SWR3 Gedanken

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03MRZ2024
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Ich spreche eigentlich sehr ungern über Sünde. Es ist ein verbranntes und sehr missverständliches Wort. Dabei hat Sünde für mich nicht vor allem mit Sexualität oder bösen Taten zu tun. Sünde ist für mich eine Diagnose. Und Diagnosen sind zwar heftig, aber auch heilsam.  

Monatelang ist Heide mit ganz unklaren Symptomen von einem Arzt zum nächsten gerannt. Jetzt hat sie die Diagnose: Zöliakie. Weizenunverträglichkeit.

Das ist natürlich nicht schön. Aber die Diagnose war eine Erleichterung. Und sie weiß jetzt: Sie muss ihre Ernährung umstellen. Weizenbrötchen zum Frühstück gehen nicht mehr. Immer noch schwierig genug.

Bei anderen Diagnosen gibt es weniger Handlungsoptionen. Die sind schwieriger.  Alles, was man tun kann, ist sich in die Hände der Ärzte zu begeben. Medikamente einnehmen, sich schonen, Operationen über sich ergehen lassen. Das Leben hängt dann von ihrer Kunst ab, von meiner eigenen Konstitution und mehreren tausend anderen Dingen, die kein Mensch beeinflussen kann.

Und mit der Sünde verstehe ich das ein bisschen so, als ob ich sagen würde: Ich habe Sünde und das bedeutet: Ich komme mit mir selbst nicht zurecht oder etwas stimmt nicht mit meiner Beziehung zu Gott oder zu meinen Mitmenschen. Das macht mich zu keinem schlechten Menschen, genauso, wie mich eine Krankheit zu keinem schlechten Menschen macht. Aber zu wissen, was ich habe, ist schon mal hilfreich.

Manchmal kann ich was dafür, manchmal auch gar nicht. Manchmal kann ich etwas machen, manchmal muss ich mich in Behandlung geben. Und das zu wissen, ist schon der erste Schritt, damit es zwischen mir, meinen Mitmenschen und Gott wieder gut wird.    

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39432
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