Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

27MAI2024
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An vielen Schulen gibt es diesen Sommer keine Bundesjugendspiele. Zumindest nicht mehr so, wie ich sie noch kenne: Wir Schülerinnen sind um die Wette gelaufen und weitgesprungen. Je besser unsere Leistung war, desto mehr Punkte gab es; am Ende haben die guten Athleten eine Siegerurkunde bekommen, die ganz guten eine Ehrenurkunde und die sportlich schlechten Schüler – nichts. Als Alternative findet an etlichen Schulen jetzt eine Art gemeinschaftliches Sport-Event statt. Dass es dabei noch mehr gibt als siegen und verlieren, das erzählt eine Situation, die an der Schule meiner Kinder passiert ist:

Es ist die letzte Disziplin des Tages, ein 800 Meter-Lauf. Alle sind schon im Ziel, bis auf einen Schüler. Kein Wunder, der junge Kerl ist nicht für den Sport gemacht und er hat einfach ein paar Kilo zu viel auf den Rippen. Das weiß er – und ist trotzdem angetreten. Er kommt völlig außer Puste auf die Zielgerade. Und dann passiert folgendes: Seine Mitschülerinnen und Mitschüler haben sich entlang der Zielgeraden aufgestellt; sie klatschen und feuern ihn an. Und meinen das total ehrlich.

Ich war überrascht, als ich diese Geschichte gehört habe. Normalerweise werden unsportliche Schüler eher von den anderen belächelt – aber nicht angefeuert, denn der eigene Sieg ist wichtiger.

Hier anscheinend nicht. Das klingt, ganz im Sinne von Jesus, nach einer Umkehrung der Verhältnisse – zumindest nach einem Anfang dieses Jesus-Prinzips: „Die Letzten werden die Ersten sein“. Das hat er damals zu seinen Jüngern gesagt und meinte damit: Es ist nicht wichtig, viel zu besitzen oder bei irgendetwas der Beste zu sein. Für ihn galt: Wer der Erste sein will, der soll den anderen dienen, der soll sich um sie kümmern und für sie sorgen. Damit andere groß werden können, muss man sich selbst klein machen. Die Schüler haben nicht den Sieg oder die Besten gefeiert, sie haben sich zurückgenommen und dadurch dem Langsamsten, dem Letzten ihre Aufmerksamkeit geschenkt.

Ich bin mir sicher, an irgendeiner Stelle im Leben ist jede und jeder von uns einmal Letzte oder Letzter. Ich war es in Mathe und bin es, wenn es drum geht, Ordnung zu halten, das bekomme ich einfach nicht gut hin. Und dann unterstützt zu werden, nicht ausgelacht zu werden, dass tut so gut. Und motiviert mich, es immer wieder zu probieren. Ich glaube, es ist keine Lösung, wenn wir Dinge vermeiden oder gar abschaffen, nur weil wir womöglich Letzte oder Letzter sein könnten.

Die Alternative ist: Das Jesus-Prinzip immer wieder einzuüben. Und das kann man ganz wunderbar auch im Schulsport tun.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39975
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