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Ich freue mich jedes Jahr auf die so oft besungene »Stille Nacht«. Doch wann beginnt sie eigentlich? Und woran merke ich das? Im Kalender steht am 24. Dezember: „Heiligabend“.
Aber so richtig still und heilig hat bei mir der 24.te noch nie begonnen. Im Gegenteil. Am Morgen heißt es: Einkaufen für die Festtage, Baum schmücken, Anrufe mit guten Wünschen für die Festzeit. Am Nachmittag wird es allmählich ruhiger.
Weihnachten wird spürbar - nach Ladenschluss. Aber selbst Gottesdienst und Bescherung sind für mich noch nicht wirklich »Stille Nacht«.
Erst so gegen 20 Uhr - gibt es für mich – zwei Spuren zur »Stillen Nacht«. Da sind dann so gut wie keine Autos mehr auf der Bundesstraße unterwegs. Und früher – hat mir ein Freund erzählt – war um diese Zeit selbst im Rechenzentrum der Uni niemand mehr tätig. Für ein, zwei Stunden. Einmal im Jahr. Sonst nie.
Da könnte man meinen: Die Zeit steht still. Stille Nacht.
Nichts geht mehr weiter wie sonst. Und – paradox genug – genau dann – wenn nichts mehr besorgt und geschafft wird, kann das geschehen, mit dem niemand rechnet. Ich muss dabei dann unweigerlich an die Nacht der Hirten vor Bethlehem denken.
Wo scheinbar nichts geschah, wo alles so dahindämmerte. Da - mit einem Mal - ist das Unfassbare in ihr Leben getreten: Die Stimme des Engels: „Fürchtet euch nicht – euch ist heute der Heiland geboren. Friede auf Erden!“
Wo Herrscher wie damals Kaiser Augustus oder König Herodes ihre Macht demonstrieren, wo ihre Ruhmsucht und ihre knallharten finanziellen Interessen den Lauf der Dinge bestimmen – da durchkreuzt Gott ihre Geschichten: in der Stille, in der Nacht, in einem Stall – am Rand, abseits der großen Geschichte. In einem Kind. In Jesus und Maria. Genau diese Stille – diese Unterbrechung – braucht es, für Gottes neuen Anfang.
Ob ich das wieder spüre? In der Christnacht oder am ersten Feiertag? Oder schon jetzt – in den Tagen vor dem Fest – in einem unverhofften Augenblick der Stille? Ich weiß nur soviel: In der Stille kann ich mich öffnen für das Wunder der Weihnacht. Für Gottes Geist der Liebe. Der kann verbitterte und enttäuschte Herzen verwandeln – auch meines.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41200Finsternis kann Angst machen – und Licht kann Ängste vertreiben. Kinder brauchen darum oft bei Nacht im Schlafzimmer noch einen Spaltbreit die Tür auf. Und auch meine hochbetagte Mutter will das so. „Lass die Tür auf!“ sagt sie, wenn ich ihr abends Gute Nacht sage. Die ganze Nacht soll Licht vom Flur in ihr Schlafzimmer dringen.
In der Bibel heißt es einmal:
„Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind.“ (Jes 8,23)Das ist ein Wort aus dem Buch Jesaja.
Es rechnet mit einer hellen Zukunft für alle, die Ängste quälen.
Auch innere Ängste. Verlustängste. Die Angst, dass es immer nur bergab geht.
Die Angst, dass es nie mehr ein Zuhause geben wird.
„Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind.“ (Jes 8,23)
Ich habe genau das miterlebt – am letzten Sonntag – am 2. Advent:
Im Dorf waren Jugendliche unterwegs. Sie strahlten und riefen laut: „Wir sind frei! Wir sind frei!“ Um ihre Körper hatten sie die alte syrische Nationalflagge gewickelt. Ein Symbol der Opposition gegen die Assad-Diktatur. Und nun – über Nacht ist diese fürchterliche Schreckensherrschaft besiegt worden. Nach über 50 Jahren. Freude pur bei den Flüchtlingen. Ich werde diesen Moment nicht vergessen: Ihren unbändigen Jubel!
Die große Hoffnung auf Freiheit und Frieden. Mit einem Mal ist sie auferstanden. Für die Jugendlichen, die hier aufwachsen und mit ihren Eltern so schwierige Wege fern ihrer Heimat gehen müssen. Finstere Täler haben ein Ende. Plötzlich geht völlig unerwartet ein Licht auf!
