SWR2 Wort zum Tag

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20MRZ2024
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Heute ist Frühlingsanfang! Das Grün sprießt, den drohenden Spät-Frösten zum Trotz. Mir scheint: Jede Knospe lebt das Lob Gottes, der uns Menschen diese anmutige Zeit des Frühlings geschenkt hat. Und jedes sprießende Grün ist auch ein Trost in schwierigen Zeiten. Gerade blühen die Mandelbäume, ein zartes Rosa färbt dann die Pfalz, und Tausende fahren hin, um sich an dieser Pracht zu erfreuen. Sie tun das auch, weil dieses Blütenmeer der Seele wohltut. Der jüdische Schriftsteller Schalom Ben-Chorin hat einmal gedichtet: Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt? Schalom Ben-Chorin beschreibt in dem Lied sehr drastisch den Schrecken, den die Welt abseits der Blütenmeere auch hat: Tausende zerstampft der Krieg. Er hat alles am eigenen Leib erlebt, in München geboren musste er zur Zeit der Nazidiktatur seine Heimat verlassen und fand Zuflucht in Israel. Freunde und Familienangehörige fanden dagegen im Holocaust den Tod. Doch er schließt sein Lied mit den Worten: Freunde, dass der Mandelzweig, sich in Blüten wiegt, bleibe uns ein Fingerzeig, wie das Leben siegt.

Einen Fingerzeig – den brauchen wir. Besonders und gerade in frostigen Zeiten. Nur mit intellektuellen Appellen allein werden wir Menschen nämlich nicht getröstet. Wir brauchen lebendige Bilder, Hoffnungszeichen, etwas, dass wir mit Leib und Seele spüren können. So wie Mandelblüten. Oder die zartgrünen Sprösslinge im Garten oder im Park.

Dass Grün uns Menschen guttut, besonders das Grün des Frühlings nach langer, kalter Winterzeit, das ist sogar wissenschaftlich bewiesen und für jeden Menschen unmittelbar erfahrbar. Wer gestresst ist, kann am besten zu einem Spaziergang im Frühlingswald aufbrechen. Manche meinen sogar, Frühlingsgrün hilft gegen Bluthochdruck. Doch den zarten kleinen Blüten gelingt noch mehr, als gestresste Menschen zu erden. Schalom Ben-Chorin hat das gewusst.

Es hat etwas Großartiges, dass es diesen frühlingszarten Boten gelingt, sogar gegen die Gewalt des Kriegs und des Schreckens aufzutrumpfen. Mag sein, dass die Stiefel über das Grün hinwegtrampeln. Aber sie werden es nicht schaffen, die Macht des Frühlings aufzuhalten, diese Zeichen der Liebe, seinen Blütensieg. Der Mandelzweig treibt, die Liebe bleibt. Jede Blüte ein Gottesgeschenk.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39547
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