SWR1 3vor8
Als ich noch Student gewesen bin, da gab es einmal im Semester ein Treffen mit einem sehr kuriosen Namen. „Bonzenbier“. Zu diesem Bonzenbier hat sich Menschen von verschiedenen christlichen Studierendengruppen getroffen: Evangelische und Katholische, konservative und liberale. Weil alle in irgendeiner Form etwas in ihrer Gruppe zu sagen hatten, waren es – mit einer guten Portion Selbstironie - eben die Bonzen der verschiedenen Gruppierungen.
Was ich daran total geschätzt habe: Da kamen Leute bei einem einfachen Essen und Bier zusammen, die sich vermutlich stundenlang darüber heftig hätten streiten können, wie genau das mit der Auferstehung Jesu zu verstehen ist, oder ob die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare das Ende der Kirche bedeutet oder viel zu spät kommt. Wir haben gegenseitig anerkannt, dass uns alle das gleiche Ziel verbindet – nämlich Jesus Christus nachzufolgen und den Glauben richtig zu verstehen. Ich glaube, der Verfasser des Epheserbriefs hätte sich in der Runde wohlgefühlt.
Der Epheserbrief ist in der Bibel zu finden, und über einen Abschnitt daraus wird heute in vielen evangelischen Gemeinden gepredigt. Schon damals haben die ersten Christen darüber diskutiert und gestritten, was denn nun der „richtige“ Glauben ist. Und manche haben sich dabei wie die „Bonzen“ aufgeführt und wollten ihre Auffassung mit allen Mitteln durchsetzen. Der Autor des Briefes ruft zur Einheit Glauben auf. Als Motto für den Weg dahin gibt er ihnen mit: Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus.
Einheit im Glauben, das ist ein großes Ziel. Und ich glaube nicht, dass wir uns jemals ganz einig sein werden. Aber das ist völlig in Ordnung, denke ich – solange wir gemeinsam in die gleiche Richtung gehen. So wie es der Epheserbrief sagt: in Liebe unterwegs zu dem, der das Haupt ist, Jesus Christus.
Auf diesem Weg gibt es unterschiedliche Reisegruppen und Menschen, die den Weg zusammen bestreiten. Evangelische, katholische, eher konservative oder auch liberale. Da gibt es auch mal Streit und die Reisegruppen sind sich gegenseitig nicht ganz grün. Dabei ist aber wichtig, und diese Überzeugung atmet der heutige Predigttext: Dass wir auch immer wieder Momente haben, an denen die unterschiedlichen Gruppen zusammenkommen.
Ich meine, dazu eignen sich Abende wie das Bonzenbier besonders. Wo die Gemeinschaft im Mittelpunkt steht. Und das Anerkennen, dass die anderen das gleiche Ziel verfolgen. Nicht der Fokus darauf, was uns unterscheidet.
Mehr Bonzenbier also. Mehr Abende mit gemeinsamen Essen und Trinken. Vielleicht in Zukunft aber lieber unter anderem Namen.
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