Das stärkt mein Vertrauen: Auch wenn es noch so finster ausschaut in der Welt – es ist ein Licht in der Welt, von dem es heißt: Keine Macht und keine Gewalt kann es aus der Welt schaffen. Sein „Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat´s nicht ergriffen.“ (Joh 1,5). Die Rede ist von Christus.
Wenn in unserem Land Zukunftsängste kultiviert werden und eine Überdosis an negativen Geschichten grassiert, ist es an der Zeit, vom wahren Menschen zu erzählen, vom wahren Leben in Christus.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41199Ich freue mich an Kerzen. Das ganze Jahr über zünde ich welche an. Morgens und Abends. Bin fast ein wenig kerzensüchtig. Wie freue ich mich jetzt am Lichterschmuck auf Fensterbänken oder vor der Haustür!
Aber gibt es auch so etwas wie eine Überdosis? Es kommt mir beinahe so vor. Manchmal sehe ich in den Vorgärten hunderte von LEDs, die die Nacht zum Tag machen. Lichterketten in allen Formen und Farben.
Ich habe gehört: Im New Yorker Stadtteil Manhattan ist der Weihnachtsbaum mit 50.000 LEDs geschmückt. Ist das noch Baumschmuck? Da sehe ich ja den Baum vor lauter Lichtern nicht.
Ich habe den Eindruck: In manchen Städten wird der Lichterschmuck spürbar reduziert. Ich vermute: Nicht nur, weil man Strom sparen will. Und ich hoffe: So kann die Weihnachtsstimmung mehr Raum bekommen. Die wurzelt ja im Kontrast von Licht und Finsternis: Das Licht der Heiligen Nacht scheint in der Dunkelheit. Und gerade das ist der Trost.
In der Bibel wird erzählt: Christus wurde bei Nacht geboren. Also hineingeboren in die Finsternisse und Nöte dieser Welt. Da hinein bringt sein Lebenslicht ein Licht, das die Welt mit einem neuen Glanz versieht.
Darum bedeutet mir ein einzelnes Kerzenlicht so viel. Mehr als jede Lichterflut.
Das eine Kerzenlicht verweist auf das Lebenslicht von Jesus. Ich denke dabei immer wieder an eine Beerdigung. Es war im Dezember und bitterkalt. Wir standen am Grab. Die Tochter hat auf das Grab ihrer Mutter eine Kerze gestellt – und gesungen: „Im Dunkel unsrer Nacht – entzünde ein Feuer, das nie mehr vergeht, das niemals mehr vergeht.“ Genau das ist der Trost, den mir ein Kerzenlicht schenkt.
An Weihnachten leuchtet das Licht von Bethlehem – das Licht vom Kind in der Krippe. An Ostern das Licht von Christus, den Gott nicht im Tod gelassen hat.
Sein Licht leuchtet jetzt – hinein in alle Finsternisse – hinein in Jammer und Nöte des Lebens. Auch wenn ich die Kerze auspuste –ich vertraue fest darauf: Sein Licht vergeht niemals. Wahrscheinlich bin ich auch darum so kerzensüchtig.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41198„Die Nacht ist vorgedrungen – der Tag ist nicht mehr fern – So sei nun Lob gesungen – dem hellen Morgenstern“ – so beginnt eines meiner liebsten Adventslieder. Noch ist es ganz dunkel, morgens, wenn ich zur Arbeit gehe. Doch ich sehe aus manchen Fenstern einen Weihnachtsstern leuchten. Oder eine angestrahlte Krippe. Zeit, den Morgenstern zu loben – Jesus Christus, der alle Finsternis erhellt.
„Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern“: Jochen Klepper hat diese Zeilen gedichtet, 1938. In einer Zeit, die er selbst wie eine tiefe Nacht erlebt hat. 1903 wurde er als Pfarrersohn geboren und hat dann selbst Theologie studiert. Schon damals ist er ein Außenseiter, nicht nur, weil er unter Asthma leidet. Eine schwere Nervenkrise zwingt ihn, das Studium abzubrechen. Er wird Journalist und Rundfunkassistent.
Dann kommen die Nazis an die Macht, und Jochen Klepper verliert seine Anstellung. Denn er ist seit 1931 mit Johanna Stein verheiratet, einer Jüdin, die zwei Töchter mit in die Ehe bringt.
