn sie suchen Lieder aus, machen sich Gedanken zum Predigttext, schreiben Gebete. Und dann stehen sie, in der Regel sonntags, vor der Gemeinde. Allein das ist für manche zu Beginn schon eine Überwindung: vor anderen Menschen ins Mikrofon sprechen. Etwas von sich und dem eigenen Glauben zu erzählen.

Warum sich Prädikantinnen und Prädikanten und so viele Ehrenamtliche in anderen Bereichen so einsetzen: Es tut anderen gut. Es tut auch mir selbst gut, anderen etwas Gutes zu tun. Und was ich besonders spannend finde: Ich kann im Ehrenamt richtig dazulernen. Wie erstelle ich einen Trainingsplan? Wie kann ich jemanden aus einem brennenden Haus retten? Was haben andere schon zu einer Bibelstelle gedacht? Vom Ehrenamt profitieren im Idealfall also alle.

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11MAI2025
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Menschen liegen auf dem Boden. Vielleicht hat sie vor einem Jahr jemand gesehen. In der eigenen Innenstadt oder irgendwo auf einem Videoclip oder Bild. Viele von denen, die da liegen, haben Schilder dabei. „Hilfe“ steht in Großbuchstaben darauf. Oder „Anerkennung. Aufklärung. Versorgung. Forschung“. Auf einem anderen Schild „Könnt ihr mich jetzt sehen?“, zusammen mit einem Portrait.

Angehörige haben so demonstriert. Nur anstatt wie sonst im Stehen oder mit einem Marsch eben im Liegen. #LiegendDemo haben sie das genannt. Auf den Boden gelegt haben sich die Demonstrierenden für Menschen, die am chronischen Erschöpfungssyndrom leiden. Die Krankheit ist noch schlecht erforscht. Wie es genau dazu kommt, ist deswegen nicht ganz klar. Viele leiden nach einer Virus-Infektion daran. Es gibt deswegen kaum medizinische Hilfe für Betroffene, dabei stellt sich deren Leben auf den Kopf. Darum demonstrieren auch die Angehörigen und nicht die Erkrankten: Die haben nämlich einfach keine Kraft dazu.

Wer am chronischen Erschöpfungssyndrom erkrankt ist, ist nicht einfach nur müde. Es geht weit darüber hinaus. Die Mutter der 17-jährigen Carlotta sagt zum Beispiel:

„Sie hatte Kopfschmerzen, Schwindel, Geräuschempfindlichkeit, hatte angefangen, willkürlich zu zittern, das Bein knickte ihr einfach weg. Das eigene Kind so zu sehen. Wenn sie absolut schwach ist, nicht mehr sprechen kann, weil sie so erschöpft ist, weil ihr Körper nicht mehr funktionieren kann. Sie mit 17 Jahren wieder füttern zu müssen, was ich natürlich tue, um Gottes Willen, aber das geht einem unglaublich an die Substanz.“

Jedes Jahr am 12. Mai erinnern Angehörige an ihre Erkrankten. Sie suchen Hilfe, Verständnis und wollen vor allem auf die Menschen aufmerksam machen, die ihnen wichtig sind. Wollen die sichtbar machen, die selbst keine Kraft dazu haben, sichtbar zu sein. Mit Aktionen wie der #LiegendDemo. Auch in diesem Jahr, heute und morgen.

Quelle: Liegender Protest: Demos für Fatigue-Syndrom-Betroffene in Köln und Bielefeld - Nachrichten - WDR

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10MAI2025
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Die selbstgebaute Legorakete meines Sohns hat mir schon den letzten Nerv geraubt. Seit Wochen liebt Matteo alles, was mit Weltraum zu tun hat, vor allem sein Spaceshuttle aus Lego. Das muss ich gefühlt jeden Tag mit ihm zusammenbauen und die Hälfte der Teile unterm Sofa rausziehen.

