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03NOV2025
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Als Kind habe ich davon geträumt, ein Held zu werden. Drachen besiegen, Abenteuer erleben – immer bereit, für andere durchs Feuer zu gehen.

Es ist anders gekommen. Ich lebe in Freiburg, fahre morgens mit dem Fahrrad ins Büro. Wenn abends noch Zeit bleibt, lese ich ein paar Seiten. Manchmal bin ich froh, dass mein Leben nicht so aufregend und anstrengend ist wie das eines Helden.

Trotzdem begegnen mir immer wieder Ratgeber, die mir erzählen: Sieh dein Leben doch mal als Heldengeschichte! Die Idee dahinter? Jeder von uns ist auf seine Weise ein Held.

Laut Ratgeber soll ich von meiner persönlichen Heldenreise erzählen: Wie ich mich als Kind auf dem Schulhof gegen Größere behaupten musste. Oder wie ich mich durch die Schulzeit gekämpft habe – trotz Pubertät und Ärger mit den Eltern.

Wenn ich mein Leben durch diese Brille betrachte, entdecke ich meine Stärken. Denn hat nicht jeder Mensch schon Abenteuer durchgestanden? Die Geburt eines Kindes – ist das nicht eine heldenhafte Leistung? Wer jahrelang unter einem schwierigen Chef ausgeharrt hat, hat sich eine Medaille verdient. Oder meine Bekannte Uschi, die viele Jahre ihre Mutter gepflegt hat. Sie hat dafür gekämpft, dass ihre Mutter auch im hohen Alter zuhause bleiben konnte, und hat auf vieles verzichtet, um ihr beizustehen. Das sind für mich die stillen Helden von nebenan.

Aus Heldengeschichten lässt sich noch mehr lernen: Wahre Helden sind nicht makellos. Sie scheitern, werden krank, müssen Niederlagen hinnehmen. Ihre Narben erzählen Geschichten – manche sind auf der Haut sichtbar, andere bleiben unsichtbar.

Natürlich sollten wir das Wort "Held" nicht inflationär verwenden. Es gibt die großen Namen wie Sophie Scholl, Nelson Mandela oder Dietrich Bonhoeffer, die alles riskiert haben. An ihnen können wir uns orientieren. Sie zeigen: Helden geht es um mehr als ihr eigenes Glück.

Egal ob große oder kleine Helden: Was denken Sie? Welche Momente in Ihrem Leben würden Sie als heldenhaft bezeichnen? Wofür haben Sie gekämpft?

Diese Perspektive kann überraschen. Vielleicht blicken Sie mit anderen Augen auf Ihre eigene Geschichte – und auf die anderer. Vielleicht sagen Sie demnächst zu jemandem: "Wie du das geschafft hast, das war wirklich heldenhaft!"

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31OKT2025
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Als Kind habe ich diesen Tag immer herbeigesehnt. Jedes Jahr habe ich an diesem Tag meine kleine Spardose zur Bank gebracht. Viel war es nie, was ich da im Laufe eines Jahres zusammengespart hatte. Aber mir ging‘s ja vor allem um das Geschenk von der Frau am Schalter. Den kleinen Kalender mit den Landkarten wollte ich jedes Mal unbedingt haben. Auch das Spiel oder das Mäppchen mit den Buntstiften. Meist war ich sehr zufrieden mit dem, was ich als kleines Geschenk mitnehmen konnte. Am 31. Oktober, dem Weltspartag.

Ein Geschenk als kleiner Dank für meine Sparanstrengungen. Das ist wie ein kleines Spiegelbild einer ganz anderen Sparanstrengung, die auch mit dem 31. Oktober zu tun hat, dem Gedenktag der Reformation. An diesem Tag hat Martin Luther vor mittlerweile fünfhundertacht Jahren seine berühmten 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen. Auch da ging’s um das Thema Sparen, wenn auch in ganz anderer Hinsicht. Sparen meint ja ursprünglich etwas bewahren oder verschonen. Im Zusammenhang mit Geld wird dieses also davor verschont, gleich ausgegeben zu werden. Wenn Gott spart, bewahrt er den Menschen davor, sich zu überfordern, ein fehlerloses, makelloses Leben zu führen. Ich bekomme mein Leben und seinen Wert einfach wie ein Geschenk zugesprochen. Wie das Kind, das seine Ersparnisse zur Bank bringt. 

