SWR2 Wort zum Tag
Gott braucht Dich nicht. So heißt das Buch von Esther Maria Magnis, die in Ostwestfalen aufgewachsen ist. Darin beschreibt sie, wie sie sich schon als junges Mädchen Gott ganz nah gefühlt hat. Gott schien mit ihrem Herzen, mit ihrem ganzen Wesen untrennbar verbunden.
Darum will sie mehr von ihm erfahren, will ihn besser verstehen. Doch sie ist bald gelangweilt von dem, was ihr dazu erzählt wird. Sie schreibt: „Alle wollten Toleranz gegenüber anderen Religionen, alle wollten, dass die Kirche lockerer wird, allen kam es auf die „Menschlichkeit“ an.“ Überall hört Esther Maria Magnis diese Sätze: Ob in der Kirche, in der Schule oder in Talkshows. Die immer gleiche Moral, die gleichen Appelle. Sie hatte Gott als junges Mädchen gar nicht so durchschnittlich kennen gelernt. Aber jetzt gewinnt sie den Eindruck: Dieser Gott ist belanglos. Der braucht mich nicht.
Ihre Geschichte mit Gott geht trotzdem weiter. Denn ihr Vater erkrankt an Krebs. Esther betet mit ihren Geschwistern so fest sie kann. Leider erfolglos. Esther denkt: Gott sieht doch, wie Papa leidet, wie er um das Leben kämpft. Wofür ist Gott dann gut, wenn er nicht hilft? Wofür braucht es dann Gott?
Gott braucht Dich nicht ist ein sehr persönliches Buch. Esther Maria Magnis beschreibt keine gerade Linie zu Gott oder von Gott weg. Das Schicksal schlägt zu. Das Leben geht irgendwie weiter. Und Gott ist für sie mal so nah wie der eigene Herzschlag, mal fremd und abwesend. Esther Maria Magnis ist eine junge Frau, die mit Gott hadert, ihn herausfordert und anders verstehen lernt. Am besten gefallen mir die Stellen, wo sie über die Stille schreibt. Gott antwortet ihr nicht und schweigt. Doch in dieser Stille steckt mehr. Im Buch heißt es: „Wer die Freiheit aus dieser Stille in sich entdeckt, der muss nicht mehr kämpfen, der muss nicht mehr lieben, dem zaubert das Nichts ein Lächeln aufs Antlitz. Dasselbe, das wir von manchen Verstorbenen kennen. Erlöst vom Dasein. Dieses Lächeln kann man schon im Leben haben, wenn man nur die Hinweise sieht.“
Keine leichte Kost, keine Wohlfühlspiritualität. Gott schweigt, und Esther Maria Magnis erkennt gerade darin seine Bedeutung. Sie sagt: Gott ist nicht nur lieb, er hat einen Schrecken. So wie in dieser Welt viel Schmerz und Tod ist. Gott ist davon nicht getrennt, sondern darin verstrickt.
Dieses Buch hat mich immer wieder irritiert und sprachlos gemacht. Esther Maria Magnis ist für mich ein Beispiel dafür, wie jemand ohne Sicherheitsseil nach Gott sucht. Gott verstehe ich jetzt nicht besser. Aber ich denke neu über ihn nach.
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