SWR2 Wort zum Tag

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19APR2024
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Was wäre mein Leben ohne einen richtig guten Freund oder eine richtig gute Freundin? Eine Freundin, der ich bedingungslos vertrauen kann. Ein Mensch, der mir, wenn es notwendig ist, auch einmal auf die Sprünge hilft, mich ergänzt und zugleich Verständnis für mich hat. Der Reformator Martin Luther hatte einen solchen Freund. Philipp Melanchthon. Heute ist sein Todestag, am 19. April 1560 ist er gestorben.

Melanchthon war für Luther ein außerordentlicher Glücksfall, ein Freund auf Augenhöhe, intellektuell ebenbürtig, ein ausgezeichneter Wissenschaftler und Kenner der antiken Schriften, zugleich ein Reformer, der offen war für neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse.

Altes und Neues konnte er in seinem Denken verbinden und so verwundert es nicht, dass er schnell für die Gedanken der Reformation entflammt ist, die sich durch Martin Luther verbreitet haben. Er hat seinen Freund dann in politischen und religiösen Konferenzen vertreten, wenn der als Geächteter nicht reisen konnte.

Wichtige Bekenntnisschriften stammen aus Melanchthons Feder. Wenn Martin Luther wieder einmal als Hitzkopf agierte, versuchte Melanchthon zu vermitteln.

Die Freundschaft hat beiden gutgetan. Denn Melanchthon profitierte auch selbst! Er war nämlich jemand, der sich das Leben schwer machte. Er war bis aufs Äußerste skrupulös ist darüber immer wieder krank geworden. Schlaflosigkeit und Magengeschwüre quälten ihn. Ständig hat er gegrübelt: Waren seine Entscheidungen richtig oder falsch? Welche Konsequenzen würden sich ergeben? Würde er schwere Sünden auf sich laden? Melanchthon zweifelte. In dieser Situation hat ihm sein Freund Martin Luther weitergeholfen. Luther ist zwar ein Hitzkopf gewesen, doch zugleich ein sensibler Seelsorger. Pecca fortiter, zu deutsch: Sündige tapfer! lautet sein Ratschlag an seinen Freund Melanchthon. Dieser Ratschlag könnte heute glatt als moderner therapeutischer Hinweis durchgehen. Eine kluge Intervention!

Wenn du Angst vor den Konsequenzen deines Handelns hast, obwohl du eigentlich alles wohl bedacht hast: Riskiere es, schau dem, was du vorhast, mutig ins Auge! Die Folgen des eigenen Handelns kann schließlich kein Mensch vollständig übersehen. Und Luther hat noch eins draufgesetzt: glaube noch tapferer. Auch noch der letzte Rest an Zweifel, der an den Magenschleimhäuten Melanchthons genagt hat, sollte beseitigt werden. Sündige tapfer, glaube noch tapferer!

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