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SWR3 Gedanken

18DEZ2024
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Knapp 30 Treppenstufen – ein unüberwindbares Hindernis. Ich bin 29 und fit – aber neuerdings mit einem Kinderwagen unterwegs. Ein Mann hilft mir, den Wagen bis hoch auf den Bahnsteig zu tragen. Glück gehabt, denn den Zug hätte ich sonst verpasst. Bis vor kurzem wäre mir gar nicht aufgefallen, dass dieser Bahnhof nicht barrierefrei ist, aber seit ich mit dem Kinderwagen durch die Gegend laufe, stoße ich ständig auf Hindernisse. Manchmal komme ich mir vor wie in einem Parcours: Treppen ohne Rampen oder Aufzüge, Autos, die den halben Gehsteig einnehmen oder E-Roller, die jemand achtlos mitten auf dem Bürgersteig platziert hat. Ich nehme Umwege, wechsle die Straßenseite oder packe mein Kind in die Trage, wenn ich schon weiß, dass der Weg schwierig wird. Ich bin jung und gesund – deshalb komme ich trotzdem fast überall hin, auch wenn es nervig ist. Aber was ist mit Menschen, die im Rollstuhl sitzen? Oder auf einen Rollator angewiesen sind. Für sie bedeuten diese Hindernisse noch viel mehr Aufwand. Und einige Orte bleiben unerreichbar. Ich finde, das darf so nicht bleiben. In einer Gesellschaft, an der alle teilhaben sollen, darf es keine Orte geben, die für manche unerreichbar sind.
An vielen Stellen muss dafür dringend umgebaut werden – es braucht stufenlose Wege und funktionierende Aufzüge. Wenn mir so ein Ort auffällt, melde ich das der Stadt. 
In der Zwischenzeit können wir alle was tun: Nicht auf Bürgersteigen parken und herumstehende E-Roller an die Seite stellen. Oder sie am besten gleich richtig parken. Und: Hilfe anbieten, wo sie gebraucht wird.
Damit alle Orte für alle Menschen zu erreichen sind.

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SWR3 Gedanken

17DEZ2024
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Groß und mächtig, ein alter weißer Mann auf dem Thron. So habe ich mir Gott früher vorgestellt. Kein Wunder, denn genauso wird Gott oft beschrieben. Zum Beispiel in dem Kirchenschlager „Großer Gott wir loben Dich“. Als Kind fand ich das cool, denn das Lied hatte echt Power. Aber heute hat diese Erinnerung für mich einen bitteren Beigeschmack: Der Gott, der da so übermächtig und männlich besungen wird, schien mir damals so groß und so weit weg, dass ich mich als Kind kaum getraut habe, zu ihm zu sprechen.
Mein Gottesbild hat sich verändert: Ich weiß heute, dass alle Gottesbilder eben nur Bilder sind. Eine Hilfe für uns Menschen, weil wir uns Gott ja irgendwie vorstellen müssen. Dass Gott seit Jahrhunderten vor allem männlich gedacht wird, liegt daran, dass es vor allem Männer waren, die von Gott gesprochen haben. Für diese Männer scheint dieses Bild hilfreich zu sein – aber für viele andere Menschen macht es das schwer, sich Gott nah und verbunden zu fühlen. Für meine Beziehung zu Gott ist es wichtig, dass ich anders von Gott spreche. Coolerweise ist mir das Lied, das ich früher so gerne gesungen habe – „Großer Gott wir loben Dich“ – vor Kurzem nochmal begegnet. Aber mit einem anderen Text – umgeschrieben von der Theologin Annette Jantzen. Eine Strophe lautet so: „Unfassbar gewaltig bist du, Gott-du-Eine, du bleibst uns entzogen. Und neigst dich uns doch freundlich zu, um in unserem Herzschlag zu wohnen. Und dein Leben bricht sich Bahn, wo sonst nichts mehr wachsen kann.“ Das hat mich berührt. Gott nicht nur männlich, sondern auch weiblich zu denken und anzusprechen – das bringt sie mir näher. Und ich glaube, dass es das ist, was Gott will: Nah bei uns Menschen zu sein.


