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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15FEB2022
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Manchmal sieht man es Menschen nicht an, was in ihnen steckt.
Das habe ich neulich gedacht, als ich in einem klassischen Konzert war. Obwohl ich normalerweise Rock und Jazz höre, war ich begeistert. Das Streichorchester war toll und hat mich richtig bewegt und mitgerissen. Ein echter Lichtblick mitten im Corona-Winter.

Interessant fand ich: Den wenigsten der Musiker hat man ihr Talent angesehen. Hätte ich sie auf der Straße getroffen, hätte ich auf Pizzabäcker, Lehrerin, Banker oder Schlosser getippt.

Ich denke: Nicht nur Musiker, jeder Mensch trägt so ein Talent in sich. Eine Gabe, die man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht sieht. Etwas, das er oder sie von Gott bekommen hat, um die Welt ein bisschen heller zu machen. Und es wäre schade, wenn dieses Talent ungenutzt bleibt.

Davon handelt auch eine Geschichte, die Jesus einmal erzählt hat (Matthäus 25,14-30): Da geht ein reicher Mann für längere Zeit ins Ausland. Bevor er abreist, gibt er jedem seiner drei Angestellten einen Teil seines Vermögens. Sie sollen was draus machen. Zwei der Angestellten nutzen das, was sie bekommen haben und vermehren es. Der dritte Angestellte vergräbt es und lässt es ungenutzt.

Ich denke, Jesus will damit sagen: Jeder Mensch bekommt von Gott ein Talent: Der eine ist zum Beispiel einfühlsam, die andere kann gut organisieren, der eine ist kontaktfreudig, die andere musikalisch. Es gibt keinen Menschen, der nicht irgendetwas gut kann. Jede und jeder hat eine besondere Gabe. Wichtig ist nur, dass man sie auch nutzt. Dass man sie einsetzt, um die Welt ein bisschen heller zu machen.

Aber was hindert einen Menschen daran, seine Gaben zu nutzen? Ich glaube: Man lässt seine Gaben vor allem ungenutzt, wenn man sich mit anderen vergleicht. Wenn man Angst hat, dass, das, was man selbst gut kann, andere noch besser können. Oder wenn man hat Angst etwas falsch zu machen oder ausgelacht zu werden. Ich finde, man sollte sich von solchen Gedanken aber nicht entmutigen lassen. Schließlich wird es immer jemand geben, der es besser kann.

Bei dem klassischen Konzert gab es auch einen Solisten. Ein jungen Geiger, der unglaubliche Sachen auf seiner Violine gespielt hat. Aber keiner der Orchestermusiker ist aufgestanden und gegangen und hat gesagt: „So gut wie der kann ich eh nicht spielen“. Sie waren ja auch alle wichtig. Das Konzert war toll, weil alle mitgespielt haben.
Alle sind wichtig, nicht nur im Streichorchester.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

14FEB2022
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Was für ein grandioser Anblick! Ich war morgens mit meinem Hund unterwegs. Um uns herum schneebedeckte Felder. Und über uns der weite Himmel. Ein Teppich aus Wolken, die aussahen wie Wattebällchen, am Rand ein tiefes, wolkenloses Blau und in der Mitte die Sonne – als goldener, gleißender Fleck hinter den Wolken. Spektakulär!

Das hatte was. Und ich hab mich an einen Satz aus der Bibel erinnert: „Der Himmel erzählt die Herrlichkeit Gottes“ (Psalm 19,2a), heißt es da in einem Psalm. „Der Himmel erzählt die Herrlichkeit Gottes“. Wenn schon der Himmel so überwältigend ist, dann muss Gott, der ihn sich ausgedacht und gemacht hat, erst recht überwältigend und herrlich sein.

„Der Himmel erzählt die Herrlichkeit Gottes“, heißt es in diesem Psalm. Es heißt nicht: „Der Himmel beweist die Herrlichkeit Gottes“. Man kann auch an den Himmel schauen und von seinem Anblick begeistert sein, ohne automatisch an Gott zu denken.

Der Himmel ist kein Beweis für Gott. Aber ein Hinweis auf Gott ist der Himmel schon, finde ich. Beim Anblick des Himmels und überhaupt der Schönheit der Natur kann man schon auf die Idee kommen, dass da etwas Größeres dahinter steckt und vielleicht sogar ein Schöpfer mit einem Plan am Werk ist.

