SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

21FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Da sitzt er bei der Pressekonferenz: Jürgen Klopp, die Trainerlegende des Fußballs. Der 2015 mit seinem Charisma und seiner Kompetenz von Dortmund nach Liverpool ging. Um einen Verein ganz neu aufzubauen. Einen Verein, der einen großen Namen gehabt hat, aber schon lange keine großen Erfolge mehr. Doch mit Jürgen Klopp sind die Erfolge wiedergekommen: der Gewinn der Champions League und dann, nach über 30 Jahren und mindestens genauso heiß ersehnt, 2021 die englische Meisterschaft. Gegen Pep Guardiola und die Übermannschaft Manchester City. Da sitzt also einer der erfolgreichsten Fußballtrainer der Gegenwart und sagt: „Ich habe da langsam nicht mehr die Energie für. Ich kann das nicht mehr immer und immer wieder machen. Und ich schulde Euch wenigstens die Wahrheit über diese Dinge.“

Einer, dem immer alles gelungen ist, spricht von seinen Grenzen. Davon, was er nicht mehr lange kann. Ich frage mich: Was ist eigentlich die größere Leistung von Kloppo: sein Team so fit zu bekommen, dass sie gemeinsam die Champions League gewinnen? Oder dann öffentlich zu sagen: „I am running out of energy – ich habe keine Energie mehr?“ Hier sind meine Grenzen. Hier geht es für mich nicht mehr weiter. Das schaffe ich nicht mehr.

Ich will das gar nicht gegeneinander ausspielen. Aber mich beeindrucken die Sätze dieser Pressekonferenz genauso wie die großen Erfolge. Dass er seine Grenzen so gut wahrnehmen kann. Und dann öffentlich benennt. Das ist Selbstreflexion auf Champions-League-Niveau. Ausweis einer eigenen inneren Meisterschaft. Es ist ein Ausweis von Stärke, sagen zu können, dass man gerade nicht stark ist. Gerade für einen starken Menschen ist es ein Ausweis von Stärke, die eigenen Grenzen zu erkennen. Denn das ermöglicht, Hilfe und Kraft von außen anzunehmen. Und die brauchen wir alle, egal, wie stark wir sind.

Woher hat Jürgen Klopp diese ganz eigene Stärke? Das hat er bei der Pressekonferenz nicht gesagt. Aber an anderer Stelle hat er darauf hingewiesen, dass er überzeugter Christ ist. Aus seinem Glauben lebt. Vielleicht kennt er den Satz aus der Bibel, in dem Gott sagt: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Wenn ich mir und anderen meine Schwäche und meine Grenzen eingestehe, öffne ich mich für Gott, damit er mir neue Kraft gibt. Und so frage ich mich: Wo bin ich heute so stark, dass ich die Grenzen meiner Stärke erkenne? Und öffentlich benenne – in der Familie oder bei der Arbeit? Mit Gottes Hilfe: Wo mache ich heute den Kloppo?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39386
weiterlesen...