SWR1 3vor8

06JAN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Legendär ist er, König Salomo, von dem die Bibel erzählt. König in Jerusalem, berühmt für seine Klugheit. Sein Vertrauen setzt er auf Gott und regiert sein Land mit großer Weisheit. Und die Pracht an seinem Hofe! Da können die Royals von heute einpacken – und wenn sie auf den Fotos der Illustrierten noch so sehr lächeln und strahlen. Aber ob er wohl wirklich der „perfekte“ Herrscher war? Die Illustrierten von heute hätten sicher versucht, irgendeinen Skandal über Salomo auszugraben. Und sie hätten es sich sicher nicht nehmen lassen, von DEM Staatsbesuch des Jahres zu berichten, den Salomo einmal empfangen hat.

Keine Geringere als die Königin von Saba war angereist – nur um den legendären, unglaublich klugen und perfekten Salomo selbst zu sehen. Und sie macht gleich Ernst, als sie bei ihm eintrifft. In der Bibel wird erzählt, dass sie dem König Salomo Rätselfragen stellt. Am Ende ist sie aber überzeugt: Kein Haar in der Suppe zu finden. Salomo wird seinem legendären Ruf gerecht.  „Das alles sah sie, und es verschlug ihr den Atem.“, so formuliert es der Bibeltext, über den heute in vielen evangelischen Gemeinden gepredigt wird.

Ich finde es bemerkenswert, wie sie dann reagiert. Sie beglückwünscht den König zu seiner Weisheit, spricht davon, dass auf ihm wahrlich Gottes Segen liegt und beschenkt ihn dann mit 4000 Kilogramm Gold. Wenn ich da an die Illustrierten von heute denke oder die Art, wie in der Politik der eine die Schwachstelle des anderen sucht, dann wäre die normale Reaktion auf einen so weisen und mächtigen König viel eher, nach seinen Schwachstellen zu suchen und im besten Falle Profit daraus zu schlagen. Von nichts davon ist hier die Rede. Die Königin reagiert nur mit neidloser Anerkennung. Voller Ehrfurcht. Ganz ähnlich wie die heiligen drei Könige, die viele Jahrhunderte später in der Geschichte von Jesus Geburt auftauchen. Die Weisen aus dem Morgenland, wie sie in der Bibel eigentlich genannt werden, können genau wie die Königin und Saba neidlos bewundern.

Sie können anerkennen, was Anerkennung verdient. Staunen, ohne zu überlegen, ob da nicht doch auch ein Makel ist.

Der Königin von Saba verschlägt es den Atem, sie staunt und dann dankt sie dem Gott Salomos für die Weisheit des Königs. Neidloses Staunen und Danken – ich finde, das ist ein gutes Motto, um Menschen zu begegnen. Auch dann, wenn es keine Könige sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39099
weiterlesen...