SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

20FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Marie ist meine Heldin. Aber in der Zeitung oder im Fernsehen wird man trotzdem nicht über sie berichten. Marie hat nichts gemacht, was Helden normalerweise so machen. Sie hat weder todesmutig einen Brand gelöscht, noch jemanden aus der Pasche geholfen.

Und trotzdem ist sie meine persönliche Heldin. Denn Marie gibt nicht auf. Mehrmals in den letzten Jahren ist sie schwer krank gewesen, ist es nun schon wieder. Gerade als alles gut war, ist erneut die Diagnose gekommen: Krebs. Sofortige Operation. Und Marie hat die Situation angenommen.

Mich beeindruckt Marie sehr mit ihrer lebensbejahenden Einstellung. Sie ignoriert die Krankheit nicht, sie informiert sich immer über jedes Risiko, wägt ab und blickt nach vorne. Aber ihre Krankheit schwächt sie natürlich auch. Und in den Momenten, in denen alles über sie hereinbricht, da sagt sie, dass sie froh ist, nicht alleine zu sein, dass sie und ihre Familie sich gegenseitig tragen und sich getragen fühlen.

„Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig“ – so formuliert es Paulus in der Bibel in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth. Und sagt damit: Gott macht einen nicht zum starken Helden, der alles im Griff hat. Nicht immer läuft alles wie geplant. Nicht immer ist alles gut, geht es dir nur gut, bist du gesund und erfolgreich. Es gibt die Momente der Schwäche, der Krankheit und der Enttäuschungen. Und dann zeigt sich Gottes Kraft und Gottes Liebe.

Mir kommt es vor, als würde Marie genau so leben. Sie weiß, dass nicht alles von ihr abhängt, dass sie nicht alles planen und bestimmen kann. Sie nimmt aber trotzdem nicht alles einfach so hin. Sie lebt weiter. Mit den Enttäuschungen des Lebens und freut sich über alles, was ihr gelingt, was sie noch oder wieder machen kann. Sie nimmt mit Freude am Leben teil, singt im Chor, engagiert sich. Voller Energie und mit Lebensfreude.

„Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

Wenn ich Marie treffe, dann bin ich jedes Mal wieder beeindruckt. Weil sie ihr Leben lebt. Mit allem, was dazu gehört. Mit ihrer Krankheit, gegen die sie voller Kraft kämpft. Mit ihrer Zuversicht, dass sie gewiss noch einige Jahre leben kann – so Gott will.

Marie ist meine persönliche Heldin. Sie ist so stark, obwohl sie so schwach scheint. Und wenn ich sehe, wie Marie ihr Leben trotzdem lebt, dann bin ich zuversichtlich, dass diese Kraft auch in mir steckt. Und auch für mich gilt: Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39357
weiterlesen...