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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

14JUN2023
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Rushhour. Ich stehe mit meinem Auto auf der Abbiegespur. Auf dem Rücksitz mein vierjähriger Sohn. Die Gegenfahrbahn will nicht frei werden. Ich bin genervt. Die Frage meines Sohnes trifft mich ohne Vorwarnung:

Papa, wie hat der liebe Gott eigentlich die Welt gemacht?

Oh Mann. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren! - Mit seinem Willen hat der liebe Gott die Welt erschaffen - er wollte, dass es sie gibt.

 - Ist der liebe Gott dann ein Zauberer?, fragt mein Sohn zurück.

Endlich - eine Lücke. Ich gebe Gas - und komme doch gedanklich nicht vom Fleck.

— Ich glaube nicht, dass der liebe Gott ein Zauberer ist. Ein Zauberer kann ja nur mit den Sachen zaubern, die es schon gibt. Aber der liebe Gott hat gemacht, dass es Menschen gibt, dass es Bäume gibt, Tiere, Sterne - einfach alles.

— Dann ist der liebe Gott noch stärker als Superman, wenn er sogar Sterne gemacht hat?

Ich überlege: Ja, der liebe Gott ist stärker als Superman, weil er jeden Menschen liebhaben kann. Das schaffe ich nicht und das schafft nicht mal Superman.

— Papa, das ist echt kompliziert! Gehen wir jetzt zum Einkaufen?

Ich bin verunsichert. Er hat Recht: das ist schwer zu verstehen – auch für mich. Aber waren meine Antworten hilfreich für meinen Sohn? Was ich ihm eigentlich nur versucht habe zu sagen: Da ist jemand, der immer will, dass es dich gibt. Und das macht dein Leben unendlich wertvoll. Ob mir das zwischen Einparken und Einkaufen gelungen ist? Ich weiß es nicht!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

13JUN2023
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Dienstagabend. Mein langer Arbeitstag endet mit einer Gremiensitzung. Langsam finden sich alle Teilnehmer an ihren Plätzen ein. Die Sitzung beginnt. Vor mir liegt die Tagesordnung. Ich will so schnell wie möglich durch die Punkte kommen. Heute Abend endlich mal vor 22 Uhr zu Hause sein. Werden wir das schaffen? Ich schaue auf den ersten Tagesordnungspunkt: Geistlicher Impuls. Das hat mir gerade noch gefehlt. Muss das jetzt sein? Ich will nach Hause! Lasst uns doch einfach zügig die Punkte abhaken.

Der Moderator gibt der Person das Wort, die den Impuls für die Sitzung vorbereitet hat.

Die Gespräche hören auf, alle werden ruhig. Die Person spricht ein Gebet. Es ist kurz. Vielleicht zwei oder drei Minuten lang. Doch in dieser kurzen Zeit geschieht etwas mit mir – und mit uns. Die Welt steht auf dem Kopf, weil wir etwas tun, was einer völlig anderen Logik folgt. Es geht nicht um Nützlichkeit; es geht um eine Unterbrechung der Nützlichkeit. Meine Geschäftigkeit und Hetzerei kommen zum Stillstand. Im Gebet vergewissern wir uns gemeinsam, dass wir Kinder Gottes sind. In diesen kurzen drei Minuten scheint die Zeit plötzlich langsamer zu laufen, verdichtet sich. Wir sind ganz nah beieinander, obwohl alle nach wie vor auf ihren Stühlen sitzen. Mein Blutdruck senkt sich und mein gehetzter Alltag kommt zur Ruhe. Ich merke, dass ich heute ein ziemlich gehetzter Mensch war. Ich merke, dass ich kein Empfinden dafür hatte, wie die Zeit verging. Ich merke, wie wenig mir bewusst war, dass heute wieder ein Tag meines Lebens unwiederbringlich vergangen ist.

Der geistliche Impuls ist zu Ende. Gemeinsam mit den anderen tauche ich langsam wieder aus der Gebetszeit auf. Wir wenden uns dem zweiten Tagesordnungspunkt zu.

Auf dem Weg nach Hause denke ich nicht mehr an meinen vollen Terminkalender der kommenden Tage. In diesem Augenblick bin ich einfach dankbar dafür, dass ich da bin. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

12JUN2023
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Eine meiner Lieblingsgeschichten aus der Bibel geht ungefähr so: Jesus verlässt mit seinen Freunden die Synagoge, das Gebetshaus der Juden, und geht zu Simon nach Hause. Wahrscheinlich wollten sie einfach einen netten Abend mit gutem Essen haben. – Jesus war ja bekannt dafür, dass er ein Lebemann war. – Während sie also stehen und reden, kommt Simon der Gedanke, dass seine Schwiegermutter schwer krank ist. Alle reden daraufhin auf Jesus ein, er solle doch zu ihr hingehen und ihr helfen. Jesus stimmt zu und geht allein zu Simons Schwiegermutter. Er setzt sich auf die Kante der Liege und zieht die fiebernde Frau vorsichtig an der Hand nach oben, so dass sie mit aufrechtem Oberkörper vor ihm sitzt. Sie blicken sich an. Jesus sagt nichts. Die Frau wird geheilt. Das war´s.

Warum ist diese unspektakuläre Geschichte für mich so besonders? Weil diese Heilung Jesu kein spektakuläres Wunder braucht. Die Atmosphäre zwischen den beiden ist ganz vertraut, liebevoll und zärtlich. Es gibt für mich keine zärtlichere Heilungsgeschichte in der Bibel. Der springende Punkt ist, dass Jesus nicht von oben herab spricht oder wie ein Wunderarzt mit überschießendem Selbstvertrauen auf die kranke Frau zugeht. Nein, er setzt sich einfach hin, richtet sie auf und – blickt sie an!

