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SWR2 Zum Feiertag

Alexander Foitzik im Gespräch mit Dr. Barbara Henze, Theol. Fakultät der Uni Freiburg

Mit dem heutigen Fest „Allerheiligen“ gedenken wir der Gemeinschaft der Heiligen. Also all der Männer und Frauen, die oft auch unbequem und anstößig Zeugnis von Ihrem Christusglauben gegeben haben in dem was Sie gesagt haben und in dem was sie taten. Wenn wir aber an diese heiligen Frauen und Männer denken stellen wir uns zugleich in ihre Gemeinschaft, denn das Fest Allerheiligen erinnert uns daran, dass wir alle, alle Getauften und Gefirmten zur Heiligkeit berufen sind. Über dieses besondere Fest und seine Botschaft spreche ich heute mit Dr. Barbara Henze. Sie lehrt Frömmigkeitsgeschichte und kirchliche Landesgeschichte an der theologischen Fakultät in Freiburg.

Frau Dr. Henze, was bedeutet für Sie dieses Fest „Allerheiligen“? Ist das für Sie eher eine schöne Tradition im Kirchenjahr, die es mit Blick auf eine durchaus wertvolle Geschichte zu pflegen gilt, oder hat dieses Fest Allerheiligen für Sie einen besonderen aktuellen Bezug? Eine besondere Botschaft für uns heute?

Allerheiligen – ein Stellvertreterfest

Das Fest „ Allerheiligen“ ist tatsächlich Beides. Wir erinnern uns daran, dass früher an diesem Fest all derer gedacht wurde, für die man Name und Todesdatum nicht wusste und derer man dennoch gedenken wollte. Deswegen ist das Fest Allerheiligen so etwas wie ein Stellvertreterfest.

Und dieses Prinzip Stellvertretung oder „Stehen für“ finde ich auch für heute sehr aktuell, weil man damit nicht nur an die Gemeinschaft denkt zu der man auch gehören möchte, wie Sie im Eingang gesagt haben, sondern man kann sich auch vorstellen, dass die Heiligen so etwas wie stellvertretend das Menschsein gelebt haben, das wir selbst auch leben möchten. Also auch ein Vorbild für mich selbst.

Gab es denn Heilige, die man in diesem Gedanken vergessen hat, wenn Sie jetzt zurück auf die Kirchengeschichte schauen?

Heilige mit und ohne Namen

In der Anfangszeit wurden die als Heilige gesehen, die sich in besonderer Weise in ihrem Leben der Verbundenheit mit Jesus Christus bewusst waren, und das waren die Märtyrer. In der Anfangszeit sind viele umgebracht worden um ihres Glaubens Willen. Von denen die Überlieferung weder Name noch Todesdatum überliefert hatte. Und diese namenlosen Märtyrer, die werden an Allerheiligen oder wurden seit der Anfangszeit der Kirche an Allerheiligen gefeiert.

Für die mit Namen bekannten Märtyrer hatte man immer einen festen Platz im Kirchenkalender. An die heilige Barbara denkt man am 4. Dezember. Die Person ist zwar fiktiv aber man hatte für sie einen festen Platz im Kalender.

Jetzt haben Sie die Hl. Barbara ausdrücklich erwähnt. Aber wie ist es mit den heiligen Frauen in der Kirchengeschichte gewesen? Wurden nicht ganz besonders die heiligen Frauen immer leicht vergessen?

Frauen wurden nicht vergessen

Man hat tatsächlich eine Statistik gemacht. Wer war wann heilig oder wurde als heilig angesehen? Jetzt könnte man als erstes denken, ja werden nicht die Frauen  immer vergessen weil sie ja heute vergessen werden.

Es war in der Tat so, dass zum Beispiel in der Zeit des Hochmittelalters besonders viele Frauen gewürdigt wurden. Nicht nur die Hl. Klara u. die Hl. Elisabeth. Stellvertretung heißt ja, zu bestimmten Zeiten ist Heiligkeit etwas, das genau für diese Zeit wichtig ist. So gab es auch Zeiten, wo exemplarisch Frauen diese Herrlichkeit gelebt haben, und das war die Zeit der Armutsbewegung, weil die Lebensweise in der Zeit der Armutsbewegung bedeutete: Ich nehme an Jesus Christus Maß.
Und man hatte sich irgendwie vorgestellt, dass dieses Maßnehmen an Jesus Christus besonderes Einfühlungsvermögen voraussetzt. Und da hatte man gedacht, das machen Frauen in besonderer Weise.

Welches Bild, welche Metapher passt dann gerade jetzt vor dem von Ihnen ausgeführten Hintergrund für Sie am besten? Wenn Sie in ein bis zwei Sätzen beschreiben sollen, was eigentlich Heilige für Sie sind…

Heilige als Vorbild in ihrem Lebensraum

Es muss was damit zu tun haben, dass diese Menschen einerseits die Kraft spüren, die von Gott kommt, bestimmte Dinge auszuhalten, die man sonst nicht aushalten würde.

