SWR1 Begegnungen

21APR2024
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Tobias Breer, Marathonpater copyright: Tobias Breer

Caroline Haro-Gnändinger trifft Pater Tobias Breer, Marathonläufer und Seelsorger

 

Und mit dem sportbegeisterten Ordensmann Tobias Breer. Ich spreche mit ihm, weil er dieses Jahr bei einem Marathon in der Antarktis mitgemacht hat, als einziger Deutscher. Das heißt: Viele Kilometer und das bei großer Kälte. Er ist auf einer der südlichen Shetlandinseln gelaufen und wegen Unwettern sogar nachts:

Wir hatten -18 Grad gehabt. Das war jetzt nicht so dramatisch. Wir haben natürlich Mundschutz gehabt, sodass die kalte Luft nicht direkt in die Lunge kommt, und, ja gut, der ganze Bart war alles voll mit Eis und so weiter.

Der Bart voll mit Eis – da friert‘s mich schon beim Zuhören. Es haben Leute aus der ganzen Welt mitgemacht. Am Ende hat Tobias Breer einen Halbmarathon geschafft, also etwa 21 Kilometer, in weniger als drei Stunden. Einer der ersten Plätze ist es nicht, aber für ihn zählt, dass er es überhaupt durchgezogen hat. Gequält haben ihn dabei leider Knieschmerzen:

Dann war es eigentlich die letzten Kilometer nicht mehr so eine große Freude zu laufen, sondern ich musste da schon sehr kämpfen. Also, ich musste mich dann selber wieder überreden: Komm, du musst weitermachen, weitermachen. Dann ruft man sich die Bilder vor, dass man dann die Medaille bekommt und wofür ich eigentlich laufe - für die Kinder und für die bedürftigen Kinder. Und wenn man die strahlenden Kinderaugen sieht.

Denn Tobias Breer läuft fast immer für einen guten Zweck. In der Antarktis hat er mehr als 20.000 Euro zusammen bekommen und eine Förderschule konnte damit Sport-Rollstühle für die Schülerinnen und Schüler kaufen. Schon viele solcher Spendenläufe hat er hinter sich: fast 200 Marathons und etliche Halbmarathons. Trotzdem bleibt Kinderarmut ein strukturelles Problem, das sieht er auch. Er will aber in kleinen Schritten etwas verbessern und behält einen langen Atem.

Ich kann nicht die Welt retten letztendlich. Aber wo ich helfen kann, das tut meiner Seele besonders gut. Für mich ist es einfach gut, für die Seele, für den Geist, für den Körper und dass ich dann, wenn ich laufe, meine Sponsoren habe, die dann ein neues Projekt, Kinderprojekt, mit unterstützen oder mitfinanzieren.

Damit ermöglicht er Kindern aus ärmeren Familien, Sport im Verein zu machen, Fußball oder Schwimmen zum Beispiel. Oder dass Kinder mit Behinderung ein Therapiepferd bekommen oder Kinder in der Ukraine in Schutzzentren Spielräume. Das finde ich toll! Er verknüpft also konkrete Nächstenliebe mit seinem Hobby. Er läuft immer wieder los, weil er weiß, wofür.

Da habe ich immer diese gelben kleinen Aufkleber, mit einem kurzen Satz oder nur drei, vier oder vier Wörter ist vielleicht noch besser. Und die klebe ich immer bei mir im Badezimmer, wo ich dann morgens und abends reinschaue. Das heißt, ich werde immer wieder an diese Ziele erinnert.

Und das Laufen selbst spornt ihn natürlich auch an. Deshalb schnürt er seit fast 20 Jahren seine Sportschuhe.

Laufen ist für mich mehr als Sport, pure Leidenschaft, pure Meditation, etwas, das Körper, Seele und Geist immer wieder in Einklang bringt.

