Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

     

SWR2

 

SWR3

  

SWR4

     

Autor*in

 

Archiv

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

06JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Terror-Gefahr am Kölner Dom. Seit Weihnachten wird an der großen Kirche kontrolliert, weil man über die Feiertage und den Jahreswechsel einen islamistischen Anschlag fürchtet. Rein können nur die Besucher der Gottesdienste – auch heute, am Dreikönigstag. Und das, weil die Fanatiker einer Religion die Anhänger einer anderen meinen, bekämpfen und niederbomben zu müssen.

Ausgerechnet heute – am Dreikönigstag. Und ausgerechnet hier. Denn im Kölner Dom sollen die ja begraben liegen: Die drei Könige, die Weisen aus dem Morgenland, die der biblischen Erzählung nach aus dem fernen Ausland nach Betlehem gekommen waren, um das neugeborene Jesuskind zu suchen und es anzubeten.

Ausgerechnet an Grab der Weisen muss man heute fürchten, dass die Anhänger einer Glaubensrichtung Bomben auf eine andere werfen. Das ist wirklich verrückt. Denn: Ob es nun wirklich genau die drei aus der Weihnachtsgeschichte sind, die in Köln bestattet liegen, oder nicht: Die Weisen aus dem Morgenland, die weit gereist waren, um das Gotteskind Jesus anzubeten waren garantiert keine Christen. Sie waren garantiert auch nicht jüdischen Glaubens. Den Islam gab es zu ihrer Zeit noch gar nicht, und woran sie selbst genau geglaubt haben, das weiß kein Mensch.

Aber halt – eigentlich weiß man das doch: Sie haben daran geglaubt, dass es sich lohnt, nach dem Göttlichen in der Welt zu suchen. Sie haben Gottes Zeichen mit ihrer Bildung und ihrer Gelehrsamkeit gesucht und haben die Sterne erforscht. Und als sie ein Zeichen Gottes gefunden hatten – ein Zeichen seiner Wahrheit und seiner Gegenwart – da sind sie losgezogen. Und haben Gottes Sohn die Ehre erwiesen und Respekt. Sie sind niedergekniet, weil Gott größer ist als ihr Wissen oder ihre ganz spezielle Religion oder ihre Herkunft. Wir wissen also eigentlich doch, woran sie geglaubt haben: Dass es die Aufgabe von uns Menschen ist, Gott zu suchen, ihm Ehre und Respekt zu erweisen. Und die eigene Art, Tradition oder das eigene Herkommen nicht so wichtig zu nehmen.

Jedenfalls auf keinen Fall wichtiger, als das Leben anderer Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39098
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

06JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Terror-Gefahr am Kölner Dom. Seit Weihnachten wird an der großen Kirche kontrolliert, weil man über die Feiertage und den Jahreswechsel einen islamistischen Anschlag fürchtet. Rein können nur die Besucher der Gottesdienste – auch heute, am Dreikönigstag. Und das, weil die Fanatiker einer Religion die Anhänger einer anderen meinen, bekämpfen und niederbomben zu müssen.

Ausgerechnet heute – am Dreikönigstag. Und ausgerechnet hier. Denn im Kölner Dom sollen die ja begraben liegen: Die drei Könige, die Weisen aus dem Morgenland, die der biblischen Erzählung nach aus dem fernen Ausland nach Betlehem gekommen waren, um das neugeborene Jesuskind zu suchen und es anzubeten.

Ausgerechnet an Grab der Weisen muss man heute fürchten, dass die Anhänger einer Glaubensrichtung Bomben auf eine andere werfen. Das ist wirklich verrückt. Denn: Ob es nun wirklich genau die drei aus der Weihnachtsgeschichte sind, die in Köln bestattet liegen, oder nicht: Die Weisen aus dem Morgenland, die weit gereist waren, um das Gotteskind Jesus anzubeten waren garantiert keine Christen. Sie waren garantiert auch nicht jüdischen Glaubens. Den Islam gab es zu ihrer Zeit noch gar nicht, und woran sie selbst genau geglaubt haben, das weiß kein Mensch.

