SWR4 Sonntagsgedanken

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18FEB2024
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Wie komme ich aus der Einsamkeit heraus? Ich kann mir vorstellen, dass dies für manche von uns eine wichtige Frage ist. Wie kann ich meiner Vereinsamung entgehen?

Von Untersuchungen weiß ich, dass sich nicht wenige manchmal einsam fühlen. So dieses Gefühl, niemand ist für mich da. Keiner kümmert sich um mich. Ich fühle mich ausgeschlossen. Bin traurig. Fühle mich manchmal auch leer. Manche einsamen Menschen ziehen sich zurück – auch weil sie sich ein bisschen schämen, nicht so viele soziale Kontakte zu haben. Vielleicht schlafen sie auch schlecht ein. Oder sie haben heute Morgen ganz allein gefrühstückt und hätten sich doch so gerne dabei mit jemandem unterhalten.

Mein Vater lebt seit ein paar Monaten im betreuten Wohnen. Er ist 87 Jahre alt und nicht mehr so gut zu Fuß. In dem Haus gibt es 35 weitere Parteien. Es gibt eine Mensa, in der man frühstücken oder Mittagessen kann. Und manchmal bietet eine Sozialarbeiterin gemeinsame Aktivitäten an.

Meine beiden Brüder und ich kümmern uns um ihn, so gut es geht. Mindestens einmal pro Woche ist jemand von uns bei ihm. Wir sind alle noch voll berufstätig. Und dennoch fühlt er sich öfters nicht nur allein, sondern auch einsam.

Einsamkeit ist ein Phänomen, das sich durch alle Generationen zieht, das nicht nur die älteren Menschen betrifft. Interessanterweise ziemlich stark auch die Generation Z, die zwischen 1997 und 2012 Geborenen. Die sind voll digital vernetzt. Aber Homeoffice und soziale Isolation setzen ihnen ziemlich zu.

Der Rückzug in die Einsamkeit, um besser nachdenken zu können oder um zur Ruhe zu kommen, ist etwas anderes. Als ich in einer Lebenskrise war, habe ich einmal 14 stille Tage gemacht. Da fühlte ich mich auch manchmal allein. Aber es ist ein Unterschied, ob ich freiwillig oder unfreiwillig allein bin. Das Unfreiwillige macht einsam.

Wie komme ich aber nun aus der Einsamkeit heraus?

Die Malteser haben auf ihrer Internetseite 10 Tipps gegen Einsamkeit im Alter aufgeschrieben. Da gehört unter anderem sportliche Bewegung dazu. Man kann ein Hobby pflegen. Manchen hilft ein Haustier. Einige suchen sich ein sinnvolles Ehrenamt. Es gibt Leute, die ziehen in Mehrgenerationenhäuser. Nicht Wenige suchen bewusst den Kontakt zu anderen Menschen und bauen sich so ein Beziehungsnetzwerk auf. Persönlich bewundere ich die Menschen, die sich auch im Alter noch auf neue Techniken wie Laptops, Smartphones und Tablets einlassen.

Mir selber hat ein Tipp von Jesus geholfen, der mir deutlich macht, dass ich nicht allein bin.  Der zog sich nämlich immer wieder in die Einsamkeit zurück, um zu beten. (Lukas 5,16)

Wenn ich mir zu Hause meine Gebetszeiten nehme, dann setze ich mich an meinen Esszimmertisch. Ich mache mir bewusst, dass Jesus mir am Tisch gegenübersitzt. So wie er es am Ende des Matthäusevangeliums versprochen hat: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“. Warum sollte das nicht auch bei mir zu Hause gelten? Um mir das besser vorstellen zu können, stelle ich mir zwei Gläser mit Wasser auf den Tisch. Eins für mich und eins für Jesus. Auch weil Jesus gesagt hat, dass er das Wasser des Lebens gibt (Johannes 4,14). Und dann zünde ich mir eine Kerze an. Nicht, weil das in der Kirche so üblich ist. Sondern weil Jesus gesagt hat, dass er das Licht der Welt ist. (Johannes 8,12)

Ich erhoffe mir – und erlebe das auch – dass Jesus mir bei unseren Gesprächen immer wieder ein Licht aufgehen lässt. Denn er sagte ja auch, dass wir, die wir ihm nachfolgen, das Licht der Welt sind. (Matthäus 5,14). Bei diesen Gesprächen mit Jesus sagt er mir oft zu, dass er bei mir ist und dass er mich liebhat. Beides, sein Nahesein und seine Liebe sind schonmal eine wichtige Grundlage, mich nicht einsam zu fühlen.

Aber klar, diese geistig-geistliche Nähe reicht nicht. Mir nicht und vielen von uns vermutlich auch nicht. Wir brauchen auch menschliche Nähe – so oder so ähnlich, wie die Malteser das beschrieben haben.

Wenn ich eines in meiner Lebenskrise gelernt habe, dann dass ich die einzige Person bin, die ich wirklich ändern kann. Ich kann nicht darauf warten, dass jemand kommt und sich um mich kümmert. Ich muss auch auf andere zugehen.

Mein Vater kam jetzt auf die Idee, in seinem betreuten Wohnen regelmäßig einen Spielenachmittag anzubieten. Oder er will eine Physiotherapeutin engagieren, die einmal in der Woche mit den Leuten dort Tischgymnastik macht. Das finde ich gut. Ich muss mich aus meinen vier Wänden herausbegeben und andere Menschen aufsuchen.

Um aus der Einsamkeit herauszukommen, finde ich diese beiden Pole am hilfreichsten: Immer wieder die Nähe anderer Menschen zu suchen und sich immer wieder der Nähe Jesu zu vergewissern. Fangen Sie doch heute einfach mal damit an! Vielleicht rufen Sie einen Menschen an, mit dem Sie schon länger nicht mehr gesprochen haben. Oder Sie laden sich Besuch ein oder machen einen. Das wäre doch schon mal ein Anfang, oder?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39369
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