SWR1 Begegnungen

12MAI2024
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Marion Bohner copyright: Manuela Pfann

Manuela Pfann trifft die Mutter und Landwirtin Marion Bohner aus Bad Waldsee

Am Muttertag heute spreche ich mit der Landwirtin Marion Bohner aus Bad Waldsee. Es ist gar nicht so leicht, mit ihr einen Termin zu finden. Weil sie viel unterwegs ist. Zwischen Kuhstall, Kindern und Küche, zwischen Zweit-Job und ehrenamtlichem Engagement. Wie das alles gut funktionieren kann, das erzählt sie mir bei einem Kaffee vor dem Haus. Im Hintergrund: Vogelgezwitscher, Traktoren und ab und zu muht eine ihrer 45 Milchkühe.

Also der Alltag erfordert ein gewisses Maß an Organisation und Flexibilität. … Wir haben einen Familienkalender, wo jeder einfach eintragen kann, was für Termine sind, so dass wir das gemanagt kriegen.

Für mich sieht es hier nach Idylle aus: grüne Wiesen und blühende Obstbäume, Marion hat die Hofkatze auf dem Schoß – und erklärt mir, wie das hier so läuft:

Das ist ein Familienbetrieb und da müssen einfach alle ran. Anders geht's nicht. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich. Insgesamt finde ich es super, dass wir eigentlich jeden Tag drei Mahlzeiten zusammen einnehmen.

Zur Tischgemeinschaft gehören Marion und ihr Mann Klaus und die beiden Kinder im Teenageralter. Die andere Seite ist: Auf dem Hof gibt es keine Pause, die Arbeitswoche hat sieben Tage. Und wenn’s eng wird, hilft der über 80-jährige Schwiegervater noch mit. Marion sagt es ganz ehrlich:

Das sind schon auch Sachen, mit denen wir manchmal hadern, wenn wir hören, dass andere eben spontan übers Wochenende wegfahren.

Und trotzdem: Sie liebt die Arbeit auf dem Hof. Aber die Bedingungen für kleine Familienbetriebe sind schwierig. Marion Bohner will, dass sich was ändert: Weniger Bürokratie, mehr Planungssicherheit, und dass Bio-Betriebe wie ihrer mehr gefördert werden. Deshalb sitzt sie seit drei Jahren im Präsidium eines großen internationalen Bioland-Verbands. Das bedeutet aber für die Familie: Sie ist regelmäßig unterwegs. Und dann ist ihr Mann zuhause gefragt.

Das ist ein ganz wichtiger Faktor für mich, dass ich mich da einfach auch darauf verlassen kann, dass das daheim dann auch läuft, dass er mir da den Rücken freihält und ich schätze das sehr.

Bei Bohners ist es normal, dass der Papa auch mal kocht oder mit den Kindern zum Zahnarzt geht. Am Ende muss einfach alles passen.

Ich bin ein großer Fan von Gleichberechtigung, egal was jetzt auch eben Hausarbeit oder was auch immer betrifft. Allerdings finde ich es auch manchmal so ein bisschen schräg, wenn man dann die Männer so in den Himmel lobt, weil die jetzt einen Elternabend besuchen oder so.

Ebenso pragmatisch ist Marions Blick auf den heutigen Muttertag und ihre Antwort auf meine Frage, ob ihr der Tag wichtig ist.

Also im Zweifelsfall wäre mir eine ordentliche Absicherung im Alter usw. wichtiger für die Mütter als der Blumenstrauß, wenn ich jetzt wählen könnte. Also ich denke, da gibt es viel Nachholbedarf, auch in der Landwirtschaft.

Marion arbeitet deshalb zwei Tage in der Woche zusätzlich in einer medizinischen Einrichtung. Das tut auch der Familienkasse gut. Denn bei ihnen ist es wie bei vielen kleinen Familienbetrieben: Finanziell ist es immer eng.

 

Ich spreche heute mit Marion Bohner aus Bad Waldsee. Sie ist Landwirtin, Mutter, engagiert bei den katholischen Landfrauen - und vertritt klare Positionen, nicht nur bei den Sitzungen in ihrem Bioverband.

Also ich bin dieses Jahr schon auf die Straße gegangen gegen die neue Gentechnik zum Beispiel. Und dann eben jetzt auch gegen Rechtsradikalismus. Einfach, wo ich sage, okay, das sind die Werte, die mir wichtig sind.

Beim Thema „Proteste“ kommen wir beide dann schnell ins Gespräch über Subventionen. Sind die denn wirklich notwendig, frage ich sie?

Um die kleineren, die familiengeführten Betriebe halten zu können, müssen wir entweder sagen: Okay, diese Subventionen, die brauchen wir weiter, dass die Lebensmittel einigermaßen günstig bleiben können. Oder wir müssen uns überlegen, ob diese hochwertigen Lebensmittel uns einfach nicht ein bisschen mehr wert sind.

Ich möchte es konkret wissen: Wieviel Cent müssten bei ihr auf dem Hof für den Liter Milch ankommen, damit das wirtschaftlich ist? Da gibt es einen Orientierungspreis sagt sie mir; der liegt gerade bei 69 Cent.

Und unser Milchpreis in Deutschland schwankt da gerade so zwischen, ich sage mal, zwischen 52 und 62 Cent.

Und da sind die Subventionen schon miteingerechnet. Ich kann gut verstehen, dass Marion Bohner auch deshalb viel Energie in ihr Ehrenamt beim Verband steckt und sich für Veränderungen einsetzt.

Deutschland ist ein Land, in dem Lebensmittel sehr billig sind und sehr billig sein sollen, dass wir einfach alle noch genug Geld übrig haben für sonstigen Konsum. Da würde ich mir einfach mehr Wertschätzung für diese Lebensmittel, für die wir wirklich jeden Tag früh aufstehen, wünschen.

Vor gut 100 Jahren hat der Uropa von Marions Mann das Land in Bad Waldsee in Oberschwaben gekauft. Seither bewirtschaftet es die Familie. Ich finde es bemerkenswert, wie die beiden mit diesem Erbe umgehen.

Diese Fläche, die wir da von den Vorgenerationen übernommen haben, das ist für uns nicht nur Besitz und Wert, sondern eben auch Verantwortung. Wir wollen da auch was zurückgeben. Also wir holen da jetzt nicht nur runter, sondern wir wollen eben für diesen Grund und Boden gut sorgen; in der Zeit, in der wir dafür verantwortlich sind.

Auch deshalb haben die Bohners den Hof vor über zehn Jahren auf ökologische Landwirtschaft umgestellt. Die Kühe sind mit viel Platz im Kompost-Stall und die Wiesen werden ohne chemischen Dünger bewirtschaftet. Das ist ihr Weg, die Schöpfung zu achten und zu bewahren.

Diese Haltung spüre ich auch, als wir in den Stall gehen. Marion nennt die Kühe liebevoll „meine Mädels“. Und dann erzählt sie mir zum Abschluss vom schönsten Tag im Jahr für sie auf dem Hof:

Wenn wir da das erste Mal die Kühe rauslassen, dass ist echt ein Highlight vom Jahr. Das sind zum Teil Tiere mit 800 bis 1000 Kilo. Ja und wenn man dann da so eine riesen Fleckvieh-Kuh wie einen Gummiball über die Wiese hüpfen sieht und sieht, was die für Riesenfreude haben, dass die da jetzt rauskommen und die dann im Stall schon schier durchdrehn, weil die genau wissen: okay, jetzt ist es dann bald so weit. Das ist einfach schön!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39871
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