Es muss andererseits etwas damit zu tun haben, dass sie in sich schauen und denken was kann ich. Was ist in meinem jeweiligen Lebensraum möglich? Die sind ja nicht jenseits ihres Lebensraums gegangen, sondern die haben ja ihre Möglichkeiten genutzt. Deswegen gibt es auch unbekannte Heilige, oder deswegen gibt es auch Leute, die gar keine großartigen Dinge getan haben, sondern einfach versucht haben, in die Not ihrer Zeit zu schauen und zu sagen: hier läuft etwas schief, hier muss etwas passieren.

Und da finde ich dann sehr interessant, dass die Zahl der offiziell von der kath. Kirche Heiliggesprochenen seit der Zeit von Papst Johannes Paul II, also seit 1978, explodiert ist. Weil dann der Papst gedacht hat, es kann nicht sein, dass man in Lateinamerika, in Ozeanien, in Südafrika als Heilige und Namenspatronen immer nur Leute aus Europa hat als Vorbild ihres Lebens. Sondern das müssen Leute sein, die in ihrem konkreten Lebensumfeld versucht haben ihr Leben zu leben. Die hat er dann heilig gesprochen.

Gestern haben wir den Reformationstag gefeiert. 2017 jährt er sich ja zum 500. Mal. Ist das Fest Allerheiligen ein sehr katholisches Fest?

Irrwege der Heiligenverehrung

Dieses Fest Allerheiligen stand damals vor 500 Jahren für eine fehlgeleitete katholische Frömmigkeit. Deswegen hat nicht ohne Sinn am Vorabend dieses Festes Allerheiligen Martin Luther seine Thesen veröffentlicht. Weil er daran erkennen konnte, was schief läuft. Dass man nämlich Heiligkeit den Kräften des Menschen zuspricht und nicht sagt: dieser Mensch muss ja zuvor erst mal in die Beziehung zu Gott getreten sein.  Gott muss ihm ja seinen Auftrag geben. Der wirkt ja nicht nur so. Ein Heiliger hat seine Kräfte von Gott.
Den zweiten Fehler, den Luther benennen konnte war: Ja verdränge ich damit in Wahrheit nicht Jesus Christus, und ist das was die Menschen an Heiligenverehrung tun nicht rein äußerlich und unbiblisch.
Also er kann an dem Fest Allerheiligen genau seine Kritikpunkte gegenüber der katholischen Kirche artikulieren. Und jetzt, da haben Sie recht, muss man sich fragen, hat sich daran etwas in den 500 Jahren verändert? Ich finde schon. Wir haben gelernt, dass es damals ein Irrweg war, die Heiligen so zu verehren, dass es nicht möglich ist an die Stelle von Jesus Christus auf einmal Menschen zu verehren oder sogar anzubeten, was man uns damals vorgeworfen hat. Das würde eigentlich heute niemand mehr tun.

Das heißt, dann trennt das Verständnis von Heiligkeit und von Heiligen heute nicht mehr die Konfessionen?

Trennend ist nur noch das Heiligsprechungsverfahren

Das Verständnis von Heiligkeit trennt nicht. Was trennt ist, dass man in der römisch katholischen Kirche dieses Heiligsprechungsverfahren hat, das man in anderen christlichen Kirchen nicht kennt.
Aber es gibt, wenn man im Internet schauen würde, gibt es einen ökumenischen Heiligenkalender. Da werden alle die Personen genannt, die in der weltweiten Ökumene, egal in welcher Konfession, als besonders vorbildlich gelten. Die haben aber nicht den Heiligsprechungsprozess durchlaufen.

Welchen Heiligen, welche Heilige würden Sie denn gerne noch in diesen ökumenischen Heiligenkalender aufnehmen?

Frère Roger Schütz und Oscar Romero in den Heiligenkalender?

Eine Person, die sicher von vielen christlichen Konfessionen geschätzt wird ist Roger Schütz von Taizé. Wofür steht dieser Mann? Roger Schütz steht, selbst reformierter Christ und nicht Katholik, steht für: Ich habe ein weites Herz für Gebetsformen. Ich weiß, dass ich Gebet brauche, um arbeiten und leben zu können. Und sein Buch, sein sehr populäres Buch, heißt nicht umsonst „Kampf und Kontemplation“. Ich kann also nicht meinen täglichen Stress, meine tägliche Arbeit, die Ansprüche, die an mich gestellt werden, leben ohne beten. Dafür hat er seine Gebetsgemeinschaft gegründet. Andererseits steht Roger Schütz auch für Versuche, mit Menschengruppen in Kontakt zu kommen, die in der Kirche ein bisschen unterbelichtet waren, z.B. die Jugend. Dass er dieser Gruppe einen Raum widmet und sagt: Mit der Jugend muss man sprechen. Das ist die Frömmigkeit und das christliche Leben der Zukunft. Also würde ich sagen Roger Schütz steht für bestimmte Dinge.
Andere Personen stehen für anderes: Oscar Romero von San Salvador – der steht für die Botschaft, dass man schauen muss, was ist das Unrecht, das meinen Menschen, für die ich Verantwortung als Bischof tragen muss, passiert, und woher kommt dieses Unrecht. Heute wird er geschätzt. Seine Leute in San Salvador haben ihn geschätzt, dass er die USA angeprangert hat und gesagt hat: warum schickt ihr eure Waffen in unser Land? Damit unsere Leute damit erschossen werden – das kann nicht sein. Also für eine mutige Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der jeweiligen Zeit.