Der Gedenktag der Reformation, den wir heute begehen, ist also auch so etwas wie ein Weltspartag. Wenn der Mensch sein Vertrauen in Gott setzt, dann spart er sich den Versuch, es Gott allein mit seinem Verhalten recht machen zu wollen. Und mein Geschenk darf ich am Ende trotzdem mitnehmen, auch wenn ich nichts auf das Konto meiner guten Taten eingezahlt habe. Mitnehmen darf ich die Zusage, dass ich Zukunft habe. Dass ich mich einfach so meines Lebens freuen kann. Weil ich verschont bin. Ausgespart. In einem Lied heißt es im Blick auf Gott: „Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen!“ Anders gesagt: Weil Gott gespart und uns beschenkt hat, können wir großzügig mit uns und unseren Mitmenschen umgehen. Können wir großzügig unsere Gaben und Möglichkeiten einsetzen.

Ich feiere den 31. Oktober heute deshalb als doppelten Weltspartag.

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30OKT2025
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Meine dreijährige Enkeltochter hat mir zum ersten Mal ein Bild geschenkt. Sie war richtig stolz. Ich übrigens auch. „Was hast du denn da gemalt?“, habe ich gefragt. „Kreise“, hat sie gesagt. Und tatsächlich waren auf dem Blatt Papier mit verschiedenen Farben eine Reihe von Kreisen übereinander gemalt. Das Bild hängt jetzt erst einmal an der Wand neben meinem Schreibtisch.

Für mich ist dieses Bild richtig wertvoll. Und beim Betrachten habe ich über die Frage nachgedacht: „Was macht denn eigentlich den Wert eines Bildes aus?“ Ist es die Kunstfertigkeit? Ist es der prominente Name des Malers oder der Malerin? Oder ist es am Ende die Beziehung zwischen Künstlerin und Betrachter – wie im Fall meiner Enkeltochter? Wahrscheinlich fließt in den Wert eines Bildes immer von allem etwas ein. Und je nachdem, was überwiegt, wird das Bild mit Stecknadeln an die Wand gepinnt. Oder es landet gut gesichert in einem Museum und lockt zahlreiche Menschen an.

Gleich das erste der Zehn Gebote verhält sich gegenüber Bildern sehr kritisch. Zumindest gegenüber all den Versuchen, Gott bildhaft oder figürlich darzustellen. „Du sollst dir kein Bildnis machen!“, heißt es da. Die irrige Vorstellung, dass hier Bilder im Allgemeinen gemeint sind, hat dazu geführt, dass Menschen im 16. Jahrhundert viele Kunstwerke in Kirchen kurz und klein geschlagen haben. Gemeint ist mit dem Satz aber etwas anderes. „Du sollst keinen Vorstellungen oder Darstellungen von Gott Raum geben, die du dann an seiner Stelle verehrst!“ Natürlich gibt es heute keine Götterstatuen mehr, die wir anbeten. Aber es gibt schon etliche Platzhalter für etwas, dem Menschen göttliche Verehrung zukommen lassen.

Es geht dabei um Abhängigkeiten, die nicht guttun, die gewissermaßen den Platz Gottes einnehmen. Deshalb kann ein Künstler sehr wohl seine inneren Bilder von Gott bildhaft darstellen. Im Bibelzyklus von Salvador Dalí ist mir das vor kurzem sehr eindrücklich vor Augen gestellt worden. Da tauchen in Andeutungen immer wieder seine Gottesvorstellungen auf – dunkle Schatten, aber auch ganz leuchtende Anteile. Und wer weiß: Vielleicht taucht Gott bald auch in einem Bild meiner Enkeltochter auf, wenn sie im Kindergarten eine Geschichte aus der Bibel erzählt bekommt. Ihre bunten Kreisformen, die ans Unendliche erinnern, könnten ja schon ein Anfang sein.