https://www.bistum-aachen.de/Frauenseelsorge/Frauenseelsorge-Aachen/nachricht/6.-Sonntag-im-Jahreskreis-B----Neufassung-von-Grosser-Gott-wir-loben-dich----mit-Noten/

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SWR3 Gedanken

16DEZ2024
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„Du bist aber ein süßes Kerlchen.“ sagt der Schaffner in der Bahn und kneift meinem Sohn in die Wange. Und nochmal: „So ein süßer kleiner Mann.“ 
Mein Sohn erschrickt und ist kurz davor zu weinen - Ich spüre, wie in mir selbst die Wut hochkocht. „Das stimmt“, sage ich. „Aber bitte fassen Sie ihn nicht an.“ Der Schaffner schaut mich völlig überrascht an. Offensichtlich fühlt er sich vor den Kopf gestoßen. Aber: Er entschuldigt sich und geht weiter. Meine Wut ist sofort verflogen. Stattdessen bin ich jetzt stolz: Denn ich habe eine klare Grenze gesetzt. Es ist richtig, dass ich einschreite, wenn eine fremde Person ungefragt meinen Sohn anfasst. Mein Sohn ist 8 Monate alt, er kann sich noch nicht selbst wehren; dafür bin ich verantwortlich. Aber was mir da gerade gelungen ist, fällt mir sonst – wenn es um mich geht – richtig schwer. Ich habe schon ein paar unangenehme Situationen erlebt, in denen ich mich eigentlich hätte wehren sollen. Zum Beispiel hat mir mal ein Typ einfach seine Hand auf mein Bein gelegt hat, als er mich in der Bahn angesprochen hat. Das war mir unangenehm, aber ich hab nichts gesagt, weil ich ihn nicht vor den Kopf stoßen wollte. Mir hat einfach der Mut gefehlt.
Das ist doch absurd: Dass mir das wichtiger ist – andere nicht vor den Kopf zu stoßen -, als für mich selbst einzustehen. Wenn mir jemand zu nah kommt, dann darf ich mich wehren. Dann will ich mich wehren, weil auch meine Grenzen mir wichtig sind. Und weil ich damit auch andere schützen will. Indem ich klarstelle, dass solche Übergriffe nicht ok sind.

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SWR3 Gedanken

15DEZ2024
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Weihnachten und Päckchen – das gehört irgendwie zusammen, oder? Jetzt im Advent kommen jeden Tag so viele Pakete in unserem Mietshaus an; die Altpapiertonne quillt schon über. So viele Kartons! Kein Wunder, denn jeder will ja rechtzeitig alle Geschenke beisammen haben. Und es ist ja auch mega praktisch: Egal, was ich haben möchte, im Internet finde ich es bestimmt. Kurz googeln und zack – schon ist das Teil bestellt; und am nächsten Tag steht es vor meiner Tür. Hab ich selbst schon super oft gemacht, aber irgendwie finde ich´s auch krass: Da entsteht so viel Müll. Und die Leute, die die Pakete ausliefern, stehen oft wahnsinnig unter Druck. Und weil sie meistens für Subunternehmen arbeiten, kommt noch nicht einmal viel Gehalt dabei rum. Ich finde, das darf nicht sein. Für Weihnachten habe ich mir deshalb dieses Jahr was vorgenommen: Ich bestelle kein Geschenk im Internet. Was ich im Geschäft nicht bekomme und was nicht fair produziert ist, ist raus. Ich weiß, dass es keinen großen Unterschied macht, wenn nur eine Person etwas ändert, aber vielleicht gibt es ja Menschen, die das genauso machen wollen. Meine Familie habe ich schon für die Challenge gewonnen: Keine bestellten Päckchen unterm Weihnachtsbaum!
Denn Weihnachten und Paketewahnsinn – das passt für mich nicht zusammen. An Weihnachten feier ich, dass Gott zu uns Menschen kommt. Weil wir ihm wichtig sind. Alle Menschen. Deshalb will ich nicht, dass andere den Preis dafür zahlen müssen, damit ich eine gute Zeit habe. Und ich glaube, dass ich auch so eine gute Zeit haben kann – ganz ohne Kartons.