Sie haben jetzt mit dem Bezug zu Bischof Romero noch einmal einen ganz aktuellen Bezug hergestellt zu dem heutigen Fest Allerheiligen. Herzlichen Dank Frau Dr. Henze von der theologischen Fakultät Freiburg.

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SWR2 Wort zum Tag

Künftig werden wir uns vermutlich das Handy einfach vors Gesicht halten; die Kamera macht ein Bild; blitzschnell wird dieses mit dem im Speicher hinterlegten dreidimensionalen Bild abgeglichen. Schon ist das Handy „entsperrt“. Ich wurde erkannt, autorisiert! Du darfst mich benutzen, sagt mir mein Handy! Die meisten großen Handy-Hersteller arbeiten offenbar an der sogenannten „Gesichtserkennung“.

Mir fällt dazu der liebevoll ironische, vor allem aber so lebenskluge Satz von Albert Schweitzer ein: Demnach hat mit zwanzig Jahren jeder das Gesicht, das Gott ihm geben hat. Mit vierzig Jahren hat man das Gesicht, das einem das Leben gegeben hat, und mit sechzig habe ich schließlich das Gesicht, das ich verdient habe.

Ob die Ingenieure von Apple oder Samsung das einberechnen werden? Und mein Gesicht verändert sich ja nicht nur über die Jahrzehnte. Mein Gesicht zeigt sehr oft und sehr unmittelbar meine aktuelle Stimmung - leider oder zum Glück? Und wenn ich mich besonders verknautscht und hässlich finde, muss ich mir auch noch eingestehen: Das ist jetzt Dein Gesicht, so hast Du es  dir verdient!

Aber mit welchem Gesicht will ich eigentlich erkannt werden? Nicht von meinem Handy, sondern von meinem ganz menschlichen Gegenüber? Mit dem Gesicht, wie es mir Gott gegeben hat, oder meinem Gesicht, wie es vom Leben gezeichnet ist, gezeichnet von vielen hellen, aber auch von reichlich dunklen Stunden. Und warum nicht auch erkannt werden, mit dem Gesicht, das ich mir verdient habe, so wie ich eben bin!

Muss mein Gesicht dem Bild entsprechen, das im Kopf der anderen abgespeichert wurde?

Und wie erkenne ich selbst eigentlich das Gesicht meines Gegenübers? Ich befürchte, oft genug passiert es so: Blitzschnell gleiche ich es ab, mit dem Gesicht, das in meinem Kopf gespeichert ist, alte Geschichten, gute und schlechte. Halte ich ein Gesicht aus, das der andere sich verdient hat, im Laufe der Zeit?

Der Mensch ist geschaffen nach dem Abbild Gottes, so steht es in der Bibel. Jedes Gesicht, das mir begegnet, ist also auch ein Ebenbild Gottes. Das macht jedes Gesicht -auch meines - unendlich kostbar! So wie es ist!

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SWR2 Wort zum Tag

In diesen Sommertagen sind viele unterwegs, gerade die Deutschen gelten ja als Reiseweltmeister. Ein ganz wichtiger Grund fürs Reisen ist oft, Fremdes und Fremde kennenzulernen.

Dabei ist es mit dem Fremden so eine Sache: Was fremd ist, macht mich neugierig, fasziniert mich. Was fremd ist, verstört aber auch, und kann ängstigen. Wenn ich in einem fremden Land Urlaub mache, ist das Risiko freilich beschränkt. Ich kann ja meistens selbst steuern, wie sehr ich mich dem Fremden aussetzen will. Und so kann ich es meist genießen, wenn das Essen anders schmeckt, sich Menschen ganz anders kleiden, sie einen anderen Glauben haben.

Wenn ich nach Hause zurückkomme, sehe ich das, was mir vertraut und eigen ist, dann oft mit anderen Augen. Ich freue mich von neuem, wenn ich etwa die heimische Landschaft wiedersehe. Oder ich frage mich sehnsüchtig, was ich gerne von der Reise nach Hause mitgenommen hätte.

Auch zu Hause werde ich natürlich wieder mit Fremden konfrontiert. Und manchmal erschrecke ich: Auf Reisen macht es mich neugierig und fasziniert mich, wenn mir fremde Menschen mit einer oft ganz anderen Lebensart begegnen. Zuhause, in meiner vertrauten Umgebung, irritiert mich ihr anderes Essen, ihre andere Kleidung, erst recht ihre andere Religion. Empfinde ich Fremdes als weniger fremd, wenn ich selbst ein Fremder bin? Zuhause und in vertrauter Umgebung mache ich aber auch noch eine andere Erfahrung mit Fremdheit: Obwohl wir Kultur und Lebensart, oft auch den gleichen Glauben teilen, entdecke ich gelegentlich an Freunden und selbst in der engsten Familie, manches, was mir einfach fremd bleibt. Auch diese Fremdheit macht mich oft neugierig oder fasziniert mich. Ich versuche dann, den Freund noch besser kennenzulernen. Oder ich habe einfach Freude an seinem überraschend anderen Blick auf die Welt.

Aber gelegentlich kann ich diese Fremdheit auch schlecht ertragen, sie ängstigt mich. So nah sind wir uns und doch so fremd! Können wir uns trotzdem vorbehaltlos trauen, uns lieben? Wünsche ich mir womöglich, dass alle so sind wie ich selbst?

