SWR4 Abendgedanken
Es war bei einem Trauergespräch. Ich war als Pfarrerin bei einer jungen Frau, um die Beerdigung ihrer Mutter vorzubereiten. Und da hat die Frau zu mir gesagt: „Meine Mama ist gestorben, aber ich weiß, es geht ihr gut. Das hat sie mir selbst gesagt.“ Mit dem Satz hat sie mich damit total verblüfft.
Gerade haben wir Ostern gefeiert, und im Gottesdienst in der Kirche haben wir gerufen: „Christus ist von den Toten auferstanden!“ Und ich denke an die junge Frau, die mir eine ganz persönliche Ostergeschichte erzählt hatte, als sie sich von ihrer Mutter verabschieden musste. Die Verstorbene hat ein hohes Alter erreicht, und ihre Tochter hatte eine innige Beziehung zu ihr. Zuletzt hat die alte Dame in einem Wohnheim gut betreut gewohnt, und ihre Tochter ist immer samstags zu ihr gekommen. Dann haben die beiden Zeit miteinander verbracht, haben miteinander gefrühstückt und zusammen Wintersport im Fernsehen angeschaut. Aber irgendwann hat das Interesse daran bei der Mutter nachgelassen. Und die Tochter hat gewusst, dass sich ihre Mutter zu verabschieden begonnen hatte. Sie war also vorbereitet auf den Anruf aus dem Pflegeheim: „Ihre Mutter ist heute Nacht im Schlaf gestorben.“ So traurig sie das gemacht hat, war die Tochter doch sicher, dass ihre Mutter dazu bereit gewesen war.
Und trotzdem: Die beiden waren so eng miteinander verbunden, dass die Tochter manchmal für einen Moment vergisst, dass ihre Mutter nicht mehr da ist. Immer wieder greift sie noch ganz automatisch zum Telefon – hat die Nummer schon halb gewählt bis sie begreift, dass da am anderen Ende ja niemand mehr ans Telefon gehen wird. „Es ist so, als ob ich es jeden Tag neu lernen muss zu verstehen“, hat mir die Tochter gesagt. Und dann hat sie mir erzählt, dass sie ihrer Mutter im Traum begegnet ist. Und dass die Mutter ihr deutlich gesagt hat, dass es ihr jetzt gut geht.
Ist das nur ein frommer Wunsch? Hat die Tochter nur das geträumt, was sie hören will? Oder spiegelt der Traum tatsächlich das wider, was die Mutter unverbrüchlich geglaubt hat? Und was sie ihrer Tochter mitgeben wollte?
Man kann das so und so sehen. Ich jedenfalls kenne solche Träume auch und weiß, wie tröstlich sie sein können. Was da genau passiert, kann ich nicht erklären. Aber ich erfahre Hoffnung, und die ist echt. Genau wie bei den Hoffnungserfahrungen, wie sie die Bibel in den Ostergeschichten erzählt:
„Meine Mama ist gestorben, aber ich weiß, es geht ihr gut. Das hat sie mir selbst gesagt.“
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