Aber jetzt hat unser dreijähriger Matteo damit einen echten Hammer gebracht. Er rennt mit dem Teil durch die komplette Wohnung und ruft: „Hey Papa, komm wir fliegen damit hoch bis zu Uropa.“  Sofort muss ich schlucken, denn sein Uropa ist noch gar nicht lange tot. Matteo schnappt meine Hand und zerrt mich ins Spielzimmer. Dann erklärt er mir nochmal genauer: „Weißt du Papa, mein Spaceshuttle kann ganz weit hoch in den Himmel fliegen. So weit! Bis zu Uropa Bernhard.“

„Wow, soweit kann das fliegen, das ist aber toll.“ antworte ich. Mein Sohn blickt mich voller Stolz an: „Mhm, der Uropa ist jetzt im Himmel ganz weit oben, oder?“ Ich darauf: „Ja, das hoffe ich.“

Trauern ist nicht leicht. Schon gar nicht im Kinderzimmer. Mein Glaube ist dabei auch ein bisschen wie eine Legorakete. Er schiebt mich immer wieder an und gibt mir die Hoffnung, dass unser Uropa nun an einem besseren Ort ist. Aber so eine Legorakete kann auch mal kaputt gehen. Gerade wenn ich trauere, habe ich oft Zweifel, da fließen auch Tränen und ich muss irgendwelche kaputten Teile in mir drin wieder einsammeln.

Doch das Schöne an Lego und auch an meinem Glauben ist, dass ich einzelne Bausteine niemals wegschmeißen muss. Was irgendwo rausgebrochen ist, kann ich wieder zu was Neuem zusammenbauen. Im Kinderzimmer übe ich jeden Tag, wie das geht.

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09MAI2025
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Nun ist der neue Papst doch eine Überraschung. Keiner von denen, die in den letzten Tagen so hoch gehandelt wurden. Robert Francis Prevost ist der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri. Er nennt sich Leo XIV. und stellt sich damit in die Tradition eines Namensvorgängers aus dem 19. Jahrhundert. Papst Leo XIII. ist in die Geschichte eingegangen, weil er sich sehr ausführlich mit sozialen Themen beschäftigt hat. Ob das als erstes kleines Programm des neuen Pontifikats verstanden werden darf? Mir würde das gefallen.

Viel mehr kann man über den neuen Papst einen Tag nach seiner Wahl kaum sagen. Aber ich kann sagen, was ich hoffe und wo ich wünsche, dass er Akzente setzt.

  • Ich hoffe sehr, dass Papst Leo ganz nahe an den Menschen dran ist und ein offenes Ohr für sie hat. Und ein Löwen-Herz. Für ihre Nöte und Sorgen, wie auch immer sie aussehen mögen.
  • Ich hoffe, dass er sich aktiv für den Frieden in unserer Welt einsetzt, in der Ukraine und im Gaza; dass er die Kriegsgegner nach Rom einlädt, sie an einen Tisch bringt und ihnen ins Gewissen redet.
  • Ich hoffe, dass er alte Gräben überwindet und neue Brücken baut. In der christlichen Ökumene, die für uns Deutsche so wichtig ist. Aber auch mit dem Islam, weil es eine Katstrophe ist, wenn Menschen wegen Gott zu Feinden werden.
  • Und schließlich und vor allem hoffe ich, dass er sich auch in unerwarteten Momenten auf Jesus beruft. Damit nicht vergessen wird, was für unseren Herrn und Meister wichtig war. Nur die Wahrheit macht frei. Und die Liebe ist unsere größte Gabe.

Gott segne dich, Papst Leo!

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08MAI2025
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Ein Datum oder Tag kann eigentlich kein Stolperstein sein, klar! Aber der heutige Tag ist genau das! Der 8. Mai ist ein Stolperstein in meinem Kalender. Ein Termin, der auffällig „quer liegt“ und an dem ich irgendwie hängen bleibe. Natürlich gibt es x Gedenktage und die meisten gehen an mir vorbei. Aber dieses 80. Jubiläum heute kann und will ich nicht übersehen. So wie die unzähligen goldenen Stolpersteine, die an so vielen Stellen in den Straßen verlegt sind und an die vielen Opfer des NS-Regimes erinnern.

Heute vor genau achtzig Jahren hat Deutschland kapituliert, und damit war der zweite Weltkrieg und die grauenhafte NS-Diktatur endlich vorbei. Das ist ein Ereignis, das gefeiert werden soll, und ich frage mich sofort: „Wie soll das gehen?“ Sicher nicht mit Sekt und Party, eher eben mit Stolpern. Denn wenn ich stolpere, halte ich inne, und schau zurück, was da quer liegt und mich irgendwie aus dem Tritt gebracht hat. Ich will wissen, wie diese unsagbare Katastrophe passieren konnte. Wie es dazu kam, dass unser Land von Hass und Menschenverachtung regiert wurde. Und natürlich was ich heute tun kann, damit so etwas nie wieder passiert. Dafür möchte ich mich heute bücken. Auch wenn es mühsam ist. Ich will bewusst die Namen der vielen Opfer und ihre Geschichte auf den Stolpersteinen lesen.

