SWR Kultur Wort zum Tag

21MAI2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wählen sie mal im Internet die Seite der US-Regierung US.gov. Alles in Englisch – und ein einziger Schalter, mit dem sie alle Inhalte auch in Spanisch kriegen. Jedenfalls auf den ersten Seiten: eins zu eins – Spanisch ist eben die Einwanderungs-Sprache in den Vereinigten Staaten.

Amerika – du hast es besser! Europa dagegen: das pure Chaos. Die EU-Seite gibt es in vierundzwanzig Sprachen plus Russisch und Ukrainisch. Welcher Aufwand – das alles zu übersetzen damit man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen kann.

Wer in den USA dabei sein will, muss sich auf die eine Sprache einlassen. Unsicher, ob das immer noch so funktioniert – aber es war eine Grund-Bedingung für die Vereinigten Staaten. Mit diesem Gründungs-Mythos wollten die frommen Gründungsväter der USA auch ganz bewusst das hinter sich lassen, was für sie und für die Bibel angefangen hat mit dem Turmbau zu Babel.

Da wollen die Menschen wie Gott werden; sie bauen einen Turm bis zum Himmel. Aber Gott zerstört den Menschen-Tempel-Turm und verwirrt ihre Sprache. Keiner versteht mehr den anderen (und mancher nicht mal mehr sich selbst…).

Das ist Mythos, natürlich; aber mit einer Wahrheit drin: den Menschen fehlt so oft das Verständnis füreinander. Und das erklärt die Geschichte vom Turmbau in Babel eben so: Es liegt daran, dass irgendwie jeder Mensch sein will wie Gott.

Die biblischen Geschichten am Sonntag, am Pfingstfest, die erzählten genau das Gegenteil. Gottes Geist kommt auf die Freundinnen und Freunde des Jesus von Nazaret. Und die reißen Türen und Fenster auf und gehen raus aus ihrer Angst.

Ganz Jerusalem hört, wie sie von ihrem Meister Jesus erzählen, der ermordet wurde und jetzt lebt; sie haben ihn gesehen. Dafür loben sie Gott. Und jede und jeder versteht sie.

Schon das ist ein Wunder – weil Jerusalem nämlich damals schon fast so multikulti war wie heute: Internationale WallfahrtsTage waren damals gerade. Und trotz der vielen verschiedenen Vaterländer und Muttersprachen: wo Gottes Geist am Werk ist, da verstehen die Menschen sich gegenseitig – und können miteinander reden statt gegeneinander loszuschlagen.

Das wäre mein Wunsch, auch noch kurz nach Pfingsten und für immer: Etwas mehr gemeinsamer Geist für alle! Könnte viele Probleme zwischen Menschen und Menschengruppen lösen – und auch im Heiligen Land helfen. Und auch Europa würde sich endlich besser verstehen trotz seiner mindestens vierundzwanzig Sprachen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39963
weiterlesen...