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29OKT2025
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„Ich glaube an Gott.“ Das kann man so oder so sagen: Wie ein persönliches Statement: „Ich glaube an Gott...“ - und gebe damit zu erkennen:
Das ist  m e i n  Ding. Das erwarte ich nicht von Anderen.

Es geht aber freilich auch im Brustton der Überzeugung:  „I c h glaube an G o t t !“Soll heißen: Schaut her! So ist es recht! Und Andere sollten das auch tun! Mein Gegenüber! Oder Abwesende. Am besten der Rest der Welt.Es kommt schon sehr drauf an, wie das rüberkommt: „Ich glaube an Gott...“

Einmal ist jemand nach dem Gottesdienst auf mich zugegangen.Und ich habe gleich gespürt: Da liegt Ärger in der Luft. Was ich mir denn einfallen würde - das Glaubensbekenntnis wegzulassen:

„Das ist hier fester Bestandteil des Gottesdienstes. kein Pfarrer kann aus persönlichen Gründen daran rütteln.“ Wollte ich auch gar nicht. Ich wusste nur nicht, was in dieser Gemeinde üblich ist.

Und in andren Gemeinden kommt es immer seltener vor, dass das Glaubensbekenntnis gesprochen wird. Manche halten das nämlich für zu exklusiv. Das könnten nicht alle mitsprechen.

Da würden Zweifelnde rausgedrängt. Und zB das mit der Jungfrauengeburt sei doch so ein Anstoß. Manche haben mir gesagt: Das spreche ich nicht mit. Warum auch?

Das Glaubensbekenntnis ist kein religiöser Appell.
Das Glaubensbekenntnis ist keine Verpflichtung.
Schon gar nicht im Kollektiv. 
Ich weiß: Viele kirchliche Bekenntnisse beginnen mit dem „Wir“:

„Wir bekennen, wir stimmen darin überein...“
Aber eben nicht das sogenannte »Apostolische Glaubensbekenntnis« - das beginnt subjektiv: Und genau das gefällt mir immer besser: Das »Ich glaube« in der ersten Person! Ich glaube an Gott ...  Ich spreche für mich - persönlich!

In den Aussagen, die dann folgen, über Gott und Jesus und den Heiligen Geist, stecken die christlichen Essentials, die mich stärken und hoffen und nicht verzweifeln lassen. Gottes großes Ja zu dieser Welt.

Und wenn sich beim Sprechen der Worte meine Stimme mit anderen verbindet – noch schöner. Ich spüre: Ich bin da nicht allein. Aber: Ich habe keine Erwartungen an Andere. Es ist eher wie Angebot – man kann mich darauf ansprechen: „Das glaubst Du wirklich? Ist ja allerhand. Warum nur?“

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28OKT2025
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»Die Meile der Religionen«: Seit einigen Jahren führt sie einmal im Jahr mitten durch die Mannheimer Innenstadt. Alle sind eingeladen an eine lange Tafel. Zum Austausch, zum miteinander Essen und Trinken. Viele machen mit: Christen, Juden, Muslime und andere Religionsgemeinschaften. Bewirtet auch von Vereinen und Schülergruppen. Ein prächtiges Zeichen des Miteianders.

Doch in diesem Sommer hat das »Forum der Religionen« die Veranstaltung abgesagt aus Angst vor Spannungen und Übergriffen. 

Der Dialog der Religionen stockt - ist da und dort sogar ganz erloschen. Es knirscht in den in den sog. »Räten der Religionen«. Seit die Spannungen im Nahen Osten so unerträglich geworden sind. Seit Feindschaft gegen jüdische Bürger offen zu Tage tritt.
Schaue ich auf Fotos aus den ´90er Jahren, werde ich richtig wehmütig:

Ich sehe Muslime, die kommen auf Einladung unserer Gemeinde zur Kirche und zum Mittagessen. Wir sprechen miteinander – von unserem Glauben und unserem Leben.
Ich konnte unbeschwert mit Jugendlichen zum Besuch in die Moschee gehen.

