Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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22FEB2024
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„Aber Mama, dann bin ich ja ganz allein in der Kita!“ Die Tochter einer Bekannten ist drei Jahre alt. Und in ihrer Kita-Gruppe: Da sind türkische Kinder, Kinder aus der Ukraine, Kinder, die zuhause mit ihren Eltern polnisch oder italienisch sprechen. In der Kita spielen sie alle zusammen und verstehen sich prächtig. Meine Bekannte hat ihrer kleinen Tochter erklärt, warum sie zu den großen Demonstrationen in ihrer Stadt geht: Weil es Leute gibt, die Erwachsene und Kinder, die noch nicht so lange in Deutschland sind, die anders aussehen oder eine andere Religion haben, wieder in ihre Ursprungsländer zurückschicken wollen. Die Dreijährige kann es kaum fassen. Und es macht ihr Angst.

Und nicht nur ihr. Auch ich finde den Gedanken furchtbar, dass Menschen mit Migrationsgeschichte dazu gezwungen werden sollen, in ihre Herkunftsländer zurückzuziehen. „Remigration“ nennen das die Rechtsextremen, in Potsdam im November sollen sie dazu Pläne geschmiedet haben. Ich denke dabei auch an die Menschen, die in meiner katholischen Kirche zu den so genannten „muttersprachlichen Gemeinden“ gehören, also eine andere Muttersprache sprechen als Deutsch. In Frankfurt sind das über 40.000, jeder dritte Katholik dort hat einen Migrationshintergrund, es gibt eine äthiopische, indische oder koreanische Gemeinde. Und auch dort geht die Angst um.

Eine Umfrage hat gezeigt: Über die Hälfte der Menschen mit Migrationsgeschichte fürchtet sich sehr vor diesen Plänen zur „Massenabschiebung“. Für diese Menschen, auch für die Familien in der Kita ihrer Tochter, will meine Bekannte demonstrieren. Und auch ich geh auf die Straße. Ich will nicht, dass Menschen unser Land verlassen sollen, die doch zu unserem Land dazu gehören. Sie leben und arbeiten hier. Sie kochen für uns Essen, sie pflegen uns in den Krankenhäusern oder sie fahren uns mit dem Bus nachhause. Sie zahlen Steuern und Sozialabgaben und ihre Kinder werden unsere Renten mit bezahlen. Es gibt so viele Gründe, warum sie bei uns leben dürfen und sollen. Für mich sind es auch religiöse Gründe: Alle Menschen sind Gottes Ebenbilder und haben die gleiche Würde und ein Recht auf Heimat, egal, welche Herkunft, Hautfarbe oder Religion sie haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39381
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