SWR1 3vor8

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01APR2024
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Unter all den biblischen Geschichten gibt es eine, die ich ganz besonders mag. Sie ist heute Morgen in den katholischen Gottesdiensten zu hören. Da machen sich zwei Menschen auf den Weg. Sie wollen zu einem Dorf namens Emmaus, einen Tagesmarsch von Jerusalem entfernt. Drei Tage vorher ist dort ihr Freund und Lehrer Jesus brutal hingerichtet worden. Voller Trauer sind die beiden jetzt und ernüchtert, denn alle Träume und Hoffnungen, die sie mit ihm verbunden hatten, sind geplatzt. Leere und Sinnlosigkeit machen sich breit. Sie wollen nur noch weg von dort. Unterwegs können sie gar nicht anders, als immer wieder von ihm zu sprechen. Sich immer wieder zu erinnern, wie es war mit ihm. Das kenne ich auch. Ich weiß noch, wie gut mir das vor ein paar Jahren getan hat, als mein Vater gestorben war. Dass ich von ihm erzählen konnte, immer wieder. Es hat mir geholfen, den Verlust zu begreifen. Weil Menschen da waren, die mir geduldig zugehört haben. So, wie in dieser biblischen Geschichte, in der sich ein unbekannter Fremder zu den beiden gesellt. Er hört ihnen zu, fragt nach. Ganz behutsam. Und sie spüren, wie gut ihnen das tut. Der fremde Zuhörer lässt sie nicht allein, bleibt bei ihnen, begleitet sie. In diesen beiden Wanderern finde ich mich wieder.

Am Ende der Geschichte wird den beiden Freunden klar, dass es Jesus selbst gewesen sein muss, der sie da begleitet hat. Er ist nicht mehr der, den sie mal gekannt haben. Der ist gestorben. Und doch ist er da. Bei ihnen, ganz nah. Das spüren sie in ihren Herzen. Und in dem Augenblick, in dem ihnen das bewusst wird, sehen sie ihn nicht mehr, heißt es in der Geschichte.

Als ich damals ganz am Anfang meiner Trauer stand, musste ich mir das Bild meines Vaters immer wieder anschauen. Wie in einer Angst, ich könnte ihn verlieren oder vergessen. Am Ende aber ist mir immer deutlicher geworden, dass diese Angst unbegründet war. Weil ich gemerkt habe, dass er mir nah ist und bleibt, auch wenn ich ihn nicht mehr sehe. Trauer ist ein mühsamer Weg, der Zeit und Raum braucht. Kein Sprint, eher eine Langstrecke. Und der Weg ist erst dann geschafft, wenn Leere und Hoffnungslosigkeit nach und nach einer gewissen Dankbarkeit Platz machen. Für diesen Menschen, den ich kennen und lieben durfte, und der nun da ist, wo ich nicht sein kann.

Es gibt einen Weg von der Verzweiflung zu neuer Zuversicht, von der Dunkelheit ins Licht. Davon erzählt die Geschichte. Davon erzählt Ostern.

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