Wo die Bibel unmissverständlich appelliert, gastfreundlich und offen gegenüber Fremden zu sein, mahnt sie zugleich das Volk Gottes, sich zu erinnern: Vergiss nicht, dass Du selbst fremd warst in Ägypten!

Ein bisschen klingt diese Mahnung auch mit, wenn ich reise, von einer Reise zurückkehre: Erinnere Dich, wie es war, als Du für ein paar Tage fremd warst in einem Land! Und erinnere Dich auch daran, dass Du selbst für Menschen, die Du liebst und die Dir sehr nahe stehen, gelegentlich sehr fremd sein kannst.

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SWR2 Wort zum Tag

Was trieb Adolf Hitler in seinem mörderischen Wahn? Er wurde als Erlöser, als Heilsbringer verklärt, der Retter, ein völkischer Messias! Die nationalsozialistische Propaganda hatte aus dem 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, einen religiösen Feiertag gemacht. Der „Führergeburtstag“ gehörte fest zum Führermythos.

Was aber hat Hitler selbst geglaubt? Was hat ihn angetrieben, in seinem mörderischen Wahn?

Der Grazer Theologe Rainer Bucher hat dazu eine Studie veröffentlicht und sie reichlich provokant mit “Hitlers Theologie“ betitelt. Rainer Bucher versteht Theologie dabei ganz allgemein: als die Rede von Gott. Als die Rede von Gott, die für eine Person von Bedeutung ist. Natürlich geht es nicht um Theologie im wissenschaftlichen oder christlichen Sinn.

Hitler hat offenbar sehr, sehr viel von Gott geredet, oft betont, dass er selbst von Gott auserwählt sei. In seinen Reden und Schriften hat er sich immer wieder auf die „Vorsehung“ berufen. Sein ganzes politisches Projekt verkündigt er von Anfang an und bis zuletzt im Namen seines Gottes. Und so unvorstellbar das klingt: Selbst sein mörderisches Wüten gegen die Juden hat er als Gottes Auftrag begriffen, etwa ausdrücklich in seiner ideologischen Programmschrift „Mein Kampf“.  

Natürlich war Hitlers Gott alles andere als ein christlicher Gott. Hitlers Theologie kennt keine Gnade, keine Barmherzigkeit, keinen Frieden.

Warum aber sollen wir uns heute noch mit alldem beschäftigen? Weil vermutlich auch heute wieder ein paar verblendet Ewiggestrige den „Führergeburtstag“ feiern? Oder weil Hitlersrassistische Theologie so weit reichende, mörderische Folgen hatte?

Am Ende seiner  Studie warnt Bucher vor gefährlichen Versuchungen , warnt er vor gefährlichen religiösen Sehnsüchten. Die sich nicht nur bei Hitler und in seiner Zeit finden lassen! Die Sehnsucht beispielsweise nach einer geschlossenen Gemeinschaft, die alle, die anders sind ausschließt, auch davon, erlöst zu werden oder Gnade zu finden.

Oder die Sehnsucht: Dass ich da, wo ich mich gekränkt fühle, getröstet werde, indem ich Rache übe und gerächt werde..

Gefährlich ist für Bucher auch die Sehnsucht, sich durch die eigene Religion hervortun zu wollen, sich elitär abzugrenzen von den vermeintlich unwürdigen, weniger heroischen Anderen, ihrem niederen und banalen Alltag.

Gefährlich ist schließlich auch die religiöse Sehnsucht nach einem allmächtigen, ja totalitären Gott. Die Sehnsucht nach einem einheitlichen Prinzip, aus dem ich alles und jedes erklären kann.

Mit dem christlichen „Gott der Güte“ hat das nichts zu tun. Denn dieser „Gott der Güte“ ist Mensch geworden und hat den Menschen bis zum Kreuz die Treue gehalten. Dieser „Gott der Güte“, da ist sich der Theologe Bucher sicher, „liebt das Plurale, das Vielfältige, das Andere“. 

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SWR2 Wort zum Tag

Das „Stammesdenken“ nimmt offenbar wieder zu - in Deutschland, bei unseren europäischen Nachbarn und in den USA. So formuliert es ein Politikwissenschaftler, nachdem er sich mit den Wahlen und politischen Diskussionen im letzten Jahr auseinandergesetzt hat. Jetzt stehen wir in Deutschland wieder vor einem Jahr mit wichtigen Wahlen: zuerst in drei Bundesländern, im Herbst wählen wir dann einen neuen Bundestag. Werden die Wahlkämpfe und Wahlergebnisse wieder von „Stammesdenken“ geprägt sein?

Dieses Stammesdenken lässt sich etwa so beschreiben: Mit allem was ich denke und fühle, bleibe ich unter meinesgleichen. Und wer meinesgleichen ist, das bestimmt meine Hautfarbe, meine ethnische oder soziale Herkunft und, ja, auch das, woran ich glaube. Welchem „Stamm“ ich angehöre, entscheidet aber auch, was ich verdiene. Und wie ich mich politisch informiere oder informieren lasse - auch da bleibe ich auf meinen Stamm begrenzt. Manche reden hier statt vom Stammesdenken auch von „Gesinnungsblasen“.