Er arbeitet als freier Schriftsteller und schreibt vor allem Texte für geistliche Lieder. Texte, die sich der Dunkelheit entgegenstellen, die seine Zeit prägen. „Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein – der Morgenstern bescheinet – auch deine Angst und Pein.“ Während die eine Tochter nach England ausreisen kann, wird der entsprechende Antrag für seine Frau und die andere Tochter abgelehnt. Ein letztes Mal macht sich Jochen Klepper auf und geht persönlich zu Adolf Eichmann, um die Ausreise zu erwirken. Doch er kehrt unverrichteter Dinge zurück. Da beschließt Jochen Klepper, mit seiner Frau und der Tochter gemeinsam aus dem Leben zu scheiden, am 11. Dezember 1942. Er schreibt in sein Tagebuch: „Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott. Wir gehen in der Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“
Ich hoffe, dass für Klepper gilt, was er selbst im dritten Vers seines Adventslieds geschrieben hat: „Beglänzt von seinem Lichte – hält Euch kein Dunkel mehr. Von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her.“ Mich lassen diese Zeilen getrost in den Tag starten. Egal, ob mich am Morgen eine äußere oder eine innere Dunkelheit bedroht – Gott wird mit seinem Licht mein Leben erhellen. Es ist Advent.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41187„Leise rieselt der Schnee“. So singen wir alle Jahre wieder. Ob der Schnee in dicken Flocken vom Himmel fällt oder als Eisregen, spielt dabei keine Rolle. Schnee ist Schnee. Die Inuit freilich, die in arktischen Regionen der Erde leben, kennen viele Dutzend Bezeichnungen dafür. Nutaryuq – das ist der gerade gefallene Neuschnee. Kanevvluk – das ist der leichte Schnee, der etwas pulvrig ist und schon von wenig Wind weggepustet wird. Und utvak bezeichnet den Schnee, der ganz fest ist und gut zusammenhält, eine Art „Schneeblock“. Nutaryuq – kanevvluk – utvak: drei von vielen Worten für das, wofür wir im Deutschen nur ein Wort haben: „Schnee“.
Indem die Inuit verschiedene Ausdrücke für das eine deutsche Wort „Schnee“ benutzen, beschreiben sie genauer, was ihnen im Leben wichtig ist. Nutaryuk – das ist nicht einfach nur Schnee. Sondern das ist der Neuschnee, der gerade erst die Tundra bedeckt. Das Herz hüpft vor Freude, dass nun endlich der Winter beginnt. Der Neuschnee ist da, auf dem man die Pfotenabdrücke der Hasen gut sieht. So viel leichter wird Jagd dadurch! Neuschnee, das ist der Bote eines besseren Lebens.
Ich frage mich, ob wir nicht für unser Wort „Glauben“ auch viel mehr verschiedene Ausdrücke bräuchten. Ich merke das, wenn ich gefragt werde: „Glaubst Du eigentlich?“ Am liebsten würde ich antworten: „Die Frage ist mir zu ungenau. Vielleicht, weil wir nur das eine Wort ‚Glauben‘ haben – für etwas, was ich als so unterschiedlich erlebe. Am Anfang ist der Glaube vielleicht wie nutaryuq, wie Neuschnee. Er lässt das Herz hüpfen, weil ich das Leben als wunderschön und glitzernd erlebe. Voller Freude sehe ich überall Spuren Gottes in meinem Leben wie Pfotenabdrücke im Schnee.“
„Dann erlebe ich Phasen, an denen mein Glaube wie kanevvluk ist, wie leichter Schnee. Ein Windstoß fährt durch mein Leben. Ich mache einen Fehler oder erlebe etwas Schwieriges. Schon wird mein Glaube in großen Teilen weggepustet. Meine Seele liegt ganz bloß da, kaum schaffe ich es mehr, mich an Gott zu wenden in meiner Not.“ „Aber dann erlebe ich auch wieder Menschen, deren Glaube wie utvak ist, fest wie ein Schneeblock. Die erzählen mit großer Freude von ihrem Glauben auch dann, wenn sie die einzigen Christen in einer großen Gruppe sind. Das beeindruckt mich und lässt auch meinen Glauben ein wenig mehr wie utvak sein.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41186Vergesset nicht
Freunde
wir reisen gemeinsam
So beginnt ein Gedicht von Rose Ausländer.
Vergesst nicht – Freunde – wir reisen gemeinsam
besteigen Berge
pflücken Himbeeren
lassen uns tragen
von den vier Winden
Die Worte von Rose Ausländer gehen mir zu Herzen. Die Zärtlichkeit, mit der sie das gemeinsame Reisen von uns Menschen beschreibt: „Wir besteigen Berge, pflücken Himbeeren, lassen uns tragen von den vier Winden.“ Die ganze Menschheit auf gemeinsamer Lebensreise wie auf einem Sommerausflug. Beinahe paradiesisch.