Aber halt – eigentlich weiß man das doch: Sie haben daran geglaubt, dass es sich lohnt, nach dem Göttlichen in der Welt zu suchen. Sie haben Gottes Zeichen mit ihrer Bildung und ihrer Gelehrsamkeit gesucht und haben die Sterne erforscht. Und als sie ein Zeichen Gottes gefunden hatten – ein Zeichen seiner Wahrheit und seiner Gegenwart – da sind sie losgezogen. Und haben Gottes Sohn die Ehre erwiesen und Respekt. Sie sind niedergekniet, weil Gott größer ist als ihr Wissen oder ihre ganz spezielle Religion oder ihre Herkunft. Wir wissen also eigentlich doch, woran sie geglaubt haben: Dass es die Aufgabe von uns Menschen ist, Gott zu suchen, ihm Ehre und Respekt zu erweisen. Und die eigene Art, Tradition oder das eigene Herkommen nicht so wichtig zu nehmen.

Jedenfalls auf keinen Fall wichtiger, als das Leben anderer Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39095
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

05JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Mutmach-Postkarten – die haben schon eine ganze Weile Konjunktur, auch jetzt wieder zum Jahreswechsel. „Irgendwas ist total schief gegangen? Du hast Dich total blamiert?“ Dann heißt es auf der Karte: „Hingefallen? – Dann Aufstehen, Krone richten und Weitermachen.“ Oder auf einer anderen Karte: „Sei ganz du selbst – es sei denn, Du kannst Superman sein. Dann sei Superman.“ Gleichzeitig fällt mir auf, dass auch Songtexte mit solchen Mutmach-Botschaften gerade Konjunktur haben: Fühle Dich lebendig. Und freu Dich auf alles, was im Leben noch kommt. Ein Hoch auf jedes Scheitern, denn es bringt dich weiter…“

Es ist gut, das Leben positiv in den Blick zu nehmen. Scheitern kann einen weiterbringen. Und trotzdem, wenn ich diese Mutmach-Karten und -Sprüche so sehe, frage ich mich:  Was, wenn nicht? Was, wenn man scheitert, hart auf den Boden geknallt ist und einem irgendwelche Mutmach-Sprücke einfach den Buckel runter rutschen können – einfach, weil gerade alles weh tut, gar keine Kraft da ist um aufzustehen und man sich wirklich, wirklich nicht fühlt wie eine Königin oder wie ein Superheld?

Wie gesagt, es ist gut, das Leben – und auch dessen schwierigen Seiten – positiv in den Blick zu nehmen. Aber was mich stört ist dieser Leistungsdruck, der in den Mutmachsprüchen versteckt schon wieder lauert. Schon wieder liegt es nur in meiner Hand, ob ich mich gut fühle oder nicht. Schon wieder ist alles, was in meinem Leben passiert, dazu da, mich selbst zu optimieren und zu entfalten. Wenn ich hingefallen bin, entfaltet sich da aber erst mal gar nix. Erst mal tut es weh. Und ich kann dann auch nicht gleich aufstehen. Erst einmal möchte ich sitzen bleiben, mir die Tränen aus den Augen wischen und mich sortieren.

Und wenn ich Glück habe – dann ist da jemand, der mir in dem Moment seine Aufmerksamkeit schenkt. Erst einmal neben mir hinkniet, mir vielleicht die Tränen aus den Augen wischt und dann aufhilft – in Ruhe und langsam… Dann ist das ein Segen.

