SWR4 Abendgedanken

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20MRZ2024
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In den sozialen Medien bin ich vor einiger Zeit auf ein Lied von Konstantin Wecker aufmerksam geworden. Ein junger deutscher Sänger mit Wurzeln in Burkina Faso, Ezé Wendtoin, hat es neu interpretiert. Der Text geht so:

Wenn sie jetzt ganz unverhohlen
Wieder Nazi-Lieder johlen
Über Juden Witze machen
Über Menschenrechte lachen
Dann steh auf und misch dich ein:
Sage nein!

Genau das ist es. Sage nein! Mir als Christin ist das wichtig: Nein zu Antisemitismus, zu Rassismus und zu der Menschenverachtung, die dahintersteckt. Jesus war Jude. Menschen jüdischen Glaubens sind unsere Geschwister. Darum ist es richtig, dass unter andrem an der Stiftskirche in Tübingen ein großes Banner hängt, auf dem steht „Nie wieder ist jetzt!“. Darum ist es richtig, dass der evangelische Landesbischof Gohl direkt nach dem Terrorangriff der Hamas festgestellt hat: „Antisemitismus ist Sünde. Wer Juden hasst, wendet sich gegen Gott selbst.“[1] Er hat recht: Die Ablehnung von Menschen jüdischen Glaubens darf in unserer Kirche und in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.

Immer wieder lassen mich die Bilder des Krieges der Hamas gegen Israel erschaudern: Die Brutalität des Mordens durch die Hamas-Terroristen im letzten Oktober, das Schicksal der Geiseln, das Leid ihrer Angehörigen. Und zugleich das unsägliche Leid der Menschen in Palästina: Wie die Hamas die Bevölkerung als Schutzschild nutzt, hungernde Menschen, nicht versorgte Kranke und zerstörte Häuser und Existenzen. Und ich bete, dass all das ein Ende hat. Bald.

Und ich finde: Natürlich darf und muss man Israels Palästina-Politik kritisch betrachten. Ich sehe die Siedlungs-Politik kritisch. Und wo sind die humanitären Korridore, der konsequente Schutz der Zivilbevölkerung, die das Völkerrecht einfordert? Aber dennoch: Egal, was der Staat Israel tut oder unterlässt, Menschen jüdischen Glaubens ihre Menschlichkeit abzusprechen, sie aufgrund von ihrer Religion abzulehnen oder sie zu beschimpfen oder zu diskriminieren. Da gilt: Sage Nein!

Ich finde, jeder Christ und jede Christin ist genau dazu aufgerufen. Das ist nicht immer leicht: Eine kurze Bemerkung im Kollegenkreis, eine kleine Stichelei beim Abendessen mit Freunden. Es ist anstrengend, da immer klare Kante zu zeigen, sich angreifbar zu machen. Aber es richtig. Und leider nötig.

 

[1] Kanzelwort von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl aus Anlass des Angriffs der Hamas auf Israel vom 15.10.2013, Quelle: https://www.elk-wue.de/news/2023/13102023-kanzelwort-zum-angriff-auf-israel (zuletzt aufgerufen am 14.2.2023)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=39551
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