Wenn aber eine Gesellschaft zunehmend nur noch in verschiedenen „Gesinnungsblasen“ lebt, und jeder nur in seinen Stammesgrenzen denkt, dann wird das Zusammenleben immer schwieriger, letztlich unmöglich. Zum Stammesdenken gehört ja auch, dass ich die vom anderen Stamm ausgrenze.

Solches Denken zu entgrenzen und aufzubrechen könnte, eine gemeinsame Aufgabe für die Kirchen sein; gerade auch weil sich in allen Parteien Christinnen und Christen wiederfinden, auch in den verschiedenen Stämmen und Gesinnungsblasen.

Wir haben ein Vorbild: Jesus hat solches Stammesdenken nicht gekannt, er ist nicht unter seinesgleichen geblieben. Er hat ständig Grenzen überschritten, sich über soziale wie lokale Grenzen hinweg gesetzt: er begegnet vorbehaltlos dem Zöllner, hilft als Jude dem Soldaten der römischen Besatzungsmacht, lässt sich von der Ehebrecherin ansprechen.

Ebenso setzt er sich immer wieder über die Regeln seiner Religion hinweg: Der Sabbat soll für den Menschen da sein, nicht der Mensch für den Sabbat!

Ermutigt durch seine Botschaft, muss ich nicht unter meinesgleichen bleiben. Ermutigt von seiner Botschaft, müsste ich es doch schaffen, in meinem Denken enge Stammesgrenzen zu überschreiten.

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SWR2 Wort zum Tag

Im Mittelpunkt des neuen Buches von Katja Lange-Müller steht Krankenschwester Asta. Krankenschwester Asta spuken eine Menge Fragen durch den Kopf: Ist helfen einfach nur „geil“? Oder warum hilft ein Mensch überhaupt einem anderen? Haben jene recht, die allen, die helfen, ein „Helfersyndrom“ unterstellen? Und sollte man nicht gerade christlicher Nächstenliebe misstrauen, steht dahinter doch häufig die Absicht, sich den Himmel verdienen zu wollen?

Asta ist gerade erst nach Deutschland zurückgekehrt. Zuvor hat sie lange Jahre in einem Krankenhaus in Nicaragua gearbeitet. Die meiste Zeit ihres Lebens hat sie damit verbracht, Armen und Kranken zu helfen.. Kettenrauchend steht sie nun verloren an einer abgelegenen Drehtür am Münchner Flughafen. „Drehtür“ lautet vielsagend auch der Titel des Romans von Katja Lange-Müller.

An dieser Drehtür steht Asta also. Und sie erinnert sich an Situationen im eigenen Leben, an frühere Kolleginnen, an Weggefährten. In den so zusammengesponnenen Episoden muss oder will immer jemand helfen. Dabei geht vieles gründlich daneben, bleibt vergeblich. Aber was heißt das schon: Geht es nicht einfach darum, nicht wegzuschauen und die Ärmel hochzukrempeln? Auch das denkt Asta. Ich habe die letzten Seiten dieses berührenden Buches gelesen, als vor kurzem in Rom Mutter Teresa heiliggesprochen wurde. Mutter Teresa, die fraglos so etwas ist wie die „Ikone der christlichen Nächstenliebe“. An ihrer Art zu helfen aber, haben sich auch viele gestoßen: unprofessionell, hieß es beispielsweise, oder, politisch hat sie nichts bewirkt. Und ging es ihr nicht immer mehr um das eigene Seelenheil als um die Armen? Vor Jahren wurde auch noch bekannt, wie sehr gerade sie, von Glaubenszweifeln geplagt war; gleich hieß es, sie sei hochgradig depressiv gewesen.

Ein Teil dieser Kritik an Mutter Teresa mag berechtigt sein. Zum Teil aber hat man ihr einfach den Erfolg nicht gegönnt. Anderen bleibt ihre Motivation unverständlich: helfen aus einem Glauben, der auch zweifelt. Die Fragen, die sich Krankenschwester Asta in Katja Lange-Müllers Roman stellt, hat sich vielleicht auch Mutter Teresa gestellt oder sie sind ihr zumindest gestellt worden.  So berechtigt diese sein mögen: Die beiden haben die Not gesehen, sie haben sich anrühren lassen, sie haben die Ärmel hochgekrempelt. Wieviel düsterer, ärmer und kälter wäre die Welt ohne Menschen wie Mutter Teresa oder Krankenschwester Asta.

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SWR2 Wort zum Tag

In der Inszenierung des „Parsifal“ bei den diesjährigen Bayreuther Wagner-Festspielen gibt es eine scheinbar ganz einfache Lösung, ja Er-lösung: Am Ende werden die zentralen Symbole von Juden, Christen und Muslimen in einen Sarg geworfen. Eine Welt ohne Religion ist eine bessere Welt, in jedem Fall eine weniger gewalttätige Welt! 

Wer die Horror-Nachrichten der letzten Monate verfolgt hat, wird kaum widersprechen. Soviel Gewalt im Namen Gottes! Da wütet der so genannte „Islamische Staat“ gegen alle Ungläubigen, unzählige seiner Opfer sind Muslime. Ausgerechnet im laizistischen Frankreich haben jüngst Islamisten - im Namen ihres Gottes - einen katholischen Priester umgebracht, mitten in einer Kirche. Anderswo aber greifen auch radikale Hindus Moscheen an oder machen fanatische buddhistische Mönche Jagd auf Minderheiten anderen Glaubens. 