Ich denke der Himmel ist nicht nur ein Hinweis auf einen Schöpfer, sondern auch darauf, dass dieser Schöpfer mit uns Menschen etwas zu tun haben will. Schließlich sind wir die einzigen Wesen, die die Schönheit des Himmels bemerken und uns an ihr freuen können. Mein Hund hat den spektakulären Himmel neulich auch gesehen. Aber der Anblick hat ihn ziemlich kalt gelassen – soweit ich das beurteilen kann.

Der Schöpfer dieses grandiosen Winterhimmels will mit mir etwas zu tun haben. Davon erzählt auch die Bibel immer wieder. Besonders in Notzeiten hat dieser Gedanke den Menschen in der Bibel Mut gemacht und Kraft gegeben: Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, meint es gut mit seinen Menschen. Er will ihnen helfen, und er kann das auch – schließlich hat er ja den Himmel gemacht.

Der Schöpfer des Himmels ist auf meiner Seite. Mir macht dieser Gedanke besonders dann Mut, wenn sich Herausforderungen und Aufgaben wie Berge vor mir auftürmen. So ähnlich hat sich auch der Beter eines Psalms aus der Bibel gefühlt: „Ich heb meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?“, fragt er ganz verzagt. Aber dann denkt er nach und gibt sich selbst eine Antwort. Und das klingt dann sehr zuversichtlich: „Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat“ (Psalm 121,1-2).

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Anstöße sonn- und feiertags

13FEB2022
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Weiße Haube, weißer Kragen, dunkles Kleid. Als ich ein Kind war, hat man sie oft auf der Straße gesehen: die Diakonissen. Die Bezeichnung kommt vom griechischen Wort Dienen. Diakonissen haben in Krankenhäusern und Altenheimen gearbeitet oder als Gemeindeschwestern in Kirchengemeinden.

Das tun sie immer noch, allerdings sieht man sie nicht mehr oft. Trotzdem: Diakonissen stehen für mich immer noch dafür, dass der Glaube an Gott und die Hilfe für die Menschen zusammengehören.

Angefangen hat alles mit Getrud Reichardt. Sie war die erste Diakonisse überhaupt. Heute ist ihr 153. Todestag. Zu ihrer Zeit, im 19. Jahrhundert, herrschten in den Krankenhäusern schlimme Zustände. Unqualifiziertes Personal hat die Patienten schlecht bis gar nicht versorgt. Deshalb hatten der Pfarrer Theodor Fliedner und seine Frau eine Idee: Engagierte evangelische Christinnen sollten sich um die Kranken kümmern. 1836 haben Fliedner und seine Frau in Kaiserswerth bei Düsseldorf eine Diakonissenanstalt samt Krankenhaus gegründet.

Getrud Reichardt war die erste, die dort kranke Menschen versorgt und gepflegt hat. Und sie ist nicht allein geblieben. Die Diakonissen-Idee hat sich wie ein Lauffeuer ausgebreitet. Schon ein Vierteljahrhundert später gab es Diakonissenanstalten in ganz Europa, Russland und den USA. Eine davon auch in Stuttgart. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es allein dort fast 1700 Diakonissen. 

Was war so attraktiv daran Diakonisse zu sein? Für viele Frauen war es damals die einzige Möglichkeit, einen Beruf auszuüben statt Ehefrau und Hausfrau zu werden. Gleichzeitig waren alle Diakonissen Teil einer großen, lebendigen Gemeinschaft. Die wichtigste Motivation aber war ihr Glaube. Von der Liebe, die sie selbst bei Gott erfahren hatten, wollten sie etwas weitergeben. „Die dankbare Liebe zu Jesus Christus, macht unsere Schwestern stark zu den Werken der Barmherzigkeit“, so hat es Theodor Fliedner einmal formuliert.

Heute gibt es nicht mehr viele Diakonissen. Und die meisten von ihnen sind im „Feierabend“, so nennen sie ihren Ruhestand.