Gleichzeitig werde ich heute auch feiern. Ich werde feiern, dass dieser Tag Millionen Menschen von Krieg, Hass und Gewalt befreit hat. Und ich feiere heute auch alle, die sich engagieren. Für Vielfalt, Gerechtigkeit und Frieden.

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07MAI2025
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Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiund... Das sind 2,5 Sekunden. So schnell geht ein Boxenstopp von Lewis Hamilton oder Lando Norris. Wenn ich den bei der Formel 1 beobachte, muss ich hin und wieder an Mönche im Kloster denken. 

Auch wenn man denkt: Mönche und Formel 1 – das passt doch gar nicht. Die beiden haben was gemeinsam. Denn schon lange bevor es die Formel 1 gab, haben die Mönche in den Klöstern so was wie Boxenstopps gemacht, jeden Tag. Bei den Benediktinern heißt das „Ora et labora“, also „Beten und Arbeiten“. So alle drei Stunden werden Spaten, Kochschütze und Arbeitshandschuhe fallen gelassen und die Mönche treffen sich in der Kirche. Sie machen einen kurzen Stopp mit Gott, nehmen sich einen Moment zum Durchatmen und Gedanken sortieren. Und danach geht´s, wie bei der Formel 1, mit frischer Energie weiter. Nur eben in den Klostergarten oder in die Küche.

Ich finde dieses Prinzip sinnvoll. Natürlich kann ich dafür nicht immer in eine Kirche gehen. Meistens reicht mir aber auch ein Moment im Alltagshusle. Ein kurzes Durchatmen an der Kaffeemaschine im Büro, ein wenig frische Luft in der Mittagspause. Oder ich leg zwischen Staubsaugen und Essen kochen für ein paar Minuten die Füße hoch.

Gerade wenn ich viel zu tun habe, fällt es mir schwer mal kurz Pause zu machen. Aber wie bei der Formel 1 reichen mir manchmal auch nur ein paar Sekunden. Ein kleines Stoßgebet. Mein Boxenstopp mit Gott.

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06MAI2025
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Meine Schülerin Maria aus der 11. Klasse ist echt clever. Ich bin ihr Religionslehrer und unter eine Frage in der Klassenarbeit hat sie diese Gegenfrage geschrieben: „Wie können Sie an Gott glauben, wenn so viel Schlechtes passiert?“ Puh, was soll ich darauf nur antworten? Da stecken ja noch ein paar andere Fragen drin, zum Beispiel: Ist Gott wirklich gut? Kann er wirklich alles? Wenn ja, warum verhindert er dann nicht das Leid in der Welt?

Auf die ganzen Fragen hab ich keine schnellen Antworten, aber ich kenne eine Szene aus der Bibel, die mir da wichtig ist. Da trifft Mose auf Gott und fragt ihn nach seinem Namen. Der antwortet ganz schlicht: „Ich heiße: Ich bin da.“ Mose ist erst verwirrt, aber dann kapiert er: bei dem Namen geht’s um ein Versprechen: „Wenn es dir schlecht geht, wenn du Angst hast oder an dir zweifelst. Ich bin da.“

Meine Antwort auf Maria´s Frage könnte also lauten: „Ich kann an Gott glauben, weil er diesen besonderen Namen hat. Mein Gott kann zwar nicht alles Leid in der Welt verhindern oder alles Schlechte wegzaubern, aber er versichert mir: „(Hey,) ich lass dich nicht im Stich.“

Wenn ich so an Marias schwieriger Frage rumdenke, kommt mir noch eine andere Frage. Die geht direkt an mich und heißt: „Bin ich auch da?“ Vielleicht für einen Kumpel, der sich gerade getrennt hat? Für den Jungen, der an der Bushaltestelle neben mir gemobbt wird. Oder für die Vielen, denen es schlecht geht und die niemand sieht, weil sie am Rand stehen.

Da kann ich wie Maria fragen „Wo bist du, Gott?“, und „Wo bin eigentlich ich?“

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