Doch zugleich ist die Welt geteilt. In politische Lager, extremistische Parteien, kriegsführende Völker. Menschen werden vernichtet: Migranten, Jüdinnen, Kinder in Kriegsgebieten. Auch das findet sich in ihrem Gedicht:
Vergesset nicht, schreibt sie,
vergesset nicht,
es ist unsre
gemeinsame Welt
die ungeteilte
ach die geteilte
Die uns aufblühen lässt, die uns vernichtet.
Ach, die geteilte Welt. Voller Hass und Hetze. Die uns zu vernichten droht. Rose Ausländer hat das selbst erlebt. Sie wird 1901 in eine jüdische Familie. Die Nazis erobern die Stadt, Rose Ausländer wird ins Ghetto gesperrt, ihr Leben ist täglich bedroht. Sie überlebt diese Zeit nur mit Glück in einem Kellerversteck. Es heißt, dass sie auch danach Zeit ihres Lebens aus Koffern gelebt hat. Eine wirkliche Heimat in äußeren Orten hat sie nie mehr gefunden. Sie bleibt ruhelos: zieht erst wieder in die USA und dann doch zurück nach Europa, nach Wien, schließlich nach Deutschland. Von 1966 bis zu ihrem Tod lebt sie in einem jüdischen Seniorenheim in Düsseldorf und verlässt dort die letzten zehn Jahre ihr Zimmer nicht mehr. Ein Zuhause findet sie nur noch in Wörtern, im Wort. Sie schreibt hunderte von Gedichten und wendet sich mit ihren Worten der Welt zu, in der sie so Furchtbares erlebte.
Vergesset nicht
es ist unsre
gemeinsame Welt
die ungeteilte
ach die geteilte
die uns aufblühen läßt
die uns vernichtet
diese zerrissene
ungeteilte Erde
auf der wir
gemeinsam reisen
Für mich ist das eine Botschaft, die zum Advent passt. Gemeinsam reisen – trotz aller Hass und Hetze. In der Familie, am Arbeitsplatz, im Verein eine gemeinsame Aktion starten. Gemeinsam einem Licht entgegen reisen, das jeden Tag ein wenig heller leuchtet.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41185Leni ist 83 und hat gerade ihre 62-jährigeTochter verloren. Viel zu früh! Leni ist eine beeindruckende Frau. Sie hat sich schon von vielen Menschen in ihrem Leben verabschieden müssen: von Brüdern, Eltern, von ihrem Mann und jetzt von ihrer Tochter Thea.
Ein Freund hat sie vor der Beerdigung angesprochen und war ganz bedrückt: „Mein Gott Leni, Thea war viel zu jung und das war alles so schwer. Man fragt sich ja schon, was der Herrgott sich dabei so denkt.“ Da antwortet sie: „Tja, manchmal hab ich das Gefühl, der wird auch langsam alt.“
Ich hab erstmal herzhaft gelacht. Gott wird langsam alt. In meinem Kopf hat das nicht zusammengepasst: der ewige Gott wird langsam alt?
Aber der Satz sagt ja total viel darüber aus, wie Leni Gott sieht. Nämlich menschlich. Er hat Eigenschaften, wie wir alle auch. Über ihn kann ich reden, wie über den Nachbarn oder über „Onkel Franz“. Und der wird ja auch langsam alt.
Lenis Satz ist für mich klug. Er entschärft die Fragen nach dem Warum: Warum musste Thea so früh sterben? Warum hat er nichts getan? Darauf kriegen wir keine Antwort. Sie wischt diese Fragen aber auch nicht weg. Und sie entlässt Gott gedanklich nicht aus der Verantwortung. Er spielt bei der Frage nach Theas Tod eine Rolle. Und sie versucht, sich zu erklären, warum Gott jetzt nicht verhindert hat, dass ihre Tochter gestorben ist. In meinen Augen ist es ein sympathischer Versuch, mit einem Augenzwinkern. Gott wird halt auch alt, wie sie selbst. Und dann kann man nicht mehr alles leisten. Das ist ganz normal. Jetzt hat es leider sie getroffen.
