SWR2 Wort zum Tag

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07FEB2024
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Von Theresa von Avila ist folgender Ausspruch überliefert „Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn, wenn Fasten, dann Fasten!“

Zu Theresas Zeiten, im 16. Jahrhundert, hat es viele gläubige Menschen gegeben, die ein schlechtes Gewissen hatten, wenn sie gefeiert haben und dabei womöglich über die Stränge geschlagen sind. Die Angst vor göttlichen Strafen, vor Fegefeuer, Hölle und Verdammnis ist allgegenwärtig gewesen.

„Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn, wenn Fasten, dann Fasten.“ Theresa von Avila hat mit ihrem Ausspruch dazu eingeladen das, was gerade dran ist, mit voller Kraft zu tun. Sie hat die Menschen dazu ermutigt, keine Angst zu haben, sondern in Festzeiten aus vollem Herzen zu genießen. Denn ihre Lebenserfahrung hat gezeigt, dass Lebensfreude und Genuss oftmals ganz abrupt zu Ende gehen.

Wegen ihrer tiefen Frömmigkeit in Verbindung mit ihrer praktischen Tatkraft ist Theresa von Avila mehr als einmal als „Kraftwerk ihres Jahrhunderts“ bezeichnet worden. In der Katholischen Kirche ist sie sogar heiliggesprochen worden. Ich finde, dass sie mit recht geehrt wird. Denn sie hat der Nachwelt ihre Lebensweisheit hinterlassen, die auch heute noch aktuell ist.

Ich kenne das Phänomen auch aus meiner Beratungsarbeit:
Es zermürbt Menschen, wenn sie angesichts der vielen gesellschaftlichen Herausforderungen und Krisenherde das Gefühl haben, nicht mehr fröhlich oder ausgelassen sein zu dürfen. Manche entwickeln ein schlechtes Gewissen und tun das, was sie tun, nur noch halbherzig. Dabei zeigen zahlreiche Untersuchungen:  Wer nicht genießen kann, hat oft auch weniger Energie und Freude dabei, die eigene Arbeit zu tun oder sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Das erlebe ich jedenfalls bei einigen Studierenden so, mit denen ich in der Hochschulgemeinde zu tun habe.

Wenn sie abends nach einer Veranstaltung in der ESG-Bar versacken oder wenn sie auf Partys über die Stränge schlagen und die Nacht zum Tag machen, dann sorgt das zwar kurzfristig für Katerstimmung, aber mittelfristig stärkt es die Abwehrkräfte. Trotzdem haben einige von ihnen danach ein schlechtes Gewissen oder sie machen sich selbst Druck, weil sie in der Zeit nicht gelernt haben.

Theresa von Avila würde den Studierenden vermutlich aufmerksam zuhören und dann eine Ansage machen: „Wenn Rebhuhn dann Rebhuhn, wenn Fasten dann Fasten!“ Heißt: Genießt eure Gemeinschaft und eure Feiern! Ein schlechtes Gewissen hilft weder euch noch anderen. Aber zu den Seminarzeiten schaltet ihr bitte wieder um. Macht das, was gerade dran ist, von ganzem Herzen

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39282
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