Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Immer wieder sagen mir Angehörige nach dem Verlust eines nahen Menschen: Ich konnte mich gar nicht richtig verabschieden von ihm, das macht mir so zu schaffen. Sie schildern mir, wie tröstlich es für sie wäre, wenn sie noch einmal ein liebes Wort an ihn richten, ihn um Verzeihung bitten oder ihm danken könnten. Das würde ihre Trauer lindern, und sie müssten sich weniger quälen beim Gedanken, etwas versäumt zu haben. Ich glaube ja, dass Liebe, die sich verströmt, nicht einfach im Nirgendwo versandet und vielleicht ihren Adressaten findet, auch jenseits dessen, was wir verstandesmäßig begreifen können.
Aber dennoch kann ich gut verstehen, dass sich viele wünschen, sie könnten Versäumtes nachholen, nicht nur bei einem Todesfall.
Wie viele Worte bleiben ungesagt, weil wir in Eile, vergesslich oder unkonzentriert sind, weil ir auf bessere Gelegenheiten warten oder weil wir uns einfach nicht trauen. Es gibt eine Zögerlichkeit im Guten, die Gelegenheiten versäumen und Augenblicke verstreichen lässt.
Deshalb möchte ich Ihnen Mut machen, gleich den nächsten Moment zu nutzen für eine spontane Geste der Wertschätzung, für ein Lob oder ein Dankeschön aus heiterem Himmel. Rufen Sie gleich an, auch wenn das Telefonat eigentlich erst am Wochenende fällig wäre. Schreiben Sie heute noch einen Brief, auch wenn Sie das schon lange nicht mehr gemacht haben. Schicken Sie einen Gruß, in dem steht: „Einfach so, weil ich gerade an Dich gedacht habe...!“
Und wer es schafft, darf auch noch einen Schritt weitergehen, darf sich auf einen Weg machen, wo schon lange Funkstille geherrscht hat und sich vorwagen, auch wenn eigentlich der oder die andere dran wäre.
In einem Bibelvers heißt es: „Wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen ist ein Wort, gesprochen zu rechten Zeit“ (Buch der Sprüche 25,11).
Wärmt das nicht das Herz, wo so ein schönes Bild Wirklichkeit wird mitten im Alltagsgrau?
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