Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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07MAI2024
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„Haben, als hätte man nicht.“ Das ist ein Motto, an das ich in letzter Zeit häufiger denke. Es steht in der Bibel und stammt vom Apostel Paulus. Und er meint damit: Habe alles, was du hast, als hättest du es nicht. Lebe dein Leben, als hättest du es nicht. Als würde alles, was du hast oder besitzt, nicht dir gehören. Als wäre es geliehen auf Zeit.

Das klingt pessimistisch und lebensfeindlich, finden Sie? Ja, ich auch. Zumindest im ersten Moment. Denn es erinnert daran, wie endlich und vergänglich alles ist. Mir das vor Augen zu führen, das macht mir Angst. Denn in meinem Alltag spielt so viel, was ich habe, eine wichtige Rolle: Meine Familie und Freunde. Meine Arbeit, die mich erfüllt. All die Erinnerungen an Urlaube und gemeinsame Erlebnisse. Ich kann nicht immer vor Augen haben - und ich will das auch nicht -, dass mir all das letztlich nicht gehört und ich nichts davon für immer festhalten kann. Vermutlich erschreckt mich dieser Satz von Paulus auch deshalb immer wieder.

„Haben, als hätte man nicht.“ Das stößt mich noch auf etwas anderes hin: Das, was ich habe und besitze, ist nicht alles. Vor allem aber: Ich bin mehr als ich besitze. Das, was ich besitze, entscheidet letztlich nicht, wer ich bin und was meinem Leben Sinn gibt. Dass da noch mehr ist, als wir sehen – das hat für mich mit dem Glauben an Gott zu tun. Ich glaube daran, dass bei Gott mehr möglich ist, als ich sehe. Und dass bei Gott andere Dinge zählen als das, was ich habe oder wie ich mich sehe. Mich befreit das: Gott sieht in mir mehr als das, was ich mir gekauft oder erarbeitet habe. Ich habe einen anderen, einen viel größeren Wert.

Na klar: Ich darf das alles genießen. Und ich glaube nicht, dass Gott mir das alles schenkt, damit ich mich nicht darüber freue. Aber zu wissen: Das, was ich sehe, ist nicht alles – das tröstet mich und befreit! Und das ist gut so!

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