Neben den traditionellen Diakonissen gibt es seit einiger Zeit aber sogenannte diakonische Gemeinschaften. Sie bestehen aus Frauen und Männern, verheirateten und unverheirateten. Fast alle arbeiten in der Alten- und Krankenpflege oder in der Kinder- und Jugendarbeit. Sie tun das aus dem gleichen Grund wie die Diakonissen: Weil für sie an Gott glauben und anderen helfen zusammengehört.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

27NOV2021
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Heute ist der Tag der elektrischen Gitarre. Mittlerweile gibt es ja für alles einen Gedenktag. Aber während ich den Gewürzgurkentag [14.11.] oder den Tag der Handtasche [10.10.] ziemlich unnötig finde, freue ich mich, dass es den Tag der E-Gitarre gibt. Ich liebe dieses Instrument und spiele es auch selbst ein bisschen.

Der Tag der elektrischen Gitarre ist am 27. November, weil an diesen Tag Jimi Hendrix geboren ist – einer der ganz großen E-Gitarristen. Zu seiner Zeit, in den 60er Jahren, war die E-Gitarre ein relativ neues Instrument. Sie stand für Revolution, Rebellion und Aufbruch. Legendär, wie Jimi Hendrix auf dem Woodstock-Festival die amerikanische Nationalhymne gespielt hat. Mit verzerrten und heulenden Klängen hat er gegen den Vietnamkrieg protestiert – stärker als es Worte konnten.

Mein Lieblings-E-Gitarrist heißt Phil Keaggy. Eine Anekdote erzählt: Als Jimi Hendrix einmal gefragt wurde „Wie fühlt man sich als bester Gitarrist aller Zeiten?“ soll er geantwortet haben: „Keine Ahnung. Da müssen Sie Phil Keaggy fragen“.

Phil Keaggy war Ende der 60er Jahre drauf und dran auch ein Rockstar zu werden. Aber dann ist seine Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Das hat den damals 18-Jährigen aus der Bahn geworfen. Trost und Halt hat er bei seiner älteren Schwester gefunden. Sie war sehr gläubig. Ihretwegen hat auch Phil Keaggy angefangen an Gott zu glauben.

Und dieser Glaube hat sein Leben verändert. Sex, Drugs & Rock ‘n‘ Roll haben Phil Keaggy nicht mehr interessiert. Er hat der glamourösen Welt der Rockmusik den Rücken gekehrt. Seine Band, mit der er bei einer großen Plattenfirma unter Vertrag war, hat er verlassen. „Ich wollte über Jesus singen“, hat er diesen Schritt begründet. Und das hat er auch getan und tut es immer noch, seit 50 Jahren. Fast 60 Alben hat Phil Keaggy bis heute aufgenommen.

Seinen Glauben hat Phil Keaggy einmal so beschrieben: „Ich glaube, dass Gott alle Menschen liebt und sie nach seinem Ebenbild geschaffen hat und dass es einen persönlichen Gott gibt und nicht nur ein unpersönliches Universum. Und ich glaube von ganzem Herzen, dass wir alle wichtig sind – jedes einzelne menschliche Wesen“.

Ich finde, diese Mut machende Botschaft kann man auch hören, wenn Phil Keaggy E-Gitarre spielt. Das klingt nicht immer so rau und wild, wie bei Jimi Hendrix – Phil Keaggy kann, wenn er will, auch richtig rocken. Meistens sind seine Soli aber sehr melodiös und strahlen eine große Zuversicht aus – stärker als es Worte tun könnten

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

25NOV2021
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Heute ist Erntedankfest. Nicht bei uns, aber in den USA. Thanksgiving heißt es dort. Die ganze Familie kommt von nah und fern zusammen. Und beim gemeinsamen Festessen steht meistens ein gebratener Truthahn auf dem Tisch.

Das Thanksgivingfest in Nord-Amerika feiert in diesem Jahr Jubiläum: 400 Jahre ist es her, dass englische Siedler zusammen mit dem Stamm der Wampanoag das erste Thanksgiving gefeiert haben. Im Dezember 1620 sind die rund 100 Frauen, Männer und Kinder aus England im heutigen Massachusetts angekommen. Sie hätten ihren ersten Winter auf amerikanischem Boden nicht überlebt, wenn die Ureinwohner ihnen nicht geholfen hätten. Im darauffolgenden Jahr haben die Wampanoag den Siedlern dann gezeigt, wie man in der neuen Welt Ackerbau betreibt. Und nach der ersten erfolgreichen Ernte im Herbst 1621 haben alle zusammen ein Fest gefeiert.