Deshalb ist mein neuer Lieblings-Mutmach-Postkarten-und-Songtext-Spruch:

Hingefallen? – Dann erst mal Sich-Erholen, sich helfen und segnen lassen – und dann Aufstehen, Krone richten und weiter geht’s!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39097
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

05JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Mutmach-Postkarten – die haben schon eine ganze Weile Konjunktur, auch jetzt wieder zum Jahreswechsel. „Irgendwas ist total schief gegangen? Du hast Dich total blamiert?“ Dann heißt es auf der Karte: „Hingefallen? – Dann Aufstehen, Krone richten und Weitermachen.“ Oder auf einer anderen Karte: „Sei ganz du selbst – es sei denn, Du kannst Superman sein. Dann sei Superman.“ Gleichzeitig fällt mir auf, dass auch Songtexte mit solchen Mutmach-Botschaften gerade Konjunktur haben: Fühle Dich lebendig. Und freu Dich auf alles, was im Leben noch kommt. Ein Hoch auf jedes Scheitern, denn es bringt dich weiter…“

Es ist gut, das Leben positiv in den Blick zu nehmen. Scheitern kann einen weiterbringen. Und trotzdem, wenn ich diese Mutmach-Karten und -Sprüche so sehe, frage ich mich: Was, wenn nicht? Was, wenn man scheitert, hart auf den Boden geknallt ist und einem irgendwelche Mutmach-Sprücke einfach den Buckel runter rutschen können – einfach, weil gerade alles weh tut, gar keine Kraft da ist um aufzustehen und man sich wirklich, wirklich nicht fühlt wie eine Königin oder wie ein Superheld?

Wie gesagt, es ist gut, das Leben – und auch dessen schwierigen Seiten – positiv in den Blick zu nehmen. Aber was mich stört ist dieser Leistungsdruck, der in den Mutmachsprüchen versteckt schon wieder lauert. Schon wieder liegt es nur in meiner Hand, ob ich mich gut fühle oder nicht. Schon wieder ist alles, was in meinem Leben passiert, dazu da, mich selbst zu optimieren und zu entfalten. Wenn ich hingefallen bin, entfaltet sich da aber erst mal gar nix. Erst mal tut es weh. Und ich kann dann auch nicht gleich aufstehen. Erst einmal möchte ich sitzen bleiben, mir die Tränen aus den Augen wischen und mich sortieren.

Und wenn ich Glück habe – dann ist da jemand, der mir in dem Moment seine Aufmerksamkeit schenkt. Erst einmal neben mir hinkniet, mir vielleicht die Tränen aus den Augen wischt und dann aufhilft – in Ruhe und langsam… Dann ist das ein Segen.

Deshalb ist mein neuer Lieblings-Mutmach-Postkarten-und-Songtext-Spruch:

Hingefallen? – Dann erst mal Sich-Erholen, sich helfen und segnen lassen – und dann Aufstehen, Krone richten und weiter geht’s!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39094
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

04JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ein Zeichen. Ein Wink vom Himmel. Das wäre doch toll, gerade am Anfang eines neuen Jahres, wenn Aufbruchstimmung herrscht und vielleicht sogar wichtige Entscheidungen anstehen: über teure Anschaffungen oder Zukunftspläne… Aber auch bei Entscheidungen in der Politik: Wie soll es weitergehen in Krisenzeiten? Welcher Weg ist der richtige? Da ein Zeichen bekommen, einen göttlichen Wink – das wäre doch toll und würde alles viel leichter machen. Aber würde es das wirklich?

Eine biblische Geschichte erklärt vielleicht, warum ich da so meine Zweifel habe. In der Geschichte geht es um einen Politiker, einen König namens Ahas in Jerusalem vor über 2000 Jahren. Ahas steckt politisch in einer echten Bedrohungslage. Aber er ist ein Glückspilz, denn Gott selbst sagt zu ihm: Lieber König Ahas, ich mache Dir die Entscheidung leicht. Ich gebe Dir ein Zeichen, dass es besser ist, wenn Du nicht versuchst, noch mächtiger zu werden und deshalb irgendwo in den Krieg ziehst. Falls doch, wird das böse Folgen haben! Aber - König Ahas ziert sich! Seine Machtfantasien aufgeben? Sich einfach nur um das Wohl der Bevölkerung kümmern? Nicht expandieren? Nicht berühmt werden wollen?  Das will er nicht hören. Und so ein göttliches Zeichen will er nicht sehen.

