Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

07JAN2024
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In der Arktis gibt es einen Plan B für unsere Welt. Unter Fels und dicken Eisschichten liegt ein Tresor. Mit allen notwendigen Informationen, damit wir überleben können; genauer gesagt: damit wir nicht verhungern. Es ist der globale Saatgut-Tresor. In diesem Gebäude lagern über eine Million Saatgut-Muster aus der ganzen Welt; von allen wichtigen Kulturpflanzen und von ihren wilden Artverwandten. Zum Beispiel vom Weizen, von Mais, Reis, Hirse und tausenden Obst- und Gemüsesorten.

Das Gebäude ist wie ein Stollen in den Berg hineingebaut, nur der Eingang ist von außen zu sehen. Innendrin sind minus 18 Grad. Der Saatgut-Tresor kann Katastrophen überstehen. Erdbeben oder Orkane - auch Kriege. Selbst wenn die Umgebung auftaut, würde es noch etwa 100 Jahre dauern, bis es im Stollen drin zu warm wäre.

Dieses Projekt macht mir Hoffnung! Zum einen, weil alles da ist, damit das Leben auf der Erde weitergehen kann. Dieser Saatgut-Tresor auf Spitzbergen erinnert an eine moderne Arche Noah. Die Bibel (Gen 6-9) erzählt, dass Noah damals mit der Arche seine Familie vor der Katastrophe gerettet hat, vor der Sintflut. Auf das Schiff hatte er von jeder Tierart ein Paar mitgenommen. So hatte Gott es ihm angewiesen. Denn das war die Voraussetzung für einen Neuanfang, diese Artenvielfalt.

Und genau die brauchen wir heute wieder. Weil wir bereits mittendrin sind in der Katastrophe: Dreiviertel aller Kulturpflanzensorten sind schon verloren gegangen. Künftige Generationen sind angewiesen auf die genetische Vielfalt, die da im Eis liegt. Denn durch den Klimawandel brauchen Pflanzen andere Eigenschaften, um wachsen zu können; zum Beispiel an Orten, wo es wärmer und trockener sein wird als heute.

Noch etwas gibt mir Zuversicht: Fast alle Staaten der Welt schicken Saatgut-Muster ins Eis. Und das könnte doch bedeuten: Im Grunde ist allen wichtig und bewusst, dass wir das Leben und die Vielfalt auf der Erde bewahren müssen. Trotz aller Kriege und Auseinandersetzungen. Vielleicht gibt es sie doch, diese gemeinsame Verantwortung für den Planeten. Die Ahnung, dass eine gute Zukunft nur funktioniert, wenn Staaten und Menschen zusammenarbeiten und sich nicht abschotten. Diese gemeinsame Adresse im Eis, der Tresor auf Spitzbergen, der könnte ein Hoffnungsschimmer sein, ein Anfang.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39120
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