Thanksgiving heißt übersetzt Danksagung, – ganz wörtlich – Dankgebung. Das Wort Ernte kommt also gar nicht vor. Das würde ja auch gar nicht zum Datum passen. Ende November ist die Ernte längst vorbei. – Und schon beim ersten Thanksgivingfest ging es um mehr als um die Früchte des Feldes. Die Siedler waren dankbar für die Ernte, aber sie waren auch dankbar für ihre Nachbarn, für die Hilfe der Wampanoag, ohne die sie es nicht geschafft hätten. Und weil sie sehr gläubig waren, war ihnen auch bewusst: „Letztlich verdanken wir alles Gott. Ihm geben wir unseren Dank an Thanksgiving“.

Thanksgiving erinnert mich noch mehr als unser Erntedankfest daran, wie wichtig meine Mitmenschen für mich sind. Ich brauche meine Familie, meine Freunde, meine Nachbarn so wie die Siedler damals die Wampanoag gebraucht haben. Übrigens konnten die Siedler auch den Ureinwohnern helfen. Als der Häuptling der Wampanoag sterbenskrank wurde, haben sie ihn gesund gepflegt. Thanksgiving erinnert mich daran, dass auch ich anderen Menschen helfen kann.

Ich finde, gerade jetzt in der Coronazeit wird deutlich, wie sehr Menschen sich gegenseitig brauchen. Die Pandemie kann keiner für sich alleine meistern. Ich bin auf die anderen angewiesen und die anderen auf mich. Ich bin besonders den Ärztinnen und Pflegern dankbar, die im Krankenhaus bis an die Belastungsgrenze arbeiten. Und ich denke, wir sollten alle miteinander helfen, dass die Fallzahlen wieder sinken und die Intensivstationen entlastet werden. Mit Masken, Tests, Abstand, wenig Kontakten und indem sich möglichst viele impfen lassen. Heute wäre ein guter Tag dafür, finde ich. Zu Thanksgiving würde das passen.

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24NOV2021
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„Ich bin neidisch auf Sie.“ Das hat Ahmad Milad Karimi neulich in einem Vortrag gesagt. Ahmad Milad Karimi ist ein Religionsphilosoph und gläubiger Muslim. Den Vortrag hat er vor lauter Christen gehalten. Ich war auch dabei. Und ich habe von ihm gelernt, was Toleranz bedeutet.

„Ich bin neidisch auf Sie“ – Ahmed Milad Karimi hat auch gesagt, warum er das ist. Weil Christen glauben können: Gott liebt die Menschen so sehr, dass er in Jesus selbst Mensch geworden und sogar für sie gestorben ist. „Es gibt keinen größeren Gedanken“, hat Ahmad Milad Karimi gesagt.

 „Wow“, habe ich gedacht, als ich das gehört habe. Mich hat beeindruckt, wie gut dieser muslimische Theologe Bescheid darüber weiß, was Christen glauben. Und ich habe mich darüber gefreut, wie sehr er meinen Glauben wertschätzt.

Gleichzeitig hat mich Ahmad Milad Karimi auch ein bisschen beschämt. Ich habe mich gefragt: Beschäftige ich mich als Christ genauso intensiv mit seiner Religion wie er mit meiner? Versuche ich zu verstehen, was einen Muslim an seinem Glauben fasziniert? Gehört das nicht auch zur Toleranz dazu?

Toleranz meint ja zuerst: Ich ertrage den anderen, obwohl er anders ist als ich. Da kommt das Wort Toleranz auch her: vom lateinischen tolerare. Das heißt übersetzt: jemanden erdulden oder ertragen. Toleranz im Glauben heißt also: Ich halte es aus, dass ein anderer Mensch anders glaubt als ich. Ich kann das ertragen. Ich muss ihn nicht dazu zwingen, das gleiche zu glauben wie ich –schon gar nicht mit Gewalt. Ich finde diese Grundbedeutung von Toleranz absolut wichtig. Wenn sie jeder beherzigen würde, dann würde es friedlicher zugehen in der Welt.