Ich fürchte, diese Geschichte ist ein Spiegel dafür, wie es auf der Welt meistens läuft. Unheil kündigt sich immer an. Es rumort bevor Gewalt und Kriege ausbrechen. Und die Folgen die unsere moderne Konsumgesellschaft für die Umwelt hat, sind auch nicht erst seit gestern zu beobachten. Aber ich fürchte, auch eine göttliche Donnerstimme aus den Wolken würden wir nicht hören wollen.

Das ist frustrierend. Aber - so erzählt es die Bibel - Gott schickt trotzdem ein Zeichen. Er kündigt dem König Ahas an: Eine junge Frau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und den wird sie nennen Immanuel.

Immanuel - das bedeutet „Gott mit uns“. Dieser „Gott-mit-uns“ wird als kleines Kind geboren und geht mit durchs Leben und mit bei allen Entscheidungen, die wir Menschen zu treffen haben. Damals, zu Zeiten von König Ahas und heute genauso, wenn wir Weihnachten feiern. Und wenn wir den falschen Weg einschlagen? So wie König Ahas in der biblischen Geschichte, der das Zeichen nicht sehen wollte? Dann beginnt Gott mit uns neu, und wird es wieder Weihnachten. Immer wieder, jedes Jahr.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39096
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

04JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ein Zeichen. Ein Wink vom Himmel. Das wäre doch toll, gerade am Anfang eines neuen Jahres, wenn Aufbruchstimmung herrscht und vielleicht sogar wichtige Entscheidungen anstehen: über teure Anschaffungen oder Zukunftspläne… Aber auch bei Entscheidungen in der Politik: Wie soll es weitergehen in Krisenzeiten? Welcher Weg ist der richtige? Da ein Zeichen bekommen, einen göttlichen Wink – das wäre doch toll und würde alles viel leichter machen. Aber würde es das wirklich?

Eine biblische Geschichte erklärt vielleicht, warum ich da so meine Zweifel habe. In der Geschichte geht es um einen Politiker, einen König namens Ahas in Jerusalem vor über 2000 Jahren. Ahas steckt politisch in einer echten Bedrohungslage. Aber er ist ein Glückspilz, denn Gott selbst sagt zu ihm: Lieber König Ahas, ich mache Dir die Entscheidung leicht. Ich gebe Dir ein Zeichen, dass es besser ist, wenn Du nicht versuchst, noch mächtiger zu werden und deshalb irgendwo in den Krieg ziehst. Falls doch, wird das böse Folgen haben! Aber - König Ahas ziert sich! Seine Machtfantasien aufgeben? Sich einfach nur um das Wohl der Bevölkerung kümmern? Nicht expandieren? Nicht berühmt werden wollen?  Das will er nicht hören. Und so ein göttliches Zeichen will er nicht sehen.

Ich fürchte, diese Geschichte ist ein Spiegel dafür, wie es auf der Welt meistens läuft. Unheil kündigt sich immer an. Es rumort bevor Gewalt und Kriege ausbrechen. Und die Folgen, die unsere moderne Konsumgesellschaft für die Umwelt hat, sind auch nicht erst seit gestern zu beobachten. Aber ich fürchte, auch eine göttliche Donnerstimme aus den Wolken würden wir nicht hören wollen.

Das ist frustrierend. Aber - so erzählt es die Bibel - Gott schickt trotzdem ein Zeichen. Er kündigt dem König Ahas an: Eine junge Frau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und den wird sie nennen Immanuel.