Nach der Ermordung des Priesters in Nordfrankreich hat Papst Franziskus gemahnt: Wir dürfen nicht von islamischer Gewalt sprechen! Wir dürfen nicht von einem Krieg der Religionen reden, denn alle Religionen wollen den Frieden.

Die selbsternannten Gotteskrieger haben nichts mit dem Islam zu tun, das versichern uns einfache muslimische Gläubige ebenso wie Theologen. Sie tun dies mal ohnmächtig, mal genervt oder wütend. Ständig sollen sie sich distanzieren von einer Gewalt, von der sie selbst einfach nur abgestoßen und befremdet sind.

Ich bin tief davon überzeugt, dass alle Religionen dazu beitragen können, unsere Welt friedlicher zu machen. Sie werden dies aber nur glaubwürdig tun, wenn sie sich ehrlich und gründlich damit auseinandersetzen: warum ihre Gläubigen immer wieder gewalttätig werden, warum sie sich radikalisieren– warum sie so leicht politisch zu missbrauchen sind. Auch wir Christen sollten gerade in diesen Tagen ehrlich sein: Wie oft wurde in der Geschichte des Christentums, die Friedensbotschaft schon verraten. 

Für mich als Christ steht das Kreuz und die Friedensbotschaft des auferstandenen Jesus für diese Überzeugung, dass Religion die Welt friedlicher macht: Im Kreuz zeigt sich, wie Menschen anfällig sind, verstrickt sind in Gewalt. Das Kreuz steht aber auch dafür, dass sich Gewalt und Tod überwinden lassen.

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SWR2 Wort zum Tag

Woher kommt die gegenwärtig so gereizte Stimmung in unserem Land, fragt der Soziologe Heinz Bude in seinem Buch: „Das Gefühl der Welt. Über die Macht von Stimmungen“. Es ist gerade erschienen.

Für Heinz Bude erklärt sich diese gereizte Stimmung so: Es stehen sich  zwei Stimmungs-Lager gegenüber. Auf der einen Seite das Lager derer, die sich fürchten, die Angst haben beispielsweise vor einer Globalisierung, die sich nicht mehr politisch steuern lässt. Sie sorgen sich, dass unser Land politisch immer instabiler wird, die Berufsperspektiven schlechter werden, unsere Gesellschaft immer ungleicher. Und dann kommen auch noch die vielen Flüchtlinge dazu. Man fühlt sich unbehaglich, man empört sich ständig, kann sich, wie Bude schreibt, „weder zur Weltverneinung noch zur Weltbejahung entschließen“,

Im anderen „Stimmungslager“ sieht Heinz Bude die von ihm so genannten „entspannten Systemfatalisten“, die „Entdramatisierer“. Diese finden immer alles nicht so schlimm, sehen alles nicht so dramatisch. Man kann doch eh nichts machen. Wozu die ganze Empörung! Diese „Systemfatalisten“ haben ihre Erwartungen an die Zukunft extrem reduziert, „in einer Haltung der Gleichmütigkeit“.

Dabei sieht Bude die beiden Stimmungslager in ihrer Haltung gar nicht so weit auseinander. Denn es fehlt beiden Lagern an einer „positiven Idee von Zukunft“. Beide sehen die Zukunft für sich verbaut. Für die Fatalisten geht einfach immer alles so weiter, sie sind gefangen in der Gegenwart. Für die Anderen fährt alles gegen die Wand, ist der Weltuntergang scheinbar unausweichlich.

Als Christinnen und Christen ist uns eine solche „positive Idee von Zukunft“ geschenkt. Auch wenn das manchmal schwerfällt dürfen wir hoffen, dass ein liebender Gott gegenwärtig ist, auch wenn ich Angst habe, ratlos oder enttäuscht bin. Diese Hoffnung begründet sich nicht dadurch, dass ich mich aus der Welt zurückziehe, sie hat aber auch nichts zu tun mit naivem Optimismus. Sie ermutigt stattdessen, realistisch auf diese Welt zu sehen, , sie ermutigt, selbst an einer guten Zukunft für diese Welt mitzuarbeiten. Diese Hoffnungsbotschaft bietet eine wunderbare Alternative zu Dauer-Empörung und Fatalismus. Allerdings braucht diese Botschaft viele Zeuginnen und Zeugen, die zumindest ehrlich versuchen, Rechenschaft zu geben von dieser Hoffnung, die sie trägt – gerade in dieser gegenwärtig so gereizten Stimmung.

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SWR2 Zum Feiertag

Zum Ostermontag

 Die Gottesdienste an Ostern sind  geprägt von frohem Osterjubel, vom kraftvollen Halleluja: „Christus ist erstanden“. Dabei sind in den Schriftlesungen dieser Tage auch andere Töne zu hören: „Er ist nicht hier“, sagt im Matthäus- und im Lukasevangelium der Engel zu den  Frauen, die zum Grab gegangen waren. Erst im zweiten Satz fügt der Engel, die zentrale Botschaft unseres Glaubens hinzu:  „Er ist auferweckt worden“.