Ahmad Milad Karimi hat mir gezeigt: Toleranz kann noch einen Schritt weitergehen.  Ich kann den anderen nicht nur ertragen. Ich kann auch versuchen, ihn zu verstehen und zu entdecken, was das Besondere, was das Schöne, an seinem Glauben ist. Dann steht der Friede zwischen uns noch auf einem viel festeren Fundament als wenn ich mein Gegenüber nur erdulde.

Wichtig finde ich dabei: Toleranz heißt nicht, ich muss das, was der andere glaubt, richtig finden. Ich kann es mir anschauen und wertschätzen und dann doch bei meinem eigenen Glauben bleiben. Schließlich ist der Glaube eine tiefe Überzeugung. „Ich bin neidisch auf Sie, weil  Sie glauben können, dass Gott Mensch geworden ist“, hat der Muslim Ahmad Milad Karimi gesagt und dann hinzugefügt: „Ich kann das nicht glauben“.

Er bleibt bei seinem Glauben. Und ich als Christ bleibe bei meinem.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

23NOV2021
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Das Richtige tun ist gar nicht so einfach. Ich glaube, das liegt nicht daran, dass man das Richtige nicht tun will, sondern daran, dass man oft nicht weiß, was das Richtige ist.

Was ist das Richtige? Gerade in der Corona-Zeit ist diese Frage schwer zu beantworten. Weil die Lage sich ständig verändert. Weil man verschiedene Interessen abwägen muss. Und weil man nicht nur darauf schauen kann, was ideal wäre, sondern auch darauf, was machbar ist. Das alles macht es schwer, das Richtige zu tun.

Wenn ein Problem so kompliziert ist wie die Corona-Pandemie, kann es auch passieren, dass man daneben liegt. Dann kann sich das, was man für richtig gehalten hat, im Nachhinein als falsch herausstellen. Deshalb bin ich froh, dass ich nicht in der Haut der Politikerinnen und Politiker stecke, die in dieser schwierigen Zeit Entscheidungen treffen müssen.

Das Richtige tun ist gar nicht so einfach. Es wäre paradiesisch, wenn man sich nicht ständig entscheiden müsste. Es wäre paradiesisch, wenn man keine Angst haben müsste, falsch zu liegen. Die Bibel erzählt, wie die Menschen aus diesem Paradies vertrieben worden sind: „Sobald ihr von der verbotenen Frucht esst, gehen euch die Augen auf“, hat die Schlange, den ersten Menschen im Paradiesgarten versprochen, „ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse“ (Gen 3,5 Einheitsübersetzung). Und so ist es auch gekommen: Adam und Eva haben zugebissen und seitdem wissen die Menschen um Gut und Böse. Was die Schlange nicht gesagt hat: Durch den Biss in die Frucht müssen sich die Menschen jetzt auch mit Gut und Böse herumschlagen: Was ist richtig, was ist falsch? Warum ist es so? Und: Was sollen wir machen? Alles Fragen, die vorher nur Gott beschäftigt haben. Und der hatte damit kein Problem. Gar nicht so einfach, sein zu müssen wie Gott, wenn man nicht Gott ist.

Aber Gott hat die Menschen nicht allein gelassen mit der schwierigen Frage „Was ist das Richtige?“. Er hat ihnen Ratschläge gegeben, an denen sie sich orientieren können. Einer der wichtigsten lautet: Ich soll nicht nur auf mich selbst schauen. Wenn ich das Richtige tun will, darf ich nicht nur darauf achten, dass es mir gut geht, sondern auch meinen Mitmenschen – besonders den Schwachen und Verletzlichen.

Ich finde, das haben die Verantwortlichen in der Corona-Pandemie auch getan, bei allem, was im Einzelnen vielleicht nicht gut gelaufen ist. Und ich denke, auch wenn man für sich persönlich entscheidet, was richtig ist: Man sollte dabei immer auch die im Blick haben, die Schutz und Unterstützung brauchen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

22NOV2021
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Den Hintern hochkriegen ist manchmal gar nicht so einfach. Zum Beispiel wenn ich joggen gehen will und draußen hat es zwei Grad und Nieselregen. Bequemlichkeit ist das eine. Noch lähmender ist es, wenn eine Aufgabe so groß ist, dass ich denke: „Das schaffe ich eh nicht“. So geht es mir jedes Mal, wenn ich in unseren Keller schaue, der dringend mal aufgeräumt gehört.