Immanuel - das bedeutet „Gott mit uns“. Dieser „Gott-mit-uns“ wird als kleines Kind geboren und geht mit durchs Leben und mit bei allen Entscheidungen, die wir Menschen zu treffen haben. Damals, zu Zeiten von König Ahas und heute genauso, wenn wir Weihnachten feiern. Und wenn wir den falschen Weg einschlagen? So wie König Ahas in der biblischen Geschichte, der das Zeichen nicht sehen wollte? Dann beginnt Gott mit uns neu, und wird es wieder Weihnachten. Immer wieder, jedes Jahr.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39093
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

03JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Langsam gewöhne ich mich an das neue Datum – , und das alte Jahr rückt in den Hintergrund. Allerdings – ein paar Eindrücke aus dem letzten Jahr möchte ich ganz bewusst hinüberretten ins Neue. Es sind nur Kleinigkeiten - nichts Spektakuläres, aber trotzdem erhellend.

Im Advent zum Beispiel, da habe ich beobachtet, wie zwei Eheleute sich in der Einkaufszone voneinander verabschiedet haben. Er hatte den Kinderwagen dabei, sie musste schnell noch in irgendein Geschäft. Man sah beiden den Weihnachtsstress an. Aber trotzdem - fast schon im Loslaufen - strecken sie noch einmal den Arm nacheinander aus, und flüchtig berührte eine Hand die andere. Eine kleine, liebevolle Geste - und für einen Moment entspannten sich die Gesichter der zwei und waren Hektik und Zeitdruck vergessen.

Oder der Tag, an dem ich meinen Zug verpasst habe – und der nächste Zug nicht kam. Und deshalb mehr als dreimal so viele Leute in den übernächsten Zug reinwollten – was natürlich völlig unmöglich war. Auch hier waren alle gestresst. Ein Teil der Leute musste auf dem Bahnsteig zurückbleiben. Wir übrigen standen so dicht gedrängt im Zug, dass man kaum atmen konnte. Um mich herum mürrische Gesichter und leises Fluchen. Und dann, an der nächsten Station, musste ein junger Mann von ganz hinten irgendwie seinen riesigen Koffer aus dem Zug bekommen – und alle haben geholfen, das in der Enge zu bewerkstelligen.

Diese Momente möchte ich mitnehmen ins neue Jahr. Es waren nur Kleinigkeiten am Rande, aber sie zeigen, was wirklich wichtig ist und wofür es sich überhaupt lohnt, Stress und Hektik zu bewältigen. Nämlich einander zu sehen. Die Leute im Zug haben den jungen Mann mit seinem Riesenkoffer gesehen und ihren Ärger vergessen. Und die Eheleute haben ihre Liebe zueinander gesehen, und die war stärker als der Stress der Weihnachtsvorbereitungen. Das hätte auch anders sein können und ist alles andere als selbstverständlich!

Erhellend, diese kleinen Erlebnisse, die ich ins neue Jahr mitnehmen möchte: Einander nicht aus den Augen zu verlieren scheint ein gutes Mittel gegen den Stress und die Hektik zu sein, die auch 2024 garantiert auf uns warten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39092
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

02JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Vor nicht ganz 200 Jahren hat der Pfarrer und Dichter Eduard Mörike ein wunderschönes Gedicht zum Jahresanfang geschrieben. Die zweite Strophe daraus liegt immer auf meinem Schreibtisch:

In ihm sei’s begonnen,

Der Monde und Sonnen

An blauen Gezelten

des Himmels bewegt.

Du, Vater, du rate!

Lenke du und wende!

Herr, dir in die Hände

Sei Anfang und Ende,

Sei alles gelegt.

 

Zeilen auf einer alten Postkarte auf meinem Schreibtisch. Allerdings – wenn ich ehrlich bin: Sie liegt zwar immer da, aber die meiste Zeit des Jahres liegt sie verschütt – unter irgendeinem Stapel Papieren.

 

Ein paar Rechnungen habe ich drauf gelegt gehabt. Unterlagen für meine tägliche Arbeit, Zeitungsartikel, ein Reisekatalog ist auch zwischen die Papiere geraten, ein paar Spendenaufrufe von Brot für die Welt und Unicef, Postkarten und auch die Todesanzeige einer Bekannten von mir, die letztes Jahr gestorben ist.

