SWR2 Wort zum Tag

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24JAN2024
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Was verbindet uns eigentlich? Diese Frage hat im Dialog unterschiedlicher Religionen eine gewisse Tradition. Man sucht nach Gemeinsamkeiten, die einem die gemeinsamen Wurzeln bewusst machen.   

Als Christ verbindet mich mit einem jüdisch oder muslimisch Glaubenden so einiges: der Glaube an einen einzigen Gott zum Beispiel. Auch große Glaubensvorbilder, wie zum Beispiel Abraham, tauchen in allen Heiligen Schriften auf: in der Hebräischen Bibel, im Neuen Testament, im Koran. Überhaupt verbindet uns die Liebe zu einem Buch.  

Trotzdem komme ich bei dieser Suche nach gemeinsamem Wurzeln irgendwann immer an einen Punkt, an dem auch die Unterschiede relevant werden. Ich stelle fest: Eigentlich trennt uns doch auch ziemlich viel. Diese Erkenntnis führt dazu, dass man sich eher wieder mehr voneinander wegbewegt, als aufeinander zugeht.

Deshalb hat sich eine theologische Denkrichtung entwickelt, die nicht mehr nach gemeinsamen Wurzeln, sondern nach gemeinsamen Zielen sucht. Wo gleichen die sich? Was können wir gemeinsam erreichen? Welche Ziele teilen wir? Denn man kann ja unterschiedlich sein und trotzdem gemeinsame Interessen verfolgen. Dabei muss keiner den anderen infrage stellen oder etwas von seiner eigenen Tradition auf- oder abgeben. Mir scheint das ein produktiver Ansatz zu sein. Weil es vereint und nicht spaltet. Weil man so das Miteinander fördert.

Ich wünsche mir das auch für unsere Gesellschaft. Ich habe den Eindruck, wir reden gerade viel über Herkunft. Wer hier sein soll und darf und wer nicht. Wo jemand herkommt. Aber ist das eigentlich so wichtig?

Ich finde, entscheidend ist die Frage, wie wir zusammenleben wollen. Was sind unsere gemeinsamen Ziele? Hinter welchen Werten versammeln wir uns? Ich zum Beispiel möchte in Freiheit und Frieden leben, in einem demokratischen Staat mit unabhängigen Institutionen, so wie es auch in unserem Grundgesetz vorgesehen ist. 

Ich glaube, hinter solchen Zielen kann man sich gut versammeln. Dafür ist es nicht entscheidend, wo jemand herkommt oder wo er seine Wurzeln hat. 

  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39196
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