Und heute? Ich hoffe auf Frieden und Verständigung – auf eine Wiederbelebung des Dialogs.
Ein Wort könnte dabei helfen. Es stammt vom II. Vatikanischen Konzil.
Auf den Tag genau heute vor 60 Jahren hat das Konzil erklärt:
„Nostra aetate“ -  zu Deutsch  „in unserer Zeit“ – kommt es auf Dialog und geschwisterliche Anerkennung aller religiösen Überzeugungen an.
Ausdrücklich werden Muslime und Juden erwähnt.
Und auch die Schuld, die Christen zu tragen haben, die diesen Dialog behindert und in manchen Jahrhunderten mit Verfolgungen zerstört haben.
Zum Schluss heißt es da:
(5.) „Wir können (...) Gott, (...) , nicht anrufen, wenn wir irgendwelchen Menschen, die ja nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, die brüderliche Haltung verweigern. (...) die Schrift sagt: "Wer nicht liebt, kennt Gott nicht" (1 Joh 4,8).
Und weiter:
„So wird (...) jeder Theorie oder Praxis das Fundament entzogen, die zwischen Mensch und Mensch, zwischen Volk und Volk bezüglich der Menschenwürde und der daraus fließenden Rechte einen Unterschied macht.“

Dieses Wort ist auch nach 60 Jahren für mich eine Motivation, hier und heute weiter für den Dialog einzutreten.

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27OKT2025
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Manchmal kann man auf einem Schild in schwäbischen Gasthäusern lesen:»Da hocken die, die immer da hocken«. Das klingt gemütlich, nach Stammtisch und auch nach einer Portion Selbstironie. Ich höre aber auch eine leise Warnung: „Besetzt! Du - gehörst da nicht hin!“

Ich halte dann Abstand. Setzte mich nicht dazu und denke: „Die ticken anders als Du. Komm ihnen bloß nicht zu nahe.“ Doch eigentlich ist das ja auch schade: Denn zu einem Austausch kommt es so nicht.Kann das nicht auch anders gehen?

Ein Bibelwort hat mir etwas weitergeholfen, über das ich schon oft gestolpert bin. Es steht im bekannten Psalm 23. Da heißt es einmal:
„Du, Gott, bereitest vor mir einen Tisch – im Angesicht meiner Feinde.“
Noch genauer übersetzt: In der Nähe, gegenüber von Menschen, die mich bedrängen, da tischt Gott mir auf. Da setzt er mich hin.

Der Psalm soll übrigens von David stammen. Und der hatte nun wirklich nicht nur Freunde. Das schwingt in seinen Worten auch noch mit: Gerade erst hat Gott ihn gerettet – aus Bedrohungen und Abgründen – da setzt er ihn in zu seinen Widersachern an den Tisch.

Und David wird sich wohl gefragt haben: ((Was soll den das?)) Hört das denn nie auf?

Wann ist mal Schluss mit Ängsten und Spannungen? Gott könnte mich doch einfach woanders hinsetzen. Weit weg. Weg von denen, die mir fremd sind, die mich nerven und mir das Leben schwer machen.

Aber davon spricht das Gebet nicht. Gott setzt ihn bewusst da hin.Und genau da – so heißt es weiter – schenkt ER ihm voll ein. Genau da erfährt David Zuwendung.

Dieser Wink Gottes – zu einer nicht nur angenehmen Tischgemeinschaft zu gehören –ist nah dran an den Erfahrungen unserer Zeit. Und hilft mir.

„Wage Nähe zu denen, die Dich anstrengen. Halte Nähe aus mit Menschen, die dir kein Vergnügen sind. Du bist ja auch anstrengend – für Andere.“

Die Welt ist voller Spannungen. Gerade jetzt, wo sich viele in der Blase Gleichgesinnter einigeln, braucht es ein Aushalten der Anderen und ein Zugehen auf die, die immer bei den Gleichen hocken. Auch wenn es einmal schwer fällt: Trau dich!