Lenis Antwort macht deutlich, wie sie über Gott denkt. Gott lässt uns unsere Freiheit. Er greift nicht mal eben von oben mit der großen Hand ein und macht alles so, dass es wieder gut ist. Auch, wenn ich mir das sehr wünschen würde. Das heißt für Leni allerdings auch, dass er nun mal nicht alles machen kann.
Gott spielt eine Rolle in Lenis Leben. Sie nimmt ihn mit rein, aber überlässt ihm nicht alles.
Vielleicht ist es dieses geerdete Verhältnis zu Gott, das sie jetzt durch die Trauer kommen lässt. Sie hat sich entschieden, dass sie weitergehen will, weil sie muss. Sie trifft Menschen, feiert Geburtstage und verbringt Zeit mit ihren Urenkeln. Eben weil sie weiß, dass das Leben endlich ist.
Leni lebt ihr Leben. Sie wird ja auch älter. Aber immerhin zusammen mit Gott.
In welchem Auto kommt wohl der Nikolaus? Oder fährt er sogar einen LKW? An vielen Raststätten auf deutschen Autobahnen ist er heute unterwegs. Der Nikolaus besucht die Fernfahrerinnen und Fernfahrer, sagt Danke für ihren wichtigen und anstrengenden Job und hat Zeit zum Reden. Und natürlich hat er auch eine Kleinigkeit dabei.
Die Aktion heißt „Lenkpause“. Es ist ein Angebot der Betriebsseelsorge im Bistum Freiburg, und an der Raststätte Hegau – kurz vor dem Bodensee - findet sie öfter statt. Heute eben mit Nikolaus. Der klopft an die Fahrertür und zaubert meistens ein Lächeln ins Gesicht der Menschen. Nicht nur, weil sie oft wochenlang unterwegs sind - weit weg von Zuhause und der Familie.
Es gibt inzwischen einige Aktionen dieser Art für Trucker in Deutschland.
Eine heißt „Nikolaus im Fahrerhaus“ und läuft eher im Norden. Da werden auch Bischöfe aus Schokolade verteilt. Das ist einerseits ein Dankeschön, aber vor allem geht es darum, auf die Situation der Lkw-Fahrer aufmerksam zu machen. Die arbeiten viel zu viel und werden zu schlecht bezahlt. Der Schokonikolaus macht das natürlich nicht besser. Aber er soll zeigen: wir sehen Eure Situation, und wir finden sie ungerecht. Wir danken Euch, dass Ihr für uns alle unterwegs seid und setzen uns dafür ein, dass Eure Arbeitsbedingungen besser werden. Es bringt ja oft was, dass solche besonderen Aktionen öffentlich gemacht werden.
Vor allem aber bringt es den Fernfahrern was.
Viele lächeln einfach stumm, andere haben Tränen in den Augen. Einige erzählen von ihrem Leben und ihrer Arbeit. Ein Ehepaar hat gesagt, dass das Leben auf sechs Quadratmetern im Fahrerhaus acht Wochen am Stück eine Beziehung echt herausfordert. Zwei Trucker aus Belarus haben vor lauter Freude ihr Handschuhfach aufgemacht und ihre Schätze geteilt. Cola und unglaublich dicke Pampelmusen.
Verteilt werden die Nikoläuse hauptsächlich von Ehrenamtlichen. Sie haben das Gefühl, ein kleines bisschen was tun zu können. Wenigstens ein Zeichen setzen und den Menschen eine kleine Freude machen. Und das ist eigentlich immer möglich. Mit oder ohne Nikolaus.
Weitere Infos:
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41114Mein Kollege Georg ist unter die Bier-Brauer gegangen. Und wie er das macht, das hat auch was Spirituelles, und das finde ich interessant.
„Knifte“. So heißt eines von Georgs Bieren. „Knifte“ ist westfälisch und heißt: Butterbrot. Und Brot ist auch eine Zutat in einer seiner Biersorten.
Seit 2018 braut Georg sein Bier selbst. Das klingt einfacher, als es ist. Er muss schon viel wissen, beachten und vor allem lernen. Jeder Brauvorgang ist anders und speziell.
Georg braut alle paar Wochen. So ein Brauvorgang – der dauert. Erst nach fünf bis sechs Wochen kann er sein Bier das erste Mal probieren.
Georg liebt das Brauen. Die einzelnen Schritte, in Ruhe alles richten und dann der erste Schluck: wie schmeckt´s? Ist er zufrieden?