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SWR3 Gedanken

08JUN2024
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Morgen ist Europawahl. Damit endet ein Wahlkampf, der auch von Gewalt geprägt ist. Menschen, die sich für die Demokratie in Europa und Deutschland engagieren, wurden angepöbelt und angegriffen. Zum Beispiel der Politiker Matthias Ecke, der unterwegs gewesen ist, um Wahlplakate für seine Partei aufzuhängen und dann zusammengeschlagen worden ist. Wie Menschen miteinander umgehen, in unserer Gesellschaft UND in unseren Parlamenten, das verändert sich zunehmend: Der Ton wird rauer. Die Kommentare aggressiver. Die Stimmung angespannter. Trotzdem haben die Angriffe auf Politiker und Wahlkämpfer jetzt nochmal eine neue Qualität.
Dass Menschen in einem freien, demokratischen Land unterschiedlicher Meinung sind, sich streiten oder über politische Entscheidungen ärgern, gehört dazu. Aber wenn Menschen körperlich angegriffen oder auch mit Worten herabgewürdigt werden, dann wird definitiv eine Grenze überschritten. Wo ich das in meinem Umfeld erlebe, schreite ich ein – egal, aus welcher politischen Richtung die Angriffe kommen. Ich erinnere dann daran, dass es um echte Menschen geht, die wie alle anderen auch Respekt verdienen.
Es ist mir aber mindestens genauso wichtig, dass mich in unseren Parlamenten Menschen vertreten, die konsequent auf Gewalt verzichten – und das bedeutet für mich auch: eine Sprache frei von Gewalt. Wer andere beleidigt und abwertet, darf dort keinen Platz haben. Ich will in einem Europa leben, das von Menschen regiert wird, die – auch wenn sie anderer Meinung sind – gut und auf Augenhöhe miteinander umgehen. Auch deshalb gehe ich morgen wählen.

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SWR3 Gedanken

07JUN2024
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Ich möchte Grabpatin werden. Noch nie davon gehört? Ging mir bis vor kurzem genauso. Dann habe ich erfahren, dass man auf dem Friedhof in meinem Viertel in Aachen die Patenschaft für ein Grab übernehmen kann. Man erklärt sich bereit, ein altes Grab zu pflegen, um das sich sonst niemand mehr kümmert. Unkraut jäten, schöne Blumen pflanzen oder kaputte Grabsteine reparieren – alles Aufgaben einer Grabpatin.
Tatsächlich scheint es das Konzept auf mehreren Friedhöfen zu geben. Und in einigen Städten ist es sogar so, dass man selbst mit in dem Grab bestattet werden kann, um das man sich gekümmert hat. Mir gefällt diese Idee richtig gut. Gräber sind ja Orte der Erinnerung. Und ich mag den Gedanken, dass so ein Ort auch erhalten bleibt, wenn jemand keine Angehörigen mehr hat. Dass sich dann trotzdem jemand erinnert. Als Christin glaube ich, dass jedes Leben von Gott geschenkt und wertvoll ist. Wenn ich das Grab von jemandem pflege, dann heißt das für mich, dass ich auch das Leben dieser Person wertschätze. Auch wenn ich sie nicht gekannt habe.

Leider kann man auf dem Friedhof in meinem Viertel nur Patin für besondere Gräber von wichtigen Persönlichkeiten werden. Viel schöner würde ich es finden, wenn es das für alle Gräber geben könnte – egal wie viel oder wenig Einfluss jemand in seinem Leben hatte. Und egal ob jemand eine große Familie und viele Freunde hatte oder sein Leben einsam verbracht hat. Jeder Mensch und jedes Leben hat den gleichen Wert. Und jeder Mensch verdient es, dass sich jemand an ihn erinnert.