Und ganz unten drunter: das Gedicht von Mörike „Zum neuen Jahr“. Jetzt – rechtzeitig zum Beginn des neuen Jahres – ist es wieder zum Vorschein gekommen. Und ich denke mir: ein Glück! Und: schade, dass es im Laufe des letzten Jahres so untergegangen ist. Ich es aus den Augen verloren habe vor lauter Alltag-Bewältigen, Berufs-Geschäftigkeit, Probleme-Lösen und Vor-Sorgen-und-Krisen-Davongelaufe. Das alles hat mich völlig mit Beschlag belegt und mein Leben total festgelegt. Aber zum Glück habe ich sie ja jetzt wieder ausgegraben, meine alte Postkarte mit den Zeilen des schwäbischen Pfarrers und Dichters Eduard Mörike. Und der erinnert mich an den Horizont, vor dem sich mein Leben abspielt. Ein Horizont, der viel weiter reicht, als ich sehen kann und hinter dem eine Kraft verborgen liegt, der ich vertrauen kann.

 

Deshalb noch einmal die schönen Zeilen von Eduard Mörike „Zum neuen Jahr“:

 

In ihm sei’s begonnen,

Der Monde und Sonnen

An blauen Gezelten

des Himmels bewegt.

Du, Vater, du rate!

Lenke du und wende!

Herr, dir in die Hände

Sei Anfang und Ende,

Sei alles gelegt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39091
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

01JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wie heimlicher Weise

Ein Engelein leise

Mit rosigen Füßen

Die Erde betritt,

So nahte der Morgen.

Jauchzt ihm, Ihr Frommen,

Ein heilig Willkommen,

Ein heilig Willkomen!

Herz, jauchze du mit!

 

Das sind Zeilen des schwäbischen Pfarrers und Dichters, Eduard Mörike: Über den frühen Morgen des ersten Tages in einem neuen Jahr. Einem Morgen, wie heute.

Dieser frühe, frische Morgen einer neuen Zeit ist bei Mörike wie ein himmlisches Wesen, ein göttliches Geschenk: Ein heimlicher Engel aus einer anderen Wirklichkeit, mit rosigen, kindlichen und noch ganz empfindlichen Füßen, der zaghaft unsere irdische Welt betritt. Ich lese dieses kleine Gedicht gerne zum Jahresanfang – und gleichzeitig zögere ich, die Nachrichten im Radio zu hören, die jetzt im Anschluss ja auch gleich kommen – nach meinem kleinen Impuls. Die werden natürlich aktuell sein, aber trotzdem nicht wirklich neu oder überraschend. Nicht leise und rosig, und sie werden ganz sicher keinem Engel gleichen. Nein, laut werden sie sein – nicht nur, weil es vielleicht wieder Unfälle mit Silvesterböllern gegeben hat. Vielleicht ist das Geschäft mit Feuerwerk gut gelaufen – das wäre wenigstens für manche eine halbwegs gute Nachricht. Aber es gibt sicher auch wieder neues von den Kriegen und Krisen zu berichten…

Wie heimlicherweise ein Engelein leise mit rosigen Füßen die Erde betritt… Mörike redet in seinem Gedicht von etwas anderem als den altbekannten irdischen Nachrichten, denke ich. Von dem himmlischen Geschenk aus einer anderen Wirklichkeit: Gott schenkt den neuen Tag, und der besteht eben nicht nur aus den alten Nachrichten, sondern vor allem aus unberührter Zeit, die noch ganz rein ist und nicht vergiftet von Hass, Gewalt oder Katastrophen. Die Zeit, die uns geschenkt ist, ist ein Wunder, und es ist völlig offen, wie sie sich füllen wird. Der Tag öffnet sich wie ein weiter Raum – und da ist noch so viel Platz für Hoffnung, Erwartungen, Wünsche, Pläne und Träume. Krisen und Kriege, gute und schlechte Nachrichten scheinen unser Leben festzulegen. Ein neues Jahr, ein neuer Morgen ist aber mehr als das: Er ist ein göttliches Geschenk aus einer anderen Wirklichkeit: Ein Morgen, der neue Freiheit bringt, neue Möglichkeiten: Hoffnung eben. Deshalb – mit Mörikes Worten:

Jauchzt ihm, Ihr Frommen,

Ein heilig Willkommen,

Ein heilig Willkomen!