Oft habe ich entdeckt: Gerade in der Begegnung  mit Menschen, die mich auf´s Erste anstrengen und so anders sind als ich – habe ich Neues und Schönes erlebt.

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25OKT2025
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Ganz am Anfang erzählt die Bibel in großen Bildern,
wie Gott die Welt erschaffen hat; Himmel und Erde in sechs Tagen
plus Ruhetag am siebenten, Shabbat.
Am vierten Tag hängt Gott Sonne Mond und Sterne an den Himmel
als große Lampen und als kleine Lichter.
Nur Lampen – das war vor dreitausend Jahren eine Revolution:
Rund um Israel herum galten die Gestirne als Göttinnen und Götter;
denen hatten die Menschen Opfer zu bringen, 
damit es gutes Wetter und reiche Ernten gab.
Und jetzt: Lampen; die sollen Tag und Nacht regieren –
aber vor allem: leuchten. Das entzaubert und entmachtet sie.

Entzaubert haben die Menschen inzwischen ja auch Tag und Nacht.
Gefühlt jedenfalls beginnt heute Abend die längste Nacht des Jahres,
statt erst zur Wintersonnenwende im Dezember.
Umstellung auf die Winterzeit; da gibt es eine Nacht-Stunde mehr…
Wie viele schöne lange Sommerabende haben wir dieses Jahr genossen,
obwohl der Sommer nur so lala war!
Und jetzt, morgen früh, zum guten Schluss: eine Stunde länger schlafen...

Eigentlich, sagen viele, ist es doch völlig unnatürlich,
stört den Lebensrhythmus zweimal im Jahr,
bringt alles durcheinander.
Milchbauern finden ihre Kühe unruhiger durch die verschobenen Melkzeiten;
feinfühlige Menschen haben den Eindruck,
dass sie eine Stunde zu früh in die Mittagspause müssen.
Und viele Ökonomen und Ökologen finden Sommerzeit
sowieso Quatsch oder sogar schädlich.
Statt Energie zu sparen verursachen längere Sommerabende mehr Autoverkehr;
die Leute fahren in die Wälder und joggen bis tief in die Nacht…
Das EU-Parlament will das ja wieder abschaffen mit der Zeitumstellung –
unentschieden nur, ob es in ganz Europa weiter eine gemeinsame Zeit gibt;
und ob das dann vielleicht die jetzige Sommerzeit ist?

Alles vielleicht noch mal neu zu bedenken, schon richtig.
Aber es ist keine Frage der sogenannten Schöpfungsordnung.
Und auch die Bibel hält sich aus solchen Fragen total raus.
Oder noch mehr – für sie gibt es nur den einen Gott,
der die Sonne aufgehen lässt über alle und alles.
Welch ein Wunder.
Seit Sonne Mond Sterne als Götter entzaubert sind,
lassen sich auch Tag und Nacht mal eben um eine Stunde verschieben.
Sind nur Lampen, sagt die Bibel.
Und ob die eine Stunde früher oder später leuchten:
das entscheidet mal schön selbst, ihr Menschenkinder!

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24OKT2025
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Zugegeben: Es fällt ganz schön schwer, immer weiter „dran“ zu bleiben.
Seit März 2022, also kurz nach Putins Überfall auf die Ukraine
treffen sich Menschen aus Trier und Umgebung zum Friedens-Gebet
im Trierer Dom – anfangs jede Woche, in der Hoffnung,
dass der Krieg bald zu Ende geht.
Aber schon bald nur noch einmal im Monat,
immer am 24. – am 24. Februar hatte der aktuelle Krieg ja angefangen.

Ein schnelles Ende wäre ein grausames und hässliches Ende gewesen,
jedenfalls für die Ukraine;
ein paar Wochen hat die überfallene Armee dann schon noch gebraucht,
die russischen Truppen zu stoppen und teilweise zurückzudrängen.
Und welches verbrecherische Chaos hatten die schon angerichtet,
wo sie Gott sei Dank nur kurz geherrscht und gewütet hatten.
Seither geht es aber immer weiter mit dem Versuch,
die Ukraine zu zerstören,
die Menschen zu zermürben,
den Winter noch grausamer werden zu lassen als in den letzten Jahren.
Drei Jahre und acht Monate lang immer neue Angriffe und immer neuer Tod
mit noch raffinierteren Waffen und Methoden.