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SWR3 Gedanken

06JUN2024
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Dreimal am Tag zu festen Zeiten beten. Das mache ich eine Woche lang bei Schwestern im Kloster. Jeden Morgen vor dem Frühstück, vor dem Mittagessen und dann noch einmal vor dem Schlafen – eine total intensive Zeit. Eine Zeit, in der ich mich Gott richtig nah fühle. Denn jeder Tag beginnt mit Gott und jeden Tag schließe ich mit ihm ab. Ich erzähle Gott alles, was mich beschäftigt. Das fühlt sich gut an; irgendwie warm und geborgen. Ich nehme mir vor, dieses Gefühl mit nach Hause zu nehmen. Aber zurück in meinem Alltag merke ich: Das funktioniert so nicht. Ich lebe nicht im Kloster und dreimal am Tag zu beten, das schaffe ich nicht allein daheim. Es ist auch nicht dasselbe ohne den wunderschönen Gesang der Schwestern. Oft passiert es mir, dass ich tagelang nicht dazu komme, zu beten. Weil ich so tief in meinem Alltagstrott drinstecke. Was aber immer da ist, ist die Sehnsucht: Ich merke, dass mir etwas fehlt. Ich vermisse es, mit Gott in Verbindung zu sein und ihm alles von mir zu erzählen.

Ich weiß nicht, ob es mir irgendwann gelingen wird, dass dieses Gefühl, Gott nah zu sein, immer da ist. Vielleicht geht das auch gar nicht. Und möglicherweise fühlt es sich auch für die Schwestern im Kloster gar nicht immer so an. Ich glaube aber, dass das ok ist. Und dass das Vermissen auch eine Art ist, wie ich in Beziehung bin. Wenn ich dann wieder mit Gott ins Gespräch gehe, fühle ich mich sofort wieder geborgen; nichts hat sich verändert. Wie mit einer Freundin, die ich lange nicht gesehen habe. Ich fühle mich Gott ganz nah – warm und geborgen.

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SWR3 Gedanken

05JUN2024
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In der Küchenwand unserer Wohnung ist ein Loch. Nicht groß, aber man kann durchschauen. Ein Elektriker hat es reingebohrt, als wir vor zwei Jahren mal einen Stromausfall hatten. Schön sieht es nicht aus, deshalb haben wir notdürftig eine Postkarte drüber geklebt. Jedes Mal, wenn mein Blick darauf fällt, denke ich: Ach ja, das müssten wir auch mal irgendwann angehen.
So wie in meiner Küchenwand gibt es auch in meinem Leben kleinere und größere Baustellen. Unfertiges, das ich vor mir herschiebe und eigentlich mal angehen müsste. Zum Beispiel die Freundin anrufen, zu der ich den Kontakt verloren habe, weil die letzten Monate so stressig waren. Aber auch Dinge, die immer unfertig bleiben werden. Weil zum Beispiel die Person, um die es geht, nicht mehr da ist. Oder weil die Zeit, in der etwas möglich gewesen wäre, verstrichen ist. Meine Freundin kann ich heute noch anrufen. Bei meinem Bekannten, der ganz plötzlich verstorben ist, geht das nicht. Wir wollten uns schon länger mal wieder treffen und ich hatte versprochen, dass wir dann über etwas sprechen würden, das ihm wichtig gewesen ist. Dieses Versprechen kann ich jetzt nicht mehr halten. Wenn das passiert - also wenn etwas unfertig bleibt und so bleiben muss – dann kann es ganz schön schwer sein, damit umzugehen. Neben der Trauer um meinen Bekannten ist da jetzt auch noch dieses Gefühl, dass etwas offen ist. Dass da ein ganz großes Loch übrig bleibt. Was mir in so einer Situation hilft, ist mein Glaube. Das Vertrauen, dass alles, was mir nicht gelingt oder was offen bleibt, bei Gott gut aufgehoben ist. Dass ich es mir nicht auf ewig vorhalten muss, sondern es abgeben darf. Ich kann das Loch, im Gegensatz zu dem Loch in meiner Wand, nicht mehr schließen. Aber ich kann es Gott zeigen – und hoffen, dass er sich darum kümmert.