Große Aufgaben können einen richtig entmutigen. Ich glaube, das ist nicht nur bei einzelnen Menschen im Alltag so. Das kann auch einem ganzen Land so gehen. Oder sogar der ganzen Welt. Die Bewältigung der Corona-Pandemie, die Digitalisierung und erst recht der Kampf gegen den Klimawandel sind solche Aufgaben, die einen mutlos machen können. Wie soll man das bloß schaffen?

 „Das schaffen wir eh nicht“, haben sich auch die Menschen in Israel vor rund 2500 Jahren gedacht. Sie hatten einen Krieg verloren. Und viele Israeliten wurden von den Siegern in ein fernes Land deportiert. Nach 50 Jahren in der Fremde durften sie endlich zurück. Aber ihre Heimat lag in Trümmern. Die Hauptstadt Jerusalem und der Tempel waren völlig zerstört. Und dir Rückkehrer sollten jetzt alles wieder aufbauen. „Wie sollen wir das bloß schaffen?“, haben sie sich gedacht. Sie haben zwar angefangen, einen neuen Tempel zu bauen. Aber schon bald haben sie entmutigt damit aufgehört.

Was sie aus ihrer Lähmung und Depressivität herausgeholt hat, war dann eine Botschaft von Gott. „Seid unerschrocken und arbeitet“ hat Gott den Israeliten durch den Propheten Haggai ausrichten lassen, „denn ich, Gott, bin mit euch“ (Haggai 2,4). Eine sehr kurze Botschaft, finde ich, fast wie eine WhatsApp-Nachricht: „Kriegt den Hinter hoch, tut was, ich bin bei euch. Liebe Grüße, Gott, Smiley, Daumen nach oben“. Und das hat tatsächlich gewirkt. Die Israeliten haben den Tempel gebaut.

Es ermutigt einen, wenn man nicht allein ist. Diese Erfahrung mache ich auch immer wieder. Es fällt mir viel leichter joggen zu gehen, wenn meine Tochter sagt: „Komm ich lauf auch mit“. Und ich glaube, wenn meine Frau mitmacht, räume ich den Keller vielleicht doch noch vor dem Ruhestand auf.

Für die ganz dicken Bretter – die globalen Aufgaben – ist es gut, Gott an seiner Seite zu haben. „Habt keine Angst, seid unerschrocken, macht was, kommt in die Gänge, denn ich, der Schöpfer dieser Welt, bin bei euch“ Ich finde: Diese Botschaft macht auch Mut für die großen Herausforderungen unserer Zeit.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

21AUG2021
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Hunde können Vorbilder sein. Sogar beim Glauben an Gott. Das denke ich manchmal, wenn ich in der Küche stehe und Obst oder Gemüse schneide. Meine Hunde lieben Gurken, Karotten, Äpfel oder ganz besonders Wassermelonen. Sobald ich am Schneidebrett stehe, sitzen beide mit gespitzten Ohren, erwartungsvoll neben mir auf dem Küchenboden. Aufmerksam verfolgen sie jede einzelne Bewegung.

Manchmal kann ich nicht anders und es fällt ein Happen Gurke oder ein Apfelschnitz für die beiden ab. Oft gehen meine Hunde aber auch leer aus. Aber selbst wenn sie nichts bekommen, sind die beiden nie enttäuscht. Jedenfalls sehn sie nicht so aus. Und das nächste Mal sitzen sie wieder genauso erwartungsfroh in der Küche.

Das finde ich erstaunlich. Und ich denke mir: Genauso müsste man eigentlich leben. Voll Vorfreude. Immer das Beste erwarten. Sich freuen über die guten Dinge im Leben, auch über Kleinigkeiten. Und nicht enttäuscht oder frustriert sein, wenn ich doch nicht kriege, was ich mir gewünscht habe. 

Und genauso müsste man eigentlich auch glauben. Jedenfalls meint das der Reformator Martin Luther. Er hat einmal gesagt: An Gott glauben heißt: Sich von Gott alles Gute erwarten und darauf vertrauen, dass Gott einem aus der Not heraushilft. Aber was ist, wenn Gott das nicht tut? Was ist, wenn ich das Gute, das ich mir erhoffe, manchmal nicht bekomme und Gott mir nicht aus meiner Notlage heraushilft? Dann fällt es schwer, nicht enttäuscht zu sein.