Im Johannesevangelium fragt der Engel Maria von Magdala , warum sie weint  - und welche Verzweiflung bricht da aus ihr heraus: „Man hat meinen Herren weggenommen und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat“. Im heutigen  Evangelium begegnen uns zwei der Jünger Jesu, die noch ganz von Entsetzen und Furcht gezeichnet sind. So sehr sind die beiden in ihrem Schmerz gefangen, dass sie mit „Blindheit geschlagen sind“, wie der Evangelist Lukas schreibt. So sehr sind sie mit Blindheit geschlagen, dass sie den auferstandenen Jesus nicht erkannt haben, als er sich zu ihnen gesellte.

Über den Osterglauben, aber auch die Erfahrung  des „Er ist nicht hier“ spreche ich heute mit dem Jesuiten Franz Meures. Pater Meures war lange Jahre in der Ausbildung von Jesuiten-Novizen und anderen jungen Theologen tätig. Seit einigen Jahren leitet er das Bildungswerk der Ordensgemeinschaften in Deutschland „Ruach“ und bietet dort Kurse und Exerzitien an. 

Die zwei Botschaften von Ostern

Alexander Foitzik:
Pater Meures, manchmal sind mir die beiden Jünger, die in ihrem Schmerz von Blindheit geschlagen sind,  deutlich näher, als alle, die so vorbehaltlos jubeln können „Christus ist erstanden“ .  So wie mir auch der Apostel Thomas mit seinen Zweifel n so tröstlich nahe ist.  Wie geht es Ihnen damit?

Pater Meures:
Ja es sind zwei Hälften in diesem Osterglauben. Das Eine ist diese unglaubliche Botschaft, dass er lebt und das Andere ist eine Fremdheit. Das ist nicht mehr wie früher, es ist ganz anders. Das hat etwas Beunruhigendes und auch etwas Beängstigendes. 

„Er ist nicht hier“ und Glaubensnot

Alexander Foitzik:
Nimmt es denn der Auferstehungsbotschaft etwas weg, wenn wir uns ein bisschen länger bei diesen Erfahrungen aufhalten, bei der Erfahrung: „Er ist nicht hier“?

Pater Meures:  
Ganz und gar nicht. Es ist nämlich nicht einfach für sich selber klar zu kriegen, was glaub ich denn eigentlich an Ostern.  Es ist ja nicht so, dass wir einen Lebenden hatten, der gestorben ist, und merkwürdigerweise nach drei Tagen lebt er wieder, und jetzt geht das Leben so weiter wie vorher.  So ist es ja gerade nicht, sondern es gibt Anzeichen und  Vermutungen: „Ach – er könnte ja noch leben“. Und diese innere Unsicherheit von  „ha mal sehen“ und „man weiß es nicht“, die ist im Osterglauben mittendrin und deswegen lohnt es sich diesem „er ist nicht hier“ etwas genauer zuzuhören.

Alexander Foitzik:
Die Erfahrung „Er ist nicht hier“ oder die Erfahrung  „Gott ist nicht hier, Gott ist mir fern“ – solche Erfahrungen lassen sich demnach sicher nicht einfach als „Unglaube abtun“.

Pater Meures:
Würde ich nicht als Unglaube bezeichnen. Ich würde lieber das Wort „Glaubensnot“ benutzen. Viele Menschen, die ernsthaft auf einem Weg christlichen Glaubens sind, geraten immer wieder mal in diese dunkle Wolke. Verstehen sich und die Welt nicht mehr und wissen auch gar nicht mehr genau, woran sie denn jetzt glauben. 

Emmaus-Erfahrungen

Alexander Foitzik:
Pater Meures, sie begleiten in Ihrer Arbeit Ordensleute. Davor  waren Sie lange Jahre für die Ausbildung junger Jesuiten und anderer Theologen zuständig. Mal jetzt vor dem Hintergrund dessen, was sie jetzt gesagt haben etwas flapsig gefragt:  Begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit häufiger auch sogenannte Profis, die  von solchen Erfahrungen der „Gottferne“ berichten?

Pater Meures:
Ja mir begegnen solche Menschen. Ich zögere etwas, sie Profis zu nennen. Ich möchte Sie nennen: Menschen, die sehr ernsthaft in ihrem Glauben unterwegs sind, und auch solche, die das in einem kirchlichen Beruf tun, also  Ordensleute, Priester, Laien, die in der Kirche im pastoralen Dienst wirken. Ich verbringe viel Zeit in der persönlichen Begleitung solcher Menschen und erlebe das immer wieder mal, dass jemand der jahrelang ruhig und irgendwie mit Kraft und Licht in seinem Glauben gegangen ist, auf einmal sagt: „Es ist, als wäre alles weggeputzt“.  Das ist sehr hart und meistens erschrecken die Leute sehr und  man muss sie ein Stück begleiten durch diese dunkle Phase.

Man hat ja auch in Emmaus den Eindruck, die Zwei halten sich erstmal gegenseitig fest damit sie das überhaupt aushalten, was passiert ist und wo sie noch klagen und lamentieren und trauern; in dieser Phase sagen sie später: „ Brannte uns nicht das Herz?“ Das überlagert sich. Sie sind sozusagen noch in der Trauer und Abschiedsphase weg von Jerusalem, und dabei ist Jesus auf neue Weise, auf andere Weise als der Auferstandene präsent. Sie merken das gar nicht. Was Sie merken ist, dass ihr Herz brennt, und das ist diese spezielle Weise des Glaubens.

