SWR2 Wort zum Tag

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06MAI2024
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Es war ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Schritt für einen Papst.  Am 6. Mai 2001, heute vor 23 Jahren, hat Papst Johannes Paul II. als erster Papst in der Geschichte eine Moschee betreten.  Zusammen mit dem damaligen Großmufti von Syrien hat er die Umayyadenmoschee in Damaskus besucht. Seite an Seite, jeder auf seinen Stock gestützt, haben die beiden über 80jährigen Männer gemeinsam den Gebetsraum betreten und damit ein Zeichen für Frieden und Verständigung zwischen Islam und Christentum gesetzt.

Der Großmufti hat in seiner Ansprache betont, dass die Religion die Menschen nicht zu Hass und Feindschaft aufrufen soll, sondern dazu, zusammenzukommen, sich kennenzulernen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Dem hat sich der Papst angeschlossen und gefordert, die beide Religionen sollten jungen Menschen vermitteln, andere zu respektieren und sie besser zu verstehen, damit sie ihre eigene Religion nicht dazu missbrauchen, um Hass und Gewalt zu fördern oder zu rechtfertigen.

Das Treffen wird damals live im syrischen Staatsfernsehen übertragen, und die Bilder gehen um die Welt. Im selben Jahr, nur wenige Monate später, erschüttern die islamistischen Anschläge vom 11. September die Welt. Im anschließenden „Krieg gegen den Terror“ sterben unzählige Menschen, die meisten von ihnen Muslime. Zehn Jahre später bricht in Syrien ein schrecklicher Bürgerkrieg aus, in dem der syrische Präsident Assad auf sein eigenes Volk schießen lässt.

Ich frage mich, was solche Zeichen des Dialogs wie der Moscheebesuch des Papstes bewirken können. Sind sie stark genug, um Hoffnung zu geben für ein besseres Miteinander auf unsere Erde?

In seiner Ansprache antwortet der Papst damals genau auf diese Frage. Er sagt: „Jede Person und jede Familie kennt Zeiten der Eintracht und dann wieder Augenblicke, in denen der Dialog zusammengebrochen ist. Die positiven Erfahrungen müssen unsere Hoffnung auf Frieden stärken, und den negativen Erfahrungen darf es nicht gelingen, diese Hoffnung zu untergraben.“

Ich möchte mir meine Hoffnung nicht rauben lassen. Auch wenn ich mich machtlos fühle, angesichts dessen, was gerade im Nahen Osten passiert. Dieser Konflikt wirkt sich auch auf unsere Gesellschaft aus, und ich merke wie viele Schritte des Dialogs hier noch zu gehen sind. Ich habe erfahren, dass Dialog nur funktioniert, wenn wir miteinander reden und uns gegenseitig kennenlernen. Dazu müssen wir uns aber begegnen. Ein Schritt dazu könnte sein, einfach mal die nächstgelegene Moschee zu besuchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39837
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