Ich glaube, diese Erfahrung machen viele Menschen. Und deshalb erwarten sich manche lieber nichts mehr von Gott. Wer nichts erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden. Aber stimmt das wirklich? Wenn man sich nichts mehr von Gott und vom Leben erwartet, geht es einem dann wirklich besser. Ist die Enttäuschung dann nicht zu einem Grundgefühl geworden?

Und ist es nicht umgekehrt so: Wer nichts erwartet, der bekommt auch weniger. Würden meine Hunde aus lauter Enttäuschung, dass sie nichts bekommen haben, nicht mehr in die Küche kommen, dann würden sie erst recht leer ausgehen. Erwartungsvoll sein heißt auch aufmerksam sein für das Gute im Leben. Wenn ich keine Erwartungen mehr habe, dann übersehe ich das Gute, das Gott mir schenk, auch leichter. Wer erwartungsvoll ist, der hält Ausschau nach dem Guten, der rechnet damit und erfährt es dann auch öfter.

Ich denke, erwartungsvoll leben lohnt sich.

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20AUG2021
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Gott ist wie ein Vater. So steht das ganz oft in der Bibel. Und auch das Glaubensbekenntnis beginnt mit den Worten „Ich glaube an Gott, den Vater“.

Ich bin auch ein Vater. Aber haben Gott und ich deshalb etwas gemeinsam? Gott ist eben der himmlische Vater, und ich bin nur ein irdischer.

Gott ist so ein Vater, wie Jesus ihn im Gleichnis vom Verlorenen Sohn beschreibt. Der Verlorene Sohn zieht von Zuhause aus, arbeitet nichts, feiert Tag und Nacht, verschleudert das halbe Familienvermögen und landet in der Gosse. Aber der Vater flippt nicht aus, wird nicht zornig und macht dem Sohn keine Vorwürfe. Stattdessen nimmt er seinen Sprössling wieder bei sich auf, feiert sogar ein Fest und freut sich wahnsinnig, dass er seinen Sohn wieder hat. So ist Gott, der himmlische Vater.

Wir irdischen Väter sind anders, jedenfalls die meisten von uns. Irdische Väter schimpfen, sind gestresst und wollen ihre Ruhe. Irdische Väter verstehen ihre Kinder oft nicht, trauen ihnen zu wenig zu oder verlangen zu viel. Und sie verbringen oft zu wenig Zeit mit ihren Söhnen und Töchtern. Als Vater bleibt man seinen Kindern viel schuldig. – Ich vermute, deshalb sind Großväter viel weniger streng mit ihren Enkeln: Sie wollen es jetzt besser machen als damals bei ihren Kindern.

Aber ich denke, bei allen Unterschieden zwischen dem himmlischen Vater und den irdischen Vätern gibt es doch eine Gemeinsamkeit: Wir alle meinen es grundsätzlich gut mit unseren Kindern. Leider gibt es dabei auch Ausnahmen, und das ist schlimm. Aber in der Regel gilt auch für die irdischen Väter: Als Vater will ich das Beste für meine Kinder, ich habe sie gern, ich bin stolz auf sie und ich bin für sie da. Auch wenn ich manches bei der Erziehung falsch mache. 

Jesus hat seine Zuhörer einmal gefragt: „Wer von euch würde seinem Kind einen Stein geben, wenn es um Brot bittet? Oder eine Schlange, wenn es um Fisch bittet? So schlecht ihr auch seid, ihr wisst doch, was euren Kindern gut tut, und gebt es ihnen. Wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten.“ (Matthäus 7,9-11 Gute Nachricht Bibel)

Gott ist wie ein Vater. Das zeigt mir vor allem, wie Gott zu mir steht. Gott empfindet das gleiche für mich, wie ich für meine Kinder. Ich bin Gott nicht egal. Er interessiert sich für mein Leben. Er freut sich mit mir und leidet mit mir. Und Gott möchte mir dabei helfen, dass mein Leben gelingt. Genau wie ich das für meine Kinder möchte.

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