Wissen Sie, schon der alte König Salomon, als er in Jerusalem den Tempel gebaut hat, sagte:  Seht die ganze Pracht, und das Innerste des Tempels aber ist im Dunkeln. Gott will im Dunkeln wohnen, sagt Salomon zum Volk. Und das ist der Kern der Osterbotschaft. Bei allem was wir an Zeugen haben, an Überlieferungen, an biblischen Texten die Mitte, wo ist der auferstandene Herr? Ist er für mich da? Das ist vom Dunkel umgeben, denn Auferstehung heißt ja nicht, vor gut 2000 Jahren ist er auferstanden, jetzt ist alles geregelt, sondern an den Auferstandenen zu glauben heißt ja „er ist jetzt da“. 

Ostern ist herausfordernd

Alexander Foitzik:
Wenn wir einmal die beiden zentralen Botschaften unseres Glaubens vergleichen: Gott ist Mensch geworden. Weihnachten und Christus ist auferstanden, also  Ostern. Ist die Osterbotschaft für den heutigen Menschen sperriger, ist  Auferstehung schwerer zu glauben als  Menschwerdung?

Pater Meures:  
Das könnte sein. Ich erlebe es auch so. An Weihnachten sind sehr viele Menschen, die sich angesprochen fühlen. Die zentrale Botschaft lautet:  „Gott lässt uns nicht im Stich, er kommt auf uns zu, er wird sogar Mensch und so kümmert er sich um uns. Er ist uns nahe und man kann ihn fast wie ein Kind aus der Krippe heben, ja. Das ist Weihnachten. Das tut den Menschen gut.

Ostern ist schwieriger, ist herausfordernder, denn der, den man kannte, der dem  die Jünger drei Jahre ganz gefolgt sind, alles verlassen haben, der ist plötzlich weg und zwar auch noch auf schändliche Weise zu Tode gekommen. Und da zu glauben, er lebt - und zwar im doppelten Sinne -und nicht nur, der ist damals wieder aus dem Grabe auferstanden, sondern der ist jetzt für mich als Auferstandener gegenwärtig - das ist ein starkes Kapitel unseres Glaubensbekenntnisses wo auch manche Menschen zögern.

Alexander Foitzik:  
Pater Meures, herzlichen Dank für dieses so offene Gespräch, das uns beide Seiten so warmherzig und menschenfreundlich gezeigt hat. Die dunkle Seite unseres Glaubens aber eben auch die Hellen, die an diesem Tag und diesen Ostertage

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21664
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SWR2 Wort zum Tag

„Entängstigt Euch!“ Diesen Appell hat der Wiener Theologe Paul Zulehner über sein gerade erschienenes Buch geschrieben. Es geht darin um unsere Gefühle gegenüber jenen Menschen, die aus unterschiedlichen Notlagen zu uns fliehen. Dass es solche Appelle gegen die Angst braucht, wer will das ernsthaft bestreiten! In den Medien ist schon ganz selbstverständlich von der „Angstgesellschaft“ die Rede, wenn es um die Stimmungslage in unserem Land geht.

Mich hat das neue Buch von Paul Zulehner sehr angesprochen. Selbstverständlich mahnt auch er: Christinnen und Christen tragen eine besondere Verantwortung für die, die sich zu uns gerettet haben, aus großer Not und weil sie auf ein besseres Leben hoffen. Der Theologe Zulehner erinnert aber auch an etwas anderes: Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Kirche, Menschen von ihrer Angst zu heilen.

Entsprechend ruft er nicht einfach nur „Entängstigt Euch!“

Seinem Appell liegt eine Umfrage zugrunde: Dabei wollte er wissen, wovor genau sich Menschen ängstigen, aber auch, wo sie zuversichtlich sind - angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen, die zu uns kommen.

Paul Zulehner hat auch wissen wollen, ob die Befragten, trotz ihrer Ängste, etwa mithelfen, den Flüchtlingen ein menschliches Willkommen zu bereiten, oder ob sie eher eine Abwehrhaltung einnehmen.

Das Ergebnis dieser Umfrage ist nicht überraschend: eine diffuse, unbestimmte Angst ist bei denen am Größten, die den geflohenen Menschen gar nicht begegnen. Für die die Flüchtlinge kein Gesicht haben. Die auch nur in „gesichtslosen Worten“ von ihnen sprechen– also beispielsweise von „Flüchtlingsströmen“ oder von „Flüchtlingsmassen“.

Auch die anderen, die helfen, sind natürlich besorgt, reden sich nichts schön, sehen wie gewaltig die Aufgabe ist.

Paul Zulehner geht es vor allem darum, dass aus diffuser Angst wie er sagt – „rationale Besorgnis“ werden soll. Denn: Wenn ich mir der Gründe und Ursachen meiner Sorge bewusst werde, kann das viel kraftvolle Energie freisetzen. Aus solcher begründeten Sorge kann auch wieder neues Vertrauen entstehen. Diese Energie und dieses Vertrauen aber werden unsere Politiker, wird auch jeder und jede einzelne von uns in den nächsten Jahren dringend brauchen – wollen wir, als Christinnen und Christen, in dieser „Flüchtlingszeit“ bestehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21516
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