Herz, jauchze du mit!

 

Eduard Mörike (1804 - 1875)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39090
weiterlesen...

SWR1 3vor8

10DEZ2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Der Kopf geht runter. Das Kinn runter bis auf die Brust. Wenn einem unterwegs der nasskalte Wind ins Gesicht schlägt. Wenn man im Gehen noch schnell die Nachrichten auf dem Handy checkt. Oder wenn man’s eilig hat, und keine Zeit für ein Schwätzchen mit dem Nachbarn, der gerade auf der anderen Straßenseite aufgetaucht ist. Der redet eh immer das gleiche: „Sauwetter heute…“  - „Ja, ja…“ – „Ob’s dieses Jahr weiße Weihnachten geben wird…“ – immer das gleiche, kennt man schon.

Kopf runter. Das Kinn runter bis auf die Brust. Das ist eine Körperhaltung zum Schutz: vor Wind und Wetter und vor allem, was man gerade nicht brauchen kann in der eigenen Geschäftigkeit. Wie eine unsichtbare Mauer, hinter die man sich notfalls verkriechen kann.

Allerdings sieht man dann auch so aus, finde ich: in sich verkrochen, klein und weggeduckt. Man sieht jedenfalls nicht danach aus, als könnte man den Stürmen des Lebens trotzen. Und es stürmt gewaltig in unserer Welt, mit ihren Kriegen und Krisen. Manchmal kann man da einfach nicht mehr hinsehen. Dann mag man nicht mal mehr ein paar Worte mit dem Nachbarn wechseln. Es ist eh alles immer dasselbe und nicht zu ändern. Und dann geht der Kopf runter und das Kinn runter bis auf die Brust.

Das Kinn hat auf der Brust aber nichts verloren – eine ungesunde Körperhaltung. Viel besser, wenn man sich aufrichtet, weil der Blick jetzt an den Lichtern der Weihnachtsbäume hängen bleibt, die jetzt im Advent in den Vorgärten stehen, auf den Marktplätzen oder auf dem Weihnachtsmarkt. Und da – an den Fressbuden und Glühweinständen - hat man plötzlich auch wieder Lust auf ein Schwätzchen mit dem Nachbarn. „Ob’s weiße Weihnachten gibt? Schau'n wir mal. Wäre ja toll für die Kinder…“ – „Haben Sie heute die Nachrichten gehört?“ „Ja, da war schon wieder so ein schwerer Unfall. Und die Regierung…“

Ja, es ist immer noch dasselbe. Die Stürme in der Welt werden sich nicht einfach mal eben so legen – bloß, weil es Weihnachten wird. Aber vielleicht ja doch? Wenigstens ein paar – die Hoffnung besteht doch. Sie ist nur leider so leicht zu übersehen, wenn man Kopf und Blick senkt, sich einigelt und gar nicht mehr hinschaut.

Auch Weihnachten 2023 wird die Welt nicht heil machen. Weihnachten wird wieder „nur“ Hoffnung bringen. Aber von wegen „nur“. Ich sage: Hoffnung ist eine göttliche Kraft. Dass es nicht aussichtslos ist und auch nicht immer dasselbe, bis in alle Ewigkeit. Gott herrscht in Ewigkeit. Das Gute herrscht in Ewigkeit. Darauf zu warten lohnt sich, davon erzählt der Advent. Und in den evangelischen Gottesdiensten und aus den Kirchen ist heute laut der Ruf zu hören: „Seht auf! Erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ (Lukas 21,28) Hoch mit dem Blick! Das Kinn hat auf der Brust nichts verloren! Eine Geburt steht bevor. Ein Neuanfang, und es wird sich alles verändern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38958
weiterlesen...