Dieser Blick muss für Simons Schwiegermutter alles verändert haben. Ich kann nur erahnen, was das für ein Blick gewesen sein muss. Mit einem ähnlichen Blick schauen sich Menschen an, die sich lieben. Mit ihrem Blick sagen sie einander: ich will, dass du bist! ich will, dass dein Leben glücklich und erfüllend ist! Nur dort, wo es solche Blicke gibt, können Menschen ein glückliches Leben führen – ohne Angst und wirklich frei.

Für mich ist das der Kern des Evangeliums – der frohen Botschaft. Mein ganzes Leben ist begleitet von Gottes Anblick, der sich in den Augen Jesu spiegelt und der mir zärtlich zuruft: Fürchte dich nicht! Ich bin bei dir – dein ganzes Leben lang.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

11FEB2023
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Haben Sie den neuen Chat-Roboter GPT schon einmal ausprobiert? Der Chatroboter ist eine Künstliche Intelligenz, mit der man im Internet kommunizieren kann. Er wurde im November 2022 freigeschaltet und ist für jeden online abrufbar. Seitdem haben Millionen von Menschen den neuen Roboter getestet. Er kann Gedichte verfassen, Reden erstellen oder ganze Aufsätze schreiben. Einige Menschen sehen in dieser Form der Künstlichen Intelligenz die Zukunft des Internets, viele machen sich aber auch Sorgen: merkt man den Unterschied zwischen einem Menschen und einer Maschine noch? Werden wir irgendwann nicht mehr wissen, ob wir mit einem Menschen oder mit einer Maschine kommunizieren? Ich setzte mich also an meinen Computer und melde mich an, um mit dem neuen Chatroboter ein kleines Interview zu führen.

Erste Frage:

„Warum bin ich da?“

Antwort:

„Für manche Menschen hat die Existenz einen religiösen oder spirituellen Hintergrund. Andere glauben, dass das Leben ein natürliches Phänomen ist. Es gibt auch diejenigen, die glauben, dass der Sinn des Lebens von jedem selbst definiert wird. Letztendlich gibt es keine definitive Antwort darauf.“

Zweite Frage:

„Was überzeugt dich?“

Antwort:

„Als künstliche Intelligenz habe ich keine Überzeugungen oder Meinungen, da ich keine Gefühle oder eigene Persönlichkeit habe. Ich bin lediglich ein Werkzeug, um auf bestimmte Anfragen zu reagieren und Informationen zu liefern.“

Ich breche mein Interview ab. Die Antworten sind nicht falsch, aber sind inspirieren mich nicht! Für mich klingt der Chatroboter wie ein zusammengeschusterter Wikipedia-Artikel. Zum Schluss bitte ich ihn, mir ein christliches Gebet zu schreiben. Er liefert mir eine langweilige Auslegung einer Bibelstelle. Aber: bis er loslegt, vergeht so viel Zeit wie noch nie. Eine ganze Minute muss ich warten. Vielleicht war dieses lange Zögern die bisher beste Antwort, die mir der Chatroboter gegeben hat. Warum: weil Innehalten, Zögern, Schweigen ganz wichtige Formen sind, wie ich als Mensch betend vor Gott sein kann.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

09FEB2023
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„Schau besser nicht hoch zu den Sternen, sonst brichst du dir noch das Genick.“ So lautet – ironisch- eine Liedzeile aus dem Song „Mega Happy“ des Schweizer Sängers „Faber“. Jedes Mal, wenn ich diesen Song höre, bleibe ich gedanklich an der Liedzeile mit den Sternen hängen: Der Song fordert uns eigentlich dazu auf: Hey, schaut mal wieder mehr nach oben zu den Sternen und bleibt nicht stecken in eurem ständigen Kreisen um euch selbst und eure kleine Welt um euch herum!

Der Blick zu den Sternen - seit jeher haben Menschen nach oben geschaut. In vielen antiken Kulturen standen die Sterne für die ewige Ordnung der Dinge. Manche Kulturen verehrten die Sterne sogar als Götter. Das sind sie heute zwar nicht mehr. Der Blick nach oben in die unendlichen Weiten des Universums fasziniert Menschen aber bis heute.

Für mich ist der Blick nach oben immer verbunden mit einem Blick auf mich selbst und die Welt. Ich sehe die unendliche Weite über mir und bin noch mehr fasziniert darüber, dass ein kleiner Mensch wie ich das alles irgendwie sehen und begreifen kann. Ich fühle mich dann weiter, freier und größer und auch die Welt um mich herum, die Städte, Menschen, Landschaften: ein Wunder, dass es das alles gibt!

Vieles, was mich im Klein-Klein des Alltags beschäftigt, wird in ein anderes Licht getaucht. Ich muss mich nicht über alles aufregen, worüber ich mich tagtäglich aufrege. Das kann so befreiend sein!

Mit dem Glauben an Gott ist es ganz ähnlich: Er hilft mir, mich selbst und die Welt um mich herum in einem anderen Licht zu sehen. Gott ist für mich wie ein weiter Horizont. Wenn ich mich ihm zuwende, lerne ich mich und die Welt um mich herum anders zu sehen: großzügiger, gelassener, aufmerksamer. Der Blick in den Himmel hilft mir dabei. Dafür nehme ich mir vor, einmal pro Tag ganz bewusst in den Himmel zu schauen.

Probieren Sie es doch mal aus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37059
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