Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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12MRZ2024
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Wenn man Abschied nimmt, darf man auch mal schwach werden. Da muss man sich nicht mit aller Macht zusammenreißen und so tun, als sei das alles kein Problem. Wer Abschied nimmt, darf auch zeigen, dass es schwerfällt. Ich staune immer wieder, wenn ich in der Bibel lese, wie Jesus sich bei seinem Abschied von seinen Freunden verhält. 

Da ziehen sie sich zusammen zurück, nachdem sie den Abschied beim Abendmahl gefeiert haben. Sie gehen in den Garten Gethsemane und sind ganz unter sich. Die Bibel erzählt davon eindrucksvoll, wie Jesus dann auf einmal nicht mehr der starke Mann ist, der helfen und heilen und wunderbar predigen kann. So ist er seinen Leuten vertraut. Aber jetzt, da er Abschied nehmen muss, da lässt er zu, dass alle ihn sehen, wie er ängstlich und verzagt dabei wird. „Ich bin betrübt bis in den Tod!“, sagt er verzweifelt. Bleibt bitte bei mir jetzt, unbedingt!“. Und alle können sehen, wie ihr Herr und Meister jetzt in die Knie geht und anfängt um Fassung zu ringen. Wenn der Abschied kommt, dann muss niemand nur ganz stark sein Wenn etwas aufhört, was schön war und etwas kommt, was bestimmt wehtun wird, dann ist es erlaubt, dass wir keine Kraft mehr damit vergeuden, gute Miene zu bösem Spiel zu machen.

Jesus hat es vorgemacht. Im kleinen vertrauten Kreis dürfen wir uns einander zumuten mit aller Verzagtheit und bitterer Not. Wenns drauf ankommt, dann dürfen wir uns mit unseren Grenzen zeigen. Niemand muss nur tapfer und ungerührt heldenhaft schwere Wege gehen. Scheiden tut weh.

Und das zu teilen und zusammen auszuhalten, das macht unser Miteinander so echt. Wenn Jesus weint, dann dürfen wir das auch. Abschiedstränen sind ein Zeichen für Vertrautheit.  Sie sind unendlich wertvoll.

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