Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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18APR2024
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„Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!", lese ich im Alten Testament beim Propheten Jesaja (5,20).

Es sind so viel böse Worte im Umlauf. Und damit meine ich als Schwabe nicht in erster Linie den Moschdkobf, dia Beisszang oder an Endaglemmr. Solche Worte haben ja meist noch etwas von der Restwärme des Dialekts an sich. Ich meine die kleinen Worte, die Adjektive, die eine Eigenschaft, ein Attribut bezeichnen. Man schreibt sie normalerweise klein –, aber sie haben große Wirkung: Gute Absichten, Sachverhalte, Tatsachen und Verhaltensweisen lassen sich durch ein einziges böses Beiwort zerstören.

Man kann eine vernünftige Forderung als populistisch abtun und dem, der sie sagt damit unredliche Absichten unterstellen. Man kann das Verhalten einer fürsorglichen Mutter als übergriffig abwerten und einen sprachlich gewandten Redner manipulativ nennen. Man kann dem Papst einen primitiven Pazifismus unterstellen und die Forderung nach Gesprächen statt Geschützen zynisch nennen. Die Beispiele lassen sich fortsetzen.

Jesaja und andere biblische Botschafter warnen davor. „Es gibt Menschen, die ruhen nicht, ehe sie jemanden zu Fall gebracht haben", heißt es da (Sprüche 4,17), und Jesaja meint, wer solche Worte benutzt, „sinnt auf Tücke, um Menschen zu verderben mit falschen Worten". Der Edle, so  schreibt er, „hat edle Gedanken und beharrt bei Edlem" (32,7-8).

Edel ist es, beim Urteilen und Verurteilen sachlich zu bleiben und nicht in die Kiste der Bösartigkeit zu greifen. Schenken Sie den kleinen Worten Ihre Aufmerksamkeit. Achten Sie darauf, wer sie wann und wie benutzt. Und wenn Sie solche selbst verwenden, wählen Sie lieber die edlen, statt solche, die nur verurteilen, vernichten und entwerten.

Hinweise:

David Rivkin and Peter Berkowitz: “The Primitive Pacifism of Pope Francis'  Wall Street Journal, vom 13. Dezember 2023

Franz-Josef Bormann, Jahresbericht 2022/23: Kath. Erwachsenenbildung Diözese Rottenburg-Stuttgart,

  1. V. , Seite 32:

https://taz.de/Boris-Palmer-und-die-Coronakrise/!5682102/

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39715
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