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SWR3 Gedanken

04JUN2024
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Mein Mann hat seine Ausbildung abgebrochen. Und ich – bin deshalb richtig stolz auf ihn.

Klingt seltsam? Etwas abzubrechen fühlt sich nämlich ganz schön nach „Versagen“ an. Das weiß ich selbst ganz genau, denn auch ich habe mal ein Studium abgebrochen. Damit habe ich nicht nur meine eigenen Erwartungen, sondern auch die anderer enttäuscht. Meine Freunde zum Beispiel; die konnten damals nicht verstehen, warum ich es nicht einfach durchgezogen habe.

Und trotzdem – oder genau deshalb finde ich es richtig stark, dass er das gemacht hat. Die Ausbildung hat er neben seinem normalen Job gemacht. Und das ist richtig anstrengend gewesen. Er ist oft schlecht gelaunt und müde gewesen, weil er auch nach Feierabend ständig am Schreibtisch sitzen musste. Und so richtig begeistert von den Inhalten war er auch nicht. Weil aber gar nicht mehr viel gefehlt hat für das Zertifikat, haben auch ihm viele in seinem Umfeld geraten, es einfach durchzuziehen. Das hat ihm zu schaffen gemacht. Irgendwie dachte er, sich selbst und anderen damit etwas beweisen zu müssen. Als er schließlich abgebrochen hat, ist das ein Befreiungsschlag gewesen. Er hat sich entschieden, ganz ehrlich und auch gnädig mit sich selbst zu sein. Hat darauf geschaut, was ihm wichtig ist und nicht darauf, was andere von ihm denken. Dafür braucht es Mut, denn natürlich ist es ihm nicht egal, wie andere ihn sehen. Trotzdem hat er auf sich gehört und so gut auf sich Acht gegeben.

Mein Mann hat also seine Ausbildung abgebrochen – und damit etwas ganz Großes für sich geschafft. Und deshalb bin ich richtig stolz auf ihn.

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SWR3 Gedanken

03JUN2024
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Bald ist Sommer und ich fühle mich so richtig wohl in meinem Körper. Ich freu mich auf meine Sommerkleider und darauf, im See schwimmen zu gehen. Dieses Gefühl ist neu für mich. Denn die längste Zeit meines Lebens bin ich froh gewesen, wenn es wieder kälter wurde und ich lange Hosen und einen dicken Pullover anziehen konnte. Jedes Jahr habe ich mir vorgenommen, endlich mehr Sport zu machen und weniger zu essen, um mich im Sommer im Badeanzug wohlzufühlen. Und jedes Jahr habe ich irgendwann wieder aufgegeben. Habe in langen Hosen geschwitzt und mich nach dem Baden schnell in mein Handtuch eingewickelt.
Bis jetzt. Dabei ziehe ich auch dieses Jahr keinen Fitnessplan und keine Diät durch. Der Bauch ist alles andere als straff und es ist sogar eine ziemlich große Narbe dazugekommen, die ich letztes Jahr noch nicht hatte. Etwas anderes hat sich geändert: Wie ich meinen Körper ansehe. Diesen Körper, mit dem ich mein Leben lang hadere; denn er hat in den letzten Monaten einen kleinen Menschen zusammengebastelt und zur Welt gebracht. Für mich ist das ein Wunder, für das ich wahnsinnig dankbar bin. Gleichzeitig ist mir klar geworden: Nicht nur in der Schwangerschaft leistet mein Körper beeindruckend viel. Die Beine, von denen ich immer nur wollte, dass sie dünner sind, tragen mich jeden Tag durchs Leben. Die Arme, die ich nie mochte, können sich um Menschen schließen, die ich liebe. Und der Bauch, der mir immer zu groß und zu weich schien, ist zum liebsten Schlafplatz meines Sohnes geworden. Mein Körper ist nicht perfekt; aber er ist der einzige, den ich habe. Deshalb will ich gut zu ihm sein. Ihn mit Bewegung und gutem Essen stärken. Aber eben auch mit positiven Gedanken.

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