Es fällt schwer, dran zu bleiben am Gebet um Frieden und Gerechtigkeit;
aber was ist das für eine Beschwernis – verglichen mit der Bedrohung,
unter der Familien und Einzelmenschen, Alte und Junge im ganzen Land leben,
ganz zu schweigen von den Soldaten im Grabenkrieg im Osten und Südosten.
Oder von der Unsicherheit und Angst der vielen Millionen,
die aus dem Land nach Europa gekommen sind und auch zu uns hier:
Ob die Angehörigen zu Hause die letzte Nacht überlebt haben,
ob sie Strom und Wasser haben –
von hier aus können sie denen ja nur sehr wenig helfen.
Und fühlen sich oft genug eher unwohl in einer Umgebung,
die ihnen inzwischen gelegentlich auch misstrauisch begegnet.

Gerade deshalb und auch mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine
bleiben wir dran und laden auch heute wieder ein:
Zum Gebet für die Menschen, die unter dem Krieg so sehr leiden;
und um Gottes Geist für die, die endlich etwas tun könnten,
damit erst einmal die Waffen schweigen und das Töten aufhört.
Und damit dann Verhandlungen möglich werden –
wenn es dabei nur gerecht zugeht…

Ob Beten hilft, fragen sich viele – und es ist ja klar:
Über Krieg und Frieden entscheiden eher Präsidenten und Machthaber,
militärische und wirtschaftliche Interessen.
Friedens-fähig und friedens-bereit macht Beten aber doch –
wenigstens alle, die dabei mitbeten;
wir müssen dranbleiben, auch wenn es manchmal schwerfällt.

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23OKT2025
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Kinder sind immer wieder große Wunder; Kleinkinder eher noch größere.
Obwohl: „Kleinkind“ würde Tobi sicher weit von sich weisen – auf Deutsch;
und „infant“ auf Englisch oder „nen“ auf Mallorquin
oder das spanische „niño pequeño“ gleich mit.
Tobi ist schließlich schon sechs – aber staunen muss ich immer noch,
wie selbstverständlich er mit vier Sprachen umgeht:
Mit dem Vater redet er meist englisch;
mit Mutter und kleiner Schwester deutsch –
und in Kita und Vorschule eben in den Landessprachen Spanisch und Mallorquin.
Und wenn Oma und Opa zu Besuch sind
und noch ein Schulfreund:
da wechselt er schon mal mitten im Satz die Sprachen
und – noch mal faszinierender: auch den ganzen sound.

Tobi spricht die Sprachen einfach, ganz ohne sie eigentlich gelernt zu haben.
Hat sie aufgesaugt irgendwie mit der Muttermilch
und auf Papas Arm oder im Kindersitz auf dem Fahrrad.
So wie er irgendwann krabbeln und laufen konnte, trinken und essen,
schmusig sein oder kratzig.
Ganz normale Lebens-Abläufe, ganz normale Alltagssprache,
kein bisschen fremd – erstmal.
Und die Erwachsenen hüten sich, ihn darauf anzusprechen.
Er darf es einfach so drauf haben – ohne drüber nachzudenken.
Früh genug könnte alles ein bisschen schwieriger werden.
Grammatik und Vokabeln lernen – das macht einen neuen Abstand zur  Sprache.
Aber dagegen ist er dann hoffentlich gut gewappnet –
er spricht einfach vier oder dreieinhalb Mutter- und keine Fremdsprachen.