Das Ganze hat für ihn auch was mit Achtsamkeit zu tun. Zwischen den einzelnen Schritten liegt viel Zeit. Und er muss bei jedem Schritt achtsam sein. Rezeptur, Material, alles muss stimmen.
Georg etikettiert sogar seine Flaschen alle selbst von Hand - und zwar nicht mit herkömmlichem Kleber, sondern mit Milch. Das hält genauso und ist natürlich. Oder das Brot für sein „Knifte-Bier“. Das backt er aus der Würze, die beim Brauen verwendet wird.
Achtsamkeit ist ein richtiger Trend. Und ehrlicherweise geht mir das manchmal auf die Nerven, wenn ich alles und jeden Schritt in meinem Leben achtsam tun soll. Das klappt in meinem Alltag oft nicht.
Aber Georgs Braukunst hat mir mal wieder die richtig guten Seiten gezeigt. Denn der Trick bei der Achtsamkeit ist ja: Es kommt nicht aufs Was an, sondern aufs Wie.
Das ist wie beim Beten. Es passiert mir schon, dass ich bete und überhaupt nicht bei der Sache bin. Anschließend stelle ich fest, dass es mir nichts gebracht hat. Ich war nicht mit Gott verbunden und mit mir auch nicht. Nicht mal richtig zur Ruhe gekommen bin ich. Beten ist für mich ganz anders, wenn ich aufmerksam dabei bin. Dann habe ich hinterher das Gefühl, es hat sich was in mir verändert. Georgs Leidenschaft für´s Bierbrauen zeigt mir, dass das Leben schmackhafter wird, wenn ich versuche, immer sorgfältig einen Schritt nach dem anderen zu tun.
Könnte schon sein, dass sie tatsächlich nur Legende ist; aber die römische Kirche hat sich trotz aller Bedenken dann doch noch mal umentschieden. Keine Spur von Unfehlbarkeit. Erst ist die heilige Barbara aus dem Kalender gestrichen worden; da gab es Protest, vor allem aus dem deutschen Sprachraum und da vor allem von den Bergleuten. Denen hatte die Kirche ja einfach mal die Schutzpatronin gestrichen – wie kann das denn. Also durfte sie wieder gefeiert werden – erst mal im Regional-Kalender. Und paar Jahre später steht sie wieder im offiziellen Plan – heute, am vierten Dezember.
Unzählige Legenden gibt es über sie; der Vater habe sie in einem Turm eingesperrt, damit sie Jungfrau bleibt und er sie gut verheiraten kann. Aber sie hat sich mit einem Christen getroffen, hat sich entschieden, Christin zu werden und sich heimlich taufen lassen. Ist dem Vater irgendwie entkommen, hat sich bei einem Schafhirten versteckt, der hat sie verraten. Unzählige Folterqualen – die Gewalt-Phantasie der Männer war schon immer genau so grenzenlos wie die der Geschichten-Erzähler. Und der Vater, der sie schließlich hingerichtet hat – eigenhändig der Vater die Tochter!!! – den Vater traf gleich drauf der Blitz…
Wg Blitz und Sprengung ist Barbara übrigens auch Patronin der Bergleute und soll vor Gewitter und Donnerschlag schützen. Und dann noch die Geschichte mit den Barbara-Zweigen: Auf dem Weg ins Gefängnis verhakte sich ein Ästchen in ihrem Mantel; sie hat es mitgenommen und ihr weniges Wasser in der Zelle mit dem Zweiglein geteilt. Es ist aufgeblüht und war so ein zusätzliches Zeichen der Hoffnung auf ein neues Leben nach all der Quälerei und dem schrecklichen Tod, der auf sie wartet.
Beim Abendgebet in unserer Kirche geben wir heute jeder und jedem einen kleinen Barbara-Zweig mit. Den können sie zu Hause in eine Vase stellen, vielleicht noch ein paar eigene Frühblüher-Zweige dazu tun – und mit genug Wasser und bisschen Glück blüht der Strauß ziemlich pünktlich zu Weihnachten – sind ja noch zwanzig Tage bis zum Heiligen Abend.
Ich freue mich über dieses Stück Hoffnung oder Zuversicht. Weil es zeigt: Im Winter – bei aller Kälte und Nässe, bei allem Schrecken durch Kriege und Gewalt – im Winter ist angelegt, was bald zum Blühen kommen will; fast ganz von selbst – wie von Gott geschenkt; ich darf es gern ein bisschen pflegen und mit Wasser versorgen…
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41124Zeige Beiträge 1 bis 10 von 5554 »