Das kann ich nachvollziehen, mir geht es zum Beispiel bei längeren Fahrradtouren so. Es fühlt sich gut an, sich zu bewegen, draußen zu sein und neue Gegenden zu entdecken. Und manchmal bringt mich das in Gedanken auch zu Gott. Pater Tobias Breer hat als Seelsorger übrigens viele unterschiedliche Aufgaben und ihm hilft, dass jeder Tag mit Ruhe anfängt.

Der Tag beginnt morgens bei mir immer mit einer persönlichen Meditation. Also ich kann auch ruhig sitzen. Es ist nicht so, dass ich immer in Bewegung bin.

Danach betet er gemeinsam mit den anderen Ordensleuten. 19 Mönche im Orden der sogenannten Prämonstratenser leben zusammen in der Abtei in Duisburg – er mag die Gemeinschaft:

Ich habe noch sechs Geschwister damals zu Hause war schon eine große Familie und ich muss da Menschen um mich haben und bin auch ganz gerne aber alleine. Ich laufe auch gerne alleine, aber dann bin ich auch froh, wenn ich mal wieder nach Hause komme und da sitzt der eine oder andere Pater noch im Wohnzimmer oder wie auch immer und kann mit ihm noch sprechen.

In seinem Büro, wo er Trauergespräche führt oder Gottesdienste vorbereitet, hängen an der Wand Medaillen und Urkunden. Mehrere Schuhe stehen bereit und am Kleiderständer hängen Laufshirts.  Er nennt es auch sein kleines Sportstudio. Fast jeden Tag startet er von dort aus eine kleine Runde:

Ich ziehe gerne farbenfrohe Kleidung an und dann gehe ich vor die Tür und schalte meine Uhr ein auf GPS und dann starte ich und dann laufe ich. Ich weiß: Heute muss ich zum Beispiel zehn Kilometer laufen. Es geht an einem Kanal vorbei, in Oberhausen. So eine wunderschöne Strecke. Und jetzt gerade, wo der Frühling beginnt, genieße ich natürlich die ersten warmen Sonnenstrahlen.

Er ist schon viele Marathons, Ultra- und Halbmarathons gelaufen, zum Beispiel in Oman in der Wüste und in Großstädten wie Paris und Tokio. Dabei sammelt er Spenden für Kinder in Togo oder in Syrien oder bei sich in der Umgebung. Durchs Laufen Not zu lindern, bedeutet ihm nämlich auch, als Christ zu handeln. Und es verbindet ihn manchmal mit Gott. Mal kommen ihm Ideen für die nächste Predigt, mal staunt er über die Natur.

Es war ein wunderschöner Lauf an der Wupper entlang und ich sah dann die ersten Tiere, Kälber, auf der Wiese. Und das berührt mein Herz, weil hier in der Stadt in Duisburg sieht man diese Tiere kaum und das ist einfach ein tolles Gefühl. Und das ist auch eine Begegnung mit Gott letztendlich, weil Gott hat alles erschaffen.

Dem Schöpfer in all seinen Geschöpfen begegnen – für Tobias Breer eine Art, Gott dankbar und nahe zu sein. Einmal wollten Jugendliche vor ihrer Firmung mit ihm das Laufen starten – und zwar direkt nach dem Gottesdienst. Für Pater Tobias Breer auch Seelsorge:

Gemeinsam unterwegs zu sein, nicht in einem Raum zu sitzen, in einem Kreis, wo dann mittendrin irgendwo eine Kerze steht und eine Blume, wie man es kennt. Das ist auch sehr schön und mag ich auch sehr gerne, aber nicht so oft, sondern ich bin immer draußen unterwegs. Da sehe ich auch ganz viele Blumen. Und während des Laufens kommen halt diese tollen Gespräche dann auch zusammen.

Gespräche über Gott und die Welt und das, was junge Menschen bewegt. Läuft also bei Pater Tobias Breer! Und auch mich spornt die Begegnung an, beweglich zu bleiben, sportlich und im Glauben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39747
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