Etwas ähnliches erzählt die Bibel von Pfingsten:
da kommt Heiliger Geist auf die Jüngerinnen und Jünger von Jesus
und sie erzählen von ihrem Freund Jesus draußen in der Stadt –
und ganz MultiKultiJerusalem kann alles verstehen, was sie da reden.
Alle verstehen alle – auch wenn die aus anderen Weltgegenden kommen
und ohne die Weltsprache Griechisch oder Latein zu benutzen.
Mir scheint, der Pfingstgeist hat einfach in den Leuten geweckt,
was sowieso in jedem Menschenkind und Erwachsenen
schon verborgen schlummert:
eine viel größere Fähigkeit, sich zu verständigen und zu verstehen,
in einer anderen Sprache als nur in der Muttersprache
oder in mühsam gelernten fremden Lauten.

Liebe ist der Name dieser menschlichen Grund-Verständigungs-Fähigkeit.
Wo liebevoll gesprochen und gehandelt wird,
statt auf Deutsch Englisch Spanisch Französisch Mallorquin –
oder vielmehr: egal in welcher SprechSprache:
da werden Friede und Gerechtigkeit ausbrechen.
Müssen die Menschen nur ein bisschen die Fenster aufmachen
für diesen Heiligen Geist…

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22OKT2025
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Versteckspielen mit Papa gehört für meine Kinder zu den Highlights. Manchmal brauchen sie ganz schön lange, bis sie mich haben. Und auch diesmal ist es wieder so. Ich stehe strumpfsockig auf dem Fensterbrett in der Küche und bemühe mich, in eine Falte des Vorhangs zu passen. Da ruft es: „18, 19, 20 - ich komme“, und ich richte mich ein auf eine unbequeme Wartezeit.

Was ich schon alles gesucht habe! Zeugnis oder Generalschlüssel zum Beispiel. Wenn die weg sind, dann falle ich erst mal in eine Art Schockstarre. Und dann fange ich an, wie wild zu suchen. Unbeschreiblich ist der Moment, wenn ich es dann wiederfinde. Unsere Katze war mal 5 Tage verschwunden. Und dann nachts um elf höre ich die Katzenklappe, und sie steht vor mir und tut, als ob nichts gewesen ist. Pure Erleichterung, überschäumendes Glück wallen in mir auf. Und manches Verlorene bleibt auch verschollen: der praktische Inbus-Schlüssel mit Griff zum Beispiel oder die Bob Marley CD, von der ich nur noch die Hülle habe.

Gesucht wird aber noch mehr, viel Existentielleres: Der richtige Beruf zum Beispiel. Oder die Liebe des Lebens. Manche suchen eine Heimat, andere die richtige Therapie oder gar den Sinn, warum man überhaupt lebt und hier ist.

Meine Kinder durchstreifen die Küche. Ich halte die Luft an und mach mich noch ein bisschen dünner. Puh, nochmal gut gegangen. Ich kenne Kinder, die sind totunglücklich, wenn sie beim Versteckspielen nicht gefunden werden. Und vielleicht ist das auch eine Sehnsucht von uns Menschen im Leben: dass wir gefunden werden - von einer lieben Partnerin oder einem Partner, von jemandem, der mich so nimmt, wie ich bin oder letztlich auch von Gott.

Ich glaube an einen Gott, der mich gerne findet. Und natürlich ist es sinnlos, sich vor ihm zu verstecken. Das drückt auch der Psalm 139 aus dem Alten Testament aus. Dort heißt es: „Du bist vertraut mit all meinen Wegen. (…) Von hinten und von vorn hast du mich umschlossen (…). Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen (…). Wohin kann ich gehen (…), wohin vor deinem Angesicht fliehen? Wenn ich hinaufstiege zum Himmel - dort bist du; wenn ich mich lagerte in der Unterwelt - siehe, da bist du. Nähme ich die Flügel des Morgenrots, ließe ich mich nieder am Ende des Meeres, auch dort würde deine Hand mich leiten (…).“

Das hört sich ein bisschen nach aussichtslosem Versteckspiel an. Aber sich finden lassen hat hier nichts mit erwischen zu tun, nichts mit einem übellaunigen Überwachungsgott, sondern mit bergen, begleiten und behüten - so wie bei mir und meinen Kindern.

„Papa, hab dich!“ Mist, so war das jetzt nicht gemeint.

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